JudikaturVwGH

Ra 2019/17/0103 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
31. März 2021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner sowie den Hofrat Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des J F in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 23. August 2019, 405 10/557/1/13 2019, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 7. Mai 2018 wurde der Revisionswerber der dreifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild Glücksspielgesetz GSpG für schuldig erkannt. Es wurden über ihn drei Geldstrafen (samt Ersatzfreiheitsstrafen) mit der Begründung verhängt, er habe als Gewerbeinhaber und Lokalbetreiber zu verantworten, dass am 17. Juli 2017 um 23:00 Uhr in seinem Lokal C in B näher beschriebene verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht worden seien.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde vom Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters sprach das LVwG aus, dass der Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten habe (Spruchpunkt II.). Das LVwG erklärte eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig (Spruchpunkt III.).

3 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Diese erweist sich als nicht zulässig.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Zum Zulässigkeitsvorbringen der Revision ist zunächst festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer , C 347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger , C 390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos Entertainment AG , C 464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd. , C 3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a. , C 79/17, Rn. 22 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger , C 390/12.

8 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a. , C 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd. , C 3/17, Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 24 ff, und VfGH 12.6.2018, E 885/2018).

9 Anders als der Revisionswerber vermeint, kann sich das GSpG selbst bei Hinweisen auf das Vorliegen einer expansionistischen Geschäftspolitik der Konzessionäre etwa durch das Glücksspiel verharmlosende Werbung nach der Rechtsprechung des EuGH und des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen der Gesamtwürdigung als mit dem Unionsrecht in Einklang stehend erweisen, wenn etwa mit dieser Geschäftspolitik eine Umlenkung von Spielern vom illegalen zum legalen Glücksspiel sichergestellt werden soll (vgl. VwGH 26.9.2018, Ra 2017/17/0459, 0460, sowie 16.11.2018, Ra 2017/17/0947, 0948). Dass das LVwG von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre, wird mit dem Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision nicht aufgezeigt.

10 Wenn zur Zulässigkeit der Revision weiters vorgebracht wird, das LVwG sei von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Beweisanträgen abgewichen und habe keine Feststellungen zur Beurteilung der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des GSpG getroffen, ist dem entgegenzuhalten, dass das LVwG diesbezügliche Feststellungen getroffen hat. Überdies ist die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel nicht ersichtlich.

11 Mit dem Vorbringen, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH vom 12. September 2019, C 64/18, u.a., Maksimovic , u.a., wird ebenfalls keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, hat doch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 6. Mai 2020, Ra 2020/17/0001, mit näherer Begründung ausgesprochen, dass das Unionsrecht der uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG, des § 16 VStG sowie des § 64 VStG nicht entgegensteht. Auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

12 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit überdies vor, es sei in dem Straferkenntnis vom 7. Mai 2018 die als erwiesen angenommene Tat nicht ausreichend bezeichnet worden. Es sei dem Revisionswerber dadurch nicht möglich gewesen, dem Tatvorwurf in begründeter Weise entgegenzutreten.

13 Mit dem dritten Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG des unternehmerischen Zugänglichmachens ist eine Person gemeint, die das Glücksspielgerät in ihrer Gewahrsame hat und dieses den Spielern zugänglich macht, wie etwa ein Wirt, der sich von der Aufstellung des Gerätes durch dessen Betreiber eine Belebung seiner Getränkeumsätze erhofft oder vom Automatenbetreiber eine vom Ertrag des Automaten unabhängige Miete erhält (vgl. etwa VwGH 12.12.2018, Ra 2018/17/0113).

14 Dem Revisionswerber wurde im (durch das angefochtene Erkenntnis bestätigten) Straferkenntnis zusammengefasst vorgeworfen, er habe den Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG erfüllt, indem er als Gewerbeinhaber und Betreiber des genannten Lokals zu verantworten habe, dass in diesem Lokal näher beschriebene „zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen“ mit näher präzisierten Glücksspielgeräten unternehmerisch zugänglich gemacht worden seien.

15 Damit wurden sämtliche für die Erfüllung des Tatbestandes des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG erforderlichen Tathandlungen bereits im Straferkenntnis angeführt. Dieser Tatvorwurf wurde vom LVwG in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses genauer gefasst. Durch diese Präzisierung wurde aber kein anderer Sachverhalt herangezogen als dem Straferkenntnis zugrunde lag. Das LVwG vertrat im angefochtenen Erkenntnis die Auffassung, dass es lebensfremd wäre, ließe ein Unternehmer in einem Teil seines Betriebes Glücksspielgeräte aufstellen, ohne damit die Absicht zu verknüpfen, Einnahmen aus deren Betrieb zu erzielen. Dem tritt die Revision nicht entgegen. Das LVwG durfte angesichts der vorliegenden Sachverhaltskonstellation davon ausgehen, dass es dem Revisionswerber zumindest um die Belebung seiner eigenen Umsätze gegangen ist und er damit unternehmerisch tätig wurde. Der im Hinblick auf die Verfolgungsverjährung erstattete Einwand der Revision, die belangte Behörde habe dem Revisionswerber nicht vorgehalten, worin sein unternehmerisch Zugänglichmachen bestanden hätte, geht schon deshalb fehl, weil die belangte Behörde diesem das Zugänglichmachen ausdrücklich als Gewerbeinhaber und Betreiber des Lokals C vorgeworfen hat, womit auch der Vorwurf verbunden war, dass er als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG tätig geworden ist. Dass der Revisionswerber dadurch in seinen Verteidigungsrechten gehindert gewesen wäre oder er der Gefahr der Doppelbestrafung ausgesetzt gewesen wäre, wird im Übrigen nicht nachvollziehbar aufgezeigt.

16 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 31. März 2021

Rückverweise