Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Rieder, über die außerordentliche Revision des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 9. Oktober 2023, LVwG 2023/45/2031 8, betreffend Vergütung für Verdienstentgang nach § 32 Epidemiegesetz 1950 (mitbeteiligte Partei: A in B), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Antrag vom 14. Februar 2021 begehrte die mitbeteiligte Partei nach § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) 1.687,28 Euro an Vergütung für den Verdienstentgang, der ihr durch die Absonderung ihrer Dienstnehmerin für den Zeitraum von 15 Kalendertagen (2. Jänner bis 16. Jänner 2021) entstanden sei.
2 Diesem Antrag gab die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde und nun revisionswerbende Partei mit Bescheid vom 12. Juni 2023 insofern statt, als sie der mitbeteiligten Partei infolge Absonderung ihrer Dienstnehmerin von 12. Jänner bis 16. Jänner 2021 eine Vergütung für den Verdienstentgang gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 iVm § 7 EpiG in der Höhe von 562,43 Euro zusprach. Das Mehrbegehren wies sie mit der Begründung ab, dass für den übrigen Zeitraum keine von der Behörde verfügte Absonderung der Dienstnehmerin vorgelegen sei.
3 Der gegen den abweisenden Teil des Bescheids erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Partei gab das Landesverwaltungsgericht Tirol mit dem angefochtenen Erkenntnis insoweit Folge, als es einen weiteren Betrag von 224,98 Euro zusprach. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen. Dies begründete das Verwaltungsgericht zusammengefasst damit, dass die Dienstnehmerin gemäß § 46 EpiG mittels telefonischem Bescheid vom 2. Jänner 2021 als Kategorie I Kontaktperson abgesondert worden sei. Entsprechend § 46 Abs. 2 EpiG habe die Absonderung aufgrund des telefonischen Bescheids jedoch mangels Erlassung eines (schriftlichen) Bescheids über die Absonderung gemäß § 7 EpiG ex lege nach 48 Stunden geendet. Auch für diesen Zeitraum sei daher eine Entschädigung zuzusprechen. Das Mehrbegehren sei jedoch abzuweisen gewesen, weil es an der dafür erforderlichen behördlich-hoheitlichen Absonderungsanordnung fehle.
Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
4 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Die revisionswerbende Partei wendet sich in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision ausschließlich gegen die Beweiswürdigung, die sie im Wesentlichen für mangelhaft, unschlüssig und unvollständig hält.
7 Dazu ist vorweg festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick darauf, dass sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren soll als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Die Beweiswürdigung ist einer Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nur insofern zugänglich, als es (insbesondere) um die Frage geht, ob die vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wäre nur dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht die Würdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte. Dafür reicht es nicht aus aufzuzeigen, dass aufgrund der Beweisergebnisse auch ein anderes (gegenteiliges) Ergebnis begründbar gewesen wäre (siehe zum Ganzen VwGH 7.4.2020, Ra 2020/09/0010; 13.12.2016, Ra 2016/09/0104, u.a., mwN).
8 Dass im vorliegenden Fall ein derart krasser Fehler bei der Beweiswürdigung unterlaufen wäre, wird in der Revision nicht aufgezeigt und ist im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht nach Durchführung der Beweisaufnahme in einer mündlichen Verhandlung getroffenen beweiswürdigenden Darlegungen im angefochtenen Erkenntnis nicht zu erkennen.
9 Entgegen dem Revisionsvorbringen legte das Verwaltungsgericht ausreichend dar, weshalb es den Aussagen der Dienstnehmerin und ihres Sohnes folgte. Es stellte auch die entgegenstehenden Beweisergebnisse einander gegenüber und legte sie seiner Würdigung zugrunde. Demgegenüber führt die revisionswerbende Partei nicht näher aus, inwiefern die genannten Aussagen widersprüchlich und vage gewesen wären und aufgrund welcher konkreten Beweisergebnisse welche anderslautenden Feststellungen zu treffen gewesen wären. Wenn in diesem Zusammenhang das Fehlen beweiswürdigender Ausführungen zur Aussage des Zeugen der belangten Behörde beanstandet wird, ist vorweg darauf hinzuweisen, dass dieser nach seiner Angabe „nur das wiedergeben [konnte], was sich in der Aktenlage findet“. Vor allem aber wird auch insoweit die Relevanz des darin erblickten Mangels nicht dargelegt.
10 Der Verwaltungsgerichtshof ist jedoch nicht berechtigt einer Beweiswürdigung, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, mit der Begründung entgegenzutreten, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 28.11.2022, Ra 2022/09/0051, mwN).
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 25. Jänner 2024