BundesrechtInternationale VerträgeRechtshilfe im wechselseitigen rechtlichen Verkehr (Jugoslawien)

Rechtshilfe im wechselseitigen rechtlichen Verkehr (Jugoslawien)

In Kraft seit 12. Dezember 1955
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I. TEIL.

Rechtsschutz, Zustellung und Rechtshilfe in Zivilsachen.

Rechtsschutz.

Art. 1 Artikel 1.

Die Angehörigen des einen der vertragschließenden Staaten haben auf dem Gebiete des anderen vertragschließenden Staates freien Zutritt zu den Gerichten und können vor diesen unter den gleichen Bedingungen wie Inländer auftreten.

Art. 2 Artikel 2.

(1) Treten Angehörige eines der vertragschließenden Staaten, die in einem von ihnen ihren Wohnsitz oder ihre Niederlassung haben, in dem anderen vertragschließenden Staat als Kläger oder Intervenienten vor Gericht auf, so darf ihnen eine Sicherheitsleistung für Prozeßkosten oder ein vorschußweiser Erlag zur Deckung von Gerichtsgebühren nicht auferlegt werden.

(2) Vorschüsse für Vergütungen, die von einer Partei zu tragen sind, dürfen Angehörigen des anderen vertragschließenden Staates nur unter denselben Voraussetzungen und in demselben Ausmaße wie Inländern auferlegt werden.

Art. 3 Artikel 3.

(1) Rechtskräftige und vollstreckbare Entscheidungen der Gerichtsbehörden eines der vertragschließenden Staaten, durch die Kläger oder Intervenienten nach den im Staate des Prozeßgerichtes geltenden Rechtsvorschriften zum Ersatze der Prozeßkosten oder zur Zahlung von Gerichtsgebühren verpflichtet wurden, sind auf Antrag im Gebiete des anderen vertragschließenden Staates zu vollstrecken. Der Antrag ist hinsichtlich der Prozeßkosten von der obsiegenden Partei, hinsichtlich der Gerichtsgebühren vom Staate zu stellen und kann entweder unmittelbar beim zuständigen Gericht eingebracht oder auf dem für die Übermittlung von Rechtshilfeersuchen vorgesehenen Weg übersendet werden.

(2) Der Antragsteller hat vorzulegen: Eine Ausfertigung des Spruches der Entscheidung mit Bestätigung der Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit sowie eine Übersetzung in die Sprache des Gerichtes, bei dem der Antrag eingebracht oder an das er übersendet wird. Die Richtigkeit der Übersetzung muß von einem Dolmetsch, der in einem der beiden vertragschließenden Staaten amtlich bestellt ist, bestätigt sein; eine Beglaubigung der Unterschrift des Dolmetschers ist nicht erforderlich.

(3) Die in Absatz 1 bezeichneten Entscheidungen der Gerichtsbehörden des anderen Staates sind wie inländische Entscheidungen mit der Maßgabe zu vollstrecken, daß eine vorherige Anhörung der Parteien nicht stattfindet und ihnen das Rechtsmittel des Rekurses vorbehalten bleiben muß.

Art. 4 Artikel 4.

Die Angehörigen eines der vertragschließenden Staaten werden vor den Gerichten des anderen vertragschließenden Staates zu den Begünstigungen, die im Hinblick auf Einkommens- und Vermögensverhältnisse gewährt werden (Armenrecht), unter denselben Voraussetzungen und in demselben Ausmaße wie Inländer zugelassen.

Art. 5 Artikel 5.

(1) Das Zeugnis zur Erlangung der in Artikel 4 bezeichneten Begünstigungen ist von den Behörden des gewöhnlichen Aufenthaltes des Antragstellers in einem der beiden vertragschließenden Staaten auszustellen.

(2) Hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt weder in dem einen noch in dem anderen vertragschließenden Staate, so genügt das Zeugnis des für den Ort seines gewöhnlichen Aufenthaltes zuständigen diplomatischen oder konsularischen Vertreters des Staates, dem er angehört.

Art. 6 Artikel 6.

