Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, in der Rechtssache der Revision des A A, vertreten durch die KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Fleischmarkt 1/3. Stock, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. September 2023, W153 2266258 1/8E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der (im Jahr 1998 geborene) Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Syrien, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 25. Dezember 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 12. Dezember 2022 hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab. Es erkannte dem Revisionswerber jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte mit der Gültigkeit für die Dauer eines Jahres.
3 Die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit Erkenntnis vom 25. September 2023 als unbegründet abgewiesen. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 26. Februar 2024, E 3493/2023 18, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, dass sich das Bundesverwaltungsgericht nicht damit auseinandergesetzt habe, ob er seine Herkunftsregion erreichen könne, ohne dass ihm schon bei Grenzübertritt oder am Weg dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung drohe.
9 Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (vgl. VwGH 28.2.2024, Ra 2023/20/0619, mwN).
10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes die Gewährung von Asyl rechtfertigen (vgl. erneut VwGH Ra 2023/20/0619, mwN). Wie der Verwaltungsgerichtshof zur möglichen Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung näher ausgeführt hat, kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen wie etwa der Anwendung von Folter jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine „bloße“ Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (vgl. auch dazu VwGH Ra 2023/20/0619, mwN).
11 Fehlt ein kausaler Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen, kommt die Asylgewährung nicht in Betracht (vgl. VwGH 26.7.2022, Ra 2022/20/0023, mwN).
12 Das Bundesverwaltungsgericht ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass der Revisionswerber in seinem Herkunftsstaat eine auf in der GFK genannte Gründe zurückzuführende Verfolgung nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu gewärtigen habe. Dabei nahm es sowohl auf die Feststellungen zur Situation in Syrien als auch auf die individuelle Situation des Revisionswerbers Bedacht.
13 Dass die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts mit vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Fehlern behaftet wäre, wird in der Revision nicht aufgezeigt. Der Verwaltungsgerichthof hat in seinem Erkenntnis vom 28. Februar 2024, Ra 2023/20/0619 (mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung), festgehalten, dass sich aus den auch hier maßgeblichen Länderberichten ein differenziertes Bild der Haltung des syrischen Regimes gegenüber Wehrdienstverweigerern ergibt und aus dieser Berichtslage nicht mit der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit abgeleitet werden kann, dass jedem den Militärdienst verweigernden Syrer eine oppositionelle Haltung unterstellt werde. Nach dieser Berichtslage lässt sich gerade kein Automatismus dahingehend annehmen, dass jedem im Ausland lebenden Syrer, der seinen Wehrdienst nicht abgeleistet habe, im Herkunftsstaat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werde und deswegen eine unverhältnismäßige Bestrafung drohe. Nichts anderes gilt für die Frage, ob ein den Militärdienst ableistender syrischer Staatsangehöriger sich dazu gezwungen sähe, zu Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen beizutragen (vgl. dem folgend etwa VwGH 28.2.2024, Ra 2023/20/0559; 28.2.2024, 2023/20/0319; 12.3.2024, Ra 2024/20/0130; 14.3.2024, Ra 2024/14/0118; 26.3.2024, Ra 2024/20/0003; 10.4.2024, Ra 2024/19/0134; 24.4.2024, Ra 2024/20/0141).
14 Damit ist aber dem auf der eigenen Prämisse des (bloß behaupteten) Vorliegens eines Verfolgungsgrundes im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK aufbauenden übrigen Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision der Boden entzogen.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 7. Mai 2024