Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak und die Hofräte Dr. Sutter und Dr. Hammerl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des A M, vertreten durch MMMag. Alfred Krenn, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom 14. November 2024, Zl. RV/3100452/2024, betreffend Einkommensteuer 2015 bis 2018, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Arzt, erhob am 4. November 2021 Beschwerde gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 7. Oktober 2021 betreffend Einkommensteuer 2015 bis 2018. Unter der Überschrift „Begründung“ begehrte er die Berücksichtigung bzw. Anerkennung
1. von einem betrieblichen Verlust für die Errichtung eines Appartements für die Praxis,
2. des betrieblichen Aufwandes für die Bürotätigkeit seiner Ex Frau und
3. des Zinsaufwandes für kurzfristige Verbindlichkeiten gegenüber Bankinstituten für die Jahre 2017 und 2018.
Zu Punkt 1 wurden Stellungnahmen des Architekten und des ehemaligen Bürgermeisters angeboten, zu deren Vorlage aber um Fristverlängerung ersucht wurde. Nähere Gründe, weshalb dieser Verlust und die Aufwendungen zu berücksichtigen seien, wurden in der Beschwerde nicht dargelegt.
2 Mit Bescheid vom 15. Dezember 2021 wurde dem Revisionswerber aufgetragen, bis zum 31. Jänner 2022 die von ihm begehrten Änderungen zu begründen (z.T. durch Vorlage bestimmter Unterlagen). Seitens der steuerlichen Vertretung des Revisionswerbers wurde am 28. Jänner 2022 mit dem zuständigen Sachbearbeiter des Finanzamtes telefonisch Kontakt aufgenommen und eine Fristverlängerung für die Mängelbehebung begehrt. Diesem Ansuchen wurde vom Sachbearbeiter in diesem Telefongespräch entsprochen. In weiterer Folge wurde dem steuerlichen Vertreter am 2. Februar 2022 Akteneinsicht gewährt und eine Niederschrift darüber erstellt.
3 Der Mängelbehebungsauftrag wurde vom Revisionswerber am 11. Februar 2022 beantwortet und die angeforderten Unterlagen übermittelt. Das Finanzamt hat die Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2015, 2016 und 2018 als unbegründet abgewiesen und betreffend Einkommensteuer 2017 abgeändert. In Folge des Vorlageantrages des Revisionswerbers wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.
4 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erklärte das Bundesfinanzgericht die Beschwerde mit dem hier angefochtenen Beschluss für zurückgenommen und sprach unter einem aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
5 Diesen Beschluss begründet das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen damit, dass eine ausreichende Begründung iSd § 250 Abs. 1 lit. d BAO die Behörde in die Lage versetzen müsse, zu erkennen, aus welchen Überlegungen der Beschwerdeführer die Beschwerde als gerechtfertigt erachte. Dieser Anforderung entspreche die Beschwerde nicht, weil sie sich auf die Darstellung der angefochtenen Punkte beschränke. Der Mängelbehebungsauftrag sei daher zu Recht ergangen. Die Erstreckung der gesetzten Mängelbehebungsfrist setze einen den Formvorschriften des § 85 BAO entsprechenden Fristverlängerungsantrag voraus. Ein fernmündlich gestellter Antrag entspreche diesen Formvorschriften nicht. Im vorliegenden Fall sei daher kein wirksamer Fristverlängerungsantrag eingebracht worden. Abschließend vertrat das Bundesfinanzgericht die Ansicht, dass selbst bei einem wirksamen Fristverlängerungsantrag diesem keine fristhemmende Wirkung beizumessen sei, und eine Fristverlängerung somit nur durch eine wirksame Erledigung betreffend dieser Fristverlängerung eintreten könne. Eine verfahrensleitende Verfügung könne nach § 94 BAO zwar mündlich ergehen, doch entspreche eine telefonische Bekanntgabe einer Erledigung nicht dem Gesetz, sodass auch keine wirksame, die Mängelbehebungsfrist verlängernde, Erledigung ergangen sei. Die Mängelbehebung sei daher nach Ablauf der Mängelbehebungsfrist erfolgt, sodass die Beschwerde als zurückgenommen zu erklären sei.
