JudikaturVwGH

89/03/0069 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
24. Mai 1989

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Weiss, Dr. Leukauf und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Dr. Schmidt, über die Beschwerde der Z Gesellschaft m.b.H. Co KG in Z, vertreten durch Dr. Richard Larcher, Rechtsanwalt in Innsbruck, Schmerlingstraße 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 9. Jänner 1989, Zl. 230071/1-II/3-1988, betreffend Verlängerung einer Eisenbahnkonzession, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Mit Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 9. Jänner 1989 wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 20. September 1988 auf Verlängerung der am 7. November 1979 bis 3. Juli 2020 verliehenen Konzession für die G Bahn bis zum Jahre 2048 gemäß § 17 Abs. 6 des Eisenbahngesetzes 1957 nicht stattgegeben.

Zur Begründung wurde ausgeführt, am 2. September 1959 sei der G Aktiengesellschaft die Konzession für die G Bahn auf die Dauer von 60 Jahren, vom Tag der Betriebseröffnung an gerechnet, das sei der 3. Juli 1960 gewesen, verliehen worden. Durch Fusionierung der G Aktiengesellschaft mit der Beschwerdeführerin sei die G Bahn in deren Eigentum übergegangen und die angeführte Konzession gemäß § 30 Abs. 1 lit. c des Eisenbahngesetzes 1957 ex lege erloschen. Gemäß § 17 Abs. 5 des Eisenbahngesetzes 1957 sei der Beschwerdeführerin am 7. November 1979 auf die Dauer der oben angeführten Konzession, somit bis 3. Juli 2020, eine neue Konzession für die G Bahn verliehen worden. Weil die technischen Einrichtungen der G Bahn im Jahr 1988 technisch modernisiert worden seien, habe die Beschwerdeführerin gemäß § 17 Abs. 6 des Eisenbahngesetzes 1957 die Verlängerung der ihr verliehenen Konzession bis zum Jahre 2048 beantragt, obwohl die Konzession erst nach rund 31 Jahren ablaufe. Die beiden Voraussetzungen des § 17 Abs. 6 leg. cit. könnten bei sinnvoller und gesetzeskonformer Anwendung dieser Bestimmung allerdings erst zwei bis drei Jahre vor Ablauf einer Konzession beurteilt werden. Eine Beurteilung dieser Voraussetzungen bereits rund 31 Jahre vor Ablauf einer Konzession würde daher dem finalen Zweck des § 17 Abs. 6 leg. cit. zuwiderlaufen. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die G Bahn sei technisch auf den neuesten Stand gebracht worden, könne unberücksichtigt bleiben, da § 17 Abs. 6 leg. cit. nicht auf den technischen Zustand einer Eisenbahn abstelle. Dem gegenständlichen Antrag sei daher nicht stattzugeben gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin vorträgt, bei der Neuverleihung einer eisenbahnrechtlichen Konzession sei die Konzessionsdauer unter Berücksichtigung öffentlicher Interessen zu bemessen, wobei nach den Erläuternden Bemerkungen zum Eisenbahngesetz 1957 bei Hauptseilbahnen ein sechzigjähriger Beurteilungszeitraum als der wirtschaftlichen Entwicklung Rechnung tragend angenommen worden sei. Dementsprechend dürfe in Ansehung eines Verlängerungsantrages nicht davon ausgegangen werden, daß eine Prüfung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 6 des Eisenbahngesetzes 1957 erst zwei bis drei Jahre vor Ablauf der verliehenen Konzession erfolgen könne.

Mit Verfügung vom 6. März 1989 hat der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde gemäß § 35 Abs. 2 VwGG Gelegenheit gegeben, zu der in der Beschwerde behaupteten Rechtsverletzung Stellung zu nehmen.

Die belangte Behörde äußerte sich hiezu mit Schriftsatz vom 3. April 1989.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 17 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes 1957 ist in einem Antrag auf Verleihung der Konzession zum Bau und Betrieb einer öffentlichen Eisenbahn glaubhaft zu machen, daß die geplante Eisenbahn den öffentlichen Interessen dient ... Nach § 17 Abs. 3 leg. cit. darf die Konzession nur verliehen werden, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen oder wenn das öffentliche Interesse an der Erbauung und dem Betrieb der geplanten Eisenbahn die entgegenstehenden Interessen überwiegt (Gemeinnützigkeit der Eisenbahn).

Im Grunde des § 17 Abs. 4 leg. cit. wird die Konzession für eine bestimmte, unter Bedachtnahme auf das öffentliche Interesse an der geplanten Eisenbahn zu bemessende Zeit verliehen. Diese Zeit läuft ab dem Tag der Betriebseröffnung der ersten Teilstrecke.

