JudikaturVwGH

Ra 2024/12/0027 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Mag. Zehetner als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision der V s.r.o in B (Slowakei), vertreten durch Dr. Wolfgang Hochsteger, Dr. Dieter Perz und Dr. Georg Wallner, Rechtsanwälte in 5400 Hallein, Salzgasse 2, gegen die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom 29. Dezember 2023, RM/6100001/2023, betreffend vorläufige Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Amt für Betrugsbekämpfung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2023 erhob die revisionswerbende Partei eine Beschwerde wegen der Verletzung in Rechten durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls und Zwangsgewalt durch Organe der Finanzpolizei des Amtes für Betrugsbekämpfung am 13. April 2023 an einer näher genannten Adresse durch die vorläufige Beschlagnahme zweier „Cash Center“ samt allfällig darin befindlicher Bargeldbeträge in unbestimmter Höhe sowie durch das zwangsweise Öffnen einer Türe zu einem Abstellraum.

2 Mit der angefochtenen Entscheidung fasste das Bundesfinanzgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Beschluss, das Maßnahmenbeschwerdeverfahren betreffend die vorläufige Beschlagnahme der zwei näher bestimmten „Cash Center“ werde infolge des Wegfalls eines selbständigen Anfechtungsgegenstandes gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt; ein Kostenersatz nach § 35 VwGVG finde nicht statt. Das Bundesfinanzgericht erkannte weiters zu Recht, die Maßnahmenbeschwerde hinsichtlich der zwangsweisen Öffnung einer Türe zu einem Abstellraum im näher genannten Geschäftslokal werde gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm der VwG Aufwandersatzverordnung habe die revisionswerbende Partei dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 887,20, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Kostenersatz wurde gemäß § 35 VwGVG abgewiesen. Die Revision erklärte das Bundesfinanzgericht nach Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

3 Das Bundesfinanzgericht traf dazu folgende Feststellungen (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

„Die Beschwerdeführerin ist eine nach dem slowakischen Recht gegründete Gesellschaft, welche ihren Sitz in ... B hat. Sie verfügt in Österreich über keine Gewerbeberechtigung. Als Geschäftsführerin soll eine (Frau) VP fungieren. Gesellschafter sind die österreichischen Staatsbürger JP und RM, wobei Letzterer die Geschäfte in Salzburg führt.

Aufgrund mehrerer Anzeigen führten Organe der Finanzpolizei, Team ..., am 13.4.2023 um 18 Uhr aus Eigenem eine Kontrolle des Geschäftslokales ... in ... Salzburg, ..., nach dem GSpG durch. Dabei wurden sie von einer Einheit der Bundespolizei unterstützt.

Die Fenster des Lokales waren mit Folien verklebt und nicht einsehbar. Sowohl im Außen- als auch im Innenbereich befanden sich Kameras. Die Kontrolle wurde durch den Einsatzleiter an der versperrten Eingangstür des Lokales durch Klopfen und lautes Rufen mit den Worten ‚Finanzpolizei‘, ‚Kontrolle‘, ‚Türen aufmachen‘ oder so ähnlich angekündigt. Da keine Reaktion erfolgte wurde nochmals diese oder ähnliche Wörter laut gerufen und mehrmals geklopft und angekündigt die verschlossene Eingangstür zwangsweise zu öffnen. Zudem wurde ein Schild gut lesbar in die Kamera gehalten, welche sich im Eingangsbereich des Lokals befand. Auf dem Schild stand ‚Finanzpolizei‘ und ‚Großkontrolle‘. In der Folge öffnete ein im Lokal befindlicher Gast die Eingangstür, sodass die Kontrollorgane das Lokal betreten und die Kontrolle durchführen konnten. Es befanden sich ausschließlich Gäste im Lokal. Eine Person iSd § 50 Abs. 4 GSpG war nicht anwesend.

