JudikaturVwGH

86/03/0174 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
18. März 1987

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des A, vertreten durch B, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 18. August 1986, Zl. IIb2 V 4905/5 1986, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Nach Abtretung des Strafverfahrens durch die Bundespolizeidirektion Innsbruck gemäß § 29a VStG 1950 und nach dem Ergehen der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 23. August 1985, gegen die der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch erhob, wurde der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis derselben Behörde vom 28. November 1985 schuldig erkannt, er sei am 29. Juli 1985, um 10.16 Uhr, mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in Innsbruck vom Herzog-Sigmund-Ufer (Markthalle) kommend trotz des gut sichtbar angebrachten Vorschriftszeichens „Einbiegen nach rechts“ nach links in den Innrain gefahren und habe die Fahrt in Richtung Marktgraben fortgesetzt. Er habe dadurch eine Übertretung nach § 52 Z. 15 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 400,-- (Ersatzarreststrafe 24 Stunden) verhängt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Rechtfertigung des Beschwerdeführers gehe dahin, er sei auf dem Herzog-Sigmund-Ufer in Richtung Innrain gefahren, sei dann vorerst nach rechts in den Innrain eingebogen, auf dem Innrain 1 bis 2 m gefahren und erst dann nach links in Richtung Marktgraben weitergefahren. Diese Rechtfertigung könne jedoch nicht als zielführend angesehen werden. Der Meldungsleger sei als Zeuge vernommen worden. Er habe ausdrücklich festgehalten, daß der Beschwerdeführer sein Fahrzeug nicht nach rechts gelenkt habe, sondern sofort geradeaus auf die südseitige Fahrbahn des Innrain eingefahren sei. Der Meldungsleger habe diese Fahrweise des Beschwerdeführers aus nur wenigen Metern Entfernung wahrnehmen können. Es müsse den zur Wahrnehmung der Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs, insbesondere zur Überwachung der Einhaltung der verkehrspolizeilichen Vorschriften bestellten und geschulten Organen der Sicherheitswache zugebilligt werden, über das Verhalten von Verkehrsteilnehmern mit Sicherheit Feststellungen treffen und verläßliche Angaben darüber machen zu können. Die verhängte Geldstrafe scheine dem Unrechtsgehalt der Übertretung angemessen. Als Verschuldensgrad komme Vorsatz in Betracht. Der Beschwerdeführer verfüge über ein geregeltes Einkommen und habe keine Sorgepflichten.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen, der Spruch des Straferkenntnisses jedoch insoweit „verbessert“, als anstelle der Worte „nach links“ das Wort „geradeaus“ gesetzt wurde.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe bei seiner Einvernahme am 10. September 1985 angegeben, er sei vorerst nach rechts in den Innrain eingebogen, dann nach links auf dem Innrain eingebogen und in Richtung Marktgraben weitergefahren. Er bestätige damit selbst den gegen ihn erhobenen Vorwurf, der im Zuge des Verfahrens vom Meldungsleger und von einem weiteren Polizeibeamten, der Tatzeuge gewesen sei, bestätigt worden sei. Aus dem im Zuge des Berufungsverfahrens eingeholten Lageplan ließen sich die örtlichen Verhältnisse und die Fahrlinie des Beschwerdeführers ersehen. Es sei davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer zunächst ein kurzes Stück nach rechts eingebogen sei, in weiterer Folge jedoch praktisch geradeaus fahrend die Fahrbahnmitte (die Fahrbahnhälften seien durch eine Sperrlinie abgeteilt) überfahren habe und sodann nach links Richtung Marktgraben weitergefahren sei. Richtigerweise hätte er entsprechend dem Gebotszeichen nach § 52 Z. 15 StVO vom Herzog-Sigmund-Ufer (Markthalle) kommend nach rechts in den Innrain einbiegen müssen und sodann geradeaus weiterfahrend erst an erlaubter Stelle nach links in die Gegenfahrbahn einbiegen dürfen. Die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Übertretung sei somit einwandfrei erwiesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 1. Oktober 1986 Beschwerde, welche ihm zur Behebung von Mängeln zurückgestellt wurde. In der Folge brachte der Beschwerdeführer den mit 8. Oktober 1986 datierten neuen Beschwerdeschriftsatz unter Wiedervorlage der zurückgestellten Beschwerde ein.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstraf-verfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich nach dem Beschwerdevor-bringen in seinem Recht verletzt, nach der gegebenen Sach- und Rechtslage einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Z. 15 StVO nicht schuldig erkannt und nicht dafür bestraft zu werden.

