Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde des H R in M, vertreten durch Dr. Walter Ratt, Rechtsanwalt in Mauerkirchen, Untermarkt 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. November 1985, Zl. BauR 5279/2 1935 Pri/Han, betreffend die Verhängung einer Zwangsstrafe in einer Bausache, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Verfahrensaufwand in der Höhe von S 2.760, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde M vom 4. Juni 1975 wurde dem Beschwerdeführer die Bewilligung zur Errichtung einer Schwimmhalle und zweier Garagen in M, Parzelle 182 und 177/73 der Katastralgemeinde M, bewilligt. Dieser Bescheid enthalt als Punkt 28 nachstehende Auflage:
„Entlang der Sgasse ist aus den Parzellen Nr. 165/2 und 132 beginnend bei der Grundgrenze Vstraße bis zur Grundgrenze der Firma H, der für die Verbreiterung der Verkehrsflache bzw. zur Errichtung von Gehsteigen erforderliche Grund kostenlos abzutreten. Laut Mitteilung des Ortsplaners Ing. A, ist bei dem in Ausarbeitung befindliche Teilbebauungsplan für diesen Bereich eine Gesamtbreite der Verkehrsflache von 9 m vorgesehen. Von der östlichen Grundgrenze der Sgasse ergibt es 0,5 m Rinnsal, 6 m Fahrbahn, 0,5 m Rinnsal, 2 m Gehsteig. Die durch die Ausführung dieses Straßenbauvorhabens entstehenden rosten, wie Vermessung, Grundbuchsordnung und Versetzen der bestehenden Einfriedungen und Errichtung der Gehsteige übernimmt die Gemeinde. Bestehende Baumgruppen und Sträucher, die in den Bereich der Grundablöse fallen und die durch die Neuanlegung der Einfriedung entfernt bzw. beschädigt werden, werden nach den bestehenden Richtlinien der Landwirtschaftskammer für O.S. von der Gemeinde abgelöst.“
Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Da sich der Beschwerdeführer nach längeren Verhandlungen und Korrespondenzen weigerte, diese Abtretungsverpflichtung zu erfüllen, wurde ihm mit Erledigung der Bezirkshauptmannschaft B vom 27. Juni 1984 eine Zwangsstrafe von S 5.000, angedroht, falls er bis zum 15. August 1984 nicht alle für die Grundabtretung erforderlichen Handlungen, soweit sich diese auf Teile der Parzelle 182, KG M, beziehen, gesetzt habe. Mit Schreiben vom 11. Dezember 1984 wies die Marktgemeinde M neuerlich darauf hin, daß die Abtretungsfläche bereits von einem Zivilgeometer dargestellt worden sei und auch schon Besprechungen mit den vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen Architekten über die Erstellung einer neuen Einzäunung geführt worden seien. Der Beschwerdeführer wurde ersucht, vor Fortführung des Zwangsstrafverfahrens dem Gemeinderat bekanntzugeben, ob er nun der Vorschreibung über die Grundstücksabtretung entsprechen wolle, widrigenfalls die Fortführung des Vollstreckungsverfahrens beantragt werden müsse.
Nachdem der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 22. Jänner 1985 über die Verhängung der angedrohten Geldstrafe mit Bescheid vom 15. April 1985 aufgehoben worden war (der Beschwerdeführer hatte zum Beweis, daß er lediglich Miteigentümer sei, einen alten Grundbuchsauszug vorgelegt), erging über neuerlichen Antrag der Marktgemeinde M vom 9. Mai 1985 der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 17. Juni 1985, mit dem die angedrohte Geldstrafe von S 5.000, verhängt wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der vom Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Vollstreckungsbescheid erhobenen Berufung keine Folge. Begründend führte sie aus, daß Berufung gegen eine nach dem VVG 1950 erlassene Vollstreckungsverfügung nur aus den Gründen des § 10 Abs. 2 VVG 1950 ergriffen werden könne, so daß die Frage der Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Bescheides nicht mehr aufgegriffen werden könne.
Entgegen der Ausführung des Beschwerdeführers sei die Auflage im Baubewilligungsbescheid sehr wohl Bestandteil des Spruches; sie sei als bedingter Polizeibefehl dadurch, daß von der Bewilligung Gebrauch gemacht worden sei, wirksam und somit auch vollstreckbar geworden. Soweit eingewendet werde, daß im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides die Parzelle jeweils im Hälfteeigentum des Beschwerdeführers und eines anderen gestanden sei, könne die Frage der Rechtmäßigkeit des Bescheides nicht mehr aufgerollt werden. Wenn das Grundstück auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nur im Hälfteeigentum des Beschwerdeführers gestanden sei, so sei dieser aber in der Folge Alleineigentümer des erwähnten Grundstücks geworden. Da im Bauverfahren bzw. bei der Vorschreibung der Auflage die bescheiderlassende Behörde bereits von der Annahme ausgegangen sei, daß der Bauwerber Alleineigentümer des erwähnten Grundstücks sei, liege keine Änderung des Sachverhalts vor, die eine Vollstreckung unzulässig mache. Für die Abgabe einer schriftlichen Erklärung sei die dem Beschwerdeführer eingeräumte Paritionsfrist von zirka sechs Wochen zweifelsfrei ausreichend bemessen. Die Formulierung der Auflage im Baubewilligungsbescheid sei auch durch den Hinweis auf den Teilbebauungsplan hinreichend bestimmt; daraus ergebe sich nämlich die Größe der abzutretenden Grundfläche. Schließlich kenne das öffentliche Recht keine Verjährungsfristen; die Erteilung der Benützungsbewilligung auf Grund der Baubewilligung könne auch nicht einen Verzicht auf die Geltendmachung der Auflage zur Folge haben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
Nicht recht verständlich sind die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Vollstreckbarkeit von Auflagen, deren Wesen er offensichtlich verkennt. Auflagen sind bedingte Polizeibefehle und werden dadurch zu unbedingten, daß jemand von der Bewilligung, mit der die Auflage verbunden ist, Gebrauch macht. Da der Beschwerdeführer unbestritten die erteilte Baubewilligung konsumiert hat, sind die damit verbundenen Auflagen vollstreckbar geworden. Mit einer Anführung im Spruch u.dgl. hat dies nichts zu tun.
Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, daß eine Abtretungsverpflichtung dann zu unbestimmt und daher eine Vollstreckung unzulässig (§ 10 Abs. 2 lit. a VVG 1950) wäre, wenn sie sich nur auf den „für die Verbreiterung der Verkehrsfläche bzw. zur Errichtung von Gehsteigen erforderlichen Grund“ bezogen hätte. Diese Verpflichtung wurde aber durch die Bezugnahme auf den wenn auch formal noch nicht beschlossenen Teilbebauungsplan und die Angabe der Breite der vorgesehenen Verkehrsflächen von der anderen Straßenseite hinreichend bestimmbar gemacht. Der Beschwerdeführer vermengt hier die für die Verbücherung erforderlichen urkundlichen Bestimmtheitserfordernisse mit den Anforderungen, die hinsichtlich der Bestimmtheit zur Durchsetzung eines Anspruches erforderlich sind. Geht doch die Auflage ausdrücklich davon aus, daß erst entsprechende Grundbuchsurkunden zu errichten sind und zwar auf Kosten der Gemeinde , die dann zur Verbücherung geeignet sind. Auch das Fehlen einer Paritionsfrist in der Auflage selbst hängt einerseits mit dem Wesen der Auflage zusammen, daß sie erst mit Konsumierung der Bewilligung vollstreckbar wird, andererseits gilt in der gesamten österreichischen Rechtsordnung der Grundsatz, daß mangels einer Leistungsfrist unverzüglich zu leisten ist.
Grundsätzlich ist der Einwand des Beschwerdeführers berechtigt, daß es Sache der Gemeinde wäre, dem Beschwerdeführer einen grundbuchsfähigen Vertrag vorzulegen, damit er ihn fertigen könne. Da sich der Beschwerdeführer in der Korrespondenz gegenüber der Gemeinde als der Berechtigten ausdrücklich geweigert hat, seiner Abtretungsverpflichtung nachzukommen, und er auch der am 11. Dezember 1984 neuerlich erfolgten Aufforderung bekanntzugeben, ob er zur Abtretung bereit wäre, nicht entsprochen hat, bedurfte es keiner formellen Vorlage, um den Verzug des Beschwerdeführers und damit die Ungehorsamsfolgen des § 5 VVG 1950 auszulösen.
Auch die Einwendung des Verzichts und der Verjährung gehen an der Rechtslage vorbei. Eine Verjährung ist dem Verwaltungsrecht grundsätzlich überhaupt unbekannt; nur der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, daß die Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums an unbeweglichen Sachen mangels Anwendbarkeit der Sonderbestimmungen der §§ 1486 ff ABGB erst in dreißig Jahren verjährt. Es ist auch nicht einzusehen, inwiefern die Erteilung der Benützungsbewilligung als Verzicht auf die Abtretung ausgelegt werden könnte. Die Unterlassung der Abtretung steht ja der Benützung des Baues, wenn dieser den Vorschriften gemäß errichtet worden ist, keineswegs entgegen.
Damit bleibt die Einwendung des Beschwerdeführers, die Behörden hätten sich zu wenig mit der Frage auseinandergesetzt, daß er über fremdes Eigentum nicht hätte verfügen können, er aber im maßgeblichen Zeitpunkt nicht allein verfügungsberechtigt war. Die Vollstreckung durch Verhängung von Zwangsstrafen setzt allerdings die Verfügungsberechtigung über das (zum Teil) abzutretende Grundstück voraus. Dabei ist aber wegen der Beschränkung der Berufungsgründe in § 10 VVG 1950 auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Auflage im Zeitpunkt der Festsetzung nicht einzugehen; für die Frage, ob die in der Auflage festgehaltene Verpflichtung nach § 5 VVG 1950 vollstreckbar ist, ist die Rechtslage bei Erlassung des Vollstreckungsbescheides maßgebend. Der Beschwerdeführer vermag aber nicht zu bestreiten, daß er zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich des Grundstückes Nr. 182 der KG M hinsichtlich eines anderen Grundstücks ist ein Vollstreckungsbescheid nicht ergangen Alleineigentümer und daher auch verfügungsberechtigt war.
Da sohin die Zwangsstrafe zu Recht verhängt worden ist, war die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Vornahme der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen, da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt; überdies handelt es sich nicht etwa um die Prüfung der Abtretungsverpflichtung an sich, sondern nur um die Zulässigkeit der Vollstreckung, die auch im gerichtlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung erfolgt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, 27. Mai 1986