JudikaturVwGH

Ra 2025/13/0020 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
24. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger und die Hofrätin Dr. in Lachmayer sowie den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter und Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision des Dr. O A in K, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom 16. Oktober 2024, RV/7104027/2009, betreffend Berichtigung Einkommensteuer 2003 bis 2008 gemäß § 293 BAO, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit unbekämpft gebliebenem Erkenntnis vom 30. Juni 2024, RV/7104027/2009, änderte das Bundesfinanzgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Bescheide betreffend Einkommensteuer 2003 bis 2008 gemäß § 279 BAO ab.

2 Mit Schreiben vom 30. Juli 2024 beantragte der Revisionswerber unter Hinweis auf das genannte Erkenntnis unter anderem die „Berichtigung der dem Erkenntnis beiliegenden Berechnungsblätter“ gemäß § 293 BAO. Er begehrte, näher bezeichnete endbesteuerungsfähige Kapitalerträge nicht in die Veranlagung einzubeziehen, womit auch der Abzug der Kapitalertragsteuer am Ende der Steuerberechnung entfalle. Zudem ersuchte er darum, den Durchschnittssteuersatz für alle Jahre also auch vor dem Jahr 2007 gemäß § 33 Abs. 11 EStG 1988 zu berechnen. Schließlich seien näher bezeichnete Abzugsposten, die sowohl das Finanzamt als auch der Revisionswerber mit identischen Beträgen beantragt hätten, bei der Steuerberechnung zu berücksichtigen und eine Korrektur eines Vorzeichenfehlers im Jahr 2005 sowie die Korrektur eines Additionsfehlers bei den Progressionseinkünften des Jahres 2006 vorzunehmen.

3 Mit dem angefochtenen Beschluss berichtigte das Bundesfinanzgericht sein Erkenntnis vom 30. Juni 2024, RV/7104027/2009, gemäß § 293 BAO. Mit Spruchpunkt 1. des genannten Beschlusses ersetzte es die im Berechnungsblatt 2007 enthaltene Pauschale bei den auf die Einkünfte für nichtselbständige Arbeit bezüglichen Werbungskosten iHv 132 € durch den einen näher genannten Werbungskostenbetrag. Mit Spruchpunkt 2. berichtigte es die Berechnungsblätter für den gesamten Revisionszeitraum durch „Berücksichtigung der Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. b EStG 1988“ mit näher genannten Beträgen. Mit Spruchpunkt 3. wurden die im Berechnungsblatt 2008 enthaltenen Topfsonderausgaben iHv 0 € gegen einen anderen Betrag ausgetauscht. Und schließlich wurde das im Berechnungsblatt 2005 enthaltende Vorzeichen ‚+‘ beim „Fonds 1“ durch das Vorzeichen ‚ ‘ ersetzt (Spruchpunkt 4.). Im Übrigen wies es den Antrag auf Berichtigung ab. Die als Beilage angeschlossenen (berichtigten) Berechnungsblätter bildeten einen Bestandteil des genannten Beschlusses.

4 Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision gegen seinen Beschluss nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

5 Nach Darstellung der rechtlichen Grundlagen unter Hinweis auf die umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, führte das Bundesfinanzgericht aus, sein Erkenntnis vom 30. Juni 2024 sei zu berichtigen gewesen, weil sich in der Begründung „Abschreibfehler eingeschlichen hatten und bei einer Kontrolle als Folge des kleinen Bildschirms im Homeoffice nicht entdeckt worden waren“. Die im Spruch genannten Berichtigungen seien daher vorzunehmen gewesen.

6 Im Übrigen sei der Antrag des Revisionswerbers abzuweisen. Die Kapitalerträge seien von ihm selbst als Bestandteile der Berechnungsgrundlagen der Einkommensteuer 2003 bis 2008 deklariert und folglich im Beschwerdeverfahren übernommen worden. Hinsichtlich der Progressionseinkünfte sei unter Hinweis auf die bis zum Jahr 2006 geltende Rechtslage eine offensichtliche Unrichtigkeit der Berechnung der Einkommensteuer nicht festzustellen.

7 Dagegen richtet sich der Revisionswerber mit der vorliegenden Revision.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Gemäß § 293 Abs. 1 BAO, der, wie sich aus § 272 Abs. 5 BAO ergibt, auch auf Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichts Anwendung findet, kann dieses auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen in einem Erkenntnis unterlaufene Schreib und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen. Berichtigungen (§ 293, § 293a und § 293b BAO) und Aufhebungen zur Klaglosstellung (§ 289 BAO) der vom Einzelrichter erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegen nach § 272 Abs. 5 BAO dem Einzelrichter, wenn jedoch der Senat entschieden hat, dem Senat.

