JudikaturVwGH

85/03/0133 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
15. Januar 1986

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde des J S in P, vertreten durch Dr. Anton W, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 5. August 1985, Zl. 9/01 22.618/3 1985, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung der Strafaussprüche und des damit zusammenhängenden Ausspruches über den anteilsmäßigen Kostenersatz wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen (somit in Ansehung der Schuldsprüche) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.720, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Ein Beamter des Gendarmeriepostenkommandos Zell am See erstattete am 11. November 1983 die Anzeige, der Beschwerdeführer habe am 6. Oktober 1983 gegen 19,10 Uhr seinen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw mit ca. 60 km/h im Ortsgebiet auf der B XXX von Z in Richtung S gelenkt. Auf der Kreuzung mit der K Straße habe er den die B XXX auf dem beleuchteten Zebrastreifen von links nach rechts überquerenden Fußgänger A W angefahren, der auf die Motorhaube und sodann gegen die Windschutzscheibe geschleudert worden sei, wobei die Motorhaube stark deformiert und die Windschutzscheibe zertrümmert worden sei. Der Fußgänger sei rund 35 m nach der Anstoßstelle auf die Fahrbahn gefallen und auf dem Weg ins Krankenhaus um 19,15 Uhr verstorben. Der Beschwerdeführer habe nach dem Unfall sein Fahrzeug kurz abgebremst und zurückgeschaltet, sei jedoch, ohne anzuhalten, ohne Windschutzscheibe, 8 km weiter nach Hause (P) gefahren. Um 19,30 Uhr habe die Mutter des Beschwerdeführers die Gendarmerie vom Unfall verständigt. Der um 20,25 Uhr erfolgte Alkotest sei positiv verlaufen. Der Sprengelarzt habe die Fahruntüchtigkeit des Beschwerdeführers festgestellt. Dem ärztlichen Untersuchungsbefund ist zu entnehmen, daß beim Beschwerdeführer keine Anzeichen eines Schocks bestanden und er unverletzt war. Dem Beschwerdeführer sei auch Blut abgenommen worden. Bei dem gegenständlichen Vorfall habe es sich bereits um den zweiten „Fahrerfluchtunfall“ des Beschwerdeführers mit Alkoholisierung (rechtskräftiges Urteil des Bezirksgerichtes Zell am See vom 12. August 1983 wegen § 89 StGB) gehandelt. Bei seiner niederschriftlichen Vernehmung gab der Beschwerdeführer am 6. Oktober 1983 vor der Gendarmerie an, er habe zuletzt am Vortag (5. Oktober 1983) zwischen 17 und 20 Uhr drei gespritzte Weißwein (3/8 l Wein) konsumiert. Er sei über die Person, die die Straße am Zebrastreifen von links nach rechts überquert habe, erschrocken. Dann habe es gekracht und er habe jemanden vor der Kühlerhaube gesehen. Es sei ihm mehr oder weniger klar gewesen, daß er einen Menschen erwischt habe. Wegen des Schrecks darüber sei er einfach nach Hause gefahren, wo er aus einer 1 l Weinflasche mit grünem Veltliner mindestens drei Schluck (1/8 l Wein) getrunken, die Flasche sodann wieder verkorkt und sich sodann zu seinen Eltern begeben habe. Diesen habe er mitgeteilt, er habe wahrscheinlich einen Menschen überfahren, sie mögen die Gendarmerie verständigen.

Die Untersuchung des dem Beschwerdeführer abgenommenen Blutes ergab einen Blutalkoholwert von 1,07 ‰ für den Zeitpunkt der um 20,40 Uhr erfolgten Blutabnahme.

Zum Vorwurf wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs. 1, § 4 Abs. 1 lit. a, § 4 Abs. 2 zweiter Satz und § 4 Abs. 1 lit. c StVO verantwortete sich der Beschwerdeführer am 6. Dezember 1983 im wesentlichen wie vor der Gendarmerie.

