JudikaturVwGH

Ra 2023/06/0164 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
27. Oktober 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionsache der W Limited in N, vertreten durch die Dr. Dr. Josef Wieser Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Biberstraße 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 27. Juni 2023, LVwG 2023/48/1381 4, betreffend Untersagung der Benützung eines Gebäudes als Freizeitwohnsitz gemäß § 46 Abs. 6 lit. g der Tiroler Bauordnung 2022 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadtgemeinde Kitzbühel; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG) wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde K. (belangte Behörde) vom 12. April 2023, mit welchem ihr als Eigentümerin die Benützung eines näher bezeichneten Gebäudes als Freizeitwohnsitz gemäß § 46 Abs. 6 lit. g Tiroler Bauordnung 2022 (TBO 2022) untersagt worden war, als unbegründet abgewiesen (1.). Gleichzeitig sprach das LVwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei (2.).

2 Begründend führte das LVwG zusammengefasst aus, das verfahrensgegenständliche Gebäude sei mit Bescheiden der belangten Behörde vom 23. November 2005 und vom 11. Juni 2007 baubehördlich bewilligt worden; der Verwendungszweck des Gebäudes sei laut Baubescheid festgelegt mit: „Wohnhaus für ständigen (ganzjährigen) Wohnbedarf“. Die revisionswerbende Partei habe das Wohnhaus mit Kaufvertrag vom 17. Jänner 2013 erworben; im Kaufvertrag sei ausdrücklich festgehalten worden, dass der Kaufgegenstand nicht als Freizeitwohnsitz verwendet oder überlassen werden dürfe, was von der Käuferin ausdrücklich zur Kenntnis genommen worden sei.

3 Das Gebäude beinhalte eine Wohneinheit mit näher beschriebenen Räumlichkeiten und angeschlossenen Nasseinheiten, einer Wellnessanlage und einer Tiefgarage im Kellergeschoss bzw. Tiefgeschoss. Aus der Baubewilligung lasse sich nicht entnehmen, dass in diesem Haus ein Büro, Seminar- oder Büroräumlichkeiten untergebracht seien. Es liege weder eine Eintragung in das Freizeitwohnregister noch eine Bewilligung zur Nutzung als Freizeitwohnsitz vor. Das gegenständliche Objekt werde teilweise von (Stamm-)Gästen genutzt, um Ski fahren zu gehen oder sonst mit der Familie die Ferien zu verbringen und sich zu erholen. Dass das Objekt zu beruflichen Zwecken verwendet werde und dafür erforderlich sei, habe die revisionswerbende Partei nicht vorgebracht und habe dementsprechend auch nicht unter Beweis gestellt werden können. Nach der von der Haushälterin beim Kontrolltermin am 29. Dezember 2022 gegebenen Auskunft seien die zum Ski fahren abgereisten Gäste deutsche Gäste gewesen. Die Haushälterin habe unbestritten ausgesagt, dass das Objekt von wechselnden (Stamm )Gästen, insbesondere Familien, die immer wieder kämen, genutzt werde. Aus dem gemessenen Strom- und Wasserverbrauch sei erkennbar, dass die Liegenschaft benutzt werde und nicht leer stehe. Bei den Kontrollen der belangten Behörde am 11. August 2022, am 28. September 2022 und am 29. Dezember 2022 sei festgestellt worden, dass das Haus benützt werde und persönliche Gegenstände in der Garderobe vorhanden gewesen seien. Die revisionswerbende Partei bestreite nicht, dass (Stamm-)Gäste, wie bei der Kontrolle am 29. Dezember 2022 wahrgenommen, das Objekt zu Freizeit- und Urlaubszwecken benützten und die von den Kontrollbeamten befragte Dame dort als Haushälterin beschäftigt sei.

