Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak, den Hofrat Dr. Sutter, sowie die Hofrätinnen Dr. in Lachmayer und Dr. in Wiesinger und den Hofrat Dr. Hammerl als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der ORF Beitrags Service GmbH, vertreten durch die Herbst Kinsky Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 16. Dezember 2024, Zl. E 269/14/2024.011/004, betreffend Festsetzung des Burgenländischen Kulturförderungsbeitrages (mitbeteiligte Partei: A S, vertreten durch Mag. Alexander Todor Kostic, LL.M. und Mag. Silke Todor Kostic, Rechtsanwälte in Velden/Wörthersee), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
1 Die mitbeteiligte Partei hat ihren Hauptwohnsitz im Burgenland. Mit von ihr begehrtem Bescheid vom 10. Juli 2024 wurde der mitbeteiligten Partei unter anderem der burgenländische Kulturförderungsbeitrag in Höhe von EUR 27,60 für den Zeitraum 1. Jänner bis 30. Juni 2024 vorgeschrieben (15,30 x 30 % = 4,59; gerundet 4,6 x 6 = 27,60).
2 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Burgenland (Verwaltungsgericht) insoweit Folge, als es den burgenländischen Kulturförderungsbeitrag in Höhe von EUR 27,50 festsetzte (15,30 x 30 % = 4,59 x 6 = 27,54, gerundet 27,50).
3 Die Neufestsetzung des Kulturförderungsbeitrages begründete das Verwaltungsgericht dahingehend, dass die Rundung der Beiträge gemäß § 3 Abs. 4 des burgenländischen Kulturförderungsbeitragsgesetzes 2024 (im Folgenden KFBG 2024) auf Basis der zu entrichtenden Gesamtsumme an Kulturförderungsbeiträgen zu erfolgen habe. Dies entspreche der Intention des Gesetzgebers, weil die Kulturförderungsbeiträge analog mit den ORF Beiträgen im Regelfall jährlich gesamthaft zu entrichten seien.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Amtsrevision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, dass keine Rechtsprechung zur Auslegung der Rundungsanordnung gemäß § 3 Abs. 4 KFBG 2024 vorliege und entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes § 3 Abs. 1 iVm Abs. 2 und Abs. 4 KFBG 2024, auch unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien, nicht eindeutig sei. Auch gehe ungeachtet der geringfügigen betraglichen Auswirkung im Einzelfall die Bedeutung der Rechtsfrage über den Einzelfall hinaus, weil diese für jedes Verfahren betreffend burgenländischen Kulturförderungsbeitrag von Bedeutung sei. Darüber hinaus sei diese Rechtsfrage auf Grund der teilweise wortgleichen Regelungen auch für die gleichartigen Verfahren in den Bundesländern Kärnten und Tirol von Bedeutung.
5 Zur vertretenen inhaltlichen Rechtswidrigkeit führt die Amtsrevision aus, dass sich die Rundungsbestimmung gemäß § 4 Abs. 4 KFBG 2024 auf die monatliche Beitragspflicht beziehe und die Beitragspflicht von den Modalitäten der Entrichtung der Beiträge zu unterscheiden sei. Die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung würde daher, abhängig von der Art der Entrichtung der Beiträge, zu unterschiedlichen Beitragshöhen führen.
6 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einleitung des Vorverfahrens, in dem eine Revisionsbeantwortung nicht erstattet wurde, erwogen:
7 Die Revision ist zulässig und begründet.
8 Die §§ 1 bis 4 des burgenländischen Kulturförderungsbeitragsgesetzes 2024, LGBl. Nr. 85/2023, lauten auszugsweise:
„ Gegenstand der Abgabe
§ 1. Das Land Burgenland erhebt von Personen, die zur Entrichtung von ORF Beiträgen gemäß dem ORF Beitrags Gesetz 2024 verpflichtet sind, eine ausschließliche Landesabgabe (Kulturförderungsbeitrag), insoweit die ORF Beiträge aufgrund eines Wohnsitzes (§ 3 des ORF Beitrags Gesetzes 2024) oder aufgrund von Betriebsstätten (§ 4 des ORF Beitrags Gesetzes 2024) im Burgenland zu entrichten sind.
Beitragsschuldner
§ 2. (1) Der Kulturförderungsbeitrag ist von den ORF Beitragspflichtigen im privaten Bereich (§ 3 ORF Beitrags Gesetz 2024) und im betrieblichen Bereich (§ 4 ORF Beitrags Gesetz 2024) zu entrichten.
[...]
