Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision des Arbeitsmarktservice Wien Schönbrunner Straße in 1120 Wien, Schönbrunner Straße 247, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. November 2024, W228 2298948 1/4E, betreffend Anspruch auf Arbeitslosengeld (mitbeteiligte Partei: BSc S I in W, vertreten durch Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Walfischgasse 12/3), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit zwei Bescheiden vom 19. Juni 2024 und einem Bescheid vom 27. Juni 2024 sprach die revisionswerbende regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) gegenüber der Mitbeteiligten jeweils den Widerruf bzw. die Einstellung des Arbeitslosengeldes mangels Arbeitslosigkeit aus.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht den gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden statt und behob die Bescheide ersatzlos.
3Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei. Der Gesetzestext enthalte dem Wortlaut nach eine eindeutige Regelung.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7Das AMS bringt unter diesem Gesichtspunkt vor, dass es zu der seit 1. April 2024 geltenden Rechtslage an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage fehle, ob bei einem Wegfall der Arbeitslosenversicherungspflicht des geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses eine „neue geringfügige Beschäftigung“ im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. h AlVG iVm § 1 Abs. 4 AlVG vorliege. In diesem Zusammenhang fehle auch eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob eine die Arbeitslosigkeit ausschließende „weitere Beschäftigung“ im Sinn des § 12 Abs. 1 Z 3 AlVG iVm § 12 Abs. 3 AlVG anzunehmen sei. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sei daher, welche der zuvor arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungen beendet sein müssten, damit Arbeitslosigkeit vorliege.
8Diese Rechtsfragen wurden vom Verwaltungsgerichtshof mittlerweile mit Erkenntnis vom 19. November 2024, Ra 2024/08/0103, beantwortet. Demnach genügt es, dass gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 AlVG (zumindest) eine anwartschaftsbegründende Erwerbstätigkeit beendet wird und gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 AlVG keine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung mehr besteht sowie mit dem/den verbleibenden oder/und neu hinzukommenden Entgeltanspruch/Entgeltansprüchen insgesamt nicht (mehr) die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird (also gemäß § 12 Abs. 1 Z 3 iVm Abs. 6 lit. a AlVG keine der Arbeitslosigkeit entgegenstehende „neue oder weitere“ Beschäftigung ausgeübt wird). Was § 12 Abs. 3 lit. h AlVG betrifft, so ist diese Bestimmung schon ihrem klaren Wortlaut nach nicht auf eine Konstellation wie die hier vorliegende anzuwenden. Die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung beim selben Dienstgeber also eine bestimmte vertragliche Gestaltung kann nicht mit dem Wegfall der Vollversicherungspflicht wegen des Nichtüberschreitens der Geringfügigkeitsgrenze infolge der Beendigung einer anderen Beschäftigung gleichgesetzt werden.
9 Das angefochtene Erkenntnis steht im Einklang mit diesen Grundsätzen.
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 11. Dezember 2024