JudikaturVwGH

Fr 2024/10/0001 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
22. Februar 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über den Fristsetzungsantrag der G E in W, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Verwaltungsgericht Wien, in einer Angelegenheit der Mindestsicherung, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Fristsetzungsantrag vom 1. Dezember 2023 wird zurückgewiesen.

1 1. Mit Bescheid vom 2. Juni 2023 wies der Magistrat der Stadt Wien einen Antrag der Antragstellerin nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz WMG ab.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde der Antragstellerin wurde dem Verwaltungsgericht Wien am 11. Juli 2023 vorgelegt.

3 2. Am 1. Dezember 2023 brachte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Wien einen Fristsetzungsantrag ein, weil „seit Anfall beim Verwaltungsgericht die Entscheidungsfrist des § 35 WMSG von drei Monaten verstrichen“ sei.

4 Mit Beschluss vom 18. Dezember 2023 wies das Verwaltungsgericht Wien den Fristsetzungsantrag gemäß „§ 30a Abs. 1 iVm § 30a Abs. 8 iVm § 38 VwGG“ als unzulässig zurück, dies mit der wesentlichen Begründung, dass zum Zeitpunkt der Einbringung des Fristsetzungsantrages die Entscheidungsfrist von sechs Monaten (Hinweis auf § 38 Abs. 1 VwGG sowie § 34 Abs. 1 VwGVG) noch nicht abgelaufen sei.

5 3. Die Antragstellerin stellte am 8. Jänner 2024 fristgerecht einen Vorlageantrag (§ 30b VwGG), welchen das Verwaltungsgericht samt Fristsetzungsantrag unter Anschluss der Verfahrensakten dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt hat.

6 Gemäß § 38 Abs. 1 VwGG kann ein Fristsetzungsantrag erst gestellt werden, wenn das Verwaltungsgericht die Rechtssache nicht binnen sechs Monaten, wenn aber durch Bundes- oder Landesgesetz eine kürzere oder längere Frist bestimmt ist, nicht binnen dieser entschieden hat. Nach § 34 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG beginnt die Entscheidungsfrist im Verfahren über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit mit dem Einlangen der vorgelegten Beschwerde. Die Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichts wird in diesem Fall daher (erst) mit dem Einlangen der Beschwerde ausgelöst (vgl. etwa VwGH 25.5.2016, Fr 2016/12/0016, mwN).

7 Die von der Antragstellerin mit Blick auf § 38 Abs. 1 VwGG ins Treffen geführte, in § 35 WMG vorgesehene Entscheidungsfrist von drei Monaten gilt nach dem unmissverständlichen Wortlaut dieser Bestimmung, die als Verpflichteten ausdrücklich den Magistrat der Stadt Wien nennt, ausdrücklich und ausschließlich für das behördliche Verfahren vor dem Magistrat der Stadt Wien; die genannte Bestimmung normiert somit nicht iSd § 38 Abs. 1 VwGG eine „kürzere Frist“ für die Entscheidung der Rechtssache durch das Verwaltungsgericht (vgl. in diesem Zusammenhang zu § 29 Abs. 1 Führerscheingesetz in dessen Stammfassung BGBl. I Nr. 120/1997 VwGH 27.8.2015, Fr 2015/11/0008). Auch eine „sinngemäße“ Anwendung der in § 35 WMG bestimmten Entscheidungsfrist auf das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht im Wege des § 17 VwGVG kommt angesichts der erwähnten Ausgestaltung der erstgenannten Bestimmung nicht in Betracht.

8 Zu dem für die Prüfung der Zulässigkeit des Fristsetzungsantrages allein maßgeblichen Zeitpunkt des Einlangens beim zuständigen Verwaltungsgericht (vgl. dazu etwa VwGH 10.9.2014, Fr 2014/20/0022 = VwSlg. 18.921 A, sowie 12.11.2014, Fr 2014/20/0028 = VwSlg. 18.964 A) fallbezogen also am 1. Dezember 2023 war somit die dem Verwaltungsgericht eingeräumte Entscheidungsfrist von sechs Monaten noch nicht abgelaufen.

9 4. Der Fristsetzungsantrag war daher gemäß § 38 Abs. 1 und 4 iVm § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu seiner Erhebung ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen, wobei der vorliegende Zurückweisungsbeschluss an die Stelle jenes des Verwaltungsgerichtes tritt (vgl. dazu etwa VwGH 26.6.2014, Ro 2014/10/0068 = VwSlg. 18.887 A, mwN).

Wien, am 22. Februar 2024

Rückverweise