JudikaturVwGH

Ra 2025/02/0011 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
02. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision der Z in K, vertreten durch Mag. Florian Traxlmayr, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 12/Arkade, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 22. November 2024, LVwG 050242/40/ER, betreffend Verbot der Tierhaltung von Ziegen und Schafen auf Dauer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Freistadt; mitbeteiligte Partei: Tierschutzombudsperson des Landes Oberösterreich Dr. in Cornelia Rouha Mülleder in 4021 Linz, Bahnhofplatz 1), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Die Revisionswerberin betrieb ab März 2016 Tierhaltungen betreffend Ziegen und Schafe in ihren Betrieben im Bezirk U (bis Juni 2023) und im Bezirk F (bis Oktober 2022).

2 Mit Bescheid vom 26. August 2022 verhängte die Bezirkshauptmannschaft U über die Revisionswerberin ein Verbot der Haltung von Ziegen und Schafen auf Dauer. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich (Verwaltungsgericht) vom 28. März 2023 abgewiesen. Nachdem bei einer nach Bescheiderlassung erfolgten Kontrolle der Tierhaltung im Bezirk U keine wesentlichen Abweichungen zum bereits erhobenen Befund (insbesondere zu geringes Platzangebot und schlechter Ernährungszustand einiger Tiere) festgestellt wurde, erfolgte am 11. Mai 2023 die Abnahme der Tiere am Betrieb im Bezirk U gemäß § 39 Abs. 3 Tierschutzgesetz (TSchG).

3 Mit Erkenntnis VwGH 19.3.3024, Ro 2023/02/0019, hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 28. März 2023 auf, weil die Bezirkshauptmannschaft U zur Erlassung des Tierhaltungsverbotes örtlich unzuständig gewesen sei.

4 In der Folge erließ die Bezirkshauptmannschaft F gegenüber der Revisionswerberin mit Bescheid vom 23. April 2024 ein Verbot der Haltung von Ziegen und Schafen gemäß § 39 Abs. 1 TSchG auf Dauer. Sie stützte sich dabei auf die Ermittlungsergebnisse bzw. Feststellungen des Verwaltungsgerichts und kam im Zuge der Prognoseentscheidung zum Ergebnis, dass das Verbot erforderlich sei, weil keine Verbesserungen in der Tierhaltung der Revisionswerberin zu erwarten seien. Gleichzeitig wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen.

5 Mit Ersatzerkenntnis vom 16. Mai 2024 hob das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft U vom 26. August 2022 aus Anlass der Beschwerde wegen örtlicher Unzuständigkeit der belangten Behörde auf.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 22. November 2024 wurde die gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 23. April 2024 erhobene Beschwerde der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.

7 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dass aufgrund von der bei näher geschilderten, zahlreichen Kontrollen der Tierhaltungsbetriebe der Revisionswerberin in A (Bezirk U) und in K (Bezirk F) zwischen 2016 und 2023 vorgefundenen näher dargestellten Haltungsbedingungen, den näher beschriebenen Sektionsbefunden kachektischer Tiere und in Zusammenhang mit ihrer Tierhaltung stehenden, gegen die Revisionswerberin ergangenen, rechtskräftigen, noch nicht getilgten einschlägigen Bestrafungen wegen Übertretungen (u.a.) des § 5 TSchG sowie ferner aufgrund der Prognose, dass nur durch ein Verbot der Haltung der angeführten Tiere eine Tierquälerei oder ein Verstoß gegen die §§ 5, 6, 7 oder 8 TSchG in Zukunft verhindert werden könne, ein solches Verbot auf Dauer auszusprechen sei.

8 Aufgrund der über einen sehr langen Beobachtungszeitraum festgestellten wiederkehrenden gravierenden Mängel in der Tierhaltung, die zu Schmerzen, Leiden und Schäden bis hin zum Tod von Tieren aus der Tierhaltung der Revisionswerberin geführt hätten und des Umstandes, dass es zu keiner nachhaltigen Verbesserung der Situation gekommen sei, sei aus dem Gesamtbild die negative Prognose und daher die Notwendigkeit der Verhängung des Haltungsverbotes von Ziegen und Schafen auf Dauer zu bestätigen, um künftige Verstöße gegen die §§ 5, 6, 7 oder 8 TSchG zu verhindern.

