BundesrechtInternationale VerträgeSchutz der Unterseekabel

Schutz der Unterseekabel

In Kraft seit 01. Mai 1888
Up-to-date

Artikel 1.

Art. 1

Der gegenwärtige Vertrag findet, außerhalb der Territorialgewässer, auf alle Untersee-Kabel Anwendung, welche auf gesetzliche Weise hergestellt worden sind und auf den Staatsgebieten, Colonien oder Besitzungen eines oder mehrerer der hohen vertragschließenden Theile landen.

Artikel 2.

Art. 2

Das Zerreißen oder die Beschädigung eines Untersee-Kabels, ob mit Absicht oder durch sträfliche Nachlässigkeit herbeigeführt, wenn die gänzliche oder theilweise Unterbrechung oder Störung der telegraphischen Verbindungen daraus erfolgt, ist strafbar, ohne Präjudiz für die Civilklage auf Schadenersatz.

Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn die Urheber des Bruches oder der Beschädigung nachweisbar nur den Zweck im Auge hatten, nach Ergreifung aller zur Verhütung eines solchen Bruches oder einer solchen Beschädigung nöthigen Vorsichtsmaßregeln, ihr Leben oder die Sicherheit ihrer Fahrzeuge zu schützen.

Artikel 3.

Art. 3

Die hohen vertragschließenden Theile verpflichten sich, bei Ertheilung der Bewilligung zur Landung eines Untersee-Kabels, soweit als möglich, die aus Sicherheitsrücksichten gebotenen Bedingungen, sowohl bezüglich der Trace, als auch der Dimensionen des Kabels vorzuschreiben.

Artikel 4.

Art. 4

Der Eigenthümer eines Kabels, welcher durch dessen Legung oder Ausbesserung den Bruch oder die Beschädigung eines anderen Kabels verursacht, hat die durch diesen Bruch oder diese Beschädigung nothwendig gewordenen Herstellungskosten zu tragen, und zwar vorkommenden Falles unbeschadet der Anwendung des Artikels 2 des gegenwärtigen Vertrages.

Artikel 5.

Art. 5

Die mit der Legung oder Ausbesserung von Untersee-Kabeln beschäftigten Fahrzeuge haben jene Regeln über die Signale zu beobachten, welche zur Verhinderung des Zusammenstoßes von den hohen vertragschließenden Theilen einverständlich bereits angenommen sind oder in Hinkunft angenommen werden.

Wenn ein mit der Ausbesserung eines Kabels beschäftigtes Fahrzeug die erwähnten Signale trägt, so haben die anderen Fahrzeuge, welche diese Signale bemerken oder zu bemerken in der Lage sind, entweder sich zurückzuziehen, oder sich mindestens eine Seemeile weit von diesem Fahrzeuge entfernt zu halten, um es in seinen Arbeiten nicht zu behindern.

Die Geräthe oder Netze der Fischer sind in derselben Entfernung zu halten.

Indessen haben die Fischerfahrzeuge, welche ein Telegraphenschiff mit den vorgenannten Signalen bemerken, oder in der Lage sind es zu bemerken, eine Frist von höchstens vierundzwanzig Stunden, um sich nach der so gegebenen Verständigung zu richten, während welcher Zeit ihren Bewegungen kein Hindernis bereitet werden darf.

Die Arbeiten des Telegraphenschiffes müssen sobald als möglich zu Ende geführt werden.

Artikel 6.

Art. 6

Die Fahrzeuge, welche jene Bojen, die im Falle der Legung, der Störung oder des Bruches von Kabeln die Lage der letzteren anzeigen sollen, sehen oder zu sehen in der Lage sind, haben sich von diesen Bojen mindestens eine Viertelseemeile weit entfernt zu halten.

Die Geräthe oder Netze der Fischer sind in derselben Entfernung zu halten.

Artikel 7.

