Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätin Mag. Hainz Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision 1. des Ing. W S und 2. der B S, beide in U, beide vertreten durch Dr. Gerhard Richter und Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Bürgergasse 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 19. Juni 2024, LVwG 43.19 7159/2022 122, betreffend ein gewerberechtliches Betriebsanlagengenehmigungsverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung; mitbeteiligte Parteien: 1. L GmbH und 2. S GmbH beide in U und 3. L S GmbH in P, alle vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 1. Mit Bescheid vom 23. August 2022 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung (belangte Behörde) der erstmitbeteiligten Partei über deren Ansuchen die gewerberechtliche Genehmigung für die Änderung einer bestimmt bezeichneten Speditionsbetriebsanlage durch die Errichtung und den Betrieb von zusätzlichen baulichen Anlagen und Verkehrsflächen sowie die Erhöhung der Anzahl der Fahrbewegungen und Ausweitung der Betriebszeiten unter gleichzeitiger Vorschreibung von Auflagen (Spruchpunkt I des bekämpften Bescheides).
2 Mit Spruchpunkt II dieses Bescheids wurden Ausnahmegenehmigungen nach dem Arbeitnehmerinnenschutzgesetz erteilt. Mit Spruchpunkt III wurden Einwendungen ua. der nunmehrigen Revisionswerber betreffend unzumutbare bzw. gesundheitsgefährdende Beeinträchtigungen durch Lärm und Luftschadstoffe gemäß § 74 Abs. 2 iVm §§ 75 und 77 Abs. 3 Gewerbeordnung abgewiesen und alle weiteren Einwendungen zurückgewiesen.
3 Gegen diesen Bescheid erhoben die revisionswerbenden Parteien Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht).
4 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 19. Juni 2024 wies das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung die Beschwerde gegen Spruchpunkt I und III des Bescheides mit Maßgabe einer Projekteinschränkung sowie unter Vorschreibung von Auflagen als unbegründet ab; die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des Bescheides wies das Verwaltungsgericht zurück. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
5 2.1. Soweit im Revisionsverfahren maßgeblich, stellte das Verwaltungsgericht folgenden Sachverhalt fest:
6 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. Oktober 1990 sei der L GmbH und der N GmbH die gewerberechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer näher bestimmten Betriebsanlage erteilt worden. Mit Bescheid vom 9. April 1997 habe die belangte Behörde „nachträglich die gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung“ der Speditionsbetriebsanlage erteilt. Schließlich habe die belangte Behörde mit Bescheid vom 29. Juli 2015 eine weitere Genehmigung zur Änderung der betreffenden Betriebsanlage erteilt. Die gegen diese Entscheidung durch die nunmehrigen revisionswerbenden Parteien erhobene Beschwerde sei mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 15. Juni 2018 mit Maßgabe von Projektkonkretisierungen abgewiesen worden. Über die dagegen erhobene Revision habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. April 2020, Ra 2018/04/0154, 0155, abgesprochen und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben. Begründend habe der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt, die im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen seien „nicht geeignet, die rechtliche Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, die am 29. Oktober 1990 erteilte Grundgenehmigung sei entgegen dem Vorbringen der Revisionswerber nicht erloschen, zu tragen.“
7 Mit Bescheid vom 8. April 1997 habe die belangte Behörde über Antrag der N GmbH die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der Betriebsanlage (Speditionshalle und Bürogebäude) für die Ausübung des Speditionsgewerbes erteilt. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides sei die Betriebsanlage bereits errichtet worden, weshalb die Genehmigung „nachträglich“ erteilt worden sei. Auch die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer erdgasbefeuerten Zentralheizungsanlage mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. Jänner 1998 sei „nachträglich“ erfolgt. Mit Bescheid vom 8. März 2001 beziehungsweise vom 21. März 2008 habe die belangte Behörde die Änderung der Speditionsbetriebsanlage durch Änderung der Halle und Errichtung und Betrieb eines Zubaus einschließlich Änderung der betriebsbedingten Fahrbewegungen genehmigt.
8 Der nunmehr genehmigte Bestand der Betriebsanlage umfasse im Wesentlichen ein Bürogebäude, eine Speditionshalle (Halle 1), eine Halle mit Bürotrakt (Halle 2) sowie eine Abfertigungshalle (Halle 3). Mit diesem Bestand verbunden seien Fahrbewegungen mit 72 Kleintransportern und zehn Lastkraftwagen.