(1) Die zur Ausstellung des in Artikel 5 Absatz 1 bezeichneten Zeugnisses zuständige Behörde kann bei den Behörden des anderen vertragschließenden Staates Auskünfte über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers einholen.

(2) Das Gericht, das über den Antrag auf Bewilligung der in Artikel 4 bezeichneten Begünstigungen zu entscheiden hat, behält in den Grenzen seiner Amtsbefugnisse das Recht, die ihm vorgelegten Zeugnisse und Auskünfte einer Nachprüfung zu unterziehen.

Gemeinsame Bestimmungen für Zustellung und Rechtshilfe.

Art. 7 Artikel 7.

(1) Die vertragschließenden Staaten verpflichten sich, auf Ersuchen in Zivilprozeßsachen und in Außerstreitsachen einschließlich von Fragen des Familienrechtes, der Vormundschaft und der Pflegschaft Zustellungen durchzuführen und einander Rechtshilfe zu leisten; dies gilt auch für den Fall, als für solche Angelegenheiten Verwaltungsbehörden zuständig sind.

(2) In den folgenden Bestimmungen dieses Teiles des Vertrages sind unter Gerichten auch Verwaltungsbehörden zu verstehen, soweit sie für im Absatz 1 angeführte Angelegenheiten zuständig sind.

Art. 8 Artikel 8.

Die österreichischen und die jugoslawischen Gerichte verkehren miteinander durch Vermittlung des Bundesministeriums für Justiz der Republik Österreich einerseits, der Staatssekretariate für Justizverwaltung der Volksrepubliken Serbien, Kroatien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Montenegro andererseits, soweit im folgenden nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist (Artikel 17 Absatz 2).

Art. 9 Artikel 9.

(1) Zustellungs- und Rechtshilfeersuchen sind in deutscher, serbo-kroatischer, slowenischer oder mazedonischer Sprache abzufassen. Sie sind mit dem Amtssiegel der ersuchenden Stelle zu versehen und bedürfen keiner Beglaubigung.

(2) Die in Erledigung der im Absatz 1 bezeichneten Ersuchen zu verfassenden Urkunden und sonstigen Schriftstücke sind in einer der im Absatz 1 bezeichneten Sprachen aufzunehmen.

Art. 10 Artikel 10.

Das Ersuchschreiben hat den Gegenstand des Ersuchens und die Bezeichnung der Beteiligten nach Namen, Beruf, Wohn- oder Aufenthaltsort zu enthalten. Die Zustellungsersuchen haben außerdem die Anschrift des Empfängers und die Art der zuzustellenden Schriftstücke zu bezeichnen, die Rechtshilfeersuchen die Umstände, über die ein Beweis erhoben werden soll, allenfalls auch die an die zu vernehmende Person zu richtenden Fragen.

Art. 11 Artikel 11.

Die Erledigung des Ersuchens erfolgt nach den Gesetzen des ersuchten Staates. Jedoch ist dem Antrage des ersuchenden Gerichtes, nach einer besonderen Form zu verfahren, zu entsprechen, sofern diese Form nicht gegen die Grundsätze der Gesetzgebung des ersuchten Staates verstößt.

Art. 12 Artikel 12.

(1) Ist das ersuchte Gericht unzuständig, so hat es das Ersuchen an das zuständige Gericht weiterzuleiten.

(2) Die Erledigung des Ersuchens kann nur abgelehnt werden, wenn der ersuchte Staat erachtet, daß durch die Erledigung des Ersuchens seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit gefährdet werden oder daß die Erledigung gegen die Grundsätze seiner Gesetzgebung verstößt.

Art. 13 Artikel 13.

In allen Fällen, in denen das Ersuchen nicht erledigt wird, ist das ersuchende Gericht hievon unverzüglich zu benachrichtigen, und zwar im Falle der Weiterleitung an ein anderes Gericht unter Bekanntgabe dieses Gerichtes, im Falle der Ablehnung unter Angabe des Grundes.

Zustellung.

Art. 14 Artikel 14.

(1) Die zuzustellenden Schriftstücke sind in der Sprache des ersuchten Gerichtes abzufassen oder mit einer Übersetzung in diese Sprache zu versehen. Die Übersetzung muß entweder amtlich hergestellt oder von einem Dolmetsch, der in einem der beiden vertragschließenden Staaten amtlich bestellt ist, als richtig bestätigt sein; eine Beglaubigung der Unterschrift des Dolmetschers ist nicht erforderlich.

