JudikaturVwGH

Ra 2025/20/0034 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
23. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Stüger, über die Revisionen 1. des Y C, und 2. F G, beide vertreten durch Mag. Lukas Honzak, Rechtsanwalt in 7000 Eisenstadt, Marktstraße 2/Block 4/1. OG, dieser vertreten durch die hba Rechtsanwälte GmbH in 1090 Wien, Rooseveltplatz 10, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts je vom 16. Jänner 2025, 1. G310 2273804 2/3E und 2. G310 2295521 1/3E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Erkenntnisse werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von jeweils € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind Lebensgefährten. Beide sind Staatsangehörige von Kuba. Sie reisten gemeinsam am 25. Dezember 2022 unrechtmäßig in Österreich ein und stellten am selben Tag Anträge auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diese Anträge mit den Bescheiden je vom 6. Juni 2024 in Bezug auf das Begehren auf Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 sowie in Bezug auf das Begehren auf Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab, erteilte den revisionswerbenden Parteien keine Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005, erließ gegen sie gestützt auf § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 sowie § 9 BFA Verfahrensgesetz (BFA VG) jeweils eine Rückkehrentscheidung, stellte jeweils gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Kuba zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise nach § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG jeweils mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging soweit hier wesentlich davon aus, dass die Angaben des Erstrevisionswerbers, wonach er in Kuba im Jahr 2020 in der Nähe einer Demonstration gesehen und deswegen von der Polizei vorgeladen worden sei, er an einer im Juli 2021 abgehaltenen Demonstration teilgenommen habe und er Mitglied der „Damen in Weiß“ gewesen sei (nach den Ausführungen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl handle es sich dabei um die Protestbewegung „Damas de Blancos“, die regelmäßig friedlich für die Freilassung politischer Gefangener protestiere, wobei sich diese Gruppierung aus Ehefrauen, Schwestern und Müttern politischer Gefangener zusammensetze und ausschließlich Frauen Mitglieder dieser Gruppierung seien), und er deshalb von der kubanischen Polizei verfolgt werde, (zwar nicht zur Gänze, aber in wesentlichen Teilen) unglaubwürdig seien. Vielmehr so die Behörde scheine es, dass er Teile „seiner Geschichte“ erfunden habe, um ihr Asylrelevanz zu verleihen. Selbst wenn „seine Fluchtgeschichte wahr wäre“, ließe sich daraus keine staatliche Verfolgung seiner Person ableiten. Er habe sich in Kuba „bis auf wenige behauptete Einschränkungen“ (deren Ursache das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in den aufgrund der „Corona Pandemie“ getroffenen Maßnahmen verortete) frei bewegen, sich im November 2021 einen Reisepass und eine ID Card bei staatlichen Stellen besorgen und Kuba „ganz legal verlassen“ können. Er habe Kuba „wohl eher aus rein wirtschaftlichen Gründen“ verlassen.

4 Die Angaben der Zweitrevisionswerberin, die ebenfalls vorgebracht hatte, wegen der Teilnahme an der im Juli 2021 abgehaltenen Demonstration in Kuba von der Polizei verfolgt zu werden, wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gleichfalls als unglaubwürdig eingestuft. Auch in ihrem Fall ging die Behörde davon aus, dass sie den Herkunftsstaat (mit dem Erstrevisionswerber) aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe.

5 Zur Situation in Kuba traf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in den die revisionswerbenden Parteien betreffenden Bescheiden unter der Überschrift „Rückkehr“ unter Hinweis auf die darin zitierten Quellen folgende Feststellungen:

