Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch die Denkmair Hutterer Hüttner Waldl Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Blumauerstraße 3 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 29. August 2022, KLVwG 698/14/2022, betreffend Übertretung des COVID 19 Maßnahmengesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hermagor), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen, in Bestätigung eines Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Hermagor vom 24. Februar 2022 ergangenen Erkenntnis legte das Landesverwaltungsgericht Kärnten (Verwaltungsgericht) dem Revisionswerber zur Last, er habe als Inhaber des Beherbergungsbetriebes X Y Z Apartments in C zu verantworten, dass er nicht dafür Sorge getragen habe, dass diese Betriebsstätte, deren Betreten untersagt gewesen sei, nicht betreten werde. Von 13. Februar bis 20. Februar 2021 seien 19 tschechische Urlauber im Beherbergungsbetrieb untergebracht gewesen, ohne dass ein Ausnahmegrund vorgelegen wäre.
2 Der Revisionswerber habe dadurch die §§ 8 Abs. 3, 3 Abs. 1 COVID 19 Maßnahmengesetz (COVID 19 MG) in Verbindung mit § 8 Abs. 1 4. COVID 19 Schutzmaßnahmenverordnung (4. COVID 19 SchuMaV) verletzt, weshalb über ihn gemäß § 8 Abs. 3 COVID 19 MG eine Geldstrafe in Höhe von € 4.000, (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Tage) verhängt wurde. Unter einem erklärte das Verwaltungsgericht die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig.
3 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, die X Y Z Apartments seien als Beherbergungsbetrieb zu qualifizieren. Ein Ausnahmegrund gemäß § 8 Abs. 3 4. COVID 19 SchuMaV liege nicht vor. Bei den Gästen handle es sich um Mitglieder eines näher genannten tschechischen Skiclubs, nämlich Jugendliche (darunter auch Kinder im Alter von zwölf bis 13 Jahren) samt Begleitpersonen (darunter auch Eltern der Kinder). Es handle sich um Nachwuchssportler und um keine professionellen „Spitzensportler“. Das in Österreich abgehaltene Trainingslager des Vereins hätte auch verschoben werden können. Der Revisionswerber habe den Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nicht objektiv, sondern auch subjektiv (was näher begründet wird) erfüllt.
4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 29. November 2022, E 2797 2798/2022 5, ablehnte, und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Der Revisionswerber erhob daraufhin die vorliegende (außerordentliche) Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, dass keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 3 Z 3 4. COVID 19 SchuMaV im Zusammenhang mit Nachwuchssportlern als angehende Berufssportler eines nationalen FIS Skiverbandes vorliege. Das Verwaltungsgericht habe der genannten Ausnahmeregelung einen unrichtigen Inhalt unterstellt, indem es davon ausgegangen sei, dass ausschließlich solche Berufssportler davon erfasst seien, welche auf Grund eines Vertrages bereits ein Entgelt aus ihrer Tätigkeit erzielen würden. Im vorliegenden Fall sei die Definition des Spitzensportlers gemäß § 3 Z 8 Bundessportförderungsgesetz 2017 erfüllt. Die Nachwuchssportler sowie die Mitglieder des Supportteams seien unter den Ausnahmetatbestand des § 8 Abs. 3 Z 3 oder Z 4 4. COVID 19 SchuMaV zu subsumieren. Davon abgesehen liege kein Verschulden des Revisionswerbers vor, zumal diesem eine Bestätigung des tschechischen Skiverbandes vorgelegt worden sei, wonach es sich bei den Sportlern um Nachwuchssportler handle, welche als Mitglieder des tschechischen Skiverbandes auch an internationalen Wettkämpfen teilnehmen würden. Jedenfalls wäre ein Vorgehen nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG geboten gewesen. Zudem sei zum Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses die zur Anwendung gebrachte Gesetzesbestimmung bzw. die sich darauf beziehende Verordnung nicht mehr in Geltung gestanden, weshalb die Strafbarkeit des Revisionswerbers gemäß § 1 Abs. 2 VStG zu entfallen gewesen wäre.
9 Mit diesem Vorbringen wird eine grundsätzliche Rechtsfrage nicht dargetan:
10 § 8 der 4. COVID 19 Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl. II Nr. 58/2021, lautete auszugsweise:
„§ 8. (1) Das Betreten von Beherbergungsbetrieben zum Zweck der Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Beherbergungsbetrieben ist untersagt.
(2) Beherbergungsbetriebe sind Unterkunftsstätten, die unter der Leitung oder Aufsicht des Unterkunftgebers oder eines von diesem Beauftragten stehen und zur entgeltlichen oder unentgeltlichen Unterbringung von Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt bestimmt sind. Beaufsichtigte Camping oder Wohnwagenplätze, sofern es sich dabei nicht um Dauerstellplätze handelt, sowie Schutzhütten gelten als Beherbergungsbetriebe.
