JudikaturVwGH

Fr 2024/05/0007 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
29. April 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr. in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Tichy, über den Fristsetzungsantrag 1. der S M und 2. des R M, beide in S und beide vertreten durch Dr. Ralph Trischler, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Puchsbaumplatz 2/5+6, gegen das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich in einer Bauangelegenheit den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Fristsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

1 Am 16. Dezember 2024 langte beim Verwaltungsgerichtshof der mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes vom 11. Dezember 2024 vorgelegte Fristsetzungsantrag der Antragsteller vom 9. Dezember 2024 ein.

2 Im Fristsetzungsantrag wird ausgeführt, die Antragsteller hätten am 11. Mai 2023 einen Antrag an die Baubehörde erster Instanz gerichtet, welcher inhaltlich darauf abgezielt habe, die Behörde möge bescheidmäßig hinsichtlich einer allfällig erteilten Baubewilligung betreffend einen Stiegenabgang auf dem im Ansuchen erwähnten Grundstück absprechen und Einsicht in diese Bewilligung gewähren. Über die Anträge sei von der Behörde niemals abgesprochen worden. Eine an die Baubehörde erster Instanz gerichtete „Säumnisbeschwerde“ vom 23. Jänner 2024 sei ebenfalls ohne Erfolg geblieben. Die Antragsteller hätten daraufhin am 21. Mai 2024 Säumnisbeschwerde an das Verwaltungsgericht erhoben. Diese sei laut Verständigung des Verwaltungsgerichtes zuständigkeitshalber an die Marktgemeinde S weitergeleitet worden. Weder die Baubehörde noch das Verwaltungsgericht habe bislang eine Entscheidung erlassen.

3 Mit verfahrensleitender Anordnung vom 21. Jänner 2025 wurde dem Verwaltungsgericht gemäß § 38 Abs. 4 VwGG aufgetragen, binnen sechs Wochen die Entscheidung zu erlassen und eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie derselben sowie eine Kopie des Nachweises der Zustellung derselben an die Antragsteller dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt.

4 Das Verwaltungsgericht teilte mit Schreiben vom 3. März 2025 mit, dass die Säumnisbeschwerde vom 21. Mai 2024 von den Antragstellern unmittelbar beim Verwaltungsgericht eingebracht worden und vom Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 23. Mai 2024 zuständigkeitshalber an die Verwaltungsbehörde weitergeleitet worden sei. Hierüber seien die Antragsteller informiert worden. Die Säumnisbeschwerde sei nach Ablauf der Frist des § 16 Abs. 1 VwGVG weder von den Antragstellern beim Verwaltungsgericht eingebracht noch von der Behörde vorgelegt worden. Erst mit Schriftsatz vom 26. Februar 2025 sei die Säumnisbeschwerde von der belangten Behörde dem Verwaltungsgericht vorgelegt worden. Die Entscheidungsfrist des Verwaltungsgerichtes habe daher erst mit 26. Februar 2025 zu laufen begonnen. Das Verwaltungsgericht habe mit dem der Stellungnahme angeschlossenen Beschluss vom 28. Februar 2025 die Säumnisbeschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

5 Im Rahmen des den Antragstellern mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. März 2025 zu diesen Umständen eingeräumten Parteiengehörs gaben die Antragsteller innerhalb der gesetzten Frist keine Stellungnahme ab.

6 Gemäß § 38 Abs. 1 VwGG kann ein Fristsetzungsantrag erst gestellt werden, wenn das Verwaltungsgericht die Rechtssache nicht binnen sechs Monaten, wenn aber durch Bundes- oder Landesgesetz eine kürzere oder längere Frist bestimmt ist, nicht binnen dieser entschieden hat.

7 Die Zulässigkeit eines Fristsetzungsantrages setzt die Säumnis des Verwaltungsgerichtes voraus, dessen Entscheidungspflicht geltend gemacht wird, und somit die Verpflichtung dieses Verwaltungsgerichtes, über den bei ihm eingebrachten Antrag mit Erkenntnis oder Beschluss zu entscheiden. Fehlt es an der Säumnis des Verwaltungsgerichtes, so ist der Fristsetzungsantrag zurückzuweisen (vgl. zur gleichgelagerten Systematik der Säumnisbeschwerde VwGH 31.1.2024, Ko 2023/03/0004).

8 Ist der Fristsetzungsantrag mangels Ablaufs der Entscheidungsfrist im Zeitpunkt der Vorlage von vornherein unzulässig, ist er gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 38 Abs. 4 erster Satz VwGG mangels Berechtigung zu seiner Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (vgl. VwGH 27.8.2015, Fr 2015/11/0008; 4.10.2016, Fr 2016/11/0014). Dass das Verwaltungsgericht den Fristsetzungsantrag nicht schon selbst gemäß § 30a Abs. 8 iVm Abs. 1 VwGG zurückgewiesen hat, steht einer Zurückweisung durch den Verwaltungsgerichtshof, der gemäß § 32 VwGG seine Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen hat, nicht entgegen (vgl. wiederum VwGH 27.8.2015, Fr 2015/11/0008).

9 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGVG ist das Verwaltungsgericht soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist verpflichtet, über verfahrenseinleitende Anträge von Parteien und Beschwerden ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen zu entscheiden. Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B VG beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Einlangen der vorgelegten Beschwerde und in den Fällen des § 28 Abs. 7 VwGVG mit Ablauf der vom Verwaltungsgericht gesetzten Frist.

10 Fallbezogen begehrten die Antragsteller die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes über eine Säumnisbeschwerde vom 21. Mai 2024 in einer baurechtlichen Angelegenheit. Die ursprünglich unmittelbar beim Verwaltungsgericht eingebrachte und von diesem an die Verwaltungsbehörde als Einbringungsstelle (§ 12 VwGVG) weitergeleitete Säumnisbeschwerde wurde dem Verwaltungsgericht von der Behörde nach Ablauf der Frist des § 16 Abs. 1 VwGVG erst mit Schriftsatz vom 26. Februar 2025 vorgelegt. Die Entscheidungsfrist des Verwaltungsgerichtes hat daher erst am 26. Februar 2025 zu laufen begonnen. Zum Zeitpunkt des Einlangens des gegenständlichen Fristsetzungsantrages beim Verwaltungsgericht (vgl. zu dem für die Prüfung der Zulässigkeit des Fristsetzungsantrages allein maßgeblichen Zeitpunkt des Einlangens beim zuständigen Verwaltungsgericht etwa VwGH 10.9.2014, Fr 2014/20/0022; 15.3.2016, Fr 2016/01/0005) lag daher noch gar keine Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichtes über diese Säumnisbeschwerde vor, weshalb sich der Fristsetzungsantrag als unzulässig erweist.

11 Der Fristsetzungsantrag war aus diesen Erwägungen gemäß § 38 Abs. 4 iVm § 34 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 29. April 2025

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