Das Landesgericht Salzburg, bei dem gegen den Beschwerdeführer Strafantrag vor dem Einzelrichter wegen § 81 Z. 2 StGB erhoben wurde, übermittelte der Erstbehörde am 19. Juni 1984 ein gerichtsärztliches Gutachten des Institutes für gerichtliche Medizin der Universität Salzburg vom 25. April 1984. In diesem wurde vom gerichtsärztlichen Sachverständigen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe unter Berücksichtigung des Nachtrunks von 1/8 l Wein und der stündlichen Abbaurate zur Tatzeit einen Blutalkoholwert von mindestens 0,97 ‰ aufgewiesen. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, am Vortag (5. Oktober 1983) insgesamt 3/8 l Wein getrunken zu haben, sei zu bemerken, daß die dadurch hervorgerufene Blutalkoholkonzentration bereits am Vortag um 23,00 Uhr vollständig abgebaut gewesen sei. Der Beschwerdeführer müsse daher vor dem Unfall zusätzlich alkoholische Getränke konsumiert haben.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 11. Juli 1984 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe den genannten Pkw am 6. Oktober 1983 um 19,10 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auf der P Bundesstraße von Z nach P gelenkt (1), sei auf dieser Fahrt bei Straßen km 44,75 (Kreuzung B XXX K Straße in S) mit einem Verkehrsunfall, bei dem der Fußgänger A W getötet worden sei, in ursächlichem Zusammenhang gestanden, habe es jedoch unterlassen, als Lenker seines Pkws sofort anzuhalten (2) und die nächste Polizei oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen (3) und habe weiters an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt, da er nach seinen eigenen Angaben nach dem Unfall Alkohol, nämlich Weißwein (ungefähr 1/8 l) nachgetrunken habe (4). Er habe hiedurch Verwaltungsübertretungen 1. nach § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO, 2. nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO, 3. nach § 4 Abs. 2 StVO und 4. nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO begangen. Über ihn wurden folgende Strafen verhängt, zu 1. nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO S 10.000, (Ersatzarrest von 336 Tagen), zu 2. nach § 99 Abs. 2 lit. a StVO S 3.000, (Ersatzarrest von 100 Tagen), zu 3. nach § 99 Abs. 2 lit. a StVO von S 3.000, (Ersatzarrest von 100 Tagen) und zu 4. nach § 99 Abs. 2 lit. a StVO von S 1.000, (Ersatzarrest von 33 Tagen). Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, es stehe fest, daß der Beschwerdeführer nach dem Unfall nicht angehalten und auch nicht sofort die nächste Gendarmeriedienststelle verständigt habe. Letzteres sei erst um 19,30 Uhr durch seine Mutter erfolgt. Außerdem habe er nach seinem Eintreffen zu Hause 1/8 l Weißwein nachgetrunken, was einen Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht zur Feststellung des Sachverhaltes darstelle. Sodann wurde das gerichtsärztliche Gutachten wiedergegeben und hiezu dargelegt, daß dieses schlüssig sei und damit einwandfrei feststehe, der Beschwerdeführer habe zur Unfallszeit einen Blutalkoholgehalt von über 0,8 ‰ aufgewiesen.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung stellte der Beschwerdeführer die (aktenwidrige) Behauptung auf, noch niemals von der Behörde vernommen worden zu sein. Da der Behörde die Anhängigkeit des gerichtlichen Strafverfahrens bekannt sei, hätte sie dessen Ausgang abwarten sollen. Er habe lediglich am Tag vor dem Vorfall Alkohol genossen und mit Recht annehmen können, daß dieser zur Unfallszeit schon abgebaut gewesen sei. Er habe deshalb an der Unfallstelle nicht angehalten und die Gendarmerie verständigt, weil er gar nicht gewußt habe, einen Menschen angefahren zu haben. Er habe auch nach dem Unfall nur durch Zufall Wein getrunken.