12 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, das Bundesfinanzgericht habe ausgesprochen, seine Entscheidung weiche nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Dies möge „bei einer Betrachtung in einem engeren Sinn zutreffen“, es liege aber „keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Vorgehen des Bundesfinanzgerichts im vorliegenden Fall vor“. Das Bundesfinanzgericht sei in den Berechnungsblättern seines Erkenntnisses vom 30. Juni 2024 im Zusammenhang mit unproblematischen und nie umstrittenen Sachverhalten von den vom Finanzamt und dem Revisionswerber übereinstimmend angesetzten Grundlagen zu Lasten des Revisionswerbers ohne Erörterung im Verfahren und ohne Begründung abgegangen. Es sei anzunehmen, dass die Berechnungsblätter insoweit dem Parteiwillen hätten folgen sollen bzw. wollen.

13 Mit diesem Vorbringen zeigt der Revisionswerber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Der Revisionswerber wendet sich im Wesentlichen inhaltlich gegen einzelne Aspekte des Erkenntnisses vom 30. Juni 2024, die das Bundesfinanzgericht seiner Meinung nach unrichtig behandelt habe.

14 Die Revision gegen einen Berichtigungsbeschluss kann sich aber in der Regel nur gegen die Zulässigkeit der Berichtigung und nicht auch gegen das berichtigte Erkenntnis selbst richten. Nur ausnahmsweise, nämlich wenn erst aus der berichtigten Fassung des Erkenntnisses zu erkennen ist, dass oder in welchem Ausmaß dieses einen Eingriff in die Rechte oder rechtlichen Interessen des Revisionswerbers bedeutet, besteht die Möglichkeit, in einem Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist gegen den Berichtigungsbeschluss nicht nur die Überprüfung der Zulässigkeit der Berichtigung, sondern auch die Überprüfung des Erkenntnisses in seiner berichtigten Fassung zu begehren (vgl. zur insoweit vergleichbaren Rechtslage im Zusammenhang mit einer Beschwerde: VwGH 20.4.2016, 2013/17/0344, mwN). Dass revisionsgegenständlich ein solcher Ausnahmefall vorläge, behauptet der Revisionswerber nicht.

15 Die Einrichtung des § 293 BAO dient nicht dazu, Irrtümer der Behörde (oder des Verwaltungsgerichtes) bei der Auslegung des Gesetzes zu berichtigen, sondern nur zur Beseitigung des infolge bestimmter Fehlerquellen gegen den Willen der Behörde entstandenen erkennbaren Auseinanderklaffens von Bescheidabsicht und formeller Erklärung des Bescheidwillens. Fehler, die der Abgabenbehörde (dem Verwaltungsgericht) im Zuge der Willensbildung unterlaufen, sind hingegen nicht berichtigbar im Sinne des § 293 BAO (vgl. etwa VwGH 2.12.2024, Ro 2024/13/0024, mwN).

16 Das Vorliegen derlei Irrtümer des Bundesfinanzgerichts, welche dieses nicht ohnedies bereits im angefochtenen Beschluss anerkannt hätte, zeigt der Revisionswerber weder in seinem Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision noch in den Revisionsgründen auf.

17 Zu näher genannten außergewöhnlichen Belastungen und Sonderausgaben moniert der Revisionswerber, das Bundesfinanzgericht habe diese im Erkenntnis vom 30. Juni 2024 nicht berücksichtigt, obwohl es übereinstimmende Anträge des Finanzamts und seiner Person gegeben habe.

18 Dem ist entgegenzuhalten, dass Fakten, die während der Willensbildung in Vergessenheit geraten, nicht Gegenstand der Willensbildung sein können. Sie führen vielmehr, soweit sie für die Entscheidung relevant wären, zu einer unrichtigen oder unvollständigen Willensbildung; eine Berichtigung gemäß § 293 BAO kann in diesem Fall nicht vorgenommen werden. Derartige Fehler können nur im Wege einer Revision mit allfälliger Klaglosstellung durch das Bundesfinanzgericht (§ 289 BAO) behoben werden (vgl. VwGH 1.3.2023, Ra 2022/13/0105, mwN).

19 Zu dem vom Revisionswerber behaupteten Additionsfehler im Erkenntnis vom 30. Juni 2024 führt dieser selbst aus, dass der Fehler lediglich eine Zehnerstelle betreffe und auf dessen Korrektur verzichtet werden könne.

20 In der Revision wird sohin insgesamt keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 24. Juni 2025

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