JudikaturVwGH

Ra 2023/06/0151 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. September 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der S O in H, vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schillerstraße 17, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 7. Juni 2023, LVwG 318 48/2023 R19, betreffend einen Auftrag zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes gemäß § 40 Abs. 2 Vorarlberger Baugesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Hohenems), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg (in der Folge: Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 2. März 2023, mit dem unter anderem der Revisionswerberin gemäß § 40 Abs. 2 Vorarlberger Baugesetz (BauG) aufgetragen worden war, das auf einem näher bezeichneten Grundstück ohne Baubewilligung errichtete Gewächshaus aus Leichtaluminiumpaneelen mit transparenten Kunststoffelementen bis 31. Mai 2023 zu entfernen bzw. entfernen zu lassen, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Gleichzeitig sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass es sich bei dem Gewächshaus um ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben iSd § 18 Abs. 1 lit. a BauG handle. Die Revisionswerberin habe (nach Aufforderung der belangten Behörde gemäß § 40 Abs. 1 lit. a BauG) mit Eingabe vom 7. Dezember 2022 einen Bauantrag für das Gewächshaus gestellt, dieser sei aber weil die Revisionswerberin dem Verbesserungsauftrag vom 15. Dezember 2022 nicht nachgekommen sei mit Bescheid vom 31. Jänner 2023 gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen worden. Die belangte Behörde habe somit da die Bauherrin des Gewächshauses zwischenzeitlich verstorben sei zu Recht gemäß § 40 Abs. 2 BauG die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes gegenüber der Revisionswerberin (als Miteigentümerin) verfügt.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Soweit die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst vorbringt, es liege keine „einschlägige“ Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, „was die Beurteilung der Widerherstellung von Bauwerken ohne baurechtliche Bewilligung anbelangt, die einen Bestand von über 30 Jahren haben und die zuständige Baubehörde hiervon Kenntnis hatte, jedoch untätig blieb“, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach sich daran, dass ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Baubewilligung errichtet wird, nichts dadurch ändert, dass dieses Bauvorhaben längere Zeit von den Baubehörden unbeanstandet bleibt (vgl. zum BauG VwGH 24.3.2010, 2008/06/0120) und die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrags auch dann zulässig ist, wenn das Gebäude jahrelang unbeanstandet existierte (vgl. zur insoweit vergleichbaren Rechtslage der Bauordnung für Wien VwGH 30.4.2009, 2006/05/0217, mwN; oder auch zur insoweit vergleichbaren Rechtslage des Steiermärkischen Baugesetzes VwGH 30.6.2015, Ra 2015/06/0056, mwN).

7 Aus dem Umstand, dass eine Baulichkeit lange Zeit von der Baubehörde unbeanstandet geblieben ist, kann sich kein baurechtlicher Konsens ergeben, zumal ein solcher durch ein konkludentes (stillschweigendes) Verhalten der Bauaufsichtsorgane weder begründet noch ersetzt werden kann (vgl. zur vergleichbaren Rechtslage der NÖ Bauordnung 1996 VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0228, mwN).

8 Dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen der Revision, es liegt „keine gefestigte Rechtsprechung und keine höchstgerichtliche Judikatur“ zu der Frage vor, anhand welcher Kriterien die Verhältnismäßigkeit des Eingriffes in das fremde Eigentumsrecht gemäß § 14 BauG zu beurteilen wäre, mangelt es an jeglicher Verknüpfung zwischen der individualisierten Rechtsfrage, dem von der Revisionswerberin konkret zu Grunde gelegten Sachverhalt und der darauf basierenden rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichts, die den Verwaltungsgerichtshof erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage überhaupt vorliegt. Weder wird in der Zulässigkeitsbegründung ein Bezug zum konkreten Sachverhalt hergestellt, noch wird dargelegt, aus welchem Grund das Schicksal der Revision von dem dort zudem völlig pauschal angeschnittenen Thema abhängen sollte (vgl. zu allem etwa VwGH 14.7.2021, Ra 2021/05/0117, mwN).

9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 4. September 2023

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