Bemessungsgrundlage und Höhe der Abgabe
§ 3. (1) Bemessungsgrundlage für die Abgabe sind die aufgrund eines Wohnsitzes oder aufgrund von Betriebsstätten im Burgenland gemäß dem ORF Beitrags Gesetz 2024 zu entrichtenden ORF Beiträge.
(2) Die Abgabe beträgt 30% der Bemessungsgrundlage.
[...]
(4) Die Abgabenbeträge sind auf volle zehn Cent auf- oder abzurunden; Beträge unter fünf Cent sind abzurunden, Beträge ab fünf Cent sind aufzurunden.
Behörden und Verfahren
§ 4. [...]
(2) Die Einhebung der Abgabe erfolgt jeweils für jenen Zeitraum, für den der ORF Beitrag eingehoben wird. Auf das Verfahren zur Einhebung der Abgabe sind die §§ 12 und 17 des ORF Beitrags Gesetzes 2024 anzuwenden.
[...]“
9 Die §§ 3, 8 und 17 des ORF-Beitragsgesetzes 2024 lauten auszugsweise:
„ Beitragspflicht im privaten Bereich
§ 3. (1) Für jede im Inland gelegene Adresse, an der zumindest eine volljährige Person mit Hauptwohnsitz (§ 2 Z 1) im Zentralen Melderegister eingetragen ist, ist der ORF Beitrag für jeden Kalendermonat zu entrichten.
(2) Beitragsschuldner ist die im Zentralen Melderegister mit Hauptwohnsitz eingetragene Person. Sind an einer Adresse mehrere Personen mit Hauptwohnsitz eingetragen, so sind diese Personen Gesamtschuldner im Sinne des § 6 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961. Der ORF Beitrag ist von den Gesamtschuldnern nur einmal zu entrichten.
[...]“
„ Beginn und Ende der Beitragspflicht
§ 8. (1) Die Beitragspflicht im privaten Bereich beginnt am Ersten des Folgemonats, in dem der Hauptwohnsitz im Zentralen Melderegister angemeldet wurde und endet mit Ablauf des Monats, in dem der Hauptwohnsitz abgemeldet wurde.
[...]“
„ Einbringung von Beiträgen
§ 17. [...]
(4) Die Beiträge sind innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung der Zahlungsaufforderung durch die Gesellschaft für das laufende Kalenderjahr einmal jährlich zu entrichten.
(5) Die Entrichtung der Beiträge mittels SEPA Lastschriftmandat ist zulässig. Erfolgt die Entrichtung der Beiträge mittels SEPA Lastschriftmandat hat die Gesellschaft im privaten Bereich auf Antrag die Entrichtung der Beiträge abweichend von Abs. 4 alle zwei oder sechs Monate zu gewähren.
[...]“
10 Zur Höhe der Abgaben führen die Erläuterungen zum burgenländischen Kulturförderbeitragsgesetz 2024 aus (XXII. Gp. IA 2099 (1549), 5):
„Die Höhe der Abgabe beträgt 30 % der Bemessungsgrundlage. Bemessungsgrundlage sind die aufgrund eines Wohnsitzes oder aufgrund von Betriebsstätten im Burgenland gemäß dem ORF Beitrags Gesetz 2024 zu entrichtenden ORF Beiträge. Durch die nunmehrige Heranziehung des ORF Beitrages als im Vergleich zum bisherigen Programmentgelt betragsmäßig niedrigere Bemessungsgrundlage, von der die Abgabe unverändert (zur bisherigen Landesabgabe) 30% betragen soll, verringert sich zukünftig auch die Höhe des Kulturförderungsbeitrages für Haushalte, konkret von derzeit 6, Euro auf künftig 4,59 Euro monatlich.“
11 § 31 Abs. 19 ORF-Gesetz in der im Revisionszeitraum anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 112/2023 lautete:
„(19) In den Jahren 2024 bis 2026 darf vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen
1. die Gesamtsumme der dem Österreichischen Rundfunk zur Verfügung stehenden Mittel aus ORF Beiträgen den Betrag von 710 Mio. Euro und
2. die Höhe des ORF Beitrags den Betrag von monatlich 15,3 Euro
nicht übersteigen.“
12 Der burgenländische Kulturförderungsbeitrag ist eine Landesabgabe, die an die ORF Beitragspflicht anknüpft. Eine Beitragspflicht besteht für jene Beitragspflichtigen im privaten Bereich, die auf Grund eines Hauptwohnsitzes im Burgenland ORF beitragspflichtig sind (§ 2 Abs. 1 iVm § 1 KFBG 2024 iVm § 3 Abs. 1 ORF Beitrags Gesetz 2024).