(2) Ist das Schriftstück weder in der Sprache des ersuchten Gerichtes abgefaßt noch mit einer Übersetzung in diese Sprache (Absatz 1) versehen, so hat sich das ersuchte Gericht darauf zu beschränken, die Zustellung durch Übergabe des Schriftstückes an den Empfänger zu bewirken, wenn dieser zur Annahme bereit ist.

Art. 15 Artikel 15.

Der Nachweis der Zustellung erfolgt entweder durch einen Zustellausweis, der datiert, mit der Unterschrift des Zustellorgans und des Übernehmers sowie mit dem Gerichtssiegel versehen sein muß, oder durch ein Zeugnis des ersuchten Gerichtes, aus dem sich die Tatsache, die Form und die Zeit der Zustellung ergeben.

Art. 16 Artikel 16.

Die Gerichte der vertragschließenden Staaten können im Gebiete des anderen vertragschließenden Staates Schriftstücke durch die diplomatischen oder konsularischen Vertreter ihres Staates an Personen zustellen lassen, die weder dem Staate, in dem die Zustellung stattfinden soll, noch einem dritten Staate angehören. Hiebei dürfen Zwangsmaßnahmen weder angedroht noch angewendet werden.

Rechtshilfe.

Art. 17 Artikel 17.

(1) Die Gerichte, an die Rechtshilfeersuchen gerichtet sind, haben diesen zu entsprechen und dabei, wenn erforderlich, dieselben Zwangsmittel anzuwenden wie bei der Erledigung von Rechtshilfeersuchen der Gerichte des eigenen Staates. Zwangsmittel dürfen nicht angewendet werden, wenn es sich um das persönliche Erscheinen der Streitteile handelt.

(2) Das ersuchende Gericht ist auf sein Verlangen rechtzeitig von Zeit und Ort der durchzuführenden Rechtshilfehandlung zu benachrichtigen; diese Verständigung hat unmittelbar durch die Post zu erfolgen.

Kosten der Zustellung und der Rechtshilfe.

Art. 18 Artikel 18.

(1) Aus Anlaß der Erledigung von Zustellungs- und Rechtshilfeersuchen dürfen von dem ersuchenden Staate Gebühren und Kosten irgendwelcher Art nicht begehrt werden. Ausgenommen sind nur Vergütungen an Sachverständige.

(2) Die Durchführung eines Sachverständigenbeweises darf vom Erlag eines Vorschusses beim ersuchten Gerichte nur dann abhängig gemacht werden, wenn die Vergütung des Sachverständigen von einer Partei zu tragen ist.

Art. 23 Artikel 23.

(1) Eine Person, welcher Staatsangehörigkeit sie auch sein mag, die im Gebiete des einen der vertragschließenden Staaten eine Vorladung in einer gerichtlichen Straf- oder Zivilsache erhalten hat und darauf freiwillig vor den Gerichten des anderen vertragschließenden Staates als Zeuge oder Sachverständiger erscheint, darf dort wegen früherer Straftaten oder Verurteilungen oder als Mitschuldiger an der Straftat, die Gegenstand des Verfahrens ist, in dem sie als Zeuge oder Sachverständiger auftritt, nicht verfolgt oder verhaftet werden. Den Straftaten oder Verurteilungen sind von den Verwaltungsbehörden verfolgte strafbare Handlungen oder von ihnen erlassene Straferkenntnisse gleichgestellt.

(2) Die im Absatz 1 bezeichnete Person wird jedoch dieser Begünstigung verlustig, wenn sie das Gebiet des Staates, von dessen Gericht sie vorgeladen wurde, nicht binnen fünf Tagen, nachdem ihre Anwesenheit bei Gericht nicht mehr notwendig ist, verläßt, obwohl sie dazu Gelegenheit hatte.