9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Nach Einleitung des Vorverfahrens erstattete die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision beantragte. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 In der zur Beurteilung der Zulässigkeit allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung der Revision wird vorgebracht, dem angefochtenen Erkenntnis bzw. dem erstinstanzlichen Bescheid der belangten Behörde liege ein Ermessensmissbrauch zugrunde. Das Verwaltungsgericht habe ein Tierhalteverbot erlassen, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht vorgelegen seien, da für die Verhängung kein konkreter aktueller Anlass mehr gegeben gewesen sei. Das Verwaltungsgericht übergehe, dass die letzte relevante Anlasstat vor Erlassung des Tierhalteverbotes zwei Jahre zurückliege und sich der Zustand der Ziegen zwischen der Ankündigung der beabsichtigten Verhängung des Tierhalteverbotes am 20. Juli 2022 durch die Bezirkshauptmannschaft U und der Abnahme deutlich verbessert habe und die Ziegen am 11. Mai 2023 sogar abgenommen worden seien und hierüber der Verfall erklärt worden sei. Somit hätte bei Berücksichtigung der letzten Anlasstat, der Tierabnahme am 11. Mai 2023 und dem Verhalten der Revisionswerberin bis zur Erlassung des Bescheides vom 23. April 2024 ein Tierhalteverbot nicht erlassen werden dürfen.

14 Mit diesem Vorbringen übersieht die Revision zunächst, dass sich das Verwaltungsgericht umfassend mit den von ihr ins Treffen geführten Umständen auseinandergesetzt hat. Zum anderen entfernt sich die Revision mit ihrer Behauptung, der Zustand der Ziegen habe sich zwischen Androhung des Tierhaltungsverbots und der Abnahme der Tiere gebessert, vom festgestellten Sachverhalt, der jedoch den Ausgangspunkt für die Prüfung, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, darstellt (vgl. dazu etwa VwGH 16.3.2023, Ra 2023/02/0037, mwN).

15 Das Verwaltungsgericht hat nämlich festgestellt, dass im von der Revision angeführten Zeitraum zwischen Ankündigung der Verhängung des Tierhaltungsverbots mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft U vom 20. Juli 2022 und der Abnahme am 11. Mai 2023 am Betrieb im Bezirk U dort zwei weitere Kontrollen stattfanden, bei denen keine wesentlichen Abweichungen zum davor erhobenen Befund zu den beanstandeten Umständen der Tierhaltung erkennbar gewesen seien, insbesondere nach wie vor Tiere mit schlechtem Ernährungszustand und zu geringem Platzangebot vorgefunden wurden. Aus der hohen Anzahl der Ziegen habe ein hoher Infektionsdruck mit Parasiten und anderen Krankheitserregern resultiert. Im Zuge der Abnahme seien neben anderen Beanstandungen erneut Ziegen mit mindergutem Ernährungszustand, kranke Tiere sowie wenige Tage nach der Abnahme eine mumifizierte Ziege vorgefunden worden. Am 24. Februar 2023 sei zudem bei der Sektion durch die Tierkörperverwertung einer im Betrieb im Bezirk F gehaltenen Ziege Kachexie und hochgradig seriöse Atrophie der Depotfette festgestellt worden, wobei das Sektionsorgan in seinem Bericht angemerkt habe, dass der Tierkörper für ein massives Managementproblem der Landwirtschaft spreche. Die Revisionswerberin habe trotz vielfacher mündlicher Aufforderungen und rechtskräftigem Maßnahmenbescheid die Tierbestandszahl nicht reduziert, sondern gezielt Ausfälle durch Nachzucht ergänzt, sodass der Infektionsdruck und das Risiko der Unterversorgung der Tiere nicht gemindert worden seien. Auch wenn sie zwischenzeitlich keine Ziegen und Schafe gehalten habe, ergebe sich dennoch ein Gesamtbild, wonach die Revisionswerberin lediglich auf Akutsituationen kurzfristig reagiere, aber nicht strukturiert und vorausschauend an die Tierhaltung herangehe, um Akutsituationen, die in der Vergangenheit bereits mehrfach zu Schmerzen, Leiden und Schäden geführt hätten, künftig hintanzuhalten. Es sei über einen sehr langen Beobachtungszeitraum nie zu nachhaltigen, sondern nur zu kurzfristigen und dennoch unvollständigen Verbesserungen des Zustands der Tierhaltung gekommen. Aus diesem Verhalten lasse sich eine Weiterführung der beschriebenen Mängel in der Tierhaltung erwarten, weshalb mit einer bloßen Androhung des Verbots der Haltung von Ziegen und Schafen nicht das Auslangen zu finden sei.

16 Das Ergebnis dieser einzelfallbezogenen Beurteilung ist im vorliegenden Fall angesichts der vom Verwaltungsgericht getroffenen und unbestritten gebliebenen Feststellungen jedenfalls nicht als unvertretbar anzusehen. Von einem Begründungsmangel oder wie von der Revision behauptet Ermessensfehler im Sinn eines Ermessensmissbrauchs oder einer Ermessensanmaßung (vgl. dazu ausführlich VwGH 20.12.1989, 89/01/0216, mwN) kann daher nicht die Rede sein.

17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

18 Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 2. Juni 2025

Rückverweise