(3) Abs. 1 gilt nicht für das Betreten eines Beherbergungsbetriebs
...
3. aus unaufschiebbaren beruflichen Gründen,
4. zu Ausbildungszwecken gesetzlich anerkannter Einrichtungen,
...
für die unbedingt erforderliche Dauer.“
11 Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit ausführt, es fehle hg. Rechtsprechung zur Auslegung des Ausnahmetatbestandes des § 8 Abs. 3 Z 3 4. COVID 19 SchuMaV im Zusammenhang mit Nachwuchssportlern, ist darauf zu verweisen, dass es zur Verwirklichung des genannten Tatbestandes nicht genügt, dass berufliche Gründe vorliegen, sondern müssen diese zudem auch unaufschiebbar sein. Dass das Trainingslager unaufschiebbar gewesen wäre, wird in der Begründung zur Zulässigkeit der Revision nicht behauptet. Auch wird keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts aufgezeigt, wonach ein Verschieben des Trainingslagers möglich gewesen wäre.
12 Soweit der Revisionswerber erstmals in der Revision ausführt, es habe sich um eine Ausbildung einer gesetzlich anerkannten Einrichtung gehandelt, ohne dies in weiterer Folge zu konkretisieren, steht der Berücksichtigung dieses Vorbringens schon das aus § 41 VwGG abzuleitende Neuerungsverbot entgegen. Darüber hinaus versagen diese Ausführungen schon deshalb als Zulässigkeitsgrund, weil dazu in den Revisionsgründen nichts mehr ausgeführt wird (vgl. etwa VwGH 8.3.2021, Ra 2021/02/0012, mwN).
13 Wenn sich der Revisionswerber zur Begründung der Zulässigkeit seiner Revision gegen die Annahme eines Verschuldens wendet und in diesem Zusammenhang auf eine Bestätigung des tschechischen Skiverbandes verweist, wonach es sich bei den Sportlern um Nachwuchssportler handle, welche als Mitglieder des tschechischen Skiverbandes auch an internationalen Wettkämpfen teilnehmen würden und der Revisionswerber die PCR Tests der Teilnehmer kontrolliert habe, ist dem entgegenzuhalten, dass sich aus der ins Treffen geführten Bestätigung gerade nicht das für den Ausnahmegrund erforderliche Tatbestandsmerkmal der Unaufschiebbarkeit des darin angeführten Trainingslagers ergibt.
14 Im Übrigen handelt es sich bei dem gegenständlichen Delikt um ein Ungehorsamsdelikt im Sinn des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG. Demnach kann der Täter nur dann straffrei bleiben, wenn er glaubhaft macht, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Solange dies nicht der Fall ist, hat die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) anzunehmen, dass der Verstoß bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte vermieden werden können. Es ist daher Sache des Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden traf (vgl. VwGH 21.12.2020, Ra 2020/09/0065 bis 0066, mwN). Das bedeutet, dass der Revisionswerber als Betreiber des Beherbergungsbetriebes darzulegen hat, welche Maßnahmen er ergriffen hat, um derartige Verstöße gegen das Betretungsverbot zu vermeiden.
15 Ausgehend davon vermag die Revision nicht darzulegen, dass die im Einzelfall getroffene Beurteilung des Verwaltungsgerichts, der Revisionswerber habe im Sinne dieser Vorschrift nicht glaubhaft gemacht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden traf, nicht als unvertretbar erkannt werden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG läge aber nur dann vor, wenn diese Beurteilung durch das Verwaltungsgericht grob fehlerhaft vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 27.10.2017, Ra 2015/17/0015, mwN).
16 Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles eine Einstellung nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Ermessensentscheidung setzt voraus, dass die in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Umstände geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, geringe Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat sowie geringes Verschulden kumulativ vorliegen (vgl. VwGH 11.7.2022, Ra 2021/04/0007, mwN).
17 Mit dem in der Zulässigkeitsbegründung lediglich pauschal erhobenen Hinweis auf § 45 Abs. 1 Z 4 VStG wird nicht aufgezeigt, dass alle Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG kumulativ erfüllt wären.
18 Der Revisionswerber kann sich auch nicht auf einen Günstigkeitsvergleich im Sinn des § 1 Abs. 2 VStG berufen, weil das Außerkrafttreten der Bestimmung nicht auf eine Änderung des strafrechtlichen Unwerturteils zurückzuführen ist (vgl. VwGH 21.12.2022, Ra 2022/03/0243, mwN).
19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 5. April 2023
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