(3) In dem Ersuchen um Zustellung der Vorladung ist der Betrag anzuführen, der zur Deckung der Kosten der Reise und des Aufenthaltes ausgezahlt wird. Der vorgeladenen Person wird auf ihr Verlangen vom ersuchenden Staat ein Vorschuß zur Deckung der Kosten der Reise und des Aufenthaltes ausgefolgt.

III. TEIL.

Nachlaßangelegenheiten.

Art. 29 Artikel 29.

(1) Die Angehörigen des einen vertragschließenden Staates können letztwillig oder durch Schenkung auf den Todesfall über das gesamte Vermögen, das sie auf dem Gebiete des anderen vertragschließenden Staates besitzen, nach ihrem Heimatrecht oder nach dem Recht des anderen vertragschließenden Staates verfügen.

(2) Die Angehörigen des einen vertragschließenden Staates können im anderen vertragschließenden Staat auf Grund der gesetzlichen Erbfolge und des Pflichtteilsrechtes, auf Grund letztwilliger Verfügungen oder durch Schenkung auf den Todesfall Vermögensrechte unter denselben Voraussetzungen und im gleichen Ausmaß erwerben wie die Angehörigen dieses Staates.

Art. 30 Artikel 30.

Die Abhandlung des unbeweglichen Nachlaßvermögens und die Entscheidung über die dieses Vermögen betreffenden streitigen Erb-, Pflichtteils- und Vermächtnisansprüche stehen ausschließlich den Gerichten des vertragschließenden Staates zu, auf dessen Gebiete dieses Nachlaßvermögen gelegen ist.

Art. 31 Artikel 31.

(1) Die Abhandlung und die Entscheidung über streitige Erb-, Pflichtteils- und Vermächtnisansprüche hinsichtlich der beweglichen Nachlässe von Angehörigen der vertragschließenden Staaten stehen, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, den Gerichten des Heimatstaates des Erblassers zu. Die Gerichtsbarkeit des anderen vertragschließenden Staates ist jedoch in den Fällen nicht ausgeschlossen, in welchen die im Absatz 2 vorgesehene Vollstreckung nicht mehr möglich ist.

(2) Die vertragschließenden Staaten verpflichten sich, die über den Nachlaß und über streitige Erb-, Pflichtteils- und Vermächtnisansprüche von den Gerichten des Heimatstaates des Erblassers getroffenen Verfügungen und Entscheidungen, soweit sie sich auf den in ihrem Gebiete befindlichen beweglichen Nachlaß eines Angehörigen des anderen Staates beziehen, anzuerkennen und hinsichtlich dieses Nachlasses zu vollstrecken, wenn nicht

1. aus dem folgenden sich etwas anderes ergibt oder

2. ein Verstoß gegen die Grundsätze der Gesetzgebung des Staates, in dem sich der Nachlaß befindet, vorliegt.

(3) Hinsichtlich der bei Anträgen auf Vollstreckung (Absatz 2) vorzulegenden Aktenstücke sind die Bestimmungen des Artikels 3 Absatz 2 sinngemäß anzuwenden; bei Streitsachen ist jedoch eine Ausfertigung der Entscheidung samt Entscheidungsgründen vorzulegen.

(4) Zwecks Durchführung der Abhandlung im Sinne des Absatzes 1 werden die Gerichte der vertragschließenden Staaten auf Ersuchen den Heimatbehörden des Erblassers die beweglichen körperlichen Nachlaßsachen ausfolgen, soweit nicht

1. im folgenden etwas anderes bestimmt ist oder

2. Ausfuhrverbote oder devisenrechtliche Bestimmungen entgegenstehen.

Art. 32 Artikel 32.

Das Gericht des vertragschließenden Staates, auf dessen Gebiet ein Angehöriger des anderen vertragschließenden Staates gestorben ist, ist verpflichtet, eine beglaubigte Abschrift der Todfallsaufnahme der Konsularbehörde des Heimatstaates des Verstorbenen zu übersenden.

Art. 33 Artikel 33.