Art. 7

Die Eigenthümer der Schiffe oder Fahrzeuge, welche beweisen können, dass sie, um ein Untersee-Kabel nicht zu beschädigen, einen Anker, ein Netz oder ein anderes Fischereigeräth geopfert haben, sind durch den Eigenthümer des Kabels schadlos zu halten.

Zur Erlangung des Anspruches auf eine solche Entschädigung muss, soweit möglich, allsogleich nach dem Vorfalle behufs Constatirung desselben ein durch die Zeugenaussagen der Schiffsmannschaft bekräftigtes Protokoll aufgenommen werden, auch muss der Capitän innerhalb vierundzwanzig Stunden nach seiner Ankunft im ersten Bestimmungs- oder Zwischenhafen den zuständigen Behörden die Anzeige erstatten. Die letzteren verständigen hievon die Consularbehörden jener Nation, welcher der Eigenthümer des Kabels angehört.

Artikel 8.

Art. 8

Zur Urtheilschöpfung in Betreff der Übertretungen des gegenwärtigen Vertrages sind die Gerichte jenes Landes competent, welchem das Fahrzeug angehört, an dessen Bord die Übertretung begangen worden ist.

Es versteht sich übrigens von selbst, dass in jenen Fällen, wo die im vorausgehenden Absatze enthaltene Bestimmung nicht zur Ausführung gelangen kann, die Bestrafung der Übertretungen des gegenwärtigen Vertrages in jedem der vertragschließenden Staaten rücksichtlich seiner Angehörigen in Gemäßheit derjenigen allgemeinen Regeln über die Zuständigkeit in Strafsachen erfolgt, welche sich aus den Specialgesetzen dieser Staaten oder aus den internationalen Verträgen ergeben.

Artikel 9.

Art. 9

Die strafgerichtliche Verfolgung wegen der in den Artikeln 2, 5 und 6 des gegenwärtigen Vertrages vorgesehenen Übertretungen findet durch den Staat oder im Namen desselben statt.

Artikel 10.

Art. 10

Die Übertretungen des gegenwärtigen Vertrages können durch alle Beweismittel constatirt werden, welche nach der Gesetzgebung des Landes, wo das angerufene Gericht seinen Sitz hat, zulässig sind.

Wenn die Officiere, welche die Kriegsschiffe oder die von einem der hohen vertragschließenden Theile diesfalls speciell beorderten Fahrzeuge befehligen, Grund zur Annahme haben, dass eine Übertretung gegen die durch den gegenwärtigen Vertrag vorgesehenen Maßnahmen durch ein anderes als ein Kriegsschiff begangen worden sei, so können sie vom Capitän oder vom Schiffspatron die Vorzeigung der die Nationalität des betreffenden Fahrzeuges nachweisenden amtlichen Documente begehren. Diese Vorzeigung ist auf den präsentirten Documenten sofort kurz anzumerken.

Überdies können seitens der erwähnten Officiere, ohne Rücksicht auf die Nationalität des beschuldigten Fahrzeuges, Protokolle aufgenommen werden. Diese Protokolle sind nach jenen Formen und in jener Sprache abzufassen, welche in dem Lande, welchem der sie aufnehmende Officier angehört, üblich sind; dieselben können in dem Lande, wo man sich auf sie beruft, und nach Maßgabe der Gesetzgebung dieses Landes als Beweismittel dienen. Die Beschuldigten und die Zeugen haben das Recht, in ihrer eigenen Sprache alle jene Aufklärungen beizufügen oder beifügen zu lassen, welche sie für zweckmäßig halten; diese Erklärungen müssen gehörig unterfertigt sein.

Artikel 11.

Art. 11

Das Verfahren und die Urtheilsschöpfung in Betreff der Übertretungen gegen die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages finden stets insoweit summarisch statt, als es die bestehenden Gesetze und Verordnungen zulassen.

Artikel 12.