Im Lokal befanden sich zwei betriebsbereite und voll funktionsfähige Cash Center mit den Seriennummern ... und ... . Diese Geräte boten den Gästen die Möglichkeit, Geldguthaben zur Durchführung von Glücksspielen im Internet aufzuladen und erworbene Gewinne auszuzahlen. Die zwei Cash Center samt darin allfällig befindlicher Bargeldmenge wurden von den Organen der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt und ein Verfügungsverbot ausgesprochen. Die Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme wurde in dreifacher Ausfertigung im Lokal hinterlassen. Die Geräte wurden bei der Landespolizeidirektion Salzburg in amtliche Verwahrung genommen. RM und JP wussten von der vorläufigen Beschlagnahme der beiden Cash Center, trotzdem meldete sich die Beschwerdeführerin nicht bei der Behörde. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Salzburg vom 20.7.2023 wurde hinsichtlich der beiden Cash-Center ein Beschlagnahmebescheid erlassen. Die Zustellung des Bescheides erfolgte durch öffentliche Bekanntmachung an der Amtstafel der Landespolizeidirektion Salzburg und wurde am 4.8.2023 wirksam.

Zudem wurde bei der Kontrolle eine versperrte Innentür zu einem kleinen Büro bzw. Abstellraum auf Veranlassung der Organe der Finanzpolizei durch einen Schlosser fachmännisch geöffnet. Es wurde in diesem Innenraum keine Hinweise auf Glücksspieleinrichtungen festgestellt. Nach Auswechseln des Schlosses wurde die Tür wieder versperrt. Es entstand kein Schaden. Die Schlüssel wurden bei der Landespolizeidirektion Salzburg zur Abholung hinterlegt und bis heute nicht abgeholt. Die Kontrolle wurde um 19:50 Uhr beendet.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin zum Kontrollzeitpunkt Untermieterin und/oder Betreiberin des Geschäftslokales ... Salzburg, ..., sowie der beiden Cash-Center war.“

4 Beweiswürdigend hielt das Bundesfinanzgericht insbesondere fest, zu der Frage, wer zum Kontrollzeitpunkt Mieter, Betreiber bzw. Veranstalter des gegenständlichen Geschäftslokales sowie der beiden beschlagnahmten „Cash Center“ gewesen sei, habe das Bundesfinanzgericht umfassende, näher dargelegte Erhebungen durchgeführt. Trotz näher beschriebener Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten komme das Gericht letztendlich zum Ergebnis, dass aufgrund näher bezeichneter Unterlagen nicht ausgeschlossen werden könne, dass dies die revisionswerbende Partei gewesen sei.

5 Dass es sich bei den vorläufig beschlagnahmten Geräten um keine „E Kioske“, sondern um sogenannte „Cash Center“ gehandelt habe und diese betriebsbereit gewesen seien, sei durch zwei Testspiele der Kontrollorgane bewiesen worden; die Durchführung der Testspiele und die Funktionsweise der beiden „Cash Center“ sei ausführlich im Aktenvermerk der Finanzpolizei samt Fotodokumentation über die besagte Kontrolle beschrieben worden, an dessen Richtigkeit das Gericht keine Zweifel habe. Ebenso ergebe sich aus diesem Aktenvermerk und den Angaben eines näher genannten Zeugen, dass die beiden „Cash Center“ vorläufig beschlagnahmt worden seien; dies werde durch die im Akt befindliche Ablichtung der Bescheinigung bestätigt. Dass die Bescheinigung in dreifacher Ausfertigung im Lokal hinterlassen worden sei, wie im Aktenvermerk angeführt, werde auch durch die Aussage eines weiteren, näher genannten Zeugen bestätigt.

6 Die Erlassung des Beschlagnahmebescheides und dessen Kundmachung ergebe sich aus den übermittelten Akten der Landespolizeidirektion Salzburg und sei unstrittig.

7 In seiner rechtlichen Beurteilung hielt das Bundesfinanzgericht fest, weil nicht habe ausgeschlossen werden können, dass die revisionswerbende Partei zum Kontrollzeitpunkt Untermieterin und/oder Betreiberin des gegenständlichen Geschäftslokales sowie der beiden „Cash Center“ gewesen sei, folge rechtlich daraus, dass sie zur Erhebung der Maßnahmenbeschwerde legitimiert gewesen sei.