(1) Befindet sich in einem vertragschließenden Staate beweglicher Nachlaß eines Angehörigen des anderen vertragschließenden Staates, so hat das Gericht oder die sonst zuständige Behörde auf Antrag oder von Amts wegen die zur Sicherung und zweckmäßigen Verwaltung des Nachlaßvermögens, zur Vermeidung seiner Verringerung oder eines anderen drohenden Nachteiles notwendigen Verfügungen zu treffen. Insbesondere ist in diesen Fällen ein Verzeichnis des gesamten beweglichen Nachlaßvermögens, das sich auf diesem Gebiete befindet, zu verfassen und nach den Umständen des Falles entweder das Vermögen unter Siegel zu legen oder seine Hinterlegung an einem sicheren Ort anzuordnen oder eine zuverlässige Person zum Kurator des Nachlasses zu bestellen.

(2) Die im Absatz 1 angeführten Verfügungen werden vom Gericht oder von der Behörde nach den hiefür im eigenen Staate geltenden Vorschriften getroffen. Auf Ersuchen des anderen Staates sind sie jedoch auch in einer besonderen Form durchzuführen, sofern diese nicht gegen die Grundsätze der Gesetzgebung des ersuchten Staates verstößt.

(3) Hat an dem Orte, wo sich das bewegliche Nachlaßvermögen befindet, eine Konsularbehörde des Heimatstaates des Verstorbenen ihren Sitz, so dürfen die im Absatz 1 angeführten Verfügungen nur getroffen werden, wenn die Konsularbehörde hievon rechtzeitig verständigt wurde; diese hat das Recht, an den Amtshandlungen teilzunehmen und Anträge zu stellen.

(4) In den übrigen Fällen ist die Konsularbehörde unverzüglich von allen Verfügungen zu verständigen, die zur Sicherung und Verwaltung des Nachlaßvermögens angeordnet wurden. Diese Verfügungen können unbeschadet der Rechte dritter Personen auf Antrag der Konsularbehörde geändert oder aufgehoben werden.

Art. 34 Artikel 34.

(1) Auf Antrag von Erben, Pflichtteilsberechtigten oder Vermächtnisnehmern, die Angehörige des vertragschließenden Staates sind, in dem sich Nachlaßvermögen befindet, oder die sich auf dessen Gebiet aufhalten, ist das Gericht berechtigt, das ganze Nachlaßvermögen oder einen hinreichenden Teil hievon zurückzubehalten, bis über den Erb-, Pflichtteils- oder Vermächtnisanspruch von dem zuständigen Gerichte des Heimatstaates des Erblassers rechtskräftig entschieden ist.

(2) Die gleichen Verfügungen kann das Gericht auf Antrag von Gläubigern treffen, die Angehörige des vertragschließenden Staates sind, auf dessen Gebiete sich Nachlaßvermögen befindet, oder die sich auf dessen Gebiet aufhalten, sofern ihre Ansprüche angemeldet und nötigenfalls geltend gemacht werden.

Art. 35 Artikel 35.

(1) Zur Stellung der im Artikel 34 angeführten Anträge ist mittels Edikt eine Frist von drei bis sechs Monaten festzusetzen, während welcher die Ansprüche der oben erwähnten Personen angemeldet und nötigenfalls geltend gemacht werden müssen. Wurden sie innerhalb dieser Frist nicht angemeldet oder geltend gemacht, so kann die Ausfolgung des beweglichen Nachlaßvermögens nicht mit Berufung auf die Bestimmungen des Artikels 34 verweigert werden.

(2) Eine Ausfertigung des Ediktes ist der Konsularbehörde des Heimatstaates des Verstorbenen zu übersenden.

Art. 36 Artikel 36.

(1) Wenn der Erblasser, der Angehöriger des einen vertragschließenden Staates war, seinen letzten Wohnsitz im Gebiete des anderen vertragschließenden Staates gehabt hat, können Erben oder Pflichtteilsberechtigte, die im Gebiete dieses Staates wohnen, innerhalb der gemäß Artikel 35 Absatz 1 festgesetzten Frist die Abhandlung des dort befindlichen beweglichen Nachlasses durch die Gerichte dieses Staates beantragen. Dem Antrag ist Folge zu geben, wenn weder ein Erbe noch ein Pflichtteilsberechtigter oder ein Vermächtnisnehmer innerhalb einer vom Gericht mit einem bis drei Monaten festzusetzenden Frist nach gehöriger Verständigung dagegen Einspruch erhebt. In einem solchen Falle sind die Gerichte dieses Staates auch zur Entscheidung über streitige Erb-, Pflichtteils- und Vermächtnisansprüche zuständig.