9 Seit Jänner 2020 erfolge der Betrieb durch die erstmitbeteiligte Partei, die auch nach wie vor Teile der Anlage betreibe. Halle 3 und der davor befindliche Freibereich würden von der zweitmitbeteiligten Partei betrieben. Eine länger als fünf Jahre dauernde Betriebsunterbrechung sei nicht erfolgt.
10 Am 5. Juli 2021 habe die drittmitbeteiligte Partei einen Antrag auf Änderung der Betriebsanlage bei der belangten Behörde eingebracht. Die erst und zweitmitbeteiligte Partei seien dem Änderungsgenehmigungsantrag als Mitantragstellerinnen beigetreten. Das zur Genehmigung beantragte Projekt umfasse neben der Änderung der Betriebszeiten auf Montag Sonntag 00:00 Uhr 24:00 Uhr (auch an Feiertagen) und von Teilen der bestehenden Betriebsanlage auch die Errichtung neuer Betriebsanlagenteile (Speditionshalle, Gebindehalle, Tankstelle mit Bürogebäude und unterirdischem Tankbehälter, Park und Manipulationsbereiche) sowie diverser Lärmschutzwände und einer Einfriedung.
11 2.2. Rechtlich führte das Verwaltungsgericht soweit vorliegend relevant aus, dass die mit BGBl. I Nr. 26/2023 erfolgte Änderung von Anhang I Z 19 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP G 2000) gegenständlich gemäß § 46 Abs. 29 Z 4 UVP G 2000 idF BGBl. I Nr. 26/2023 nicht anzuwenden sei, da der zugrundeliegende Antrag im Juli 2021 gestellt worden sei und somit das Änderungsverfahren im Zeitpunkt des Inkrafttretens der maßgebenden Änderung am 23. März 2023 bereits anhängig gewesen sei. Eine UVP Pflicht des Änderungsvorhabens gemäß Anhang I Z 11 UVP G 2000 bestehe nicht, da gegenständlich keine Verknüpfung verschiedener Verkehrsträger erfolge, sondern vielmehr ein „klassischer Lkw Umschlagplatz“ vorliege. Es ergebe sich daher hinsichtlich der gegenständlichen Speditionsbetriebsanlage kein Anknüpfungspunkt für eine UVP Pflicht.
12 Auch liege keine Nichtigkeit des Bescheides der belangten Behörde vom 8. April 1997 vor. Die im Bescheid umfassten Flächen hätten zu diesem Zeitpunkt keiner bereits genehmigten Betriebsanlage angehört, weil der gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 29. Oktober 1990 mangels rechtzeitigen Konsums gemäß § 80 GewO 1994 spätestens im Dezember des Jahres 1995 erloschen sei. Dieses Ergebnis sei durch die inzwischen rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsgerichtes vom 2. November 2020 endgültig. Die geringere Dimensionierung der Halle 1 und die allfällige Nichtausbildung von Mulden sowie ein geringerer Abstand zwischen der Halle und einem Altbestand hinderten jeweils nicht den tatsächlich im Wesen eines Speditionsbetriebes aufgenommenen Betrieb.
13 Es sei daher davon auszugehen, dass der Bescheid vom 8. April 1997 sowie die darauf aufbauenden Änderungsgenehmigungen weder nichtig noch erloschen seien, weshalb die belangte Behörde zu Recht über den Änderungsantrag abgesprochen habe.