„Rückkehr

Die Regierung verwehrt auch einigen im Ausland lebenden Bürgern und Personen kubanischer Abstammung die Einreise in das Land, offenbar mit der Begründung, dass diese Besucher der Regierung kritisch gegenüberstehen oder ihre Arbeit im Rahmen der Arbeitsausfuhrprogramme der Regierung ‚aufgegeben‘ haben, zu denen niedrig bezahlte medizinische Fachkräfte, Sportler, Künstler, Lehrer und Seehändler gehören (USDOS 20.3.2023). Für Kubaner gelten nach wie vor extrem hohe Passgebühren, und kubanischen Ärzten, Diplomaten und Sportlern, die ins Ausland ‚überlaufen‘, ist die Einreise für acht Jahre untersagt. Zahlreiche Dissidenten, darunter das MSI Mitglied Anamely Ramos und die Bürgerrechtlerin Omara Ruiz Urquiola sowie der Journalist und Schriftsteller Carlos Manuel Álvarez, wurden 2022 an der Einreise nach Kuba gehindert (FH 2023). Die dauerhafte Rückkehr nach Kuba als Emigrant und eine legale Niederlassung sind grundsätzlich möglich. Die Antragstellung für den legalen Aufenthalt kann im Ausland bei den diplomatischen und konsularischen Vertretungen Kubas erfolgen. Befindet sich die Person bereits in Kuba, hat die Beantragung bei der zuständigen Abteilung des Innenministeriums zu erfolgen. Reisepässe können bei kubanischen Vertretungen ausgestellt werden, sollte der Reisepass bereits abgelaufen sein. Emigranten, die nach Kuba zurückkehren, haben einen kostenlosen Zugang zum Gesundheitssystem (ÖB 27.3.2023).

Kubanern kann ihre Staatsbürgerschaft nicht entzogen werden, außer aus gesetzlich festgelegten Gründen. Das Gesetz legt das Verfahren fest, das für die Formalisierung des Verlusts und Verzichts auf die Staatsbürgerschaft zu befolgen ist, und die Behörden, die befugt sind, darüber zu entscheiden. Die kubanische Staatsbürgerschaft kann nach Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen und Formalitäten wiedererlangt werden. Gemäß telefonischer Auskunft der Abteilung für Internationale Beziehungen im kubanischen Justizministerium existiert jedoch bisher kein Gesetz, das Gründe für Verlust und Erfüllung für Wiedererwerb regelt. Lt. Erfahrung der Botschaft ist der Erhalt einer Bestätigung über den Verzicht oder die Zurücklegung der Staatsbürgerschaft nicht möglich (wie dies in einigen Fällen bei Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und dazu verlangter Bestätigung über den Austritt aus dem kubanischen Staatsverband gefordert war) (ÖB 27.3.2023).

Quellen:

- FH Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 Cuba, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088504.html, Zugriff 28.11.2023

- ÖB Österreichische Botschaft Havanna [Österreich] (27.3.2023), Antwort der ÖB, übermittelt via E Mail am Datum 27.3.2023 USDOS US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Cuba, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089110.html, Zugriff 1.12.2023“

