Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, die Hofrätin Mag. a Merl und die Hofrätin Dr. in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Schreiber BA, über die Revisionen 1. des Ing. M M und 2. des T M, beide in W, beide vertreten durch Mag. Gerald Gerstacker, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Schrannenplatz 3/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 17. Oktober 2018, Zl. KLVwG 2168 2169/21/2017, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Gemeinde Maria Wörth; weitere Partei: Kärntner Landesregierung; mitbeteiligte Partei: M Wgesellschaft m.b.H. K, vertreten durch Dr. Herwig Aichholzer, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Waaggasse 18/2), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Gemeinde Maria Wörth hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Zum bisherigen Gang des Verfahrens wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 2017 zu Ro 2014/06/0017 verwiesen, mit dem die der mitbeteiligten Partei erteilte Baubewilligung wegen Vorliegen eines Begründungsmangels hinsichtlich der Berechnung der Bebauungsdichte aufgehoben worden war.
2 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten (LVwG) wurde die Beschwerde der Revisionswerber nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens und einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das LVwG für nicht zulässig.
3 Das LVwG stellte fest, dass das gegenständliche Bauvorhaben drei Geschosse aufweise. Das Untergeschoß liege „zu mehr als der Hälfte unter dem projektierten Gelände“. Im Untergeschoß seien Abstellräume und eine Tiefgarage mit sechs Stellplätzen projektiert, im Erdgeschoß zwei Wohnungen und im Obergeschoß eine Wohnung.
4 Gemäß dem textlichen Bebauungsplan der Gemeinde M. vom 27. Februar 1997 werde die maximale Ausnützung für das verfahrensgegenständliche Grundstück mit einer Geschoßflächenzahl von 0,5 festgeschrieben, der Bebauungsplan bezeichne dies als „Nutzungsfaktor“. Aus den erläuternden Bemerkungen zu diesem Bebauungsplan ergebe sich, dass „jener Teil eines Geschosses eines Gebäudes, welcher über die Hälfte aus dem vergleichbaren Gelände hervorragt, normale Belichtung von außen besitzt und dessen Verwendung bzw. Widmung der Räume nicht Kellerräumen entspricht, in die Berechnung der Geschoßflächenzahl mit aufgenommen wird“. In § 5 Abs. 1 lege der Bebauungsplan eine maximal zulässige Geschoßanzahl für das Wohngebäude mit drei Geschoßen fest und unterscheide nicht zwischen ober und unterirdischen Geschoßen. Das Untergeschoß liege zu mehr als der Hälfte unter dem projektierten Gelände. Die Geschoßflächenanzahl betrage 0,463 und liege somit unter der zulässigen Geschoßflächenanzahl von 0,5.
5 Beim gegenständlichen Bauvorhaben würden die Baulinien (Mindestabstände) zur gemeinsamen Grenze mit der Parzelle der Revisionswerber gemäß § 8 Abs. 2 des Bebauungsplans der Gemeinde M., wonach die seitlichen Baulinien bei offener Bebauungsweise für alle Gebäude mit einem Abstand von mindestens der halben Traufenhöhe, jedoch mit mindestens drei Metern bis zur Nachbarschaftsgrundstücksgrenze bemessen seien, für das Untergeschoß samt Terrassenbrüstung und die Obergeschoße eingehalten. Der Eingangsbereich sei neu situiert worden, neue Pläne dazu seien vorgelegt worden, die Baulinien würden nun auch hier eingehalten. Das ergänzende Beweisverfahren habe ergeben, dass das Projekt sowohl hinsichtlich der Geschoßflächenzahl als auch der Einhaltung der erforderlichen Mindestabstandsflächen genehmigungsfähig sei.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die sich gegen die Begründung des LVwG zur Nichteinbeziehung des geplanten Kellergeschoßes in die Geschoßflächenzahl wendet und dazu auch vorbringt, dass es an Rechtsprechung zu den Voraussetzungen, unter welchen in Kärnten, im Besonderen auf Basis des textlichen Bebauungsplanes der Gemeinde M., ein Kellergeschoß in die Geschossflächenanzahl miteinzubeziehen sei, fehle. Weiters sei das LVwG von nicht näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Berechnung von Abstandsflächen abgewichen und es fehle Rechtsprechung zur Genehmigungsfähigkeit der beim Bauvorhaben projektierten Anschüttungen.
7 Die Revision wurde mitsamt den Verwaltungs und Gerichtsakten dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt.
8 Die belangte Behörde erstattete im Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Abweisung der Revision sowie Kostenersatz.