13 Der ORF Beitrag ist ein monatlich bemessener Beitrag (§ 3 Abs. 1 ORF Beitrags Gesetz iVm § 31 Abs. 19 ORF Gesetz; vgl. dazu auch VfGH 24.6.2025, E 4624/2024, Rn 30 und 73), der jedoch grundsätzlich jährlich zu entrichten ist (§ 17 Abs. 4 ORF Beitrags Gesetz 2024).
14 Nach § 3 Abs. 2 KFBG 2024 beträgt die Abgabe 30 % der Bemessungsgrundlage. Dies sind die auf Grund eines burgenländischen Hauptwohnsitzes zu entrichtenden ORF Beiträge (§ 3 Abs. 1 KFBG 2024). Die Abgabenbeträge sind auf volle zehn Cent auf oder abzurunden, wobei Beträge ab fünf Cent aufzurunden sind (§ 3 Abs. 4 KFBG 2024).
15 Nach dem Gesetzeswortlaut sind die Abgabenbeträge, also jeder einzelne Abgabenbetrag, Gegenstand der Rundung. Für die Anwendung der Rundungsbestimmung ist daher entscheidend, ob die Abgabe monatlich oder über einen längeren Zeitraum (z.B. jährlich) anfällt. Auf Grund der Anknüpfung des KFBG 2024 an das ORF Beitrags Gesetz 2024 und der Systematik beider Gesetze, liegt ein monatlicher Beitrag vor. Dem entspricht auch der in den Materialien zum KFBG 2024 dargestellte Wille des Gesetzgebers, in denen ebenfalls von einem monatlichen Kulturförderungsbeitrag ausgegangen wird (vgl. dazu EB zu XXII. Gp. IA 2099 (1549), 5). Folglich entsteht für jeden Monat ein gesonderter Abgabenanspruch.
16 Gegenstand der Rundung ist daher nach der Konzeption des § 3 Abs. 4 KFBG 2024 der monatliche Abgabenanspruch und nicht die zusammengefasst eingehobene Summe mehrerer Beiträge (vgl. zur gleichartigen Regelung in § 204 Abs. 1 BAO, VwGH 3.10.1996, 95/16/0068).
17 Der Spruch des Bescheides der ORF Beitrags Service GmbH vom 10. Juli 2024 lautet dahingehend, dass nicht einzelne Monatsbeiträge, sondern ein Kulturförderungsbeitrag in Höhe von EUR 27,60 für den Zeitraum 1. Jänner 2024 bis 30. Juni 2024 vorgeschrieben wurde, wobei auf die maßgeblichen, einen monatlichen Beitrag normierenden Rechtsgrundlagen verwiesen wurde.
18 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zur Auslegung eines Bescheidspruches auch die Bescheidbegründung heranzuziehen (vgl. z.B. VwGH 24.4.2014, 2013/15/0089, mwN). Unter Berücksichtigung der Bescheidbegründung ergibt sich, dass es sich bei der Vorschreibung des Kulturförderungsbeitrages um eine zusammenfassende Festsetzung mehrerer Abgaben eines bestimmten Zeitraumes in einem Bescheid handelt.
19 Anders als nach § 204 Abs. 1 BAO, der für den Fall der bescheidmäßig zusammenfassenden Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres nach § 201 Abs. 4 BAO, die Rundung der Summe der zusammengefassten Abgaben normiert (vgl. Tanzer in Althuber/Tanzer/Unger (Hrsg), BAO Handbuch (2015), § 204, 551 f), sieht § 3 Abs. 4 KFBG 2024 keine gesonderte Regelung der Rundung von Abgabenbeträgen für den Fall einer zusammenfassenden Festsetzung vor. Damit ist auch in einem solchen Fall die Rundung auf Basis der einzelnen Abgaben, also den monatlichen Beiträgen, vorzunehmen.
20 Der Umstand, dass die Einhebung der Beiträge gemäß § 4 Abs. 2 KFBG 2024 iVm § 17 Abs. 4 ORF Beitrags Gesetz 2024 grundsätzlich jährlich erfolgt, vermag daran nichts zu ändern, weil die Rundung den abschließenden Schritt der Festsetzung der Beiträge darstellt, die in weiterer Folge Gegenstand der Einhebung sind.
21 Das Verwaltungsgericht hat somit die Rechtslage verkannt und sein Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Es war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
22 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 5 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 7. Oktober 2025