(1) Die Verwendung von Flächen für Seveso-Betriebe ist vom Standpunkt der überörtlichen Raumordnung nur zulässig, wenn auf Antrag der Standortgemeinde des betreffenden Seveso-Betriebes die Raumverträglichkeit des Vorhabens durch Bescheid der Landesregierung festgestellt wurde (Raumverträglichkeitsprüfung).
(2) Die Standortgemeinde hat dem Antrag an die Landesregierung nach Abs. 1 alle zur Beurteilung des Gefahrenpotentials und des damit verbundenen Gefährdungsbereichs erforderlichen Unterlagen beizufügen; insoweit die Standortgemeinde nicht über diese Unterlagen verfügt, hat der Inhaber des Seveso-Betriebes bzw. der Projektwerber diese über Aufforderung der Landesregierung in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen.
(3) Die Landesregierung hat den Antrag nach Abs. 1 und die Unterlagen nach Abs. 2 für mindestens sechs Wochen auf der Internetseite des Landes Tirol zu verlautbaren. Die Verlautbarung hat einen Hinweis auf die Beteiligungsrechte und den Rechtsschutz nach den Abs. 6 und 8 zu enthalten.
(4) Der Verlautbarung nach Abs. 3 hat eine Verständigung der im Gefährdungsbereich liegenden Gemeinden über die von der Landesregierung durchgeführte Raumverträglichkeitsprüfung vorauszugehen; diese hat zu enthalten:
a) den Gegenstand des Antrages und eine Kurzbeschreibung des Vorhabens,
b) die Tatsache, dass über das Vorhaben eine Raumverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, welche Behörde für die Entscheidung zuständig ist und die Art der möglichen Entscheidung,
c) die Wiedergabe der Bestimmungen über die Beteiligungsrechte und den Rechtsschutz nach den Abs. 6 und 8,
d) einen Hinweis auf die für Stellungnahmen offenstehende, mindestens sechswöchige Frist (Stellungnahmefrist) sowie
e) einen Link auf den Ort der Verlautbarung auf der Internetseite des Landes Tirol.
(5) Während der Dauer der Verlautbarung auf der Internetseite des Landes Tirol sind die Angaben nach Abs. 4 jeweils an der Amtstafel der im Gefährdungsbereich liegenden Gemeinden kundzumachen.
(6) Innerhalb der Stellungnahmefrist (Abs. 4 lit. d) können schriftliche Stellungnahmen zur Raumverträglichkeit einbringen:
a) anerkannte Umweltorganisationen im Sinn des § 3 Abs. 11 des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005, LGBl. Nr. 26/2005, in der jeweils geltenden Fassung,
b) der Landesumweltanwalt,
c) der Standortanwalt (§ 2 Abs. 6 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000),
d) die im Gefährdungsbereich liegenden Gemeinden sowie
e) Personen, die ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen.
(7) Parteistellung im Raumverträglichkeitsprüfungsverfahren haben der Inhaber des Seveso-Betriebes bzw. der Projektwerber und die Standortgemeinde. Rechtsträger nach Abs. 6 haben, sofern sie während der Stellungnahmefrist die Verfahrensbeteiligung verlangt oder eine schriftliche Stellungnahme eingebracht haben, das Recht auf
a) Einsichtnahme in den Verwaltungsakt,
b) Teilnahme an einer allfälligen mündlichen Verhandlung,
c) Äußerung zum Ergebnis der Beweisaufnahme,
d) Erstattung von Stellungnahmen betreffend die Einhaltung der für die Raumverträglichkeitsprüfung geltenden Rechtsvorschriften,
e) Zustellung des Bescheides im Sinn des Abs. 1.
Stellungnahmen nach lit. d müssen bis zum Ende der mündlichen Verhandlung, wenn eine solche aber nicht stattfindet, innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der behördlichen Aufforderung zur Äußerung zum Ergebnis der Beweisaufnahme erstattet werden.
