Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofräte Dr. Himberger und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des T R in G, vertreten durch Dr. Sebastian Brunner, Rechtsanwalt in 9640 Kötschach Mauthen, Kötschach 390, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 26. März 2025, KLVwG 1064/18/2024, betreffend Waffenverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hermagor), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis verhängte das Landesverwaltungsgericht Kärnten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Bestätigung eines Vorstellungsbescheides der belangten Behörde vom 15. Mai 2024 - über den Revisionswerber ein Waffenund Munitionsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) und sprach aus, dass eine Revision gegen diese Entscheidung nicht zulässig sei.
2Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung zugrunde, dass sich der mittlerweile geschiedene Revisionswerber im Zuge eines eskalierten Streitgespräches mit seiner damaligen Ehefrau am 15. Februar 2024 im Affekt dazu habe hinreißen lassen, ihr mit der Hand einen „Schupfer“ gegen ihren Oberkörper zu geben. Von dieser Auseinandersetzung habe die frühere Ehefrau eine Kopfverletzung davongetragen. In der Folge sei gegen den Revisionswerber gemäß § 38a SPG ein Betretungsund Annäherungsverbot ausgesprochen worden. Das wegen des Vorfalls am 15. Februar 2024 eingeleitete Strafverfahren wegen Körperverletzung sei nach Durchführung eines Tatausgleichs und einer bereits durchgeführten Zahlung eines Schmerzengeldes an das Opfer in Höhe von € 400,-- endgültig eingestellt worden. Ein gegen den Revisionswerber geführtes Strafverfahren wegen sexueller Belästigung seiner damaligen Ehefrau habe am 19. September 2024 gemäß § 259 Z 3 StPO mit einem Freispruch geendet.
3 Beweiswürdigend stützte das Verwaltungsgericht die Feststellung unter anderem der (nach dem Vorfall als starke Schwellung am Hinterkopf befundete) Verletzung der früheren Ehefrau des Revisionswerbers auf dessen Aussagen und die Schmerzengeldzahlung im Rahmen des Tatausgleichs, auf näher genannte Teile des Verwaltungsakts und auf die Aussagen der in der mündlichen Beschwerdeverhandlung einvernommenen Zeugen.
4Rechtlich ging das Verwaltungsgericht bei dem Vorfall vom 15. Februar 2024 von einer familiären Gewaltsituation mit Verletzungsfolge aus, in der sich der Revisionswerber „aufgrund zahlloser Provokationen“ im Zuge eines sich aufschaukelnden Streitgesprächs „im Affekt“ dazu habe hinreißen lassen, gegenüber seiner damaligen Ehefrau handgreiflich zu werden. Diese habe überdies glaubwürdig ausgesagt, dem Revisionswerber aus „Angst vor seiner Reaktion“ nicht zu widersprechen. Es sei daher zu befürchten, dass der Revisionswerber künftig in für ihn unangenehmen Situationen unangebrachte Reaktionen zeigen, wieder auf belastende Alltagskonstellationen mit Konfliktpotential impulsiv reagieren und sich dazu hinreißen lassen würde, im Affekt Waffen missbräuchlich zu verwenden und somit das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum zu gefährden. Die Erlassung eines Waffenverbotes gemäß § 12 Abs. 1 WaffG sei somit gerechtfertigt. Die Abweisung des in der Beschwerde gestellten Antrages auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Psychologie begründete das Verwaltungsgericht damit, dass es sich anhand der aufgenommenen Beweise ein Bild von der Person des Revisionswerbers habe machen können und die Erstellung einer Gefährdungsprognose eine Rechtsfrage darstelle.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit ein Abweichen von (näher angeführter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend macht und vorbringt, dass es zu keinem Gewaltexzess im Sinne der „höchstgerichtlichen Definition“ gekommen sei und keine Gewaltanwendung vorliege, die die Verhängung eines Waffenverbotes rechtfertige, weil kein Grund zur Annahme bestehe, der Revisionswerber würde Waffen missbräuchlich verwenden und dadurch andere Rechtsgüter gefährden.
6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10Gemäß § 12 Abs. 1 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient die Verhängung des Waffenverbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetzoder zweckwidriger („missbräuchlicher“) Gebrauch gemacht und dadurch eine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG herbeigeführt werden könnte. Hierbei ist nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Schusswaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG setzt voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen (nämlich durch gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauch) zu befürchten ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 6.12.2024, Ra 2024/03/0033, mwN).
