Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision der S GmbH Co KG in W, vertreten durch Mag. Christian Puck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dorotheergasse 7, gegen die Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichts vom 11. April 2023, 1. RV/7102460/2022 und 2. RV/7102461/2022, jeweils betreffend Grunderwerbsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerden der Revisionswerberin gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich, jeweils vom 10. Dezember 2021, mit denen Grunderwerbsteuer für den Erwerb eines Grundstücks aufgrund eines Sacheinlagevertrags festgesetzt worden war, gemäß § 279 BAO als unbegründet ab und sprach jeweils aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
2 Das Bundesfinanzgericht führte im Wesentlichen aus, die S1 GmbH und die S2 GmbH hätten mit einem Sacheinlagevertrag Anteile an einem näher genannten Grundstück in die Revisionswerberin eingebracht. Im in der angefochtenen Entscheidung auszugsweise wiedergegebenen und durch einen Nachtrag präzisierten Sacheinlagevertrag sei u.a. festgehalten worden, dass die Revisionswerberin alle Verbindlichkeiten der einbringenden Gesellschaften, die den im Grundbuch eingetragenen, auf dem erworbenen Grundstück lastenden Pfandrechten zugrunde gelegen seien, übernehme.
3 Abweichend von den eingereichten elektronischen Abgabenerklärungen sei nicht der Grundstückswert des erworbenen Grundstücks als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer heranzuziehen, sondern die von den einbringenden Gesellschaften übernommenen Verbindlichkeiten (als Gegenleistung) in der jeweils vom Finanzamt festgestellten Höhe. Eine begünstigte Besteuerung gemäß § 4 Abs. 1 zweiter Satz iVm § 7 Abs. 1 Z 2 lit. c GrEStG habe nicht zu erfolgen, weil die Sacheinlage einer Liegenschaft keine Einbringung eines Betriebes oder Teilbetriebes iSd Artikel III des Umgründungssteuergesetzes (UmgrStG) sei. Der gegenständliche Vorgang falle nicht in den Anwendungsbereich des UmgrStG.
4 Die gegen diese Erkenntnisse erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten der Verfahren dem Verwaltungsgerichtshof vor.
5 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); das Finanzamt Österreich erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die kostenpflichtige Zurückweisung in eventu die Abweisung der Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, die angefochtenen Entscheidungen wichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil das Bundesfinanzgericht die jeweils gesamten von der Revisionswerberin von ihren eigenen vermögensbeteiligten Gesellschafterinnen übernommenen Verbindlichkeiten als Gegenleistung für die Bemessung der Grunderwerbsteuer heranziehe. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (etwa das Erkenntnis vom 28. Juni 2007, 2007/16/0028) würde hingegen nur die Übernahme solcher Schulden zur Gegenleistung gehören, die sich im Vermögen des Verkäufers zu dessen Gunsten auswirkten. Die einbringenden Gesellschaften seien aber mangels Haftungsbefreiung gar nicht entlastet und zudem im jeweiligen Umfang ihrer Beteiligung an der Revisionswerberin weiterhin Trägerinnen ihre jeweiligen Schulden.
10 Es liege auch eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, wonach eine als Gegenleistung anzusehende Schuldübernahme nur dann vorliege, wenn es sich um eine privative (befreiende) Schuldübernahme handle oder wenn sich der Erwerber verpflichte, den Veräußerer schad und klaglos zu halten. Eine privative Schuldübernahme bedürfe aber der Einwilligung des Gläubigers. Das Bundesfinanzgericht habe aber nicht festgestellt, dass im Sacheinlagevertrag eine Schad und Klagloserklärung enthalten oder eine Haftungsentlassung seitens der Gläubiger erfolgt sei.
11 Zudem fehle eine Rechtsprechung zur Rechtsfrage, inwieweit Schulden, die eine Mitunternehmerschaft bzw. eine Personengesellschaft im Zuge einer Liegenschaftsübertragung von einem eigenen Mitunternehmer bzw. vermögensbeteiligten Gesellschafter übernehme, die diesen aufgrund seiner Vermögensbeteiligung wirtschaftlich aber zumindest weiterhin treffen würden, als Gegenleistung anzusehen seien.
12 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einer Gegenleistung iSd § 5 GrEStG jede geldwerte entgeltliche Leistung zu verstehen, die für den Erwerb des Grundstückes zu zahlen bzw. zu entrichten ist (vgl. etwa VwGH 13.12.2023, Ro 2021/16/0015, mwN). Zur Gegenleistung gehört also auch die Übernahme von Schulden durch den Erwerber, die sich im Vermögen des bisherigen Eigentümers zu dessen Gunsten auswirkt (vgl. etwa VwGH 11.9.2014, 2012/16/0108, mwN). Pfandrechtlich auf dem erworbenen Grundstück sichergestellte Forderungen werden nach der Rechtsprechung in die Gegenleistung einbezogen, wenn sich der Erwerber der Liegenschaft vertraglich verpflichtet hat, den bisherigen Eigentümer bezüglich der hypothekarisch sichergestellten Verpflichtungen schad und klaglos zu halten, wobei das zwischen den Vertragsteilen bestehende Innenverhältnis maßgebend ist (vgl. erneut VwGH 11.9.2014, 2012/16/0108, mwN).
