JudikaturVwGH

Ra 2024/04/0411 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
08. Oktober 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision der P GmbH in S, vertreten durch die Haas Anwaltsgesellschaft mbH in 4060 Leonding, Gerstmayrstraße 40, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 18. Juni 2024, Zl. LVwG-851954/7/Wg, betreffend Entziehung der Gewerberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Urfahr Umgebung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 1. Die Revisionswerberin übt an einem bestimmten Standort das Gewerbe mit dem Wortlaut „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten und zwar auf Innen- und Außenputz" aus.

2 Das Landesgericht Linz verhängte mit Urteil vom 29. September 2023 über den Geschäftsführer A.P. der Revisionswerberin wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 2 StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, wobei die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Im Schuldspruch stellte das Landesgericht im Wesentlichen fest, dass A.P. als Geschäftsführer der Revisionswerberin versucht habe, einen Richter in einem zivilrechtlichen Verfahren durch wahrheitswidrige Angaben zu täuschen, um die Revisionswerberin unrechtmäßig zu bereichern.

3 Die belangte Behörde teilte der Revisionswerberin mit Schreiben vom 4. Dezember 2023 mit, dass diese Verurteilung einen Ausschlussgrund nach § 13 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) darstelle. Da A.P. auch vertretungsbefugtes Organ sei, setzte die belangte Behörde der Revisionswerberin in diesem Schreiben gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 eine Frist bis 10. Jänner 2024 für dessen Ausscheiden als vertretungsbefugtes Organ bzw. aus der Funktion einer Person mit maßgeblichem Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte der Revisionswerberin.

4 Die belangte Behörde entzog gemäß § 91 Abs. 2, § 13, § 87 und § 361 GewO 1994 die Gewerbeberechtigung „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten und zwar auf Innen- und Außenputz", da die Revisionswerberin dem erteilten Auftrag nicht nachgekommen war.

5 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der belangten Behörde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

6 In der Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die belangte Behörde sei an rechtskräftige Bestrafungen insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgt sei, feststehe. Die rechtskräftige, nicht getilgte Verurteilung durch das Landesgericht Linz zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten stelle einen Ausschlussgrund nach § 13 Abs. 1 GewO 1994 dar. Da sich die im bekämpften Bescheid angenommene tatbestandsmäßige Befürchtung weiteren Fehlverhaltens im beschriebenen Zusammenhang schon aus der Art der der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegenden Straftat ergebe, sei entgegen dem in der Beschwerde gestellten Antrag kein psychologisches Gutachten einzuholen. Da nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten sei, habe die belangte Behörde zu Recht gemäß § 87 Abs. 1 Z 1 iVm. § 91 Abs. 2 GewO der Revisionswerberin den Auftrag erteilt, den handelsrechtlichen Geschäftsführer zu entfernen. Eine Frist von vier Wochen sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht in jedem Fall zu knapp bemessen, um die Abberufung eines GmbH Geschäftsführers durchzuführen. Fallbezogen sei die Frist bis 10. Jänner 2024 nicht zu beanstanden.

7 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision.

8 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 4.1. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung abgewichen, nach der es dann keiner Einholung eines psychologischen Gutachtens bedürfe, wenn sich die tatbestandsmäßige Befürchtung im Sinn des § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 bereits in der Art der der strafgerichtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Straftaten (schwerer Einbruchsdiebstahl und Unterschlagung) manifestiere (Hinweis auf VwGH 9.9.2015, Ro 2014/04/0012). Die gegenständliche Verurteilung sei aber nicht „anhand eines derartigen Deliktes gefällt“ worden.

12 Die Revision vermeint offenbar, dass die von ihr ins Treffen geführte Judikatur dahingehend zu verstehen sei, dass es sich um die in der Klammer angeführten Delikte handeln müsse, wenn das Verwaltungsgericht von der Einholung eines Gutachtens absehe. Damit missinterpretiert die Revision das von ihr angeführte Judikat, weil mit dem dortigen Klammerausdruck lediglich auf die dort fallbezogenen Umstände verwiesen und keine generelle Aussage darüber getroffen wird, welche Straftaten solche sind, die im Sinne des Rechtssatzes aufgrund ihrer Art die Annahme der Befürchtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 rechtfertigen. Im Gegenteil ist diese Beurteilung jeweils im Einzelfall ausgehend von der jeweiligen Straftat und den Tatumständen zu treffen. Die vorgebrachte Abweichung von der Rechtsprechung liegt daher nicht vor. Dass das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall diese Beurteilung unrichtig vorgenommen hätte, woraus sich der vorgebrachte Verfahrensmangel ableiten ließe, legt die Revision nicht dar.

13 4.2. Nach der hg. Rechtsprechung ist von der Entziehung der Gewerbeberechtigung nur dann Abstand zu nehmen, wenn die Befürchtung der Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei der Ausübung des Gewerbes gar nicht besteht. Es ist im Ergebnis angesichts des durch die Tathandlungen (u.a. zum Nachteil eines Geschäftspartners) gezeigten Persönlichkeitsbildes des Revisionswerbers nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht das Vorliegen dieser Voraussetzung verneint und somit die Befürchtung der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei Ausübung des Gewerbes bejaht hat.

14 Insofern die Revision vorbringt, das Verwaltungsgericht habe das Persönlichkeitsbild unrichtig beurteilt, bzw. die Frist zur Entfernung des Geschäftsführers sei angesichts der Feiertage zu knapp bemessen gewesen, zeigt sie damit lediglich fallbezogene Umstände auf, deren Beurteilung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.

15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 8. Oktober 2024

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