JudikaturVwGH

Ra 2024/17/0042 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
28. Mai 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1. des B Y, 2. der H Y, 3. der C Y, 4. des B Y, und 5. der S Y, alle vertreten durch Mag. Ali Polat, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Andreasgasse 4/15, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. November 2023, 1. L507 2168076 4/10E, 2. L507 2168081 4/9E, 3. L507 2168079 4/9E, 4. L507 2168073 4/9E und 5. L507 2196719 4/6E, betreffend Nichterteilung von Aufenthaltstiteln gemäß § 55 AsylG 2005 und Erlassung von Rückkehrentscheidungen samt Nebenaussprüchen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antragnicht stattgegeben.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden der Antragsteller alle sind Staatsangehörige von X gegen die Bescheide der belangten Behörde vom 20. Juni 2023, mit denen jeweils ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen, gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit ihrer Abschiebung in X festgestellt und die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgesetzt wurde, als unbegründet ab.

Gegen dieses Erkenntnis erhoben die Antragsteller Revision an den Verwaltungsgerichtshof, die sie mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbanden.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug der angefochtenen Entscheidung oder mit der Ausübung der durch diese eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Vorliegend vermögen die Antragsteller einen unverhältnismäßigen Nachteil im Sinn des Vorgesagten nicht darzutun.

Voranzustellen ist, dass der Verwaltungsgerichtshof im Aufschiebungsverfahren die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu beurteilen hat, Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des Revisionsverfahrens haben außer Betracht zu bleiben. Ist daher das Revisionsvorbringen nach der Aktenlage nicht von vornherein als zutreffend zu erkennen, so ist bei der Entscheidung über den Aufschiebungsantrag zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichts auszugehen (vgl. etwa VwGH 6.2.2021, Ra 2021/22/0025, Pkt. 3.2., mwN).

Wenn im Aufschiebungsantrag behauptet wird, dem Erstantragsteller drohe in X die Verhaftung, eine unverhältnismäßig hohe Strafe und eine menschenunwürdige Behandlung in der Haft, so kann dem nach den nicht von vornherein als unzutreffend zu erachtenden Annahmen des Bundesverwaltungsgerichts nicht gefolgt werden. Demnach ist der Erstantragsteller zwar XY, hat jedoch allein aufgrund dessen keine Verfolgung zu befürchten. Ein politisches Engagement mit Gefahr einer Verfolgung oder Inhaftierung wurde indes bereits im vorangehenden Asylverfahren nicht überzeugend dargelegt.

Was das Vorbringen betrifft, die mittlerweile volljährige Drittantragstellerin und der ebenso bereits volljährige Viertantragsteller müssten im Fall der Rückkehr in X die Schulausbildung unterbrechen und könnten diese nicht abschließen, so steht dem entgegen, dass nach den nicht als unzutreffend anzusehenden Annahmen des Bundesverwaltungsgerichts die beiden zuletzt lediglich eine Abendschule besuchten, in deren verhinderter Fortsetzung ein unverhältnismäßiger Nachteil nicht ohne Weiteres zu erblicken ist (vgl. etwa VwGH 10.10.2021, Ra 2021/17/0107, Pkt. 5.). Außerdem ist die Drittantragstellerin wegen umfangreicher Negativbewertungen nur (mehr) berechtigt, ein Kolloquium abzulegen, und der Viertantragsteller mangels Einhaltung der Anwesenheitszeiten zur Weiterführung der Ausbildung gar nicht berechtigt.

Auch eine behauptete endgültige Trennung der Drittantragstellerin und des Viertantragstellers von allen Verwandten und Freunden in Österreich ohne jemaliges Wiedersehen ist in keiner Weise zu befürchten, können doch nach den Annahmen des Bundesverwaltungsgerichts die diesbezüglichen Kontakte ohne Weiteres von X aus (im Wege moderner Kommunikationsmittel sowie im Rahmen von Besuchen, Urlaubsaufenthalten etc.) aufrecht erhalten werden.

Das weitere Vorbringen, die Drittantragstellerin und der Viertantragsteller hätten in X keine Freundschaften und kein Netzwerk und würden mangels Kenntnis der dortigen sozialen Gegebenheiten und mangels einer Schulausbildung benachteiligt, ist ebenso durch die nicht als unzutreffend zu erachtenden Annahmen des Bundesverwaltungsgerichts relativiert, wonach den beiden die Kultur des Herkunftslands durch ihre Eltern über den Zeitpunkt ihrer Ausreise hinaus vermittelt wurde und in X auch zahlreiche Bezugspersonen (Angehörige) leben. Was die angeblichen schulischen Nachteile betrifft, so ist den beiden unbenommen, allfällige derartige Defizite auf entsprechende Weise (etwa durch Kurse) zu kompensieren.

Wenn im Aufschiebungsantrag ferner behauptet wird, der in Österreich geborenen und zuletzt den Kindergarten besuchenden sechsjährigen Fünftrevisionswerberin drohe ein „tiefgreifendes unumkehrbareres psychisches Trauma“, wenn sie von ihrer Tante (Schwester der Zweitantragstellerin), zu der sie „eine sehr intime Beziehung“ habe, getrennt werde, so kann dem gleichfalls nicht gefolgt werden. Nach den nicht von vornherein als unzutreffend anzusehenden Annahmen des Bundesverwaltungsgerichts lebten die Antragsteller mit der Familie der Schwester der Zweitantragstellerin lediglich bis September 2020 an einem gemeinsamen Wohnsitz. Seitdem beschränken sich die Kontakte nur mehr auf Besuche und finanzielle Zuwendungen. Wie bei dieser Sachlage der Fünftantragstellerin ein tiefgreifendes unumkehrbareres Psychotrauma drohen sollte, wenn die Besuche bei der Tante und deren Familie fortan unterbleiben und sie statt dessen gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern in X zurückkehrt (wo noch zahlreiche andere Angehörige leben), wird nicht plausibel dargetan und ist auch nicht zu sehen.

Insgesamt wird daher mit dem aufgezeigten Antragsvorbringen kein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG dargelegt. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung kommt folglich nicht in Betracht.

Wien, am 28. Mai 2024

Rückverweise