4 Die Feststellungen ließen sich unzweifelhaft aus dem Akteninhalt entnehmen, zumal auch in den Stellungnahmen und der Beschwerde der revisionswerbenden Partei kein gegenteiliges Vorbringen erstattet worden sei und nur Mängel hinsichtlich Feststellungen und Erhebungen vorgebracht worden seien, die jedoch allesamt nicht begründet seien. Weder sei von der revisionswerbenden Partei behauptet worden, dass keine Haushälterin beschäftigt sei, noch, dass keine Gäste zur Freizeitzwecken, insbesondere zum Ski fahren, und immer wiederkehrende (Stamm-)Gäste mit ihren Familien das Objekt zu Erholungszwecken in ihrem Urlaub nutzten. Im Übrigen habe die revisionswerbende Partei mit Schreiben vom 1. August 2022 einen Antrag auf Freizeitwohnsitzgenehmigung gestellt, sodass allein auch deshalb zum Ausdruck gebracht werde, dass sie nicht bestreite, das Objekt Dritten zur Nutzung als Freizeitwohnsitz zu überlassen. Diesem Antrag sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. Mai 2023 unter anderem mit der Begründung keine Folge gegeben worden, dass er nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist gestellt worden sei.

5 „Alternative Nutzungsmöglichkeiten des Hauses zur Freizeitwohnsitznutzung“ seien weder konkret behauptet noch nachgewiesen worden, es sei dazu keinerlei „Substrat“ gefunden worden. Vielmehr seien verschiedene hypothetische Nutzungsmöglichkeiten angeführt worden, die keine Freizeitwohnsitznutzung darstellen würden, wozu jedoch keine Beweise angeboten und vorgelegt worden seien. Auch aus den beantragten Zeugeneinvernahmen sei kein Mehrwert zu gewinnen gewesen (wird näher ausgeführt). Es sei nicht zu erkennen, zu welchem Beweisthema die Zeugen hätten vernommen werden sollen, zumal kein widersprechendes Vorbringen erstattet worden sei. Die Ausführungen in der Beschwerde und die Fragestellung für die Einvernahme der Zeugen seien derart vage, dass sie auf einen unzulässigen, weil auf Mutmaßungen basierenden, Erkundungsbeweis hinausliefen und das Beweisthema und das dazu erstattete Vorbringen vermissen ließen, zu welchem Beweisthema die Zeugen befragt werden sollten. Weder habe ausgeführt werden können, wozu der Vertragserrichter als Zeuge befragt werden solle, noch die anderen namhaft gemachten Zeugen. „Aufklärungsbedürftigkeit“ an sich habe als Beweisthema nicht erkannt werden können, zumal weder bestritten worden sei, dass die Haushälterin bei der Kontrolle der Behörde vor Ort gewesen sei, noch, dass wechselnde (Stamm )Gäste das Haus zu Erholungszwecken nutzten und diese gerade zum Skifahren gefahren seien. Es sei nicht einmal bestritten, dass die namentlich näher genannte Dame als Haushälterin im Haus sei und die Gäste betreue. Auch, dass die Liegenschaft ständig bewohnt werde und somit die Nutzung als Hauptlebensmittelpunkt erfolge, sei nicht behauptet worden.

6 Dass die Liegenschaft von wechselnden Gästen mit Familien immer wieder für kurze Zeit zu Erholungszwecken genutzt werde, lasse sich aus den Kontrollen und vor allem der Befragung der Haushälterin am 29. Dezember 2022 unzweifelhaft entnehmen. Die zu diesem Zeitpunkt logierenden Gäste hätten das Haus gerade zum Ski fahren verlassen und sollten laut Auskunft der Haushälterin bis 3. Jänner 2023 anwesend sein.

