JudikaturVwGH

Ra 2021/17/0227 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
09. Mai 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Horvath als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Z V, vertreten durch Dr. Manfred Sommerbauer und DDr. Michael Dohr, Rechtsanwälte in 2700 Wiener Neustadt, Babenbergerring 5a/3. OG, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. November 2021, W105 2247128 1/3E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Republik Serbien, hält sich seit dem Jahr 2007 in Österreich auf und verfügte zuletzt über den Aufenthaltstitel „Rot Weiß Rot Karte plus“, welcher bis 8. November 2019 gültig war.

2 Der Revisionswerber wurde in Österreich sieben Mal strafgerichtlich verurteilt. Unter anderem wurde er mit Urteil des Landesgerichts vom 23. Jänner 2018 wegen schweren Raubs sowie der Begehung weiterer Straftaten zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.

3 Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 16. September 2021 wurde dem Revisionswerber kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen und die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Serbien festgestellt. Unter einem wurden ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den Revisionswerber erlassen, einer Beschwerde gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt und keine Frist für seine freiwillige Ausreise eingeräumt.

4 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

5 Dagegen wendet sich die vorliegende Revision.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Demgemäß erfolgt die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung (vgl. VwGH 9.3.2023, Ra 2023/17/0035, mwN).

10 Eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG (vgl. VwGH 3.1.2023, Ra 2022/17/0198, mwN).

11 Die Beurteilung, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte eines Fremden darstellt, hat unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles stattzufinden. Dabei muss eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommen werden (vgl. erneut VwGH 3.1.2023, Ra 2022/17/0198, mwN).

12 Das persönliche Interesse des Fremden an einem Verbleib in Österreich nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. erneut VwGH 3.1.2023, Ra 2022/17/0198, mwN).

13 In der Revision wird der Vorwurf der Rechtswidrigkeit der durch das Bundesverwaltungsgericht angestellten Interessenabwägung mit der Dauer des Aufenthalts des Revisionswerbers und seinen Bindungen zu seiner im Bundesgebiet aufhältigen Lebensgefährtin sowie zu seinen Verwandten begründet. Vor dem Hintergrund, dass diese Umstände gemäß der vorzitierten Rechtsprechung nicht alleine maßgeblich sind und das Bundesverwaltungsgericht fallbezogen eine Reihe weiterer Aspekte, wie vor allem die gravierende und gehäufte Straffälligkeit des Revisionswerbers, den Umstand, dass er infolge der Strafhaft derzeit nicht mit seinen Angehörigen in einem Haushalt lebt und mit seiner Lebensgefährtin nie zusammengelebt hat, und weiters seine mangelnde berufliche Integration in Österreich berücksichtigte, legt der Revisionswerber mit diesem Vorbringen nicht dar, dass die Interessenabwägung unvertretbar erfolgt wäre. Zudem zeigt die Darlegung der Zulässigkeit der Revision nicht auf, dass die Interessenabwägung auf keiner verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage beruhen würde.

14 Soweit der Revisionswerber vorbringt, dass die Schwere seiner Straffälligkeit nicht jenes Ausmaß erreiche, welches die Annahme der gemäß § 53 Abs. 3 FPG erforderlichen spezifischen Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen rechtfertige, ist auf die Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses hinzuweisen, wonach er wegen schweren Raubs und anderer Delikte zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt wurde und darüber hinaus auch weitere Verurteilungen wegen diversen Straftaten aufweist, sodass schon im Hinblick darauf in keiner Weise zu sehen ist, inwiefern die Erlassung der Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbots mit einem im Revisionsverfahren aufzugreifenden Mangel behaftet sein sollte (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation VwGH 20.9.2022, Ra 2022/21/0144).

15 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 9. Mai 2023

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