14 2.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
15 3. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
18 3.1. Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, die Betriebsanlagengenehmigung vom 8. April 1997 sei nichtig, weil die umfassten Flächen bzw. Anlagen Teil einer damals mit Bescheid vom 29. Oktober 1990 rechtskräftig genehmigten Betriebsanlage gewesen seien. Die Ansicht des Verwaltungsgerichtes, dass der Grundkonsens gemäß Bescheid der belangten Behörde vom 8. April 1997 aufrecht sei, sei verfehlt. Daher könnten weder die nachfolgenden Änderungsgenehmigungen (Bescheide vom 13. Jänner 1998 und 8. März 2001) Rechtsbestand erfahren haben noch aktuell Änderungsgenehmigungsanträge gestellt werden. Zur Frage des „rechtlichen Schicksals eines ohne jede Rechtsgrundlage erlassenen Betriebsanlagengenehmigungsbescheides“ fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
19 Dem ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. April 2020, Ra 2018/04/0154, 0155, ausgesprochen hat, dass der Betrieb auf dem Gelände zu keinem Zeitpunkt konsensgemäß aufgenommen worden ist, weshalb die mit Bescheid vom 29. Oktober 1990 erteilte Grundgenehmigung als erloschen anzusehen ist. Eine von den revisionswerbenden Parteien behauptete kumulative Genehmigung einer Betriebsanlage für ein und denselben betriebsanlagentechnischen Bereich liegt daher nicht vor. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, dass es der gegenständlichen Betriebsanlagengenehmigung (Bescheid der belangten Behörde vom 8. April 1997) an einer tauglichen Rechtsgrundlage mangelt. Vor diesem Hintergrund kommt es auf die von den revisionswerbenden Parteien aufgeworfene Frage des „rechtlichen Schicksals eines ohne jede Rechtsgrundlage erlassenen Betriebsanlagengenehmigungsbescheides“ im vorliegenden Fall nicht an.
20 3.2. Die revisionswerbenden Parteien führen ferner ins Treffen, dass die tatsächliche Ausführung der vorhandenen Speditionshalle nicht dem Bescheid der belangten Behörde vom 8. April 1997 entspreche, weshalb nicht von einer Konsumation der Betriebsanlagengenehmigung auszugehen sei. Der Genehmigungsbescheid sei daher gemäß § 80 GewO 1994 erloschen.
21 Gemäß § 80 Abs. 1 GewO 1994 erlischt die Genehmigung der Betriebsanlage, „wenn der Betrieb der Anlage nicht binnen fünf Jahren nach erteilter Genehmigung in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage aufgenommen oder durch mehr als fünf Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teilen der Anlage unterbrochen wird.“ Das Betreiben wesentlicher Anlagenteile genügt, um den Eintritt der in § 80 Abs. 1 GewO 1994 vorgesehenen Rechtswirkungen auszuschließen. Hiebei ist auf die funktionelle Bedeutung der Anlagenteile abzustellen; die „Anlage“ im Sinne dieser Gesetzesstellen machen jene ihrer Einrichtungen aus, die den Anlagenzweck in entscheidender Weise erfüllen (vgl. zur abgesehen von der Frist gleichlautenden Bestimmung des § 80 Abs. 1 GewO 1973 VwGH 9.10.1981, 2678/78, mwN).
22 Die Revision zeigt mit ihrem Vorbringen betreffend die abweichende Ausführung der Halle allein nicht auf, inwiefern das Verwaltungsgericht mit seiner Beurteilung, dass die Aufnahme des Betriebes gegenständlich tatsächlich erfolgt und somit die Rechtswirkungen des § 80 Abs. 1 GewO 1994 nicht eingetreten seien, von der im Übrigen durch die revisionswerbenden Parteien nicht näher bezeichneten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.
23 4.2. Die Revision bringt weiters vor, das Betriebsanlagenprojekt sei in der projektierten Form in emissionsrelevanten Bereichen undurchführbar bzw. nicht umsetzbar. Hinsichtlich der Frage, ob eine Betriebsanlagengenehmigung zu erteilen sei, wenn zu erkennen sei, dass die im Projekt vorgesehenen Betriebsabläufe und vorgänge undurchführbar seien, fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
24 Gegenstand des behördlichen Verfahrens nach § 77 GewO 1994 ist auch dann, wenn das Projekt im Zeitpunkt der Erlassung des Genehmigungsbescheides bereits in einer vom Projekt abweichenden Weise errichtet worden sein sollte, ausschließlich das eingereichte Projekt (vgl. VwGH 26.5.1998, 98/04/0023). Ob eine Betriebsanlage so wie beantragt auch tatsächlich ausgeführt und betrieben werden kann, ist nicht von der Gewerbebehörde im Genehmigungsverfahren zu beurteilen (vgl. VwGH 1.3.2005, 2002/04/0202). Die Behörde hat vielmehr allein vom beantragten Projekt einschließlich der vom Antragsteller vorgelegten Betriebsbeschreibung auszugehen und darf nicht auf einen allfälligen tatsächlichen Betrieb der Anlage abstellen (VwGH 27.1.2006, 2003/04/0130). Angesichts dieser Rechtsprechung zeigt die Revision mit ihrem Vorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf.