Über Auftrag der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. September 1984 zu Handen des eingeschrittenen anwaltlichen Vertreters aufgefordert, die erforderliche Vollmacht vorzulegen und ihm gleichzeitig Parteiengehör (Akteneinsicht) eingeräumt. Daraufhin erfolgte lediglich am 2. Oktober 1984 eine Vollmachtsvorlage.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. August 1985 wurde der Berufung nicht Folge gegeben, jedoch der Spruch mit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht bedeutsamen Konkretisierungen vollständig, also auch unter Anführung der von der ersten Instanz verhängten Strafen, insbesondere auch der in Tagen bemessenen Ersatzarreststrafen, wiedergegeben. Zur Begründung wurde im wesentlichen unter neuerlicher Wiedergabe des gerichtsärztlichen Sachverständigengutachtens ausgeführt, daß dieses schlüssig sei und im Zusammenhang mit den sonstigen Ermittlungsergebnissen eindeutig beweise, der Beschwerdeführer habe sich beim Lenken des Fahrzeuges zur Unfallszeit in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand von sogar über 0,8 ‰ befunden. Sein Einwand, lediglich am Vortag des Unfalls bestimmte Alkoholmengen konsumiert zu haben, sei vom Sachverständigen eindeutig widerlegt worden. Weiters wurde unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des § 4 Abs. 1 lit. a, des § 4 Abs. 2 zweiter Satz und des § 4 Abs. 1 lit. c StVO dargelegt, daß jede dieser Übertretungen unabhängig von der anderen verwirklicht werden könne. Der Beschwerdeführer habe nach der Tat ca. 1/8 l zu Hause nachgetrunken, obwohl er annehmen mußte, daß es zu einer amtlichen Tatbestandsaufnahme kommen werde, wozu auch die Feststellung eines allfälligen alkoholbeeinträchtigten Zustandes des Lenkers gehöre. Der Einwand in der Berufung, er habe nicht gewußt, einen Menschen angefahren zu haben, sei unzutreffend, wie die eigene Verantwortung des Beschwerdeführers laut Niederschrift vor der Gendarmerie am 6. Oktober 1983 also noch unter dem Eindruck der vorhergehenden Ereignisse zeige. Habe er doch angegeben, den Fußgänger am Schutzweg wahrgenommen zu haben, worauf ein Kracher erfolgt sei, weshalb ihm mehr oder minder klar gewesen sei, einen Menschen erwischt zu haben. Weiters sei die Windschutzscheibe total zerborsten. Dem Beschwerdeführer seien somit objektive Umstände zur Kenntnis gekommen, auf Grund welcher er auch mit dem Eintritt eines Verkehrsunfalles mit Personenschaden rechnen mußte. Damit falle dem Beschwerdeführer die Außerachtlassung der genannten Lenkerpflichten gemäß § 4 StVO in vollem Umfang zur Last. Dies gelte umso mehr, als ein geprüfter Kfz Lenker, welcher bei einem von ihm verschuldeten Verkehrsunfall unverletzt geblieben sei, die Mißachtung der Lenkerpflichten nicht damit rechtfertigen könne, er sei wegen das Unfalls schockiert gewesen und habe deshalb eine Kurzschlußhandlung gesetzt. Dazu komme auch, daß als Schuldform Fahrlässigkeit ausreiche, weshalb dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der Nachtrunk von Alkohol sei nicht absichtlich erfolgt, keine Berechtigung zukomme. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei in erster Instanz nicht vernommen worden, sei unrichtig. Lediglich das gerichtsärztliche Gutachten vom 25. April 1984 sei ihm im Verwaltungsstrafverfahren nicht eigens zur Kenntnis gebracht worden. Doch sei dieses im erstinstanzlichen Bescheid vollständig wiedergegeben worden. Hiezu habe der Beschwerdeführer in der Berufung kein Vorbringen erstattet, welches geeignet gewesen wäre, dessen Inhalt in schlüssiger Weise zu widerlegen. Es habe keine Veranlassung bestanden, den Ausgang des gerichtlichen Verfahrens abzuwarten bzw. das Verwaltungsstrafverfahren bis dahin auszusetzen, da sich der Nachweis der Alkoholisierung schon auf Grund der vorliegenden Verfahrensergebnisse ergeben habe. Dennoch habe die Berufungsbehörde den Gerichtsakt beischaffen wollen, doch sei der Akt nicht greifbar gewesen, weil der Beschwerdeführer gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 3. April 1985 Berufung erhoben habe. Ein Zuwarten mit der Entscheidung zufolge der Frist des § 51 Abs. 5 VStG nicht mehr möglich gewesen. Es folgen umfangreiche Ausführungen zur Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt. Auf die Erstattung einer Gegenschrift wurde unter Hinweis darauf verzichtet, daß die Ersatzarreststrafen von der ersten Instanz teilweise nicht innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens festgelegt worden seien bzw. hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO die Ersatzarreststrafe im Vergleich zur Geldstrafe von S 1.000, wesentlich überhöht sei und im Berufungsverfahren eine entsprechende Abänderung versehentlich unterblieben wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu den Schuldsprüchen:

Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid ausführlich und schlüssig damit auseinandergesetzt, warum es der Beischaffung des Gerichtsaktes bzw. der Aussetzung des Verwaltungsstrafverfahrens bis zum Abschluß des gerichtlichen Verfahrens nicht bedurfte. Hat doch der Beschwerdeführer in der Berufung zum gerichtsärztlichen Sachverständigengutachten vom 25. April 1984, in dem der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangte, daß beim Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Unfalls eine Alkoholbeeinträchtigung mit einem Blutalkoholgehalt von über 0,8 ‰ vorgelegen ist, keine stichhältigen Einwände vorzubringen vermocht und auch nicht konkret dargelegt, aus welchen Gründen es der Beischaffung des Gerichtsaktes bedurft hätte, sondern lediglich zum Vorwurf einer Alkoholisierung jene Verantwortung wiederholt, die er bereits im Verwaltungsstrafverfahren deponiert hatte. Das erstmals in der Beschwerde enthaltene Vorbringen, bei dem Nachtrunk habe es sich nicht um 1/8 l Wein, sondern um Schnaps gehandelt, auf dessen Konsumation allein die durch die Blutabnahme festgestellte Alkoholkonzentration zurückzuführen sei, stellt sich als eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung dar. Im übrigen wurde, wie der Verwaltungsgerichtshof durch Einsicht in den beigeschafften Gerichtsakt feststellen konnte, der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 3. April 1985 wegen des gegenständlichen Vorfalles schon vor Erlassung des angefochtenen Bescheides wegen Vergehens der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach § 81 Z. 2 StGB schuldig erkannt, wobei der geänderten Verantwortung des Beschwerdeführers, es habe sich beim Nachtrunk um Schnaps gehandelt, nicht gefolgt wurde, welcher Umstand allerdings in der gegenständlichen Beschwerde keine Erwähnung findet. Dieser Schuldspruch wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 14. Oktober 1985 vollinhaltlich bestätigt und lediglich die über den Beschwerdeführer verhängte Freiheitsstrafe von 10 auf 7 Monate unbedingt herabgesetzt. Gegen den Schuldspruch wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO bestehen somit keine Bedenken.

Auch mit der Frage, warum der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre, sofort nach dem Unfall anzuhalten, hat sich die belangte Behörde schlüssig auseinandergesetzt. Der Verwaltungsgerichtshof tritt den diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich bei. Soweit der Beschwerdeführer neuerlich vorbringt, sich in einem Schockzustand befunden zu haben, ist ihm zu entgegnen, daß ein „Schock“ nur in besonders gelagerten Fällen und bei gravierenden psychischen Ausnahmesituationen entschuldigen kann. Solche waren aber nach der Aktenlage nicht gegeben. Der Beschwerdeführer blieb bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall unverletzt und gelangte auch der Sprengelarzt bei der Untersuchung des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis, daß kein Schockzustand bestanden habe. Einem Dispositionsfähigen ist im übrigen trotz eines sogenannten „Unfallschrecks“ in Verbindung mit einer begreiflich affektiven Erschütterung pflichtgemäßes Verhalten zumutbar, weil von einem Kraftfahrer, der die Risken einer Teilnahme am Straßenverkehr auf sich nimmt, ein solches Maß an Charakter und Willensstärke zu verlangen ist, daß er den Schreck über den Unfall und die etwa drohenden Folgen zu überwinden vermag. (Vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1978, Zl. 23/78.) Auch der Schuldspruch wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO entspricht daher der Sach und Rechtslage.

Gemäß § 4 Abs. 2 zweiter Satz StVO hat nach Eintritt eines Verkehrsunfalles mit Personenschaden der Unfallsbeteiligte „sofort“ die nächste Polizei oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen. Das Wort „sofort“ ist wörtlich und streng auszulegen. (Vgl. z. B. die hg. Erkenntnisse vom 27. Jänner 1962, Zl. 1662/61, und vom 9. September 1976, Zl. 635/75.) Der Beschwerdeführer wäre daher verpflichtet gewesen, sofort nach dem Anhalten an der Unfallstelle und Vornahme der allenfalls erforderlichen ersten Hilfe die nächste Gendarmeriedienststelle zu verständigen. Dies hat er aber unterlassen und ist rund 8 km nach Hause gefahren, von wo aus erst nach einem Gespräch mit den Eltern gegen 19,30 Uhr, also rund 15 bis 20 Minuten nach dem Unfall, der Gendarmerieposten fernmündlich von seiner Mutter vom Vorfall in Kenntnis gesetzt wurde. Der Meinung des Beschwerdeführers, ein derartiger Zeitraum sei noch als „sofort“ zu qualifizieren, vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Auch der Vorwurf, die belangte Behörde habe den diesbezüglichen Schuldspruch nicht ausreichend begründet, findet in der Aktenlage keine Deckung. Rechtsirrig ist weiters die Ansicht des Beschwerdeführers, die Bestimmungen des § 4 Abs. 1 lit. a und des § 4 Abs. 2 zweiter Satz StVO würden einander ausschließen. Sie bestehen vielmehr unabhängig voneinander und sind getrennt zu bestrafen. (Vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1981, Zl. 81/02/0128, betreffend das diesbezüglich völlig gleichgelagerte Verhältnis zwischen § 4 Abs. 1 lit. a und § 4 Abs. 5 StVO.)

