JudikaturVwGH

Ra 2024/14/0101 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
24. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Marzi als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision des G A, vertreten durch Dr. Wolfram Huber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Julius Raab Platz 4, als bestellter Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16. Jänner 2024, I423 2283341 1/2E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 4. Juli 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005, den er im Wesentlichen mit dem Krieg in Syrien begründete.

2 Mit Bescheid vom 25. Oktober 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine auf die Dauer eines Jahres befristete Aufenthaltsberechtigung.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Begründend führte das BVwG soweit für das Revisionsverfahren relevant aus, dem Revisionswerber, der seinen Militärdienst bereits 1995 abgeleistet habe, drohe weder eine Verfolgung durch das syrische Regime noch von Seiten der kurdischen Selbstverwaltung.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Vorab wird darauf hingewiesen, dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des BVwG vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 VwGG auf der Grundlage der Sach und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zu prüfen ist (vgl. etwa VwGH 27.6.2017, Ra 2017/18/0005, mwN). Dementsprechend entziehen sich Änderungen der Sach und Rechtslage, die sich nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses ereignet haben, einer Prüfung im gegenständlichen Revisionsverfahren.

9 Die Revision wendet sich zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst gegen die Länderfeststellungen des BVwG; damit macht sie Verfahrensmängel geltend. Werden solche Mängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass in der gesonderten Begründung der Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 8.5.2025, Ra 2025/19/0072, mwN). Eine solche Relevanzdarlegung ist der Revision nicht zu entnehmen.

10 Wenn die Revision weiters moniert, das BVwG missachte in mehreren Punkten die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, lässt sie nicht erkennen, auf welche Rechtsprechung sie sich dabei beruft. Bei der in der Zulässigkeitsbegründung zitierten Entscheidung handelt es sich nämlich um ein Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union, wobei anhand der Revisionsausführungen auch nicht ersichtlich ist, inwiefern das BVwG die dort aufgestellten Leitlinien verkannt hätte.

11 Soweit die Revision darauf hinweist, dass der Revisionswerber mehrere Verwandte in Österreich habe, ist nicht erkennbar, wogegen sich diese Ausführungen richten, zumal keine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, zu deren Prüfung eine Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK erforderlich wäre Dasselbe gilt für das Vorbringen, der Revisionswerber hätte seine nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte in einer mündlichen Beschwerdeverhandlung näher ausführen können. Ein Abweichen von den aufgestellten Leitlinien zur Verhandlungspflicht gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG wird damit in diesem Zusammenhang nicht dargetan (vgl. zu diesen Leitlinien grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 bis 0018, mwN).

12 Aus dem Verweis darauf, dass der Revisionswerber auch eine Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe vorgebracht habe, weil es als Familie nicht möglich sei, sich frei zu bewegen und die Einhaltung von Bekleidungsvorschriften verlangt werde, erschließt sich nicht, inwiefern aus diesen Einschränkungen welche allesamt weibliche Familienangehörige betreffen die Person des Revisionswerbers betreffende Verfolgungshandlungen resultieren würden. Sofern damit Verfahrensmängel geltend gemacht werden, fehlt es im Übrigen ebenfalls an einer Relevanzdarlegung.

13 Wenn schließlich vorgebracht wird, dass „Menschen, die aus Syrien (auch) wegen des verpflichtenden Wehrdienstes flüchten, der Flüchtlingsstatus nur in Ausnahmefällen verweigert werden“ könne, ist darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt erkannt hat, unter welchen Voraussetzungen die Verweigerung des Militärdienstes eine Asylgewährung rechtfertigt. Er hat sich dabei auch mit der speziellen Situation in Syrien auseinandergesetzt (vgl. dazu VwGH 4.7.2023, Ra 2023/18/0108; VwGH 28.2.2024, Ra 2023/20/0619, jeweils mwN). Abgesehen davon, dass der Revisionswerber nach den unbestrittenen Feststellungen seinen Militärdienst bereits abgeleistet hat, zeigt die Revision nicht auf, dass das BVwG fallbezogen von diesen rechtlichen Leitlinien abgewichen wäre oder dass sie einer Ergänzung oder Änderung bedürften.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 24. Juni 2025

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