JudikaturVwGH

Ra 2024/14/0690 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
22. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Schartner, Bakk., als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision des Z T in W, vertreten durch Mag. Christoph Reiter als bestellter Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch Dr. Günter Harrich, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Gloriettegasse 17 19/1/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Oktober 2024, W196 2177392 2/20E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Dem Revisionswerber, einem Staatsangehörigen der Russischen Föderation und Angehörigem der tschetschenischen Volksgruppe, wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 5. März 2007 der Status des Asylberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) zuerkannt.

2 Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 8. Jänner 2013 wurde der Revisionswerber wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1, 143 2. Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Am 24. Februar 2017 wurde der Revisionswerber unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt aus der Strafhaft entlassen.

3 Angesichts dieser Verurteilung wurde dem Revisionswerber mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 30. Oktober 2017 der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Unter einem wurde dem Revisionswerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), ihm keine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

4 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 15. Jänner 2018 hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet ab. Die übrigen Spruchpunkte wurden in Erledigung der Beschwerde behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen.

5 Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 24. November 2017 wurde der Revisionswerber rechtskräftig wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt gemäß §§ 15, 269 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Das Oberlandesgericht Wien gab der dagegen erhobenen Berufung der Staatsanwaltschaft mit Urteil vom 29. Mai 2018 Folge und erhöhte die Freiheitsstrafe unter Ausschaltung der bedingten Strafnachsicht auf zwölf Monate. Zudem wurde die im Zusammenhang mit der Verurteilung vom 8. Jänner 2013 gewährte bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe widerrufen.

6 Mit Bescheid des BFA vom 15. März 2022 wurde dem Revisionswerber der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.), ihm keine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt II.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt III.), festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt IV.), eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt V.) und über ihn ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt (Spruchpunkt VI.).

7 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das BVwG mit dem angefochtenen Erkenntnis betreffend die Spruchpunkte I. mit der Maßgabe, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 nicht zuerkannt werde und II. als unbegründet ab. Hinsichtlich der Spruchpunkte III. bis VI. gab es der Beschwerde statt und behob diese ersatzlos. Unter einem sprach es aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits betont, dass dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan wird. Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision wird sohin insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe im Sinn der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG vorliegt (vgl. VwGH 31.10.2024, Ra 2024/14/0564, mwN).

12 Ein solcher Fall liegt gegenständlich vor. Die Revision enthält keine gesonderte Darstellung der Gründe für ihre Zulässigkeit. Die einerseits in den Ausführungen zur Wiedergabe des Sachverhaltes und andererseits unter der Überschrift „B) Mangelhaftes Ermittlungsverfahren“ enthaltenen und nicht weiter untergliederten Rechtsausführungen stellen sich inhaltlich betrachtet als Vermengung der Darlegung von Zulässigkeitsgründen und Revisionsgründen dar.

13 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Revision einen Ermittlungs und Begründungsmangel geltend macht, wenn sie im Zusammenhang mit der Annahme des BVwG, wonach der Revisionswerber eine „schwere Straftat“ begangen habe und somit den Aberkennungstatbestand des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 verwirklicht habe, vorbringt, das BVwG habe keine vollständige Prüfung sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalles vorgenommen und es unterlassen, Ermittlungen über die näheren Umstände der Tat durchzuführen. Wird ein derartiger Verfahrensmangel als Zulassungsgrund ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung dessen Relevanz, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass in der gesonderten Begründung der Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 4.12.2024, Ra 2024/14/0054, mwN).

14 Eine solche Relevanzdarlegung ist der Revision an keiner Stelle zu entnehmen. Konkrete Tatumstände oder sonstige auf den Einzelfall bezogene Aspekte, welche für die Beurteilung der Schwere der Straftat maßgeblich sein könnten, werden nicht dargelegt. Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang auf die Absolvierung eines Antigewalttrainings, seine positive Wesensänderung und sein vorbildliches Familien und Privatleben seit der Tatbegehung verweist, führt er lediglich Argumente ins Treffen, die im Rahmen einer Gefährdungsprognose zu berücksichtigen wären. Eine solche ist bei der Anwendung des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 jedoch nicht gefordert (vgl. VwGH 2.12.2024, Ra 2024/14/0657, mwN).

15 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Verweis auf andere Schriftsätze unzulässig (vgl. VwGH 3.4.2019, Ra 2018/18/0505, sowie 27.7.2020, Ra 2020/01/0223, jeweils mwN). Soweit der Revisionswerber „sein Vorbringen betreffend die Zulässigkeit der Beschwerde zum Beschwerdevorbringen in seiner außerordentlichen Revision [erhebt]“, wird damit schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 22. Mai 2025

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