Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie den Hofrat Dr. Schwarz und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Eraslan, über die Revision der F N Ö, vertreten durch Dr. Helmut Blum und Mag. a Andrea Blum, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 29. Jänner 2025, Zl. VGW 151/016/322/2025 6, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid vom 18. November 2024 wies die belangte Behörde (Landeshauptmann von Wien) den Antrag der Revisionswerberin, einer türkischen Staatsangehörigen, vom 16. September 2024 auf neuerliche Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung „Student“ u.a. gemäß § 64 Abs. 2 Niederlassungs und Aufenthaltsgesetz (NAG) iVm. § 8 Z 8 lit. b Niederlassungs und Aufenthaltsgesetz Durchführungsverordnung (NAG DV) ab.
2 In ihrer Begründung verwies die Behörde insbesondere darauf, dass es der Revisionswerberin, die zuletzt über einen Aufenthaltstitel „Student auf Jobsuche“ (§ 64 Abs. 4 NAG) verfügt habe, trotz Aufforderung nicht möglich gewesen sei, ein Studienblatt sowie eine Studienbestätigung für das laufende Semester nachzuweisen. Es fehle daher an einem ernsthaften und erfolgreichen Betreiben eines Studiums.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 29. Jänner 2025 wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die im Spruch zu zitierenden Rechtsgrundlagen § 64 Abs. 1 NAG sowie § 8 Z 8 lit. a NAG DV lauteten. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
4 Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, die Revisionswerberin sei bis zum 30. Juni 2023 als Studentin an der „CEU“ in Wien eingeschrieben gewesen. Der von ihr übermittelten Bestätigung vom 19. Dezember 2024 sei zudem zu entnehmen, dass ihr aktueller Studentenstatus „Absolutorium, Thesis fällig“ laute. Wie durch eine bei der „CEU“ fernmündlich eingeholte Auskunft bestätigt, handle es sich aktuell um einen nicht eingeschriebenen Status („not enrolled status“). Studierende mit diesem Status hätten lediglich noch ihre Abschlussarbeit abzugeben sowie zu verteidigen und hätten keine Studiengebühren zu entrichten. Sonstige Nachweise seien von der Revisionswerberin nicht vorgelegt worden.
5 Die Revisionswerberin habe daher keinen Nachweis ihrer Aufnahme an einer Bildungseinrichtung im Sinn von § 64 Abs. 1 Z 2 bis 6 NAG vorgelegt. An der „CEU“ sei sie jedenfalls nicht mehr inskribiert („not enrolled“). Es mangle sohin an einer besonderen Voraussetzung für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels (§ 64 Abs. 1 iVm. § 8 Z 8 lit. a NAG DV) und führe dies zur Abweisung des gegenständlichen Antrages.
6 Auch aus dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG Türkei vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) könne die Revisionswerberin keinen Anspruch auf Erteilung des gegenständlichen Aufenthaltstitels ableiten. Sie verfüge zudem über eine gültige Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4c Ausländerbeschäftigungsgesetz.
7 Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe im Hinblick auf § 24 VwGVG unterbleiben können. Sie sei von keiner Partei beantragt worden und es sei nicht zu erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lasse. Insbesondere handle es sich bei der Beurteilung, ob eine Aufnahmebestätigung im Sinn von § 8 Z 8 lit. a NAG DV vorliege, um eine Rechtsfrage, die auch nicht dem Parteiengehör unterliege.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zur Zulässigkeit wird zunächst unter dem Gesichtspunkt des Fehlens von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, die Revisionswerberin sei aus näher angeführten, persönlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, den erforderlichen Studienerfolg zu erbringen. Zudem bedürfe es einer klarstellenden Rechtsprechung zur Frage, ob der Status „Absolutorium, Thesis fällig“ als aufrechte Immatrikulation zu werten sei.
9 Im Übrigen erachtet die Revision nicht näher bezeichnete Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, derzufolge vorliegend auch unter assoziationsrechtlichen Gesichtspunkten kein Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erteilen sei, als korrekturbedürftig.
10 Schließlich habe das Verwaltungsgericht abweichend von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine mündliche Verhandlung durchgeführt.
11 Die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG liegen nicht vor:
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Fallbezogen ging das Verwaltungsgericht u.a. aufgrund einer von der Revisionswerberin vorgelegten Bestätigung vom 19. Dezember 2024 davon aus, dass die Revisionswerberin über keine aufrechte Aufnahmebestätigung im Sinn von § 8 Z 8 lit. a NAG DV und über keine aktuelle Inskription mehr verfüge (vgl. „not enrolled“). Darauf aufbauend begründete es die Nichterteilung des gegenständlichen Aufenthaltstitels.
16 Weshalb die diesbezügliche Einschätzung des Verwaltungsgerichts unzutreffend sein sollte, legt die Zulässigkeitsbegründung nicht konkret dar (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VwGH 16.3.2023, Ra 2022/22/0113; 4.5.2023, Ra 2019/22/0152). Sie enthält dazu auch keine näheren rechtlichen Ausführungen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu dieser, dem angefochtenen Erkenntnis tragend zugrunde gelegten Auffassung zeigt die Zulässigkeitsbegründung somit nicht auf. Im Übrigen wird dazu auch in der Revisionsbegründung kein substantiiertes Vorbringen erstattet.
17 Somit wirft die Revision schon betreffend die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, es fehle fallbezogen an einer besonderen Erteilungsvoraussetzung im Sinn von § 64 Abs. 1 NAG, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
18 Weiters übersieht die Revision, dass sich das Verwaltungsgericht nicht auf die Nichterbringung eines ausreichenden Studienerfolgs im Sinn von § 64 Abs. 2 NAG stützte, weshalb die in der Zulässigkeitsbegründung geltend gemachten persönlichen Umstände, die die Revisionswerberin an der Erbringung eines entsprechenden Studienerfolgs gehindert hätten, für den Ausgang des gegenständlichen Revisionsverfahrens nicht entscheidend sind.
19 In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass die Revisionswerberin zuletzt über einen Aufenthaltstitel gemäß § 64 Abs. 4 NAG verfügte (vgl. die Begründung des Bescheids der belangten Behörde sowie den IZR Auszug vom 13. Juli 2021, verwaltungsgerichtlicher Akt, Seiten 14 ff).
20 Im Übrigen gelingt es der Zulässigkeitsbegründung nicht, eine Korrekturbedürftigkeit nicht näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nachvollziehbar darzulegen (vgl. etwa VwGH 9.8.2018, Ro 2017/22/0015; 13.12.2018, Ro 2018/22/0004).
21 Soweit eine Verletzung der Verpflichtung zur amtswegigen Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht behauptet wird, zeigt die Revision nicht konkret auf, aus welchen Gründen fallbezogen eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache hätte erwarten lassen (vgl. VwGH 29.6.2021, Ra 2021/22/0047; 13.2.2024, Ra 2023/22/0027).
22 Dass die Frage, ob die von der Revisionswerberin vorgelegte Bescheinigung als eine gültige Aufnahmebestätigung im Sinn von § 8 Z 8 lit. a NAG DV zu betrachten sei, gegenständlich anders als vom Verwaltungsgericht angenommen eine Tatsachenfrage darstellen würde und die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts insofern unzutreffend wäre, wird auch nicht vorgebracht (zu § 8 Z 6 lit. a NAG DV vgl. VwGH 29.3.2021, Ra 2018/22/0022).
23 Im Übrigen nennt die Revision auch keine konkrete Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, von der das Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit der Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung abgewichen wäre.
24 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 12. Juni 2025