8 Zur vorläufigen Beschlagnahme der beiden „Cash Center“ führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, der Verwaltungsgerichtshof habe dazu bereits ausgesprochen, dass diese grundsätzlich einer Beschlagnahme gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz (GSpG) zugänglich seien.

9 Nach der Lehre und Rechtsprechung handle es sich bei der Maßnahmenbeschwerde um ein subsidiäres Rechtsmittel; eine Beschlagnahme sei daher nur solange mit einer Maßnahmenbeschwerde bekämpfbar, bis die Behörde einen Beschlagnahmebescheid erlasse. Ein bereits anhängiges Verfahren über eine Maßnahmenbeschwerde sei in diesem Fall einzustellen.

10 Wenngleich die revisionswerbende Partei einwende, der Beschlagnahmebescheid sei ihr nicht wirksam zugestellt worden, stehe für das Gericht fest, dass die Verständigung über die vorläufige Beschlagnahme in dreifacher Ausfertigung im Geschäftslokal hinterlassen worden sei und der für die revisionswerbende Partei in Salzburg tätige RM sowie JP von der vorläufigen Beschlagnahme der beiden „Cash Center“ erfahren hätten.

11 Trotz nachweislicher Hinterlegung der Verständigung über die vorläufige Beschlagnahme im gegenständlichen Geschäftslokal unter gleichzeitiger Aufforderung, dass sich der Eigentümer der Geräte, der Veranstalter und der Inhaber binnen vier Wochen bei der Landespolizeidirektion Salzburg zu melden habe, sei keine Reaktion erfolgt. Diese Personen hätten von der Landespolizeidirektion Salzburg „bis heute“ nicht ausfindig gemacht werden können. So sei es der Landespolizeidirektion Salzburg selbst im Dezember 2023 noch nicht gelungen, eine Verfahrensanordnung an die österreichische Niederlassungsadresse der revisionswerbenden Partei zuzustellen, obwohl sie dabei von der örtlichen Polizei unterstützt worden sei.

12 Aus diesem Grund habe die Landespolizeidirektion Salzburg den Beschlagnahmebescheid an „unbekannte Eigentümer der Geräte“ erlassen und von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Beschlagnahmebescheid durch öffentliche Bekanntmachung zuzustellen. Nachdem sich niemand zur Empfangnahme des Beschlagnahmebescheides eingefunden habe, sei die Zustellung gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz Zustellgesetz zwei Wochen nach Kundmachung an der Amtstafel der Behörde bewirkt worden, somit am 4. August 2023. Zudem habe die Landespolizeidirektion Salzburg den Beschlagnahmebescheid in diesem Mehrparteienverfahren am 20. Juli 2023 auch der belangten Behörde übermittelt, weil dieser gemäß § 50 Abs. 5 GSpG Parteistellung zukomme. Für eine wirksame Zustellung des Beschlagnahmebescheides genüge es, dass dieser wenigstens einer Partei des Verfahrens zugestellt werde.

13 Der Einwand der revisionswerbenden Partei, dass die Zustellung des Beschlagnahmebescheides deshalb nicht wirksam erfolgt sei, weil der Landespolizeidirektion Salzburg zum Zeitpunkt der Erlassung ihre Zustelladresse bereits bekannt gewesen sei, gehe ins Leere, weil wie oben festgestellt von dieser („wahrscheinlich bis heute“) nicht habe geklärt werden können, ob sie tatsächlich Eigentümerin oder Inhaberin der Geräte oder Veranstalterin der Ausspielungen gewesen sei.

14 Das Verfahren sei daher infolge des Wegfalls eines selbständigen Anfechtungsgegenstandes gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG einzustellen gewesen. Es sei daher in diesem Verfahren auch nicht mehr zu prüfen gewesen, ob die vorläufige Beschlagnahme der beiden „Cash Center“ zu Recht erfolgt sei.

15 In der Folge wurde die vorliegende außerordentliche Revision eingebracht.

16 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).