7 Die wesentlichen Beweisergebnisse seien der revisionswerbenden Partei zur Stellungnahme übermittelt worden; deren Rechtsvertretung habe am 14. Juli 2022 und am 30. Jänner 2023 Akteneinsicht genommen, sohin insbesondere auch in die Auskünfte zum Strom- und Wasserverbrauch und in die Aktenvermerke zu den Objektkontrollen. Sie habe zu sämtlichen Aktenbestandteilen und den Beweisergebnissen in der Beschwerde Stellung nehmen können, zumal in der Beschwerde die entsprechende Kenntnis von sämtlichen Beweisen dargestellt worden sei, habe dazu jedoch nur vorgebracht, dass die Beweise rechtswidrig eingeholt worden seien und aufgrund eines Beweisverwertungsverbotes nicht hätten verwertet werden dürfen.

8 Die mangelnde Mitwirkung der revisionswerbenden Partei hinsichtlich der Darstellung und Beweise zur Nutzung des gegenständlichen Anwesens auf andere Weise als zu Freizeit und Urlaubszwecken von Gästen im Sinne eines Freizeitwohnsitzes sei beweiswürdigend auszulegen. Die belangte Behörde habe die revisionswerbende Partei zur Mitwirkung und zur Stellungnahme zu den von Amts wegen ermittelten Ergebnissen aufgefordert. Die revisionswerbende Partei habe die im Rahmen der Erhebungen festgestellten Umstände nicht bestritten und kein entsprechend gegenteiliges Vorbringen samt relevantem Beweisangebot erstattet. Es seien auch keine Verträge zu Seminaren übermittelt, sondern nur vorgebracht worden, dass eine derartige Nutzung kein Zweitwohnsitz wäre; dies, obwohl gleichzeitig ein Antrag auf Bewilligung eines Zweitwohnsitzes gestellt worden sei. Insgesamt lägen keine Beweise vor, dass eine andere Nutzung des Anwesens als von wechselnden (Stamm )Gästen mit Familien zu Urlaubs- und Erholungszwecken erfolge. Darüber hinaus sei dem Verwaltungsverfahren ein Beweisverwertungsverbot fremd (wird näher ausgeführt) und liege aus näheren Gründen auch keine Befangenheit der belangten Behörde vor.

9 Gemäß § 46 Abs. 6 lit. g TBO 2022 habe die Baubehörde dem Eigentümer einer baulichen Anlage deren weitere Benutzung ganz oder teilweise zu untersagen, wenn dieser einen Wohnsitz entgegen § 13 Abs. 3 oder 8 Tiroler Raumordnungsgesetz 2022 als Freizeitwohnsitz verwende; die belangte Behörde sei gemäß § 62 Abs. 1 TBO 2022 als Baubehörde zuständig gewesen, diese Benützungsuntersagung bescheidmäßig zu erlassen. Dass eine Ausnahme von der Freizeitwohnsitznutzung vorliege, habe nicht festgestellt werden können.

10 Unter Bedachtnahme auf die Rechtsprechung des EGMR erachte das LVwG eine Verhandlung nicht für erforderlich, wenn, wie im gegenständlichen Fall, der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt sei, die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet seien und in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen worden seien, deren Lösung eine Verhandlung erfordert hätte (Verweis auf VwGH 12.4.2021, Ra 2021/03/0016, mwN). Da gegenständlich keine weitere Klärung des Sachverhaltes „ausgestanden“ sei und vom LVwG keine Beweise neu aufzunehmen gewesen seien, sondern vielmehr der Sachverhalt nicht bestritten, sondern nur die rechtliche Würdigung und die Verbindung mit dem Antrag auf Bewilligung eines Freizeitwohnsitzes releviert worden sei, habe eine mündliche Verhandlung gegenständlich unterbleiben können (Verweis auf VwGH 26.2.2021, Ra 2020/09/0046).