6 In den gegen die Bescheide vom 6. Juni 2024 erhobenen Beschwerden bekämpften die revisionswerbenden Parteien die Beweiswürdigung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, wonach ihren Angaben zu einer Verfolgung durch die kubanische Polizei wegen ihrer (zum Teil von dieser unterstellten) Teilnahme an Demonstrationen kein Glauben geschenkt wurde. Sie brachten zudem als Grund für eine von staatlichen Stellen ausgehende Verfolgung vor, sie hätten durch ihren länger als 24 Monate dauernden Auslandsaufenthalt das Aufenthaltsrecht in Kuba verloren. Sie gälten nunmehr nach kubanischem Recht als Emigranten und dürften daher (nur noch) für maximal drei Monate auf Besuch nach Kuba reisen. Sie befürchteten für den Fall, dass sie gezwungen würden, nach Kuba zurückzukehren, dort keine Chance auf legalen Aufenthalt zu erhalten, sofern ihnen die Einreise überhaupt gestattet werde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hätte diesem Umstand, der bei einer Spezialbehörde als bekannt vorausgesetzt werden sollte, Rechnung tragen und die revisionswerbenden Parteien dazu befragen und „vor allem“ auch die entsprechenden Länderinformationen würdigen müssen. Diese seien in den bekämpften Bescheiden allerdings nur unvollständig wiedergegeben worden, was den Verdacht aufkommen lasse, dass sich die Behörde damit überhaupt nicht beschäftigt habe. Die „Vollversion des LIB“ enthalte detaillierte Ausführungen zur Situation von Personen, die das Land verlassen und sich über 24 Monate illegal im Ausland aufgehalten hätten. Aus den Berichten ergäbe sich, dass sich kubanische Staatsangehörige gemäß der aktuellen (kubanischen) Gesetzeslage 24 Monate im Ausland aufhalten dürften und keine Ausreisegenehmigung mehr bräuchten, sondern nur noch einen Pass und ein Einreisevisum des Ziellandes. Einschränkungen gälten jedoch immer noch für bestimmte Berufsgruppen, wie etwa für Ärzte. Im Fall der Rückkehr nach Kuba innerhalb dieser 24 Monate seien „keine Probleme zu erwarten“. Sofern die betreffende Person allerdings während des Auslandsaufenthalts um Asyl angesucht habe und die kubanischen Behörden davon erführen, werde der Rückkehrer auf eine schwarze Liste gesetzt und habe dann mitunter Schwierigkeiten beim Zugang zu Beschäftigung oder Sozialleistungen. Bei Übertretung der Frist von 24 Monaten, die sich ein Bürger von Kuba im Ausland aufhalten dürfe, werde die betreffende Person als Emigrant und als Abtrünniger betrachtet. „Im Rahmen der Migrationsreformen 2013“ verlören Kubaner, die sich mehr als 24 Monate im Ausland aufhielten, ihre Staatsbürgerschaftsrechte. Diese Einschränkungen führten zu einer de facto Staatenlosigkeit. Man könnte auch von Rechtelosigkeit sprechen, weil viele Auswanderer ihren kubanischen Pass behielten, der eine wichtige Einnahmequelle für den kubanischen Staat darstelle.

7 Darauf habe sich auch das Bundesverwaltungsgericht in einem vergleichbaren (von den revisionswerbenden Parteien mit Aktenzahl zitierten) Fall es sei dort um die gescheiterte Abschiebung einer kubanischen Staatsangehörigen gegangen bereits bezogen. „Aus dem LIB“ ergebe sich zweifelsfrei, dass das kubanische Regime gegen jede Form oppositioneller Betätigung mit aller Härte reagiere. Es sei auch mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass den revisionswerbenden Parteien „spätestens“ auf Grund ihrer unerlaubten Ausreise und Asylantragstellung im Ausland als Zeichen der Ablehnung der kubanischen Regierung eine oppositionelle Gesinnung bei der Rückkehr nach Kuba unterstellt werde.

8 Die revisionswerbenden Parteien stellten in ihren Beschwerden ausdrücklich (unter anderem) mit der Begründung, das Ermittlungsverfahren des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl sei unvollständig geblieben, den Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge eine Verhandlung durchführen, damit sie ihr Vorbringen unter Beweis stellen könnten.

9 Das Bundesverwaltungsgericht nahm entgegen diesem Antrag von der Durchführung einer Verhandlung Abstand. Er wies die von den revisionswerbenden Parteien erhobenen Beschwerden mit den in Revision gezogenen Erkenntnissen als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG jeweils nicht zulässig sei.

10 Das Bundesverwaltungsgericht traf in seiner Begründung unter anderem Feststellungen zur Situation in Kuba. Unter der Überschrift „Rückkehr“ führte es wie folgt aus:

„Rückkehr

Die Regierung verwehrt auch einigen im Ausland lebenden Bürgern und Personen kubanischer Abstammung die Einreise in das Land, offenbar mit der Begründung, dass diese Besucher der Regierung kritisch gegenüberstehen oder ihre Arbeit im Rahmen der Arbeitsausfuhrprogramme der Regierung ‚aufgegeben‘ haben, zu denen niedrig bezahlte medizinische Fachkräfte, Sportler, Künstler, Lehrer und Seehändler gehören. Für Kubaner gelten nach wie vor extrem hohe Passgebühren, und kubanischen Ärzten, Diplomaten und Sportlern, die ins Ausland ‚überlaufen‘, ist die Einreise für acht Jahre untersagt. Zahlreiche Dissidenten, darunter das MSI Mitglied Anamely Ramos und die Bürgerrechtlerin Omara Ruiz Urquiola sowie der Journalist und Schriftsteller Carlos Manuel Álvarez, wurden 2022 an der Einreise nach Kuba gehindert.