17 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

18 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

19 Die revisionswerbende Partei bringt in der weitwendigen Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision zusammengefasst vor, das Bundesfinanzgericht gehe davon aus, dass die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde aufgrund des in der Folge durch öffentliche Bekanntmachung zugestellten Beschlagnahmebescheides einzustellen sei. Eine Zustellung gemäß § 53 Abs. 3 letzter Satz GSpG durch öffentliche Bekanntmachung sei im vorliegenden Fall aber gerade nicht zulässig gewesen:

20 Erstens stelle das Bundesfinanzgericht lediglich darauf ab, dass sich niemand von der revisionswerbenden Partei innerhalb von vier Wochen bei der Behörde gemeldet habe; nach dem klaren Wortlaut des § 53 Abs. 3 GSpG habe die Behörde aber unabhängig davon selbständig Ermittlungen zur Eigentümerschaft sowie der Identität und des Aufenthaltes des Veranstalters und des Inhabers anzustellen. Bei den beiden Letztgenannten sei dies bekannt gewesen.

21 Zweitens sei, wie sich aus näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergebe, die Beschlagnahme Teil eines Verwaltungsstrafverfahrens, wobei in einem solchen eine Zustellung durch öffentliche Kundmachung nicht rechtskonform sei.

22 Drittens befinde sich die Amtstafel im Foyer des Amtsgebäudes der Landespolizeidirektion Salzburg, nach der Zutrittskontrolle, welches ohne Termin nicht betreten werden könne. Nach Auskunft des dortigen Beamten sei dies eine schon seit der Corona Pandemie geübte Praxis. Es könne sich daher um keine öffentliche Kundmachung handeln, weil die Amtstafel nicht ungehindert einsehbar sei. Dies habe der Gesellschafter der revisionswerbenden Partei am 18. Jänner 2024 festgestellt, sodass dieses Vorbringen nicht dem Neuerungsverbot vor dem Verwaltungsgerichtshof unterliege.

23 Viertens enthalte der Beschlagnahmebescheid im Adressfeld ua. die Bezeichnung „Eigentümer der Geräte unbekannt“, was lediglich eine Feststellung und „keinesfalls eine unbekannte Partei“ sei, zudem fehle ein Adressat in der Zustellverfügung. Es handle sich daher um einen Nichtbescheid.

24 Dazu ist Folgendes auszuführen:

25 Gemäß § 53 Abs. 3 GSpG hat die Behörde in den Fällen des Abs. 2 leg. cit. unverzüglich das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen. Soweit nach der vorläufigen Beschlagnahme keine dieser Personen binnen vier Wochen ermittelt werden kann oder sich keine von diesen binnen vier Wochen meldet oder die genannten Personen zwar bekannt, aber unbekannten Aufenthaltes sind, so kann auf die Beschlagnahme selbständig erkannt werden, wenn im Übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

26 Gemäß § 50 Abs. 5 GSpG kommt dem Amt für Betrugsbekämpfung ua. in Verwaltungsverfahren nach § 53 GSpG Parteistellung zu und es kann Beschwerde gegen Bescheide sowie Einspruch gegen Strafverfügungen erheben.

27 Bei dem Rechtsinstitut der Beschlagnahme handelt es sich um eine Art vorläufiges Verfahren, das der zwangsweisen Entziehung der Gewahrsame an einer Sache (Wegnahme) zum Zwecke ihrer Verwahrung dient. Das Wesen der Beschlagnahme besteht darin, dass die freie Verfügungsgewalt über eine Sache von dem (oder: den) Berechtigten auf die Behörde übergeht. Im Fall einer Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz wird nicht nur in die Rechtssphäre des Eigentümers eingegriffen, sondern auch in jene des Inhabers und des Veranstalters. Aus § 53 Abs. 3 GSpG ergibt sich, dass Parteien im Beschlagnahmeverfahren der Veranstalter, der Inhaber und der Eigentümer beschlagnahmter Gegenstände sind. Diese Personen sind Bescheidadressaten eines Beschlagnahmebescheids; ihnen kommt daher auch das Recht zu, Rechtsmittel gegen einen Beschlagnahmebescheid zu erheben. Das Beschlagnahmeverfahren nach dem Glücksspielgesetz ist demnach ein Mehrparteienverfahren, bei dem neben dem Eigentümer auch dem Inhaber und dem Veranstalter der beschlagnahmten Gegenstände Parteistellung zukommt. Konsequenz eines Mehrparteienverfahrens ist aber auch, dass nur ein (für alle Parteien gleichlautender) Bescheid zu erlassen und an alle Parteistellung genießende Personen zuzustellen ist (vgl. VwGH 26.2.2020, Ra 2019/09/0052, mwN).

