Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision der Pensionsversicherungsanstalt, vertreten durch Dr. Anton Ehm, Dr. Simone Metz und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1050 Wien, Schönbrunner Straße 42/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. April 2024, W238 2280398 2/6E, betreffend Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18b ASVG (mitbeteiligte Partei: G F in L; weitere Partei: Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid vom 16. Oktober 2023 sprach die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) aus, dass die Selbstversicherung der Mitbeteiligten in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege naher Angehöriger gemäß § 18b ASVG mit 31. Dezember 2022 ende. Die Selbstversicherung sei nämlich so die Begründung dieses Bescheides für eine Zeit ausgeschlossen, während der ein bescheidmäßig zuerkannter Anspruch auf eine monatlich wiederkehrende Geldleistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung bestehe. Ein solcher Anspruch bestehe im Fall der Mitbeteiligten.
2 Die Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde und widersprach der Annahme, dass sie einen Anspruch auf eine monatlich wiederkehrende Geldleistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung habe. Sie erhalte seit 1. Februar 2015 lediglich ein Pensionsäquivalent von der U AG nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarung.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht mit näherer Begründung der Beschwerde statt. Es sprach aus, dass die Mitbeteiligte auch ab 1. Jänner 2023 zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18b ASVG berechtigt sei.
4 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei. Der Gesetzeswortlaut bezüglich des in § 18b Abs. 1a Z 1 ASVG idF BGBl. I Nr. 217/2022 geregelten Ausschlussgrundes („Zeit, in der ein bescheidmäßig zuerkannter Anspruch auf eine monatlich wiederkehrende Geldleistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung besteht“) sei zwar klar und eindeutig. Es gebe jedoch bislang keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob im Hinblick auf den in § 18b Abs. 1a ASVG nicht geregelten Bezug eines „B ASVG Pensionsäquivalents“ vom Bestehen einer planwidrigen Gesetzeslücke auszugehen sei, welche im Analogieweg zu schließen wäre.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Das gilt auch dann, wenn sich die Revision zwar auf die Gründe, aus denen das Verwaltungsgericht die (ordentliche) Revision für zulässig erklärt hatte, beruft, diese aber fallbezogen keine Rolle (mehr) spielen oder zur Begründung der Zulässigkeit der konkret erhobenen Revision nicht ausreichen (vgl. VwGH 11.5.2017, Ro 2016/21/0022, mwN).
8 Die vorliegende Revision beruft sich zur Darlegung ihrer Zulässigkeit weder auf die Zulassungsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts, noch enthält sie insoweit ein eigenes Vorbringen. Sie wendet sich allerdings dagegen, dass das Bundesverwaltungsgericht den Bezug des „BPensionsäquivalents“ nicht unter § 18b Abs. 1a Z 1 ASVG subsumiert habe. Den Gesetzesmaterialien lasse sich kein Hinweis dahingehend entnehmen, dass eine „selektive Ausnahme bloß der gesetzlich Sozialversicherten“ von der Selbstversicherung nach § 18a oder § 18b ASVG intendiert gewesen sei. Werde ein Pensionsäquivalent bezogen, werde dessen Bezieher finanziell versorgt. Damit falle der Telos des § 18b ASVG eine pflegebedingte Verminderung des im Alter zur Verfügung stehenden Einkommens abzuschwächen weg.
9 Die Revision scheint also letztlich entsprechend der Zulassungsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin zu sehen, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18b Abs. 1a Z 1 ASVG fehle. Diese Bestimmung ist aber insoweit eindeutig, als sie die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung ausdrücklich nur für jene Zeiten ausschließt, in denen ein bescheidmäßig zuerkannter Anspruch auf eine monatlich wiederkehrende Geldleistung aus einer eigenen „gesetzlichen Pensionsversicherung“ besteht. Der gegenständliche Bezug einer ehemaligen Dienstnehmerin der Z AG bzw. deren Rechtsnachfolgerinnen beruht gerade nicht auf einer Pensionsversicherung, sondern auf einem pensionsversicherungsfreien (unkündbaren privatrechtlichen) Dienstverhältnis (vgl. die Ausnahme von der Vollversicherung in § 5 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 18/2016). Eine in der Revision allerdings gar nicht angesprochene interpretativ zu schließende planwidrige Lücke durch die ausschließliche Nennung von Geldleistungen aus einer gesetzlichen Pensionsversicherung in § 18b Abs. 1a Z 1 ASVG ist schon deswegen nicht zu sehen, weil während des Bezugs eines solchen Pensionsäquivalents anders als während des Bezugs einer Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung (vgl. aber zur möglichen Anwendbarkeit des § 248c ASVG OGH 13.9.2022, 10 ObS 102/22f, DRdA 2023/31, 282 [ Müller ]) ohne weiteres leistungswirksame Beitragszeiten durch die Selbstversicherung erworben werden können. Es ist also keineswegs zweckwidrig, Bezieherinnen einer derartigen privaten Pensionsleistung die Selbstversicherung gemäß § 18b ASVG zu ermöglichen, um durch die Pflegetätigkeit einen (die private Pensionsleistung ergänzenden) Pensionsanspruch zu erwerben.
10 Da demnach der Tatbestand des § 18b Abs. 1a Z 1 ASVG nicht erfüllt war, stellt sich im vorliegenden Fall nicht die in der Zulassungsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts und der Revision ebenfalls angesprochene Frage, ob der Versicherungsträger bei bescheidmäßig festgestellter Berechtigung zur Selbstversicherung berechtigt ist, im Zuge der gemäß § 18b Abs. 4 ASVG vorzunehmenden regelmäßigen Überprüfung Ausschlussgründe im Sinn des § 18b Abs. 1a ASVG aufzugreifen und die Selbstversicherung aus diesem Grund zu beenden bzw. auszuschließen.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG nach Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die Mitbeteiligte zurückzuweisen.
Wien, am 11. Juni 2025