Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofräte Dr. Himberger und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der C GmbH in G, vertreten durch Mag. Bernd Wurnig, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schillerplatz 1, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 18. September 2023, Zl. VGW 122/043/15081/2022 15, betreffend Untersagung des Betriebes eines Prostitutionslokals nach dem Wiener Prostitutionsgesetz 2011 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. November 2022 (berichtigt mit Bescheid vom 12. Dezember 2022) wurde der Revisionswerberin der Betrieb eines näher bezeichneten Prostitutionslokales gemäß § 13 Abs. 1 Wiener Prostitutionsgesetz 2011 (WPG 2011) untersagt und einer allfälligen Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht die dagegen von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde abgewiesen und ausgesprochen, dass eine Revision gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig sei.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die das Ziel verfolgt, dass nach Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses der Bescheid der belangten Behörde vom 11. November 2022 ersatzlos behoben und das Verfahren eingestellt werde.
4 Über Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof teilte die belangte Behörde am 22. Jänner 2024 mit, dass die Revisionswerberin nach Vollzug der verfahrensgegenständlichen Betriebsuntersagung im Rahmen einer Vorsprache durch ihren neuen Geschäftsführer am 27. Februar 2023 angezeigt habe, das betreffende Prostitutionslokal (wiederum) zu betreiben. Nach positiver Prüfung der Verlässlichkeit und der gesetzesmäßigen Ausstattung des Prostitutionslokals sei die Anzeige mit Bescheid vom 3. April 2023 gemäß § 7 Abs. 3 WPG 2011 zur Kenntnis genommen worden. Dieser Bescheid sei nach seiner Zustellung und Abgabe eines Rechtsmittelverzichtes am 4. April 2023 in Rechtskraft erwachsen, das betreffende Prostitutionslokal werde somit seither rechtmäßig betrieben.
5 Daraufhin forderte der Verwaltungsgerichtshof die Revisionswerberin auf, zum Vorliegen ihres Rechtsschutzbedürfnisses Stellung zu nehmen.
6 Die Revisionswerberin brachte in ihrer dazu erstatteten Äußerung vom 9. Februar 2024 im Wesentlichen vor, sie habe während der Schließung ihres Prostitutionslokales im Zeitraum 25. November 2022 bis 4. April 2023 keine Einnahmen erzielt, jedoch näher bezifferte Aufwendungen zu tragen gehabt. Der objektive Nutzen der Erreichung des Verfahrensziels, nämlich der Aufhebung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung und des dieser zugrundeliegenden Bescheides der belangten Behörde vom 11. November 2022 (samt Berichtigungsbescheid vom 12. Dezember 2022) wegen Rechtswidrigkeit liege darin begründet, dass in diesem Fall die Revisionswerberin Anspruch auf Schadenersatz gemäß den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes habe.
7 Die Revision erweist sich als unzulässig:
8 Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist Prozessvoraussetzung für ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses an der inhaltlichen Erledigung. Ein solches ist immer dann zu verneinen, wenn es (etwa auf Grund geänderter Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für ihn keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung haben, wenn also durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Revisionswerbers an der Entscheidung wegfällt. Liegt das Rechtsschutzbedürfnis schon bei Einbringung der Revision nicht vor, ist diese unzulässig (§ 34 Abs. 1 VwGG), fällt die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens als gegenstandslos nach § 33 Abs. 1 VwGG (vgl. VwGH 5.5.2022, Ra 2022/03/0086, mwN).
9 Im vorliegenden Fall besteht seit dem 4. April 2023 - also bereits vor Einbringung der vorliegenden Revision - mit der rechtskräftigen Kenntnisnahme einer (neuerlichen) Anzeige gemäß § 7 Abs. 1 WPG 2011 eine neue, bis dato aufrechte rechtliche Grundlage für den Betrieb des Prostitutionslokales der Revisionswerberin. Für die aktuelle Rechtsstellung der Revisionswerberin in Bezug auf den Betrieb des Prostitutionslokals macht es damit keinen Unterschied mehr, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird.
10 Auch begründen mögliche Amtshaftungsansprüche allein nicht die Zulässigkeit der Revision. Das Unterbleiben einer Sachentscheidung hindert nämlich das Amtshaftungsgericht nicht, einen Antrag auf Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nach § 11 AHG zu stellen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zählen daher Rechtspositionen, die im Wege der Amtshaftung geltend gemacht werden können, nicht zu der rechtlich geschützten Interessensphäre, die den Revisionswerber zur Revisionserhebung legitimiert (vgl. VwGH 31.11.2015, Ra 2015/08/0111, und 17.10.2023, Ra 2021/21/0241, je mwN).
11 Somit war die Revision aufgrund des Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses bereits vor ihrer Einbringung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 11. März 2024
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