Die dauerhafte Rückkehr nach Kuba als Emigrant und eine legale Niederlassung sind grundsätzlich möglich. Die Antragstellung für den legalen Aufenthalt kann im Ausland bei den diplomatischen und konsularischen Vertretungen Kubas erfolgen. Befindet sich die Person bereits in Kuba, hat die Beantragung bei der zuständigen Abteilung des Innenministeriums zu erfolgen. Reisepässe können bei kubanischen Vertretungen ausgestellt werden, sollte der Reisepass bereits abgelaufen sein. Emigranten, die nach Kuba zurückkehren, haben einen kostenlosen Zugang zum Gesundheitssystem.

Kubanern kann ihre Staatsbürgerschaft nicht entzogen werden, außer aus gesetzlich festgelegten Gründen. Das Gesetz legt das Verfahren fest, das für die Formalisierung des Verlusts und Verzichts auf die Staatsbürgerschaft zu befolgen ist, und die Behörden, die befugt sind, darüber zu entscheiden. Die kubanische Staatsbürgerschaft kann nach Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen und Formalitäten wiedererlangt werden. Gemäß telefonischer Auskunft der Abteilung für Internationale Beziehungen im kubanischen Justizministerium existiert jedoch bisher kein Gesetz, das Gründe für Verlust und Erfüllung für Wiedererwerb regelt. Lt. Erfahrung der Botschaft ist der Erhalt einer Bestätigung über den Verzicht oder die Zurücklegung der Staatsbürgerschaft nicht möglich (wie dies in einigen Fällen bei Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und dazu verlangter Bestätigung über den Austritt aus dem kubanischen Staatsverband gefordert war).

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 31.03.2023 betreffend ‚Auslandsaufenthalt, Aufenthaltsrecht, Habilitacion‘ (auszugsweise):

Die diplomatischen Vertretungen Kubas im Ausland (RDCE) berichten wie folgt:

Im Rahmen des kontinuierlichen und unumkehrbaren Prozesses der Weiterentwicklung der Migrationspolitik des Landes hat die kubanische Regierung beschlossen, die folgenden Maßnahmen zu genehmigen, die am 1. Januar 2018 in Kraft treten werden:

1) Abschaffung des Passes ‚Habilitation‘ für Reisen nach Kuba für kubanische Auswanderer.

2) Genehmigung der Ein- und Ausreise kubanischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz im Ausland in Sportbooten über die internationalen Touristenhäfen Hemingway und Gaviota Varadero nach Kuba. Sobald die Bedingungen erfüllt sind, würde dies schrittweise auf andere Häfen ausgedehnt werden.

3) Ermöglichung der Einreise kubanischer Bürger, die das Land illegal verlassen haben, mit Ausnahme derer, die dies über den US Marinestützpunkt in Guantánamo getan haben, nach Kuba.

4) Abschaffung des Erfordernisses, sich in Kuba niederzulassen, damit die Kinder von im Ausland lebenden kubanischen Staatsbürgern, die im Ausland geboren wurden, die kubanische Staatsbürgerschaft und einen Personalausweis erhalten können.

RDCE berichtet, dass kubanische Staatsbürger [Anm.: aufgrund der COVID 19 Pandemie; Stand 20.3.2020] für ihren Aufenthalt, der über 24 Monate hinausgeht, nicht mehr um Verlängerung ansuchen müssen, ohne den Status als permanent Aufhältige im Staatsgebiet Kubas zu verlieren.

CubaNews berichtet, dass per 12.10.2020 Bürger für die Verlängerung ihres Auslandsaufenthalts, der über 24 Monate hinausgeht, um Verlängerung ansuchen müssen und zudem eine monatliche Gebühr zu bezahlen ist. Dies ist die Reaktivierung des Gesetzes, das vor dem 19.3.2020 [Anm.: ab 19.3.2020 keine Verlängerung nötig aufgrund von COVID 19] in Kraft war. Diese Verlängerung ist zur Wahrung des ständigen Aufenthaltstitels im kubanischen Territorium nötig.

