Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. R e i c h e 1 und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger, als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des A in B, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 21. April 1987, Zl. 40.050 4/86, betreffend Rückzahlung von zu Unrecht entrichteter Lohnsteuer für die Zeit vom 1. November 1984 bis 31. Oktober 1985, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Beschwerdeführer ist „Chefkoch“ in einer öffentlichen Krankenanstalt und bezieht in dieser Eigenschaft neben seinem Gehalt eine Erschwerniszulage gemäß § 19a Gehaltsgesetz 1956. Da diese Zulage beim Steuerabzug vom Arbeitslohn nicht gemäß § 68 EStG steuerfrei belassen wurde, stellte der Beschwerdeführer für den Zeitraum 1. November 1984 bis 31. Oktober 1985 einen Antrag auf Rückerstattung von zu Unrecht entrichteter Lohnsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO. Als Begründung gab er an, daß ihm die Erschwerniszulage wegen „Einwirkung von Hitze, Kälte oder Nässe“ gewährt werde.
Das Finanzamt wies den Antrag ab. Die Tätigkeit in einer Krankenhausküche sei durchaus vergleichbar mit der Tätigkeit in anderen Großküchen, wie z.B. in Hotelküchen. Da im Kollektivvertrag für das Gast , Schank und Beherbergungsgewerbe keine Erschwerniszulage wegen Einwirkung von Hitze, Kälte oder Nässe vorgesehen sei, stehe auch dem Beschwerdeführer die für Erschwerniszulagen im § 68 EStG vorgesehene Steuerbefreiung nicht zu.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Der Umstand, daß im Kollektivvertrag für das Gast , Schank und Beherbergungsgewerbe keine Erschwerniszulage wegen der Einwirkung von Hitze, Kälte oder Nässe vorgesehen sei, könne auch darauf zurückzuführen sein, daß in dieser Berufssparte die genannten Erschwernisse nichts Außergewöhnliches seien und bereits mit einem entsprechend hohen Grundlohn abgegolten würden. Der Beschwerdeführer sei jedoch im öffentlichen Dienst tätig, in dem solche Erschwernisse keineswegs allgemein üblich seien. Das ständige Stehen und Gehen auf einem Klinkerboden sei mit extremer Sturzgefahr und einer überdurchschnittlichen Abnutzung des Bewegungs und Stützapparates verbunden. Dazu komme der häufige Wechsel von extremer Kälte im Kühl bzw. Gefrierraum und extremer Hitze, die durch das Kochen großer Nahrungsmengen bedingt sei. Auch die extrem hohe Luftfeuchtigkeit führe zu außerordentlichen Arbeitserschwernissen. Schließlich sei die Arbeit in der Küche mit weit stärkerer Verschmutzung verbunden als dies im öffentlichen Dienst gemeinhin der Fall sei. Spritzende Fette und dauernde Gerüche erforderten täglichen Kleiderwechsel sowie tägliches Baden und Haarewaschen.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab. Die Steuerfreiheit von Erschwerniszulagen sei davon abhängig, daß die vom Arbeitnehmer zu erbringende Arbeit überwiegend unter Umständen erfolgt, die im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen. Der Vergleich müsse im Rahmen gleichartiger Betriebe angestellt werden. Ob die Tätigkeit in einem privatwirtschaftlich geführten Betrieb oder im öffentlichen Dienst erbracht werde, sei unerheblich. Das Finanzamt habe festgestellt, daß die dem Beschwerdeführer zuerkannte Erschwerniszulage mit dem ständigen Stehen auf dem Pflasterboden und der Hitze im Küchenbereich begründet werde. Eine derartige Erschwernis sei jedoch im Vergleich zu Küchenpersonal in anderen Betrieben nichts Außerordentliches.
Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage seiner Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Er stütze seinen Anspruch primär darauf, daß seine Zulage als Schmutz , Erschwernis oder Gefahrenzulage anzuerkennen sei. Auf die Bezeichnung komme es nicht an. Er habe in seiner Berufung dargelegt, daß seine Arbeit auch mit erheblicher Verschmutzung und gesundheitsschädigenden Einwirkungen bzw. Gefahren verbunden sei. Im übrigen bestreite er, daß die Arbeit in einer Krankenhausküche mit der in einer Hotel oder Kantinenküche vergleichbar sei, weil bezüglich der Herstellung der Speisen (Einhaltung von Diätvorschriften) sowohl hinsichtlich der Genauigkeit als auch hinsichtlich „der technisch organisatorischen Voraussetzungen“ ganz andere Bedingungen bestünden. Im übrigen sei ein Vergleich innerhalb bestimmter Branchen im Gesetz nicht vorgesehen. Vielmehr sei nur der Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen relevant. Würde man den Vergleich jeweils nur innerhalb einer bestimmten Branche anstellen, so wären z.B. auch Kanalbauer oder Gerüstarbeiter von der Begünstigung des § 68 EStG ausgeschlossen, da die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Erschwernisse, Gefahren und Verschmutzungen innerhalb ihrer Branche nichts Außerordentliches wären.
Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Aus der gesonderten Definition von Schmutzzulagen, Erschwerniszulagen und Gefahrenzulagen im § 68 Abs. 2 Z. 1 bis 3 EStG sei zu schließen, daß der Grund, der zum Anlaß einer Zulage genommen werde, von Bedeutung sei. Es gehe nicht an, die vom Arbeitgeber für die Zulagengewährung als maßgebend erachtete Zweckbestimmung im nachhinein willkürlich abzuändern, um in den Genuß der Steuerfreiheit zu gelangen. Es sei daher nicht zulässig, die Erschwerniszulage des Beschwerdeführers in eine Gefahren oder Schmutzzulage umzudeuten. Was nun die Erschwernis bei den Arbeitsbedingungen des Beschwerdeführers anlange, so müsse das Merkmal der Außerordentlichkeit im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen in der Berufssparte des Beschwerdeführers und nicht etwa im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen schlechthin erfüllt sein. Das vom Beschwerdeführer vorgebrachte Argument, in Krankenhausküchen habe die Zubereitung der Speisen (Diätkost) mit besonderer Sorgfalt und unter größerem organisatorischem Aufwand als üblich zu erfolgen, sei keine Begründung für eine außerordentliche Arbeitserschwernis.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 68 EStG sieht u.a. für Schmutz , Erschwernis und Gefahrenzulagen eine (teilweise) Steuerbefreiung vor. Gemäß Absatz 2 der zitierten Bestimmung sind unter Schmutz , Erschwernis und Gefahrenzulagen jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die
1. in erheblichem Maße eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung zwangsläufig bewirken, oder
2. im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen, oder
3. infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.
Für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung ist zunächst Voraussetzung, daß der Arbeitnehmer tatsächlich eine derartige Zulage erhält. Es kommt also nicht allein darauf an, ob eine Arbeit verrichtet wird, die mit besonderer Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr für den Arbeitnehmer verbunden ist, sondern der Arbeitgeber muß diesem Umstand auch durch eine eigene Zulage Rechnung tragen. Tut er dies trotz Vorliegens besonderer Arbeitsbedingungen nicht, so kann die Begünstigung des § 68 EStG nicht in Anspruch genommen werden. Daraus folgt aber auch, daß es unzulässig ist, eine Erschwerniszulage in eine andere Zulage, die der Arbeitnehmer nicht erhält, umzudeuten. Ebensowenig wie bei einem Arbeitnehmer, der überhaupt keine Zulage erhält, ein Teil des normalen Arbeitslohnes als „Zulage“ für besonders ungünstige Arbeitsbedingungen qualifiziert werden kann, ebensowenig kann eine gewährte Erschwerniszulage in eine nicht gewährte Schmutz oder Gefahrenzulage umgedeutet werden. Die diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers erweisen sich daher bereits im grundsätzlichen als verfehlt, sodaß sich eine weitere Auseinandersetzung mit der Frage erübrigt, ob die Notwendigkeit einer täglichen gründlichen Körperreinigung bereits ein Indiz für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine steuerbegünstigte Schmutzzulage darstellt, oder ob die Tätigkeit in einer Küche mit besonderer Sturzgefahr verbunden ist.
Die Ermittlungen im Verwaltungsverfahren haben ergeben, daß der Beschwerdeführer die Erschwerniszulage wegen des „ständigen Stehens auf dem Pflasterboden und der Hitze im Küchenbereich“ erhält. Zu Recht vertritt die belangte Behörde die Auffassung, daß diese Umstände keine außerordentliche Erschwernis im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen darstellen. Der Beschwerdeführer meint, der Vergleich mit den Arbeitsbedingungen in anderen Großküchen sei unzulässig. Vielmehr müsse der Vergleich mit den allgemeinen Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst angestellt werden. Nun hat aber der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, daß der vom Gesetzgeber geforderte „Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen“ sinnvollerweise nur im Rahmen der jeweiligen Berufssparte gezogen werden kann, weil ein Vergleich nur dann eine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung verglichener Sachverhalte rechtfertigt, wenn die verglichenen Sachverhalte ihrer Art nach überhaupt einen Vergleich zulassen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. März 1984, Zl. 83/14/0095, vom 19. Jänner 1988, Zl. 85/14/0124, und vom 16. März 1988, Zl. 87/14/0194). Mit Rücksicht auf die unterschiedlichsten Arbeitsbedingungen, unter denen nichtselbständige Tätigkeiten ausgeübt werden, würde ein Vergleich mit den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen „schlechthin“ bzw. mit den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst, wie er dem Beschwerdeführer vorschwebt, bereits daran scheitern, daß es an allgemein vergleichbaren Arbeitsbedingungen fehlt. Dem Beschwerdeführer ist allerdings darin zuzustimmen, daß der Vergleichsrahmen auch nicht zu eng gezogen werden darf. So wäre es beispielsweise unzulässig, Anstreicher, die unter besonders schwierigen Arbeitsbedingungen arbeiten, mit Anstreichern zu vergleichen, die unter denselben besonderen Umständen tätig werden, und damit das Vorliegen außerordentlicher Arbeitsbedingungen zu verneinen. Vielmehr müßte ein Vergleich mit den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen von Anstreichern getroffen werden. Gleiches gilt für die vom Beschwerdeführer als Beispiel erwähnten Gerüstarbeiter. Auch ihre Arbeitensbedingungen dürften nicht mit denen bei anderen Gerüstarbeitern verglichen werden, sondern mit den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen von Bauarbeitern.
Unter Beachtung dieses Gesichtspunktes ist der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit unterlaufen, wenn sie die Arbeitsbedingungen des Beschwerdeführers mit jenen verglichen hat, die den Beruf des Beschwerdeführers allgemein kennzeichnen. Da das berufsmäßige Herstellen von Speisen in Küchenbetrieben in der Regel mit dem Stehen auf hartem Fliesenboden und mit einer durch den Kochvorgang erhöhten Temperatur verbunden ist nur für diese Erschwernis wurde dem Beschwerdeführer von seinem Arbeitgeber eine Erschwerniszulage zuerkannt, sodaß allfällige andere Erschwernisse rechtlich unbeachtlich sind , war das Vorliegen einer für die Steuerbefreiung von Erschwerniszulagen im § 68 EStG geforderten außerordentlichen Erschwernis im Beschwerdefall zu verneinen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, 18. Oktober 1988