28 Mit Erlassung des Bescheids gegenüber einer der mehreren Parteien ist das behördliche Verfahren bei Vorliegen eines Mehrparteienverfahrens abgeschlossen und die Behörde damit an ihre Entscheidung gebunden; eine übergangene Partei im Mehrparteienverfahren kann ab diesem Zeitpunkt bereits ein Rechtsmittel erheben. Mit anderen Worten: In einem Mehrparteienverfahren ist ein Bescheid dann als erlassen anzusehen, wenn er einer Partei zugestellt und damit rechtlich existent wurde. Dementsprechend ist die Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Beschlagnahmebescheid nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer formal als Adressat des Bescheides bezeichnet wurde oder nicht davon abhängig, ob nach der anzuwendenden gesetzlichen Grundlage der Beschlagnahmebescheid (allenfalls: auch) an ihn zu richten gewesen wäre. Das Beschwerderecht kommt daher dem Eigentümer der beschlagnahmten Sache auch dann zu, wenn der Bescheid nicht an ihn adressiert war. Dass ein Beschlagnahmebescheid nicht an den Eigentümer beschlagnahmter Glücksspielgeräte gerichtet war und ihm auch nicht zugestellt wurde, steht dessen Beschwerderecht somit nicht entgegen (vgl. nochmals VwGH 26.2.2020, Ra 2019/09/0052, mwN).

29 Die dargestellte Rechtsprechung bedeutet jedoch nicht, dass eine Partei, der der Beschlagnahmebescheid noch nicht zugestellt wurde, diesen gegebenenfalls ab Kenntnis von ihm auch bereits mit Beschwerde bekämpfen müsste, um den Eintritt der Bindungswirkung zu verhindern. Andererseits steht jedoch bereits die Erlassung des Beschlagnahmebescheids bloß einer von mehreren Parteien gegenüber im Hinblick auf deren Subsidiarität der Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde durch sämtliche Parteien des Beschlagnahmeverfahrens entgegen (vgl. erneut VwGH 26.2.2020, Ra 2019/09/0052, mwN).

30 Das Bundesfinanzgericht führte im angefochtenen Erkenntnis aus, die Landespolizeidirektion Salzburg habe den Beschlagnahmebescheid auch der belangten Behörde, dem Amt für Betrugsbekämpfung, am 20. Juli 2023 übermittelt; dies ergibt sich auch aus dem Verwaltungsakt. In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird dies nicht bestritten.

31 Der Beschlagnahmebescheid vom 20. Juli 2023 wurde demnach dem Amt für Betrugsbekämpfung als Partei im Mehrparteienverfahren zugestellt und war nach der dargelegten Rechtsprechung unabhängig vom Revisionsvorbringen durch die Zustellung an eine der Parteien des Beschlagnahmeverfahrens als erlassen anzusehen.

32 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt bei einer vorläufigen Beschlagnahme, solange die Behörde die Beschlagnahme weder durch Bescheid bestätigt, noch die beschlagnahmten Gegenstände tatsächlich zurückgestellt hat, eine die gesamte Dauer der Beschlagnahme umfassende Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls und Zwangsgewalt vor. Eine Beschlagnahme ist nur solange mit Maßnahmenbeschwerde bekämpfbar, bis die Behörde einen Beschlagnahmebescheid erlässt (vgl. etwa VwGH 22.12.2023, Ra 2021/17/0209, mwN).