Gemäß RHC wurde per 21.4.2021 die automatische und kostenfreie Verlängerung von Auslandsaufenthalten von Kubanern über die Dauer von 24 Monaten hinaus unbefristet wieder eingeführt.

1. Ist eine dauerhafte Rückreise nach Kuba als ‚Emigrant‘ und eine legale Niederlassung möglich? Falls nein, welche Schritte sind hierfür notwendig?

Ja. Die Antragstellung für den legalen Aufenthalt kann im Ausland bei den diplomatischen und konsularischen Vertretungen Kubas erfolgen. Befindet sich die Person bereits in Kuba, hat die Beantragung bei der zuständigen Abteilung des Innenministeriums zu erfolgen.

2. Wenn der kubanische Reisepass bereits abgelaufen ist, ist es für einen ‚Emigranten‘ möglich, sich einen neuen Reisepass bei einer kubanischen Vertretungsbehörde ausstellen zu lassen?

Ja.

3. Welche Möglichkeit gibt es, um eine verlorene Staatsbürgerschaft wieder zu erlangen? Ist eine Beantragung nur im Inland möglich oder auch im Ausland? Wie lange dauert dieses Verfahren? Fallen Kosten an? Wenn ja, wie hoch sind diese?

Die kubanische Verfassung besagt: Kubanern kann ihre Staatsbürgerschaft nicht entzogen werden, außer aus gesetzlich festgelegten Gründen. Das Gesetz legt das Verfahren fest, das für die Formalisierung des Verlusts und Verzichts auf die Staatsbürgerschaft zu befolgen ist, und die Behörden, die befugt sind, darüber zu entscheiden. Die kubanische Staatsbürgerschaft kann nach Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen und Formalitäten wiedererlangt werden. Gemäß telefonischer Auskunft der Abteilung für Internationale Beziehungen im kubanischen Justizministerium existiert jedoch bisher kein Gesetz, welches Gründe für Verlust und Erfüllung für Wiedererwerb regelt. Lt. Erfahrung der Botschaft ist der Erhalt einer Bestätigung über den Verzicht oder die Zurücklegung der Staatsbürgerschaft nicht möglich (wie dies in einigen Fällen bei Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und dazu verlangter Bestätigung über den Austritt aus dem kubanischen Staatsverband gefordert war).

4. Haben Emigranten, welche nach Kuba dauerhaft zurückkehren, einen kostenlosen Zugang zum Gesundheitssystem?

Ja

ÖB Österreichische Botschaft Havanna (27.3.2023), Antwort der ÖB, übermittelt via E Mail am 27.3.2023“

11 Im Rahmen seiner beweiswürdigenden Erwägungen hielt das Bundesverwaltungsgericht bezogen auch auf diese Feststellungen fest, „die aktuellen Länderfeststellungen“ seien auszugsweise, soweit entscheidungswesentlich, wiedergegeben worden. Zu den Quellenangaben im Einzelnen werde „auf die im angefochtenen Bescheid festgestellten Länderinformationen“ verwiesen. Die herangezogenen Länderinformationen (mit Stand 1. Dezember 2023) seien ausreichend aktuell. Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 31. März 2023 betreffend „Auslandsaufenthalt, Aufenthaltsrecht, Habilitacion“ herangezogen. Sofern in den Beschwerden vorgebracht worden sei, dass die revisionswerbenden Parteien aufgrund ihres langen Auslandsaufenthaltes ihr Aufenthaltsrecht in Kuba verloren hätten, werde festgehalten, dass der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 31. März 2023 zufolge kubanische Staatsangehörige für ihren Aufenthalt (außerhalb Kubas), der über 24 Monate hinausgehe, nicht mehr um Verlängerung ansuchen müssten, ohne den Status als permanent Aufhältige im Staatsgebiet Kubas zu verlieren. Ein Verlust der Staatsangehörigkeit von Kuba könne somit in den vorliegenden Fällen nicht festgestellt werden.