13 Im vorliegenden Revisionsfall hat die Revisionswerberin nach dem festgestellten Inhalt des Sacheinlagevertrags alle auf dem erworbenen Grundstück pfandrechtlich besicherten Verbindlichkeiten (der beiden einbringenden Gesellschaften) übernommen. Die weitere im Widerspruch dazu stehende Vertragsklausel, wonach dem erworbenen Grundstück keine zinstragenden Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten zugeordnet seien und daher jede über die reine Sachhaftung aufgrund der eingetragenen Pfandrechte hinausgehende Haftung der Revisionswerberin (für die pfandrechtlich besicherten Forderungen) gänzlich ausgeschlossen sei, wurde mit einem Nachtrag zum Sacheinlagevertrag ersatzlos gestrichen.
14 Die Revisionswerberin behauptet nicht, die pfandrechtlich besicherten Verbindlichkeiten abweichend vom insoweit klaren Wortlaut des Sacheinlagevertrags nicht übernommen zu haben. Ebenso wenig behauptet sie, diese Vertragsklausel würde nicht dem Parteiwillen entsprechen. Sie bringt ausschließlich vor, es sei weder eine Haftungsbefreiung bzw. eine Haftungsentlassung der einlegenden Gesellschaften erfolgt, noch eine Schad und Klagloshaltungserklärung abgegeben worden.
15 Entgegen der offenkundigen Rechtsansicht der Revisionswerberin ist allerdings nicht nur eine „echte“ (privative) Schuldübernahme gemäß § 1405 (iVm § 1408) ABGB als Gegenleistung gemäß § 5 GrEStG zu berücksichtigen, sondern auch eine nur im Innenverhältnis wirkende (vgl. Haglmüller in Rummel/Lukas/Geroldinger , ABGB 4 § 1404 Rz 2 ff und 10) - Erfüllungsübernahme gemäß § 1404 ABGB, was sich im Übrigen gerade auch aus der von der Revisionswerberin angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt (vgl. dazu schon VwGH 21.11.1985, 84/16/0093, noch zum GrEStG 1955; 28.6.2007, 2007/16/0028). Im vorliegenden Revisionsfall kann somit die Art der vereinbarten Schuldübernahme (dass eine solche dem Grunde nach vorliegt, ist wie ausgeführt nicht strittig) wobei es auf die genaue Formulierung im jeweiligen Vertrag nicht ankommt (vgl. bereits VwGH 12.5.1978, 1250/77, zu fehlender „klag und schadlos“ Klausel) für die grunderwerbsteuerliche Beurteilung dahingestellt bleiben, weil jedenfalls eine Gegenleistung iSd § 5 GrEStG vorliegt.
16 Dem Zulässigkeitsvorbringen, wonach aufgrund der Vermögensbeteiligung der einlegenden Gesellschaften an der Revisionswerberin die Schuldübernahme nicht als Gegenleistung anzusehen sei (weil die beiden Gesellschaften die betreffenden Verbindlichkeiten wirtschaftlich weiterhin tragen würden), kann schließlich entgegengehalten werden, dass es sich bei der Revisionswerberin um eine Kommanditgesellschaft handelt, die rechtsfähig ist (§ 161 Abs. 2 iVm § 105 UGB) und damit die Fähigkeit hat, Trägerin von Rechten und Pflichten zu sein. Dementsprechend kann sie die in § 1 GrEStG geregelten Erwerbstatbestände verwirklichen und für den Erwerb von Grundstücken Gegenleistungen, etwa durch Übernahme von Verbindlichkeiten, gewähren. Auch von den eigenen Gesellschaftern übernommene Verbindlichkeiten wirken sich sowohl im Vermögen der Kommanditgesellschaft als auch im Vermögen der Gesellschafter unmittelbar aus. Eine „transparente“ Behandlung solcher Vorgänge für Zwecke der Grunderwerbsteuer wie sie der Revisionswerberin, offenbar angelehnt an die ertragsteuerliche Systematik (was sich nicht zuletzt an der wiederholten Verwendung des Begriffes der „Mitunternehmerschaft“ zeigt), vorschwebt scheidet daher aus (siehe zur Rechtsnatur der eingetragenen Personengesellschaften im grunderwerbsteuerlichen Kontext ausführlich VwGH 4.5.2023, Ro 2020/16/0013, mwN).
17 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
18 Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 23. April 2025