Art. 12

Die hohen vertragschließenden Theile verpflichten sich, jene Maßregeln zu ergreifen oder ihren betreffenden gesetzgebenden Körpern vorzuschlagen, welche erforderlich sind, um die Ausführung des gegenwärtigen Vertrages zu sichern und namentlich diejenigen, welche den Bestimmungen der Artikel 2, 5 und 6 zuwider handeln, mit Gefängnis oder mit Geld oder mit diesen beiden bestrafen zu lassen.

Artikel 13.

Art. 13

Die hohen vertragschließenden Theile werden sich jene Gesetze mittheilen, welche in Absicht auf den Gegenstand des gegenwärtigen Vertrages in ihren Staaten bereits erlassen wurden oder künftighin erlassen werden.

Artikel 14.

Art. 14

Denjenigen Staaten, welche an dem gegenwärtigen Vertrage nicht theilgenommen haben, wird über ihr Begehren gestattet, demselben beizutreten. Dieser Beitritt wird auf diplomatischem Wege der Regierung der Französischen Republik und durch diese den anderen betheiligten Regierungen notificirt werden.

Artikel 15.

Art. 15

Es ist wohlverstanden, dass die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages die Actionsfreiheit der Kriegführenden in keiner Weise beeinträchtigen sollen.

Artikel 16.

Art. 16

Der gegenwärtige Vertrag wird mit jenem Tage in Vollzug gesetzt, welcher von den hohen vertragschließenden Theilen vereinbart werden wird.

Derselbe wird von diesem Tage an durch fünf Jahre Geltung haben und soll für den Fall, als keiner der hohen vertragschließenden Theile zwölf Monate vor Ablauf des erwähnten Zeitraumes von fünf Jahren seine Absicht, von demselben zurückzutreten, kundgegeben hätte, durch ein weiteres Jahr und so fort von Jahr zu Jahr in Kraft bleiben.

Im Falle als eine der Signatarmächte den Vertrag kündigen würde, soll diese Kündigung nur für dieselbe wirksam sein.

Artikel 17.

Art. 17

Der gegenwärtige Vertrag wird ratificirt werden; die Ratificationen werden in Paris so bald als möglich und spätestens innerhalb eines Jahres ausgewechselt werden.

Urkund dessen haben die betreffenden Bevollmächtigten denselben unterzeichnet und darauf ihr Siegel beigedrückt.

Ausgefertigt in sechsundzwanzig Exemplaren in Paris, am 14. März 1884.

Zusatzartikel.

Anl. 1

Die Bestimmungen des am heutigen Tage zum Schutze der Untersee-Kabel abgeschlossenen Vertrages sollen in Gemäßheit des Artikels 1 auch auf die Colonien und Besitzungen Ihrer Britischen Majestät, mit Ausnahme der nachstehend benannten, Anwendung finden, nämlich:

Canada;

Neufundland;

Capland;

Natal;

Neu-Süd-Wales;

Victoria;

Queensland;

Tasmanien;

Süd-Australien;

West-Australien;

Neu-Seeland.

Die Bestimmungen des genannten Vertrages sollen jedoch auch auf eine der vorbezeichneten Colonien oder Besitzungen Anwendung finden, wenn eine hierauf bezügliche Mittheilung in ihrem Namen durch den Repräsentanten Ihrer Britischen Majestät in Paris dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten von Frankreich zugegangen sein wird.

Jede der vorstehend angeführten Colonien oder Besitzungen, welche dem genannten Vertrage beigetreten sein sollte, behält das Recht, von demselben in gleicher Weise wie die contrahirenden Mächte zurückzutreten. Im Falle als eine der in Rede stehenden Colonien oder Besitzungen von dem Vertrage zurückzutreten wünschen sollte, würde eine hierauf bezügliche Mittheilung durch den Repräsentanten Ihrer Britischen Majestät in Paris dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten von Frankreich zugehen.

Ausgefertigt in sechsundzwanzig Exemplaren in Paris, am 14. März 1884.

(Übersetzung)

Declaration.