33 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient der Rechtsbehelf der Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dem Zweck, eine Lücke im Rechtsschutzsystem zu schließen. Mit dieser Beschwerde sollten aber keine Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein und desselben Rechts geschaffen werden. Was in einem Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, kann nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein. Wird ein Bescheid erlassen, können die bereits vorgenommenen damit zusammenhängenden faktischen Verfügungen nicht mehr mit Maßnahmenbeschwerde bekämpft werden. Ein bereits anhängiges Verfahren über eine Maßnahmenbeschwerde ist in diesem Fall einzustellen. Eine allfällige Rechtswidrigkeit des Bescheids kann nur im Wege der Bescheidbeschwerde geltend gemacht werden (vgl. VwGH 20.10.2020, Ra 2019/16/0107, mwN).

34 Das Bundesfinanzgericht hat daher das Maßnahmenbeschwerdeverfahren über die vorläufige Beschlagnahme aufgrund des zwischenzeitig ergangenen Beschlagnahmebescheides zu Recht eingestellt.

35 Darüber hinaus ist festzuhalten, dass sich aus dem Akteninhalt nicht ergibt, dass die Behörde vor Erlassung des Beschlagnahmebescheides die notwendigen Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers unterlassen hätte. Ebenso wenig ergibt sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass im Beschlagnahmeverfahren entgegen der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 53 Abs. 3 letzter Satz GSpG eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung in den dort genannten Fällen nicht erfolgen dürfte. Das Vorbringen zur Einsehbarkeit der Amtstafel unterliegt dem aus § 41 VwGG abgeleiteten Neuerungsverbot vor dem Verwaltungsgerichtshof (vgl. etwa VwGH 13.6.2023, Ra 2023/12/0078, mwN); neue Tatsachen hätten allenfalls gemäß § 32 VwGVG zum Beschlagnahmeverfahren geltend gemacht werden können (zum Verhältnis von Neuerungsverbot im Revisionsverfahren und Wiederaufnahme gemäß § 32 VwGVG vgl. VwGH 28.4.2016, Ro 2016/12/0007, mwN). Inwieweit die Zustellverfügung „Eigentümer der Geräte unbekannt“ nicht den Anforderungen an eine rechtswirksame Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 Zustellgesetz iVm § 53 Abs. 3 letzter Satz GSpG entspräche, ist nicht nachvollziehbar.

36 Die revisionswerbende Partei behauptet Feststellungsmängel zur Art und Funktionsweise der beschlagnahmten Geräte und macht zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision weiters einen Begründungsmangel geltend, weil das Bundesfinanzgericht lediglich die Feststellung getroffen habe, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die revisionswerbende Partei zum Kontrollzeitpunkt Untermieterin und/oder Betreiberin des gegenständlichen Geschäftslokales sowie der beiden „Cash Center“ gewesen sei. Dies stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel sowie eine Aktenwidrigkeit, wie sich aus den im Verfahren vorgelegten Dokumenten ergebe, und daher eine nicht nachvollziehbare Beweiswürdigung dar. Es sei deshalb relevant, weil die revisionswerbende Partei als tatsächliche Eigentümerin der beiden beschlagnahmten Geräte ihre unternehmerische Tätigkeit im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV ausgeübt habe, daher das Unionsrecht anzuwenden und wegen dessen massiver Verletzung „der Beschwerde (unpräjudiziell) stattzugeben“ gewesen wäre.

37 Damit übersieht die revisionswerbende Partei jedoch, dass auch im Falle der als fehlend gerügten Feststellung das Maßnahmenbeschwerdeverfahren über die vorläufige Beschlagnahme aufgrund des zwischenzeitig ergangenen Beschlagnahmebescheides einzustellen gewesen wäre und sich die Frage einer allfälligen Anwendung von Unionsrecht nicht gestellt hätte.

38 Auch eine sonstige Verletzung in subjektiven Rechten der revisionswerbenden Partei ist in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich, weil das Bundesfinanzgericht ohnehin von der Legitimation der revisionswerbenden Partei zur Erhebung der Maßnahmenbeschwerde ausging.

39 Auf das weitere Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision war daher nicht einzugehen.

40 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 4. Juni 2025

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