Stellt der Konzessionsinhaber spätestens sechs Monate vor Ablauf der Konzessionsdauer den Antrag auf deren Verlängerung, so ist diesem Antrag gemäß § 17 Abs. 6 leg. cit. insoweit stattzugeben, als nicht öffentliche Verkehrsinteressen (wie insbesondere das Interesse an der Vereinheitlichung oder Rationalisierung des Eisenbahnverkehrs, das Verkehrsvolumen, die Streckenlänge, die sonstige verkehrswirtschaftliche Bedeutung der Eisenbahn oder eine dem Verkehrsbedürfnis besser entsprechende Umstellung auf den Straßenverkehr) entgegenstehen und die Weiterführung des Eisenbahnbetriebes und Eisenbahnverkehrs ohne erhebliche finanzielle Belastung des Bundes möglich ist.

Der Wortlaut des § 17 Abs. 6 des Eisenbahngesetzes 1957 läßt keinen Zweifel offen, daß ein Konzessionsinhaber, der einen Verlängerungsantrag nach dieser Gesetzesstelle stellt, bei Erfüllung der dort vorgesehenen Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Verlängerung der Konzession hat.

Aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 6 leg. cit. ergibt sich weiters, daß ein Antrag auf Konzessionsverlängerung spätestens sechs Monate vor Ablauf der Konzessionsdauer einzubringen ist. Es findet sich in § 17 Abs. 6 leg. cit. jedoch keine etwa durch Festlegung eines Zeitraumes oder eines frühesten Zeitpunktes bewirkte zeitliche Beschränkung dafür, ab wann frühestens ein Antrag auf Konzessionsverleihung eingebracht bzw. ab wann frühestens über einen solchen Antrag entschieden werden darf. Daraus folgt, daß ein Konzessionsinhaber, der bis zu dem spätestens sechs Monate vor Ablauf der Konzessionsdauer gelegenen Zeitpunkt einen Verlängerungsantrag einbringt, nach § 17 Abs. 6 leg. cit. einen durch einen Anfangstermin für eine Antragstellung nicht beschränkten Anspruch auf meritorische Entscheidung über den Verlängerungsantrag hat. Aus § 17 Abs. 6 leg. cit. ergibt sich ein Rechtsgrund für die Abweisung eines solchen Ansuchens insofern, als die Verlängerungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Im Falle der Erteilung einer neuen Konzession macht die Bestimmung des § 17 Abs. 4 leg. cit. die Bedachtnahme auf das öffentliche Interesse für die gesamte Zeit erforderlich, auf die sich die Konzessionserteilung erstrecken soll. Aus dem Fehlen einer Regelung über einen frühesten Antrags- bzw. Entscheidungstermin folgt in Verbindung mit dem dem § 17 Abs. 4 leg. cit. innewohnenden Beurteilungszeitraum, daß der auf die öffentlichen Verkehrsinteressen abgestellte Tatbestand des § 17 Abs. 6 nach Ablauf eines Teiles der Zeit, für die die Konzession verliehen worden ist, im Fall eines Verlängerungsantrages für einen entsprechend im Sinne des Antrages hinausgeschobenen Zeitraum tatbestandsbezogenen, d.h. die öffentlichen Verkehrsinteressen betreffenden Feststellungen nicht entgegensteht, sondern im Fall eines Verlängerungsantrages solche Feststellungen erforderlich macht.

Die belangte Behörde verkannte, daß sich aus der zitierten Bestimmung kein generell-abstrakter Abweisungsgrund eines Mangels an Beurteilungsmöglichkeit zu einem länger als zwei bis drei Jahre vor Ablauf einer Konzession gelegenen Zeitpunkt ergibt, daß vielmehr eine Sachentscheidung nach § 17 Abs. 6 leg. cit. die Feststellung des für die Beurteilung, ob in Ansehung des Verlängerungsantrages die Voraussetzungen des § 17 Abs. 6 leg. cit. erfüllt sind oder nicht, maßgebenden konkreten Sachverhaltes erfordert hätte. In ihrer mit Schriftsatz vom 3. April 1989 nach § 35 Abs. 2 VwGG erstatteten Äußerung wies die belangte Behörde auf den Gesichtspunkt der Zerstörung der Alpen und auf neue Technologien auf dem Seilbahnsektor, insbesondere auf Rationalisierungsentwicklungen und Förderleistungsbedürfnisse hin. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß unter derartigen Gesichtspunkten getroffene und in Ansehung der G Bahn der Beschwerdeführerin konkretisierte Sachverhaltsfeststellungen Grundlage für eine Beurteilung der Rechtsfrage, die sich aus der Anwendung des in § 17 Abs. 6 des Eisenbahngesetzes 1957 enthaltenen Tatbestandes „insoweit ..., als nicht öffentliche Verkehrsinteressen ... entgegenstehen“ ergibt, sein hätten können.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß S 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG in Verbindung mit § 35 Abs. 2 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst BGBl. Nr. 206/1989.

Wien, am 24. Mai 1989

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