(2) Ist gemäß Absatz 1 der bewegliche Nachlaß von den Gerichten des Staates abzuhandeln, in dem er sich befindet, so sind die erbrechtlichen Bestimmungen des Heimatstaates des Erblassers sowohl bei der Abhandlung als auch bei der Entscheidung über streitige Erb-, Pflichtteils- und Vermächtnisansprüche anzuwenden.

Art. 37 Artikel 37.

(1) Sterben Angehörige des einen vertragschließenden Staates während einer Reise im Gebiete des anderen vertragschließenden Staates, so sollen, wenn sie dort weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben, die von ihnen mitgeführten Gegenstände ohne weiteres der Konsularbehörde ihres Staates übergeben werden.

(2) Die Konsularbehörde, der diese Gegenstände übergeben worden sind, wird damit nach den Vorschriften ihres Staates verfahren, nachdem sie die von dem Verstorbenen während des Aufenthaltes in dem Lande gemachten Schulden geregelt hat.

Art. 38 Artikel 38.

In streitigen und nichtstreitigen Nachlaßangelegenheiten, die im Gebiet eines der vertragschließenden Staaten durchgeführt werden, ist die Konsularbehörde des anderen Staates berechtigt, ihre Staatsangehörigen zu vertreten, sofern sie abwesend sind und keinen anderen Bevollmächtigten ernannt haben; innerstaatliche Bestimmungen über den Anwaltszwang bleiben unberührt.

Art. 39 Artikel 39.

Was als bewegliches Vermögen anzusehen ist, richtet sich nach den Vorschriften des Staates, in dem sich dieses Vermögen befindet.

Art. 40 Artikel 40.

(1) Insolange zwischen den beiden vertragschließenden Staaten ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Abgaben von Todes wegen nicht abgeschlossen ist, behält sich jeder der vertragschließenden Staaten vor, vor Ausfolgung des beweglichen Nachlasses an die Behörden des anderen vertragschließenden Staates alle Abgaben einzuheben, die den Erwerb von Todes wegen nach seinen Gesetzen belasten.

(2) Die in den vertragschließenden Staaten bestehenden Vorschriften über die Sicherung und Einhebung der von Todes wegen zu entrichtenden Abgaben bleiben unberührt.

IV. TEIL.

Beglaubigung und Urkunden.

Beglaubigung.

Art. 41 Artikel 41.

Von einem Gericht, einer Behörde oder einem öffentlichen Notar eines der vertragschließenden Staaten verfaßte oder aufgenommene öffentliche Urkunden bedürfen zum Gebrauche vor den Gerichten und den Behörden des anderen vertragschließenden Staates keiner Beglaubigung, wenn sie mit dem Amtssiegel oder Amtsstempel versehen sind.

Art. 42 Artikel 42.

Von einem Gericht, einer zuständigen Behörde oder einem öffentlichen Notar eines der vertragschließenden Staaten beglaubigte Privaturkunden bedürfen zum Gebrauche vor den Gerichten und den Behörden des anderen vertragschließenden Staates keiner weiteren Beglaubigung.

Austausch von Personenstandsurkunden.

Art. 43 Artikel 43.

(1) Die beiden vertragschließenden Staaten tauschen abgaben- und kostenfrei Personenstandsurkunden aus.

(2) Wird die Geburt, die Eheschließung oder der Tod von Angehörigen eines vertragschließenden Staates von einer Behörde des anderen vertragschließenden Staates beurkundet, so ist der zuständigen Konsularbehörde des Heimatstaates eine Geburts-, Heirats- oder Sterbeurkunde zu übersenden.

(3) Die Sterbeurkunden werden alsbald, die übrigen Urkunden gesammelt vierteljährlich übermittelt.

Ausstellung von Personenstandsurkunden.

Art. 44 Artikel 44.