Anl. 2

Die unterzeichneten Bevollmächtigten der Signatarstaaten des Vertrages vom 14. März 1884, betreffend die Sicherung der Unterseekabel, haben in der Erkenntnis, dass es angemessen sei, den Sinn der Bestimmungen der Artikel 2 und 4 des bezeichneten Vertrages genauer festzustellen, im gemeinsamen Einvernehmen die nachstehende Declaration vereinbart.

Da sich über den Sinn des im Artikel 2 des Vertrages vom 14. März 1884 gebrauchten Ausdruckes „mit Absicht” gewisse Zweifel erhoben haben, so wird es als selbstverständlich erklärt, dass die in dem obbezeichneten Artikel enthaltene Bestimmung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit keine Anwendung findet, wenn das Zerreißen oder die Beschädigung aus Anlass der Ausbesserung eines Unterseekabels, ungeachtet der zur Hintanhaltung des Zerreißens oder der Beschädigung angewendeten erforderlichen Vorsichtsmaßregeln, zufälliger- oder nothwendigerweise herbeigeführt worden ist.

Ebenso ist es selbstverständlich, dass der Artikel 4 des Vertrages nichts Anderes bezweckt und bewirken soll, als die zuständigen Gerichte eines jeden Landes anzuweisen, nach ihren Gesetzen und nach Maßgabe der Thatumstände über die Frage zu erkennen, ob und mit welchen rechtlichen Folgen der Eigenthümer eines Unterseekabels, welcher durch die Legung oder Ausbesserung dieses Kabels das Zerreißen oder die Beschädigung eines anderen Kabels herbeigeführt, hiefür nach dem Civilrechte haftet.

So geschehen in Paris am 1. December 1886 und für Deutschland am 23. März 1887.

Die vorstehende Declaration wird nach erfolgter Zustimmung der beiden Häuser des Reichsrathes hiemit kundgemacht.

Wien, am 24. April 1888.

(Übersetzung)

Schlussprotokoll.

Anl. 3

Die unterfertigten Bevollmächtigten der Regierungen, welche den Vertrag vom 14. März 1884 zum Schutze der Unterseekabel unterzeichnet haben, sind in Paris zu dem Zwecke zusammengetreten, um in Gemäßheit des Artikel 16 dieses internationalen Übereinkommens den Zeitpunkt der Ausführung des gedachten Vertrages festzusetzen, und haben Folgendes vereinbart.

I. Der internationale Vertrag vom 14. März 1884 zum Schutze der Unterseekabel wird am 1. Mai 1888 in Wirksamkeit treten, jedoch unter der Bedingung, dass mit diesem Zeitpunkte jene contrahirenden Regierungen, welche die im Art. 12 des gedachten internationalen Übereinkommens vorgesehenen Maßregeln ausgeführt haben, dieser Vereinbarung entsprochen haben werden.

II. Die von den genannten Staaten in Ausführung des vorgezeichneten Art. 12 getroffenen Verfügungen werden den anderen contrahirenden Mächten durch Vermittlung der französischen Regierung mitgetheilt werden, welche beauftragt ist, deren Inhalt zu prüfen.

III. Die Regierung der französischen Republik wird in gleicher Weise mit der Prüfung der betreffenden gesetzlichen oder reglementarischen Bestimmungen beauftragt, welche, um den Art. 12 zu entsprechen, jene Staaten in ihren bezüglichen Gebieten anzunehmen gehalten sein werden, die am Vertrage nicht theilgenommen haben und von der im Art. 14 vorgesehenen Befugnis zum Beitritte Gebrauch machen wollen.

Urkund dessen haben die unterfertigten Bevollmächtigten das gegenwärtige Schlussprotokoll vereinbart, welches als ein integrirender Bestandtheil des internationalen Vertrages vom 14. März 1884 angesehen werden soll.

So geschehen zu Paris den 7. Juli 1887.

Das vorstehende Schlussprotokoll wird mit Beziehung auf Artikel XVI des internationalen Vertrages zum Schutze der Unterseekabel kundgemacht.

Wien, am 24. April 1888.