11 In den Zulässigkeitsgründen der gegen dieses Erkenntnis gerichteten außerordentlichen Revision wird zusammengefasst vorgebracht, es liege ein Verstoß gegen die Verhandlungspflicht vor, das LVwG habe zu Unrecht Beweisanträge abgelehnt, gegen „Verfahrensgrundsätze und Parteienrechte“ verstoßen und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Thema Bescheidadressat missachtet. Die revisionswerbende Partei teilte die Auffassung des LVwG nicht, dass sie den Sachverhalt nicht oder bloß unsubstantiiert bestritten hätte; es seien im Beschwerdevorbringen Tatsachenfragen aufgeworfen worden, deren Erörterung nur in der mündlichen Verhandlung hätten vorgenommen werden können, „damit letztlich die von der Judikatur geforderte Überprüfbarkeit von Erkenntnissen und Entscheidungen vorgenommen werden“ könne. Das „Ignorieren von Parteienrechten aufgrund Mindeststandards nach den Gesetzen“ sei ein Grundrechtseingriff, dem „wegen der Rechtssicherheit, Rechtseinheitlichkeit“ grundsätzliche Bedeutung zukomme. Das LVwG habe auch nicht ausdrücklich begründet, weshalb es von den beantragten Beweismitteln Abstand genommen habe. Weiters habe das LVwG gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verstoßen, da feststellungsgemäß nicht die revisionswerbende Partei die Liegenschaft unzulässig benützt habe, sondern Stammgäste, „also Dritte im Sinne des § 46 Abs 6 leg.cit.“. In diesem Fall sei dem Dritten die weitere Benutzung bescheidmäßig zu untersagen (Verweis auf VwGH 22.2.2005, 2004/06/0178 und „17.08.2010“, 2007/06/0178). Weiters sei in einem näher genannten Strafverfahren der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses zugrunde gelegt worden, ohne eigene Beweise aufgenommen zu haben. Damit werde „das Institut der Bindungswirkung verkannt“; Straferkenntnisse könnten Bindungswirkung haben, aber nicht umgekehrt.

12 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für den Revisionsfall nicht aufgeworfen.

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung (vgl. für viele etwa VwGH 20.6.2023, Ra 2022/06/0320, mwN). Um dem Erfordernis, gesondert die Gründe zu nennen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, Rechnung zu tragen, genügt ein Verweis auf Vorbringen im Beschwerdeverfahren ebensowenig wie ein Verweis auf sonstige Schriftsätze oder auf Vorbringen in den Revisionsgründen (vgl. für viele etwa VwGH 15.11.2021, Ra 2021/06/0122; 30.6.2020, Ra 2020/03/0046; 14.2.2022, Ra 2022/06/0002, jeweils mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist außerdem weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 22.6.2023, Ra 2023/06/0033, mwN).

17 In den demnach zur Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Revisionszulässigkeitsgründen ist dabei konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa VwGH 29.8.2022, Ra 2022/06/0171 bis 0188, mwN).

Schon diesem Erfordernis entspricht die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision, die ihrem Vorbringen nach im Wesentlichen bloß Revisionsgründe (vgl. § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) beinhaltet, nicht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl. etwa VwGH 12.4.2023, Ra 2023/05/0020, mwN). Welche über den Revisionsfall hinausgehende konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG, von der die Entscheidung über die vorliegende Revision abhängt, vom Verwaltungsgerichtshof beantwortet werden sollte, wird in der vorliegenden Zulässigkeitsbegründung nicht formuliert (vgl. zu diesem Erfordernis für viele etwa VwGH 20.6.2023, Ra 2023/06/0084, mwN).

18 Soweit die revisionswerbende Partei mit allgemeinen Ausführungen das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bemängelt, wird auch damit fallbezogen keine grundsätzliche Rechtsfrage aufgeworfen.

19 Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

20 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in einer Reihe von Entscheidungen mit Blick auf Art. 6 EMRK die Auffassung vertreten, dass eine Verhandlung nicht in jedem Fall geboten ist, und zwar insbesondere dann nicht, wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann und keine übermäßig komplexen Rechtsfragen zu lösen sind (vgl. dazu etwa VwGH 7.2.2018, Ra 2017/03/0101, mwH auf EGMR 18.7.2013, Schädler-Eberle/Liechtenstein und EGMR 20.12.2016, Sagvolden/Norwegen ).