25 Zur Notwendigkeit der behördlichen Überprüfbarkeit eines beantragten Betriebsanlagenprojekts hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Projektbestandteile im Spruch des Bescheides so eindeutig zu bezeichnen sind, dass eine Nachprüfung in Ansehung eines eindeutigen normativen Abspruchs möglich ist (vgl. VwGH 18.10.2012, 2009/04/0313, mwN). Ein Abweichen von dieser Rechtsprechung zeigt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht auf.
26 4.3. Die Revision moniert ferner die Ermittlung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse, die als Ausgangspunkt für die Beurteilung nach § 77 GewO 1994 festzustellen sind. Im Anlassfall würden die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse massiv von betrieblichen Tätigkeiten auf benachbarten Betriebsarealen bestimmt, für die keine behördliche Genehmigung bestehe. In der gegenständlich erfolgten Ermittlung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse seien daher nach Ansicht der revisionswerbenden Parteien vorwiegend „rechtswidrige“ Geräuschquellen erfasst. Zur Frage, ob die konkreten tatsächlichen örtlichen Verhältnisse nur die tatsächlichen „rechtmäßigen“ örtlichen Verhältnisse sein können und dürfen, fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
27 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 28. Mai 1991, 90/04/0320, ausgesprochen, dass durch die in § 77 Abs. 2 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, erfolgte normative Bezugnahme auf die „tatsächlichen örtlichen Verhältnisse“ nach ihrer im Zeitpunkt der Bescheiderlassung zu berücksichtigenden Lage keine Einschränkung dahin erfolgt ist, dass unabhängig von den tatsächlichen sachverhaltsmäßigen Gegebenheiten etwa schlechthin nur auf behördlich genehmigte Vorgangsweisen bzw. Abläufe abzustellen wäre (vgl. auch VwGH 28.1.1993, 92/04/0197). Die Rechtsprechung trägt damit der mit der Gewerberechtsnovelle 1988 vorgenommenen legistischen Anpassung Rechnung, durch die in § 77 Abs. 2 GewO 1973 (entspricht der hier maßgebenden Rechtslage des § 77 Abs. 2 GewO 1994 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010) das Adjektiv „tatsächlichen“ eingefügt wurde. § 77 Abs. 2 GewO 1994 stellt als Beurteilungsmaßstab somit allein auf die durch die Betriebsanlage möglicherweise eintretenden Veränderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse ab.
28 Ausgehend davon vermag die Revision mit ihrem Vorbringen nicht aufzuzeigen, dass es in Zusammenhang mit § 77 Abs. 2 GewO 1994 und der hier relevierten Frage der Beurteilung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse noch einer weiteren Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof bedürfte.
29 4.4. Die revisionswerbenden Parteien bringen schließlich vor, das hier gegenständliche Projekt sei eine Anlage gemäß Anhang 1 Z 11 UVP G 2000. Die belangte Behörde sei daher für die Durchführung des Verfahrens unzuständig. Es komme nach Ansicht der revisionswerbenden Parteien bei der Beurteilung, ob eine Anlage eine solche gemäß Anhang 1 Z 11 UVP G 2000 sei, nicht darauf an, ob verschiedene Verkehrsträger miteinander verknüpft oder ähnliche Verkehrsträger eingesetzt würden. Zur Einordnung des gegenständlichen Projekts fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
30 Durch Anhang I Z 11 UVP G 2000 (Verschubbahnhöfe, Frachtenbahnhöfe, Güterterminals und Güterverkehrszentren mit näher beschriebener Flächeninanspruchnahme) wurde Anhang II Z 10 lit. c der Richtlinie 2011/92/EU (UVP RL) umgesetzt. Dabei handelt es sich um verschiedene, teilweise multifunktionale Einrichtungen des Güterumschlags zwischen Schiene, Straße oder Hafen samt ihren Neben und Hilfseinrichtungen (vgl. IA 168/A BlgNR 21. GP 36). Gemäß Anhang II Z 10 lit. c UVP RL sind dabei nur „intermodale“ Umschlaganlagen erfasst, also Umschlaganlagen für Ladeeinheiten zwischen verschiedenen Verkehrsträgern. Die Revision zeigt nicht auf, dass die Begründung der angefochtenen Entscheidung mit dieser Auslegung im Ergebnis nicht im Einklang stehe (vgl. in diesem Sinne VwGH 27.9.2022, Ra 2020/04/0017, 0018, Pkt. 6.4.).
31 4.5. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 19. Mai 2025