(1) Die beiden vertragschließenden Staaten verpflichten sich, einander Personenstandsurkunden abgaben- und kostenfrei auszustellen und zu übermitteln, wenn das Ersuchen darum in einem hinreichend bezeichneten öffentlichen Interesse gestellt wird.

(2) Diese Ersuchen werden im diplomatischen oder konsularischen Wege an die zuständigen Behörden gerichtet.

(3) Durch das Ersuchen um eine Ausfertigung einer Personenstandsurkunde oder durch die Ausstellung einer solchen wird der Frage der Staatsangehörigkeit nicht vorgegriffen.

Art. 45 Artikel 45.

Unter Personenstandsurkunden im Sinne des Artikels 44 sind Geburtsurkunden, Urkunden über die Eintragung einer Totgeburt, Heiratsurkunden und Sterbeurkunden zu verstehen.

Ehefähigkeitszeugnisse.

Art. 46 Artikel 46.

Die Bescheinigung der Zuständigkeit bestimmter innerer Behörden der vertragschließenden Staaten zur Ausstellung von Ehefähigkeitszeugnissen entfällt im Verhältnis zwischen den beiden vertragschließenden Staaten.

V. TEIL.

Rechtsauskünfte.

Art. 47 Artikel 47.

Das Bundeskanzleramt, Auswärtige Angelegenheiten, der Republik Österreich und das Staatssekretariat für die Auswärtigen Angelegenheiten der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien werden einander auf Ersuchen den Wortlaut der in ihrem Staatsgebiet in Kraft stehenden oder in Kraft gestandenen Rechtsvorschriften bekanntgeben und gegebenenfalls Auskünfte über bestimmte Rechtsfragen erteilen.

VI. TEIL.

Schlußbestimmungen.

Art. 48 Artikel 48.

Dieser Vertrag wird ratifiziert, die Ratifikationsurkunden werden in Beograd ausgetauscht werden.

Art. 49 Artikel 49.

(1) Dieser Vertrag tritt 30 Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

(2) Der Vertrag ist für die Dauer von 5 Jahren abgeschlossen und bleibt weiter in Kraft, sofern nicht einer der vertragschließenden Staaten 6 Monate vor Ablauf eines Vertragsjahres dem anderen vertragschließenden Staat mitteilt, daß er den Vertrag aufkündige.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten der beiden vertragschließenden Staaten dieses Abkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

Ausgefertigt in Wien, am 16. Dezember 1954 in doppelter Urschrift in deutscher und serbo-kroatischer Sprache, wobei beide Texte authentisch sind.

Schlußprotokoll.

Anl. 1

Bei der Fertigung des heute zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien abgeschlossenen Vertrages über den wechselseitigen rechtlichen Verkehr besteht Einverständnis über folgende Punkte:

a) Unter „Gerichte“ im Sinne dieses Vertrages sind auch die in der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien bestehenden Wirtschaftsgerichte zu verstehen.

b) Unter „Sprache des ersuchten Gerichtes“ im Sinne dieses Vertrages ist für das ganze Gebiet der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien die serbo-kroatische, die slowenische oder die mazedonische Sprache, für das Gebiet der Republik Österreich die deutsche Sprache zu verstehen.

c) In der Republik Österreich sind öffentliche Personenstandsurkunden auch die von den zuständigen konfessionellen Organen der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften ausgestellten Urkunden über Personenstandsfälle, die vor dem 1. Jänner 1939 eingetreten sind.

In der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien sind öffentliche Personenstandsurkunden auch die von Organen der Religionsgemeinschaften vor dem 9. Mai 1946 ausgestellten Auszüge aus ihren Matrikelbüchern, die nach früheren Vorschriften in Gebieten geführt wurden, in denen keine staatlichen Matrikelbücher bestanden.

Die beiden vertragschließenden Staaten werden Verzeichnisse der vorstehend erwähnten Kirchen und Religionsgesellschaften in der Republik Österreich und Religionsgemeinschaften in der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien binnen drei Monaten vom Tage des Inkrafttretens dieses Vertrages austauschen.

Ausgefertigt in Wien, am 16. Dezember 1954 in doppelter Urschrift in deutscher und serbo-kroatischer Sprache, wobei beide Texte authentisch sind.