Soweit der Beschwerdeführer zur Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO vorbringt, es sei ihm gar nicht bewußt gewesen, nach seiner Ankunft im Elternhaus Alkohol konsumiert zu haben, so steht dies mit seiner Verantwortung vom 6. Oktober 1983 vor der Gendarmerie in eklatantem Widerspruch. Hat er doch in dieser Niederschrift zugegeben, zunächst die Weinflasche entkorkt und daraus mehrere Schluck getrunken zu haben. Sodann habe er die Flasche wieder mit dem Kork versehen. Es lag also ein durchaus bewußtes Handeln vor. Im übrigen reicht auch für die Verwirklichung dieser Übertretung fahrlässiges Verhalten aus, worauf bereits die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat. (Vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1973, Zl. 1982/72.)

Die belangte Behörde handelte somit nicht rechtswidrig, wenn sie den Beschwerdeführer der genannten Verwaltungsübertretungen in subjektiver und objektiver Richtung für schuldig erkannte.

Zu den Strafaussprüchen:

Mit Recht rügt der Beschwerdeführer die Höhe der über ihn verhängten Ersatzarreststrafen. Für die Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO sieht § 99 Abs. 1 lit. a StVO eine Geldstrafe von S 5.000, bis S 30.000, , im Fall ihrer Uneinbringlichkeit Arrest von einer bis zu sechs Wochen, vor. Die Übertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a, § 4 Abs. 1 lit. c und § 4 Abs. 2 zweiter Satz StVO sind gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO mit Geldstrafen von S 500, bis S 30.000, , im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis zu sechs Wochen, bedroht. Vorliegend wurden jedoch in Ansehung der Übertretungen nach § 5 Abs. 1, § 4 Abs. 1 lit. a und § 4 Abs. 2 zweiter Satz StVO die Ersatzarreststrafen nicht innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens bemessen. Auch die hinsichtlich der Übertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO festgesetzte Ersatzarreststrafe von 33 Tagen ist im Hinblick auf die lediglich mit S 1.000, ausgesprochene Geldstrafe wesentlich überhöht, worauf bereits die belangte Behörde anläßlich der Vorlage der Verwaltungsstrafakten an den Verwaltungsgerichtshof verwiesen hat. Die belangte Behörde hat daher insoweit den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Da der jeweilige Strafausspruch eine Einheit darstellt, war daher der angefochtene Bescheid in Ansehung der verhängten Strafen zur Gänze (ebenso der damit zusammenhängende Abspruch über die anteilsmäßigen Verfahrenskosten) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Es wird allerdings bemerkt, daß der Verwaltungsgerichtshof die gegen die Strafbemessung in Ansehung der Geldstrafen gerichteten Beschwerdeausführungen als nicht stichhaltig erachtet. Im Hinblick auf die obigen Darlegungen war jedoch die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Schuldsprüche richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und 50 VwGG in Verbindung mit Art. 1 A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985. Bemerkt wird, daß der in der zitierten Verordnung für den Schriftsatzaufwand vorgesehene Betrag von S 9.270, bereits die anteilsmäßige Umsatzsteuer mitenthält. Das über den Ersatz von Stempelgebühren für die nur in zweifacher Ausfertigung erforderliche Beschwerde (je Ausfertigung S 120, ), die Vollmacht (S 120, ) und den nur in einfacher Abschrift vorzulegenden angefochtenen Bescheid (je Bogen S 30, ) hinausgehende Mehrbegehren war ebenso gemäß § 58 VwGG abzuweisen.

Wien, 15. Jänner 1986

Rückverweise