6 In der dagegen erhobenen Revision wird zur Zulässigkeit vorgebracht, dass die Feststellung des Bundesfinanzgerichtes, es gebe weder einen schriftlichen oder mündlichen Firstverlängerungsantrag noch eine schriftliche oder mündliche Erledigung seitens der Behörde, aktenwidrig sei. Weiters weiche der Beschluss von näher genannter Rechtsprechung ab, wonach eine Begründung die Behörde in die Lage versetzen müsse, zu erkennen, aus welchen Überlegungen die Beschwerde als gerechtfertigt erachtet werde. Zudem fehle es an Rechtsprechung, ob telefonisch gestellte Anträge bzw eine telefonisch bekanntgegebene Erledigungen der Abgabenbehörde rechtliche Wirkungen entfalten.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst geltend gemacht, es liege hinsichtlich der Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes zum Nichtvorliegen eines schriftlichen oder mündlichen, im Sinne eines persönlich vor der belangten Behörde gestellten Fristverlängerungsantrages, Aktenwidrigkeit vor. Diesem Revisionsvorbringen ist entgegenzuhalten, dass in der Revision selbst nicht behauptet wird, es hätte einen schriftlichen oder mündlichen (im Sinne eines persönlich vor der belangten Behörde) gestellten Fristverlängerungsantrag gegeben. Aktenwidrigkeit liegt vor, wenn sich das Verwaltungsgericht bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt hat (vgl. VwGH 14.2.2025, Ra 2024/13/0129). Dagegen stellt eine von der Rechtsansicht der Partei abweichende rechtliche Würdigung des Bundesfinanzgerichtes keine Aktenwidrigkeit dar (vgl. VwGH 10.6.2022, Ro 2020/09/0008, mwN). Eine Aktenwidrigkeit ist insoweit schon deswegen nicht erkennbar.
11 Zur Zulässigkeit der Revision wird weiters vorgebracht, dass der Mängelbehebungsauftrag zu Unrecht ergangen sei. Nach Ansicht des Revisionswerbers sei der Beschwerdebegründung zu entnehmen, aus welchen Gründen er die Beschwerde für gerechtfertigt gehalten habe.
12 Eine Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. Stoll , BAO Kommentar, 2575 f, mwN). Die im § 250 Abs. 1 lit. d BAO geforderte Angabe soll die Abgabenbehörde bzw das Bundesfinanzgericht in die Lage versetzen, klar zu erkennen, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer die Beschwerde für erfolgversprechend hält (vgl. VwGH 31.5.2011, 2008/15/0331, mwN).
13 Entspricht eine Beschwerde nicht den in § 250 BAO angeführten Voraussetzungen, ist die Abgabenbehörde verpflichtet, einen Mängelbehebungsauftrag nach § 85 Abs. 2 BAO zu erlassen. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Beschwerde den im § 250 Abs. 1 BAO bezeichneten Erfordernissen entspricht, ist davon auszugehen, dass der Rechtsschutz nicht durch einen überspitzten Formalismus beeinträchtigt werden darf (vgl. VwGH 30.1.2025, Ra 2023/15/0109). Enthält eine Beschwerde somit ein Anfechtungssubstrat, welches unabhängig von einem allfälligen weiteren Vorbringen einer meritorischen Erledigung zugänglich ist, kommt ein Vorgehen nach § 85 Abs. 2 BAO nicht mehr in Betracht (vgl. VwGH 18.1.2021, Ra 2020/13/0065, mwN).
14 Eine unter der Rubrik „Begründung“ vorgenommene Darstellung der in der Beschwerde beantragten Änderungen, ohne zumindest rudimentäre Darstellung der Gründe für diese Änderungen, erfüllt diese Anforderungen nicht. Wenn daher das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als nicht den Anforderungen des § 250 Abs. 1 lit. d BAO entsprechend begründet erachtete, entspricht dies der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
15 Wenn zur Zulässigkeit der Revision weiters vorgebracht wird, dass es an Rechtsprechung zur Wirksamkeit von fernmündlich gestellten Anbringen nach § 85 BAO sowie von fernmündlich bekanntgegebenen verfahrensleitenden Anordnungen nach § 94 BAO fehle, ist dem die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten.
16 Auch ein Antrag auf Verlängerung der Mängelbehebungsfrist nach § 85 Abs. 2 BAO ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Sinne des § 85 Abs. 1 BAO. Diese Bestimmung sieht telefonische Anbringen nicht vor, sodass telefonische Mitteilungen auch keine „mündlichen“ Anbringen im Sinne des § 85 BAO sind (vgl. VwGH 28.9.2011, 2008/13/0070, mwN; VwGH 3.4.2025, Ra 2023/15/0070). Ein telefonisch geltend gemachtes Ansinnen auf Verlängerung der Frist zur Behebung von Mängeln einer Beschwerde, kann daher auch keine Hemmung der Mängelbehebungsfrist gemäß § 245 Abs. 5 BAO bewirken.
17 Eine telefonische Mitteilung stellt weiters keinen für eine Bescheiderlassung hinreichenden Formalakt dar (vgl. neuerlich VwGH 28.9.2011, 2008/13/0070, mwN). Eine durch die belangte Behörde telefonisch bekanntgegebene Fristverlängerung, ist daher auch keine wirksame verfahrensleitende Verfügung gemäß § 94 BAO betreffend die Verlängerung der Mängelbehebungsfrist.
18 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
19 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 16. Oktober 2025