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Soweit sich die Revision gegen die Nichteinbeziehung des Kellergeschoßes in die Berechnung der Geschoßflächenanzahl unter Beachtung des textlichen Bebauungsplanes der Gemeinde M. wendet, ist sie zulässig. Die Revision ist auch begründet:
11 Wie bereits im Vorerkenntnis zu Ro 2014/06/0017 ausgeführt, haben Nachbarn ein Recht auf Einhaltung von Bestimmungen des Bebauungsplanes über die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes, insbesondere auch auf die die bauliche Ausnutzung beschränkende Geschoßflächenzahl (vgl. VwGH 24.10.2017, Ro 2014/06/0017).
12 § 3 des hier zur Anwendung gelangenden textlichen Bebauungsplanes der Gemeinde M. beschränkt die bauliche Ausnutzung eines Baugrundstückes durch die Festlegung einer maximal zulässigen Geschoßflächenzahl; konkret ist für das in Frage stehende Baugrundstück gemäß § 3 Abs. 1 lit. a des textlichen Bebauungsplanes eine maximale Geschoßflächenzahl von 0,5 zulässig.
13 Die „Erläuterungen zur Verordnung des textlichen Bebauungsplanes“ halten zur Baulichen Ausnutzung fest (Hervorhebung nicht im Original):
„Die bauliche Ausnutzung eines Grundstückes soll im textlichen Bebauungsplan nun einheitlich mit dem Nutzungsfaktor angegeben werden, weil die Geschoßzahl nicht genau festgelegt wird. Dieser ergibt sich aus dem Verhältnis der Summe der Geschoßflächen zur Grundstücksgröße. Die Geschoßflächen werden von Außenmauer zu Außenmauer gemessen. Das Ausmaß von Terrassen und Balkonen sowie Sonnenschutzdächern (Anlagen in Leuchtbauweise udgl.) werden in die Berechnung nicht einbezogen. (Unter Leichtbauweise werden hier die Holz oder Stahlgerüste mit Sonnenschutzplanen ohne seitliche Abschirmungen verstanden). Jener Teil eines Geschosses eines Gebäudes, welcher über die Hälfte aus dem vergleichbaren Gelände hervorragt, normale Belichtung von außen besitzt und dessen Verwendung bzw. Widmung der Räume nicht ausgesprochen Kellerräumen entspricht, wird in die Rechnung aufgenommen. “
14 Daraus ergibt sich, dass es zur Beurteilung, ob ein Geschoss oder ein Teil eines Geschosses in die Geschoßflächenzahl miteinzubeziehen ist, konkreter Feststellungen zur Situierung des Kellers sowie dazu bedarf, welcher Teil des Kellergeschosses über die Hälfte aus dem vergleichbaren Gelände hervorragt, ob dieser normale Belichtung von außen besitzt und für welche Verwendung die Räume vorgesehen sind bzw. welche Widmung dieser Räume vorliegt. Es kommt entgegen der vom LVwG getroffenen Feststellung nicht darauf an, „dass das Untergeschoss zu mehr als zur Hälfte unter dem projektierten Gebäude liegt“, sondern darauf, welcher Teil des Geschoßes „über die Hälfte aus dem vergleichbaren Gelände hervorragt“. Aus dieser Bestimmung folgt, dass u.U. nicht das ganze Untergeschoß anzurechnen oder nicht anzurechnen ist, sondern es ist gegebenenfalls auch nur ein Teil seiner Fläche in die Berechnung der Bebauungsdichte einzubeziehen.
15 Die Ausführungen des LVwG vermögen die rechtliche Beurteilung hinsichtlich der Geschossflächenzahl nach § 3 des textlichen Bebauungsplans nicht zu tragen. Die im angefochtenen Erkenntnis enthaltene Begründung erschöpft sich in einer (wörtlichen) Wiedergabe des Beschwerdevorbringens, der schriftlichen Stellungnahmen der Parteienvertreter sowie der Ausführungen des Sachverständigen, der Parteien und deren Vertreter in den beiden Verhandlungen vor dem LVwG sowie in den Feststellungen, dass das unterste Geschoss aufgrund der projektierten Hanglage des zu bebauenden Grundstückes teilweise unterhalb des angrenzenden Geländes liege, und dass das Untergeschoss zu mehr als zur Hälfte unter dem projektierten Gelände liege. Eigene Feststellungen des LVwG, die eine Beurteilung der in Rn. 15 dargestellten Frage ermöglichen würden, fehlen (vgl. zu den Anforderungen an eine ausreichende Begründung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung VwGH 5.11.2019, Ra 2019/06/0107, Rn. 10, mwN).
16 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen eingegangen werden musste.
17 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
18 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 23. April 2021
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