12In seiner Rechtsprechung zu Situationen familiärer Gewalt hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt festgehalten, dass nach den Umständen des Einzelfalls auch schon ein einmaliger Vorfall (Gewaltexzess) ungeachtet eines untadeligen Vorlebens die Verhängung eines Waffenverbots gemäß § 12 Abs. 1 WaffG 1996 rechtfertigen kann (vgl. erneut VwGH 6.12.2024, Ra 2024/03/0033, mwN).
13Die Verhängung eines Waffenverbots setzt nicht voraus, dass der Betroffene wegen einer festgestellten Handlung strafgerichtlich verurteilt worden ist. Dementsprechend hindert auch die diversionelle Einstellung des strafgerichtlichen Verfahrens die Verhängung eines Waffenverbots nicht (VwGH 22.10.2012, 2012/03/0063, mwN). Die Behörde (und das in weiterer Folge angerufene Verwaltungsgericht) hat die für eine Erlassung oder Aufhebung eines Waffenverbotes nach den vom WaffG vorgegebenen Kriterien ohne eine Bindungswirkung eigenständig zu beurteilen, wenn es zu einem Freispruch von einem Tatvorwurf gekommen ist oder die Strafverfolgungsbehörde von einer Verfolgung allenfalls nach diversionellem VorgehenAbstand genommen hat (vgl. VwGH 12.5.2025, Ra 2025/03/0039, mwN).
14 Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist im vorliegenden Fall ein Abweichen von den Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu erkennen:
15Das Verwaltungsgericht hat als „bestimmte Tatsachen“ im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG, die die Verhängung eines Waffenverbotes erfordern, nicht allein die Gewaltanwendung im Zuge des (immerhin mit Verletzungsfolgen verbundenen) Vorfalls vom 15. Februar 2024, der auch ein Betretungs- und Annäherungsverbot nach § 38a SPG nach sich gezogen hat, angesehen. Es hat seine Entscheidung vielmehr darauf gestützt, dass sich der Revisionswerber aufgrund eines Streitgesprächs (unbestrittenermaßen) zu Handgreiflichkeiten hinreißen ließ und zu befürchten sei, er lasse sich im Rahmen einer neuerlichen Konfliktsituation im Alltag abermals zu einer unangebrachten impulsiven Reaktion allenfalls auch mit der missbräuchlichen Verwendung von Waffen „im Affekt“ hinreißen. Diese Schlussfolgerung leitete das Verwaltungsgericht nicht nur aus dem erwähnten Vorfall, sondern auch daraus ab, dass die frühere Ehefrau (ihrer als glaubwürdig befundenen Aussage zufolge) im Umgang mit dem Revisionswerber Widerspruch aus Angst vor seiner Reaktion vermeiden wollte.
16Von diesen Erwägungen des Verwaltungsgerichtes ausgehend ist die Beurteilung, wonach im vorliegenden Fall die Verhängung des Waffenverbotes gemäß § 12 Abs. 1 WaffG gerechtfertigt sei, nicht zu beanstanden.
17 Des Weiteren macht die Revision geltend, die Ablehnung der Einholung des beantragten waffenpsychologischen Gutachtens stelle eine vorgreifende Beweiswürdigung dar, weil das beantragte Gutachten geeignet gewesen wäre zu beweisen, dass vom Revisionswerber keine Gefahr der missbräuchlichen Waffenverwendung ausgehe.
18Auch damit wird keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, weil die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG nicht mit der waffenrechtlichen Verlässlichkeitsprüfung nach § 8 WaffG gleichzusetzen ist. Die Rechtsfrage, ob Tatsachen iSd § 12 Abs. 1 WaffG vorliegen, ist im Übrigen nicht von einem Sachverständigen zu beantworten. Dieser könnte - allenfalls - bei der Ermittlung dieser Tatsachen behilflich sein. Ob diese vorliegen und unter die genannte Bestimmung zu subsumieren sind, ist vielmehr eine im Rahmen der rechtlichen Beurteilung von der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht vorzunehmende Beurteilung (vgl. VwGH 17.4.2024, Ra 2023/03/0173, mwN).
19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs.1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 2. Juli 2025