Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. der Mag. R G in G und 2. des Dipl. Ing. C A G in W, beide vertreten durch Dr. Keyvan Rastegar, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Börsegasse 11/52 54, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29. Juli 2024, W134 2289433 1/6E und W134 2290375 1/6E, betreffend eine Angelegenheit nach dem Vermessungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vermessungsamt Bruck an der Mur; mitbeteiligte Partei: D M D in K, vertreten durch Mag. Peter Freiberger, Rechtsanwalt in 8680 Mürzzuschlag, Wienerstraße 50 54), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 5. April 2023, mit welchem sie als Miteigentümer eines näher bezeichneten Grundstückes der KG F gemäß § 25 Abs. 2 Vermessungsgesetz (VermG) zur Anhängigmachung eines für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmten gerichtlichen Verfahrens binnen sechs Wochen aufgefordert worden waren, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
5 Begründend stellte das Verwaltungsgericht soweit für den Revisionsfall relevant fest, Grundlage für den Gerichtsverweisungsbescheid der belangten Behörde sei der Grenzverlauf laut Katastralmappe zwischen den näher bezeichneten Grundstücken der revisionswerbenden Parteien und der mitbeteiligten Partei. Die mitbeteiligte Partei habe sich auf diesen Grenzverlauf berufen, während die revisionswerbenden Parteien einen davon abweichenden Grenzverlauf behaupten würden. Der derzeitige Grenzverlauf laut Katastralmappe sei aufgrund eines Agrarverfahrens im Jahr 1973 aus der planlichen Darstellung (Feldskizze) eines näher genannten Zusammenlegungsverfahrens in die Katastralmappe übernommen worden. Die revisionswerbenden Parteien hätten keine Pläne oder andere Behelfe im Sinn der Vermessungsverordnung 2016 (VermV 2016) für die Zeit nach dem Jahr 1973 vorgelegt oder darauf verwiesen. Die davor datierten Pläne seien nicht mehr beachtlich, weil sie infolge des Agrarverfahrens im Jahr 1973 abgeändert worden seien. Soweit sich die revisionswerbenden Parteien auf einen näher bezeichneten Schriftverkehr mit Dipl. Ing. S. im Jahr 2019 beziehen, sei anzumerken, dass in diesem kein konkreter (planbasierter), sondern lediglich ein ungefährer Grenzverlauf beschrieben werde und dieser daher kein Behelf im Sinn der VermV 2016 sein könne. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob es im Zuge des Schriftverkehrs zu einem rechtsgültigen Anerkenntnis gekommen sei.
6 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision bringen die revisionswerbenden Parteien vor, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu mehreren Rechtsfragen vor. Insbesondere, ob ein außergerichtliches Anerkenntnis ein Behelf im Sinn des § 1 Z 3 VermV 2016 sei und ob die Verwaltungsgerichte befugt seien, vorfragenweise das Vorliegen eines außergerichtlichen Anerkenntnisses zu beurteilen. Weiters zur Frage, welchen Eigentümer die Behörde im Umwandlungsverfahren nach § 18a Abs. 1 VermG auf den Zivilrechtsweg zu verweisen habe, wenn für eine Grenze mehrere Behelfe vorlägen, die einander widersprächen und ob es rechtmäßig sei, dass die Behörde ihre Entscheidung nur auf den jüngsten Behelf stütze. Zudem sei nicht geklärt, ob in Anwendung des § 25 Abs. 2 VermG eine Rangordnung zwischen älteren und neueren Behelfen bestehe und ob bei Vorliegen einander widersprechender Behelfe § 25 Abs. 2 Satz 1 VermG oder § 25 Abs. 2 Satz 2 VermG anzuwenden sei.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargetan, der grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG zukäme.
7 Die Verweisung auf den Rechtsweg gemäß § 25 Abs. 2 VermG hat dann zu erfolgen, wenn sich die betroffenen Grundstückseigentümer nicht über den strittigen Grenzverlauf in der Grenzverhandlung (§ 25 Abs. 1 VermG) einigen konnten und in dieser Rechtssache noch kein gerichtliches Verfahren anhängig ist (vgl. VwGH 12.8.2014, 2011/06/0121). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch schon klargestellt, dass keine im Verwaltungsverfahren tragfähigen Grundlagen für den Grenzverlauf auch keine „Behelfe“ im Sinne des § 25 Abs. 2 VermG sind (vgl. VwGH 8.6.2011, 2011/06/0052). Welche vorgetragenen Behauptungen zum strittigen Grenzverlauf (iSd § 25 Abs. 2 letzter Satz VermG) plausibler sind (vgl. auch dazu VwGH 12.8.2014, 2011/06/0121), ist eine Frage des Einzelfalls. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn die im Einzelfall erfolgte Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. iSd zur Frage, ob ein bestimmtes Parteivorbringen als Einwendung im Rechtssinne verstanden werden kann, etwa VwGH 10.7.2024, Ra 2024/06/0100, mwN).
8 Derartiges legen die revisionswerbenden Parteien in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht dar. So treten sie der Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, wonach sich aus dem betreffenden Schriftverkehr mit Dipl. Ing. S. kein konkreter (planbasierter) Grenzverlauf ergebe und dieser schon deshalb kein Behelf im Sinn der VermV 2016 sein könne, nicht entgegen; ausgehend davon kommt es aber auf die Frage, ob es sich bei diesem Schriftverkehr um ein außergerichtliches Anerkenntnis handelt und ob allenfalls ein Anerkenntnis einen Behelf im Sinn der VermV 2016 darstellen könne, nicht mehr an. Auch der Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, wonach vor dem Jahr 1973 datierte Pläne deshalb nicht beachtlich seien, weil sie durch die Feldskizze des genannten agrarbehördlichen Zusammenlegungsverfahrens, die die Grundlage für die Eintragung in die Katastralmappe gebildet habe, abgeändert worden seien, treten die revisionswerbenden Parteien in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht entgegen. Vor diesem Hintergrund ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass keine anderen (der Katastralmappe widersprechenden) Behelfe zur Bestimmung des Grenzverlaufes gemäß § 25 Abs. 2 VermG vorgelegen haben, wodurch dem darauf aufbauenden Zulässigkeitsvorbringen der Boden entzogen ist.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 9. Oktober 2024