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz vom 8. Oktober 1986 vor, im angefochtenen Bescheid werde in der Begründung davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer von der Markthalle kommend in den Innrain zunächst ein kurzes Stück nach rechts eingebogen sei, in weiterer Folge jedoch praktisch geradeaus fahrend die Fahrbahnmitte überfahren habe und sodann nach links Richtung Marktgraben weitergefahren sei. Dadurch habe er gegen das Gebotszeichen nach § 52 Z. 15 StVO verstoßen, da er nach rechts in den Innrain hätte einbiegen müssen, sodann geradeaus hätte weiterfahren und müssen erst an erlaubter Stelle nach links in die Gegenfahrtrichtung hätte einbiegen dürfen. Die belangte Behörde verkenne dabei die Bestimmung des Gebotszeichens gemäß § 52 Z. 15 StVO. Dieses Gebotszeichen zeige lediglich an, daß Lenker von Fahrzeugen nur in der durch den Pfeil angegebenen Fahrtrichtung fahren dürfen, d.h. unter Bedachtnahme auf den Ort seiner Aufstellung, mit anderen Worten, daß also aus der Fahrbahn Herzog-Sigmund-Ufer nicht nach links abgebogen werden darf. Nun führe der angefochtene Bescheid in seiner Begründung jedoch ausdrücklich an, daß der Beschwerdeführer zunächst ein kurzes Stück nach rechts eingebogen sei. Er habe somit dem Gebotszeichen gemäß § 52 Z. 15 StVO entsprochen, da er eben in die durch das Gebotszeichen vorgegebene Fahrtrichtung eingebogen sei. Das Gebotszeichen „vorgeschriebene Fahrtrichtung“ sei somit durch den Beschwerdeführer beachtet worden. Keinesfalls bringe dieses Gebotszeichen zum Ausdruck, daß an einer anderen Stelle von der vorgeschriebenen Fahrtrichtung nicht etwa eine Richtungsänderung nach links vorgenommen werden dürfe. Der Beschwerdeführer habe somit nicht die im Bescheid angeführte Verwaltungsübertretung begangen. Die belangte Behörde führe dazu weiter aus, daß die Fahrbahnhälften am Innrain durch eine Sperrlinie abgeteilt seien. In diesem wesentlichen Punkt bedürfe das Verfahren einer Ergänzung. Wohl sei es richtig, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung, am 18. August 1986, sich in diesem Bereich Sperrlinien befunden hätten, diese Sperrlinien hätten sich jedoch an dieser Stelle noch nicht zum Zeitpunkt der behaupteten Verwaltungsübertretung, nämlich am 29. Juli 1985, befunden. Somit sei der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt auch berechtigt gewesen, von der Fahrbahn des Innrains, auf die er sich nach rechts einbiegend eingeordnet gehabt habe, in weiterer Folge nach links in den Marktgraben abzubiegen, ohne hiebei eine Verwaltungsübertretung zu begehen. Zusammenfassend müsse daher nochmals betont werden, daß der Beschwerdeführer am 29. Juli 1985 dem Gebotszeichen folgend zunächst nach rechts eingebogen sei. Aus dem Gebotszeichen sei nicht abzuleiten, wie lange sich sodann der Beschwerdeführer auf der nach der Fahrtrichtung angegebenen Fahrbahn befinden müsse. Dem Beschwerdeführer sei zum damaligen Zeitpunkt erlaubt gewesen, in weiterer Folge von der vorgegebenen Fahrtrichtung in den Marktgraben einzubiegen. Zum damaligen Zeitpunkt hätten keinerlei Sperrlinien bestanden, die ein Einfahren in den Marktgraben etwa verboten hätten.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Das Gebotszeichen „Vorgeschriebene Fahrtrichtung“ nach § 52 lit. b Z. 15 StVO (in der Fassung der 6. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 412/1976) zeigt an, daß Lenker von Fahrzeugen nur in der durch den Pfeil angegebenen Fahrtrichtung fahren dürfen. ..... Das Zeichen ist, sofern es sich auf eine Kreuzung bezieht, in angemessenem Abstand vor der Kreuzung, sonst vor der Stelle, für die es gilt, anzubringen; ......“

