JudikaturVwGH

Ra 2025/19/0133 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. Juli 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des M K (alias A M alias M A), vertreten durch Dr. Christian Schmaus, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Chwallagasse 4/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 2024, W185 2295189 1/5E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Dem aus Syrien stammenden Revisionswerber wurde am 22. September 2023 in Griechenland der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Am 27. September 2023 stellte er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20. Juni 2024 wurde dieser Antrag gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der Revisionswerber nach Griechenland zurückzubegeben habe. Unter einem wurde dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, seine Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Griechenland zulässig sei.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

4 Mit Beschluss vom 11. März 2025, E 4446/2024 10, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde über nachträglichen Antrag des Revisionswerbers mit Beschluss vom 28. März 2025, E 4446/2024 12, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

5 In der Folge erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 In der vorliegenden Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst vorgebracht, das BVwG sei von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Begründungspflicht abgewichen. Insbesondere habe es sich nicht ausreichend mit der Situation des Revisionswerbers im Falle einer Rückkehr nach Griechenland auseinandergesetzt und hätte aufgrund der getroffenen Länderfeststellungen, wonach das „HELIOS Programm“ eingestellt werde, zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass eine Überstellung des Revisionswerbers nach Griechenland im Hinblick auf Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC unzulässig sei.

10 Entgegen diesen Ausführungen setzte sich das BVwG unter Heranziehung von im Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichten ausführlich mit der Unterbringungs und Versorgungslage von Asylberechtigten in Griechenland auseinander und stützte seine Feststellung, wonach der Revisionswerber Unterstützungsangebote für Personen mit Schutzstatus in Anspruch nehmen könne, nicht tragend auf eine Hilfestellung durch das „HELIOS Programm“. Weiters ging das BVwG davon aus, dass keine besondere Vulnerabilität des Revisionswerbers vorliege, und vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich sei, dass eine Abschiebung nach Griechenland mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK oder Art. 4 GRC führen würde (vgl. zu vulnerablen Personengruppen VwGH 25.1.2022, Ra 2021/18/0085, mwN).

11 Der Revisionswerber bringt zur Begründung der Zulässigkeit der Revision zudem vor, das BVwG habe verkannt, dass zwischen ihm und seinem (in Österreich zur dauerhaften Niederlassung berechtigten) erwachsenen Bruder ein Abhängigkeitsverhältnis bestehe, das über die üblichen Bindungen zwischen Geschwistern hinausgehe. Insbesondere führe eine im Zuge einer Flucht erfolgte Trennung von Familienangehörigen nicht automatisch zu einem Erlöschen des Familienbandes.

12 Auch diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass das BVwG seine Feststellung, wonach beim Revisionswerber keine zusätzlichen Merkmale einer Abhängigkeit von seinem in Österreich lebenden, erwachsenen Bruder vorlägen, nicht tragend auf den Umstand stützte, dass zwischen dem Revisionswerber und seinem Bruder zehn Jahre lang kein persönlicher Kontakt bestanden habe. Es nahm eine umfassende Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK vor, der das in der Revision enthaltene Zulässigkeitsvorbringen nicht entgegenzutreten vermag (zur eingeschränkten Revisibilität der Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK vgl. VwGH 19.1.2023, Ra 2022/19/0323, mwN).

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 4. Juli 2025

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