21 Fallbezogen begründete das LVwG das Unterbleiben der von der revisionswerbenden Partei beantragten mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Wesentlichen damit, dass die revisionswerbende Partei kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet habe, sodass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lasse.

22 Die Revision führt in ihrer wie dargestellt allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung nicht aus, inwiefern entgegen den Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis nach den oben dargestellten Grundsätzen dennoch eine Verletzung der Verhandlungspflicht vorliegen sollte. Das Zulässigkeitsvorbringen der Revision erschöpft sich in der Wiedergabe pauschaler Rechtssätze zum Thema Verhandlungspflicht, stellt aber insbesondere nicht dar, welcher konkrete Sachverhalt fallbezogen strittig oder nicht geklärt sei oder dass eine komplexe Rechtsfrage zu beantworten gewesen sei (vgl. etwa VwGH 26.6.2018, Ra 2018/05/0189, 25.9.2018, Ra 2018/05/0229, jeweils mwN). Wenn die Revision - ohne nähere diesbezügliche Konkretisierung - ganz allgemein vorbringt, dass „Beweisanträge bereits im erstinstanzlichen Verfahren [...] und im Beschwerdeverfahren“ gestellt worden seien, stellt diese Verweisung auf erstattete Schriftsätze wie bereits oben (Rn. 16) dargelegt, keine gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeitsgründe im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGG dar.

23 Entgegen den Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung ist auch nicht zutreffend, dass das LVwG die Abstandnahme der Aufnahme beantragter Beweismittel im angefochtenen Erkenntnis nicht begründet habe; vielmehr bringt die Revision in ihren Zulässigkeitsgründen gegen die diesbezügliche Begründung des LVwG nichts Substantiiertes vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass es der einzelfallbezogenen Beurteilung des LVwG unterliegt, ob eine (weitere) Beweisaufnahme notwendig ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG könnte sich in diesem Zusammenhang nur dann ergeben, wenn das Verwaltungsgericht diese im Einzelfall vorgenommene Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 15.12.2022, Ra 2022/06/0315, mwN). Derartiges wird mit den allgemeinen Ausführungen in den Zulässigkeitsgründen der Revision nicht aufgezeigt.

24 Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit außerdem vorbringt, sie wäre nicht die richtige Bescheidadressatin nach § 46 Abs. 6 TBO 2022, übersieht sie, dass der Auftrag nach der genannten Gesetzesbestimmung gemäß deren Einleitungssatz (auch) im Fall der kurzzeitigen Vermietung an wechselnde Personen an den Eigentümer der baulichen Anlage zu ergehen hat. Der Feststellung im angefochtenen Erkenntnis, dass die Liegenschaft von wechselnden Gästen mit Familien immer wieder für kurze Zeit zu Erholungszwecken genutzt werde, hält die Revision nichts entgegen; die in von der Revision in diesem Zusammenhang zur Begründung der Abweichung von der Rechtsprechung genannten Erkenntnisse, in denen es um einen baupolizeilichen Auftrag nach § 37 Abs. 4 lit. a der Tiroler Bauordnung 2001 bzw. um Einwendungen im Bauverfahren ging, sind nicht einschlägig, da sowohl die Rechtsgrundlagen als auch die Sachverhalte der genannten Fälle mit jenen des Revisionsfalles nicht vergleichbar sind.

25 Auch mit dem Verweis auf ein näher genanntes Strafverfahren schließlich wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für den Revisionsfall nicht dargetan. Abgesehen davon, dass auch in diesem Zusammenhang eine konkrete Rechtsfrage, der nach Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommen könnte, nicht formuliert wird, sind Fragen der Beweiswürdigung des dortigen Verfahrens nicht Thema des vorliegenden Revisionsverfahrens.

26 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 27. Oktober 2023

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