12 Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Stellen der Asylanträge dem kubanischen Staat bekannt geworden sei, weil es den österreichischen Behörden verboten sei, Daten über Asylwerber an Behörden des Herkunftsstaates zu übermitteln. Aus den Länderberichten gehe zwar hervor, dass die Regierung einigen im Ausland lebenden Bürgern die Einreise in das Land verwehre. Dabei handle es sich aber um regierungskritische Personen, zu denen niedrig bezahlte medizinische Fachkräfte, Sportler, Künstler, Lehrer und Seehändler gehörten. Jedoch sei die dauerhafte Rückkehr nach Kuba als Emigrant und eine legale Niederlassung grundsätzlich möglich. Die Antragstellung für den legalen Aufenthalt könne im Ausland bei den diplomatischen und konsularischen Vertretungen Kubas erfolgen. Kubanern könne ihre kubanische Staatsangehörigkeit außer aus den gesetzlich festgelegten Gründen nicht entzogen werden. Das Gesetz lege das Verfahren fest, das für die Formalisierung des Verlusts und des Verzichts auf die kubanische Staatsangehörigkeit zu befolgen sei, und auch die Behörden, die befugt seien, darüber zu entscheiden. Die kubanische Staatsangehörigkeit könne nach Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen und Formalitäten auch wiedererlangt werden.

13 In der rechtlichen Beurteilung betreffend die Verweigerung der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten an die revisionswerbenden Parteien verwies dann das Bundesverwaltungsgericht, das im Rahmen seiner Beweiswürdigung auch dargelegt hatte, weshalb es deren Vorbringen zu einer Verfolgung wegen der Teilnahme an Demonstrationen und wegen einer behaupteten Mitgliedschaft zu den „Damen in Weiß“ keinen Glauben schenke, lediglich darauf, dass keine Feststellungen getroffen worden seien, aus denen sich eine asylrelevante Verfolgung der revisionswerbenden Parteien ableiten ließe.

14 Zum Entfall der mündlichen Verhandlung merkte das Bundesverwaltungsgericht an, dass der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde festgestellt und in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet worden sei. Es habe daher trotz des von den revisionswerbenden Parteien gestellten Antrages gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben dürfen, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine.

15 Den Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision begründete das Bundesverwaltungsgericht damit, dass konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung weder in den Beschwerden vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen seien. Die bei der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei zwar teilweise zu früheren Rechtslagen ergangen, sie sei jedoch auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

16 Die gegen diese Erkenntnisse eingebrachten Revisionen wurden vom Bundesverwaltungsgericht samt den Verfahrensakten dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorverfahren eingeleitet. Es wurde keine Revisionsbeantwortung erstattet.

17 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revisionen in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

18 Die revisionswerbenden Parteien wenden sich in der Begründung für die Zulässigkeit der von ihnen erhobenen Revisionen (unter anderem) gegen den Entfall der von ihnen beantragten mündlichen Verhandlung. Sie verweisen darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht über die Gefahr einer ihnen drohenden politischen Verfolgung entschieden habe, indem es unter Vornahme einer zusätzlichen Beweiswürdigung die Länderfeststellungen aktualisiert habe, ohne eine Verhandlung durchzuführen. Dabei beziehen sie sich ohne Zweifel erkennbar und auch in den Revisionsgründen in diesem Sinn näher dargestellt (auch) auf jene Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts, die es aufgrund der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 31. März 2023 getroffen hat.

19 Die Revisionen sind aufgrund dieses Vorbringens zulässig und berechtigt.

20 Gemäß dem hier maßgeblichen § 21 Abs. 7 BFA VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

21 Für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“, auf die sich das Bundesverwaltungsgericht für den Entfall der Verhandlung gestützt hat, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgende Kriterien beachtlich:

22 Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. ausführlich VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018; sowie aus der dem folgenden Rechtsprechung etwa VwGH 14.3.2025, Ra 2024/14/0405, mwN).