„Kreuzung“ ist nach § 2 Abs. 1 Z. 17 StVO eine Stelle, auf der eine Straße eine andere überschneidet oder in sie einmündet, gleichgültig in welchen Winkel.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u.a. ausgeführt, daß die Fahrbahnhälften (des Innrain) durch eine Sperrlinie abgeteilt seien und der Beschwerdeführer die Sperrlinie überfahren habe. Es folgt der Satz, der Beschwerdeführer hätte richtigerweise vom Herzog-Sigmund-Ufer (Markthalle) kommend nach rechts in den Innrain einbiegen müssen und sodann geradeaus weiterfahrend erst an erlaubter Stelle nach links in die Gegenfahrtrichtung einbiegen dürfen. Das Wort „richtigerweise“ wurde von der belangten Behörde mit dem Ausdruck „entsprechend dem Gebotszeichen nach § 52 Z. 15 StVO“ verbunden.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes vertrat die belangte Behörde insoweit eine nicht der Rechtslage entsprechende Auffassung. Das Gebot, die vorgeschriebene Fahrtrichtung einzuhalten, gilt nämlich, wie sich aus dem Wortlaut des § 52 Z. 15 StVO ergibt, nur für die mit dem betreffenden Gebotszeichen beschilderte Kreuzung oder Stelle. Die Fahrstrecke, die bereits außerhalb der Kreuzung liegt, die durch die vom Herzog-Sigmund-Ufer (Markthalle) kommende Straße im Verhältnis zum Innrain gebildet wird, unterliegt somit nicht dem Gebot, welches sich aus dem vor dieser Kreuzung angebrachten Gebotszeichen „vorgeschriebene Fahrtrichtung“ ergibt. Ob vom Beschwerdeführer etwa die Vorschrift des § 9 Abs. 1 StVO, wonach Sperrlinien nicht überfahren werden dürfen, übertreten wurde, ist im gegebenen Zusammenhang nicht zu erörtern, weil der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid einer solchen Übertretung nicht schuldig erkannt wurde.

Unbeschadet der Unrichtigkeit der zitierten Auffassung der belangten Behörde ist der vorliegenden Beschwerde kein Erfolg beschieden, weil der Verwaltungsgerichtshof in dieser Auffassung keine tragende Begründung des angefochtenen Bescheides zu erblicken vermag. Der gegen den Beschwerdeführer gefällte Schuldspruch geht dahin (§ 44a lit. a VStG 1950), er sei vom Herzog Sigmund-Ufer (Markthalle) kommend geradeaus in den Innrain gefahren und habe die Fahrt in Richtung Marktgraben fortgesetzt. Die belangte Behörde beschrieb in der Begründung des angefochtenen Bescheides dieses Fahrmanöver dahin, daß der Beschwerdeführer zunächst ein kurzes Stück nach rechts eingebogen sei, in weiterer Folge jedoch „praktisch geradeausfahrend“ die Fahrbahnmitte überfahren habe und sodann nach links Richtung Marktgraben weitergefahren sei. Aus diesen Ausführungen ergibt sich die behördliche Feststellung, daß der Beschwerdeführer auf der Kreuzung, die durch die Ausfahrt vom Herzog-Sigmund-Ufer und dem Innrain gebildet wird, die Fahrtrichtung nach rechts zumindest nicht voll einhielt, sondern eben schon dort „praktisch“ geradeaus fuhr.

Die im Beschwerdeschriftsatz vom 8. Oktober 1986 geltend gemachte Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides liegt somit nicht vor.

Was die nach der dargestellten Rechtslage maßgebenden Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde anlangt, trifft nach der Aktenlage die in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltene Aussage zu, daß der Beschwerdeführer selbst mit seiner Rechtfertigung den gegen ihn erhobenen Vorwurf bestätigte. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im gegebenen Zusammenhang, entgegen der im Beschwerdeschriftsatz vom 1. Oktober 1986 vom Beschwerdeführer offenbar vertretenen Auffassung, keine Verletzung von Verfahrensvorschriften zu erkennen. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch keine Bedenken gegen die schon von der Erstbehörde getroffenen und von der belangten Behörde übernommenen Feststellung, daß dem dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Fahrmanöver Vorsatz zugrunde liegt.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 18. März 1987

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