(8) Rechtsträger nach Abs. 6 sind berechtigt, gegen Bescheide im Sinn des Abs. 1 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben. Werden in einer Beschwerde Einwendungen oder Gründe erstmals vorgebracht, sind diese nicht zulässig, wenn ihr erstmaliges Vorbringen im Beschwerdeverfahren missbräuchlich oder unredlich ist.
(9) Bei der Entscheidung über die Raumverträglichkeit hat die Landesregierung auch die nach Abs. 7 erstatteten Stellungnahmen angemessen zu berücksichtigen. Weiters ist dabei insbesondere dem Erfordernis Rechnung zu tragen, dass zwischen Grundflächen für Anlagen von Seveso-Betrieben und anderen Grundflächen im Bauland mit Ausnahme des Gewerbe- und Industriegebietes angemessene Sicherheitsabstände gewahrt bleiben. Ist diese Voraussetzung hinsichtlich rechtmäßig bestehender Seveso-Betriebe nicht erfüllt, so genügt es bei Widmungen für diese Betriebe, dass die bestehenden Sicherheitsabstände gewahrt bleiben.
(10) Die Festlegung als bauliche Entwicklungsbereiche im örtlichen Raumordnungskonzept und die Widmung einer Fläche für Seveso-Betriebe ist jeweils nur zulässig, wenn die Raumverträglichkeit des Vorhabens mit Entscheidung nach Abs. 1 festgestellt wurde.
(11) Die Entscheidung über die Feststellung der Raumverträglichkeit ist für mindestens vier Wochen auf der Internetseite des Landes Tirol zu verlautbaren. Zwei Wochen nach dem Tag dieser Kundmachung gilt der Bescheid gegenüber Rechtsträgern nach Abs. 6, die während der Stellungnahmefrist weder die Verfahrensbeteiligung verlangt noch eine schriftliche Stellungnahme eingebracht haben, als zugestellt; ab dem Tag der Kundmachung ist ihnen Einsicht in den Verwaltungsakt zu gewähren.
Rückverweise
TROG 2022 · Raumordnungsgesetz 2022, Tiroler - TROG 2022
§ 39 § 39
…nur im Einklang mit den im Abs. 2 genannten Interessen und weiters nur dann getroffen werden, wenn die Raumverträglichkeit des Vorhabens nach § 12a Abs. 1 festgestellt wurde. (4) Bestehen im Gewerbe- und Industriegebiet a) auf Grundflächen, für die eine Festlegung nach Abs. 2 getroffen wurde, rechtmäßig…
§ 12a § 12a
(1) Die Verwendung von Flächen für Seveso-Betriebe ist vom Standpunkt der überörtlichen Raumordnung nur zulässig, wenn auf Antrag der Standortgemeinde des betreffenden Seveso-Betriebes die Raumverträglichkeit des Vorhabens durch Bescheid der Landesregierung festgestellt wurde (Raumverträglichkeitspr…
§ 37 § 37
…nehmen, dass gegenseitige Beeinträchtigungen, insbesondere durch Lärm, Luftverunreinigungen, Geruch oder Erschütterungen, so weit wie möglich vermieden werden. Weiters ist auf die Erfordernisse nach § 12a Abs. 9 zweiter und dritter Satz Bedacht zu nehmen. (3) Grundflächen, deren Eignung als Bauland wegen einer Gefährdung durch Lawinen, Hochwasser, Wildbäche, Steinschlag, Erdrutsch…
§ 126 § 126
…Abs. 1 Verantwortlichen übermitteln. (17) Die nach den Abs. 1 und 2 Verantwortlichen dürfen, sofern diese Daten im Rahmen des Raumverträglichkeitsprüfungsverfahrens nach § 12a erforderlich sind, grundstücksbezogene Daten sowie Identifikationsdaten und Erreichbarkeitsdaten des Inhabers des Seveso-Betriebes bzw. des Projektwerbers und von Rechtsträgern nach § 12a Abs. …