23 Das Bundesverwaltungsgericht hat in den gegenständlichen Fällen wie oben ersichtlich zum erstmals in der Beschwerde erstatteten Vorbringen, die revisionswerbenden Parteien hätten wegen ihres außerhalb Kubas unrechtmäßigen Aufenthalts in anderen Staaten in einer 24 Monate überschreitenden Dauer im Fall ihrer Rückkehr nach Kuba asylrechtlich relevante Verfolgung zu gewärtigen, Feststellungen im Besonderen anhand einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 31. März 2023 betreffend „Auslandsaufenthalt, Aufenthaltsrecht, Habilitacion“ getroffen. Es hat sich dann in seiner Beweiswürdigung zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens der revisionswerbenden Parteien zentral auf den Inhalt dieser Anfragebeantwortung gestützt.

24 Es kann somit keine Rede davon sein, dass die revisionswerbenden Parteien keinen über das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde hinaus gehenden Sachverhalt behauptet hätten. Das Bundesverwaltungsgericht ist auch nicht davon ausgegangen, dass das in den Beschwerden neu erstattete Vorbringen dem Neuerungsverbot des § 20 Abs. 1 BFA VG unterlegen wäre. Dass das Verwaltungsgericht für seine Feststellungen zu den in den Beschwerden erstmals vorgebrachten Gründen einer Verfolgung im Heimatland weiters auf ein bislang nicht ins Verfahren eingeführtes Beweismittel abgestellt hat, hat es selbst erkannt, weil es darauf hingewiesen hat, dass es neben den bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwerteten Beweismitteln für seine Feststellungen „zudem“ die oben genannte Anfragebeantwortung herangezogen hat.

25 Dass es sich dabei um eine nicht bloß unwesentliche Ergänzung des Sachverhalts und der Beweiswürdigung gehandelt hat, kann angesichts der oben wiedergegebenen Begründung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zweifelhaft sein. Es hat Feststellungen aufgrund eines in der Beschwerde erstmals erstatteten Vorbringens getroffen, das nicht zuletzt im Hinblick auf den in den Beschwerden erhobenen Vorwurf, die Feststellungen der Behörde zur Situation in Kuba seien „unvollständig“ erst im Rahmen der Beschwerdeverfahren in Bezug auf den für die Entscheidung wesentlichen Sachverhalt einer weitergehenden Klärung unterworfen wurde. Diese Feststellungen zog das Bundesverwaltungsgericht dann auch tragend für seine Einschätzung heran, wonach es das Vorbringen der revisionswerbenden Parteien zu einer ihnen wegen des langen Aufenthalts außerhalb Kubas im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat aus politischen Gründen drohenden Verfolgung als unzutreffend verworfen hat.

26 Im Übrigen ist anzumerken, dass es das Bundesverwaltungsgericht in seiner Begründung für den Entfall der Verhandlung verschwiegen hat, dass es nach den oben dargestellten Kriterien für die Rechtmäßigkeit der Abstandnahme von der Verhandlung auch erforderlich ist, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Vollständigkeit aufweist. Das war aber hier angesichts des Vorbringens in den Beschwerden nicht der Fall.

27 Sohin lagen die Voraussetzungen des § 21 Abs. 7 BFA VG für die Abstandnahme von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht vor (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall der Ergänzung von für die Entscheidung wesentlichen Feststellungen zu den Gegebenheiten im Herkunftsstaat und der Würdigung des Vorbringens des Fremden unter Einbeziehung dieser Feststellungen in für die Beurteilung des konkreten Falles wesentlicher Weise VwGH 14.3.2025, Ra 2024/18/0344, mwN).

Die Missachtung der Verhandlungspflicht führt im Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK und wie hier gegeben des Art. 47 GRC zur Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, ohne dass die Relevanz dieses Verfahrensmangels geprüft werden müsste (vgl. auch dazu VwGH Ra 2024/18/0344, mwN).

28 Sohin war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze, weil die von der Versagung der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten rechtlich abhängenden Aussprüche ihre Grundlage verlieren aufzuheben.

29 Auf das übrige Vorbringen der revisionswerbenden Parteien musste daher nicht weiter eingegangen werden.

30 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 und Z 5 VwGG abgesehen werden.

31 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 23. Juni 2025

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