Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Degischer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schwaighofer, über die Beschwerde der A, vertreten durch B, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 28. April 1983, Zl. MA 70-IX/St 28/82/Str., betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Nachdem eine gegen die Beschwerdeführerin erlassene Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Landstraße, infolge rechtzeitigen Einspruches außer Kraft getreten und ein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden war, erging das Straferkenntnis der genannten Behörde vom 26. Februar 1982, mit welchem die Beschwerdeführerin für schuldig befunden worden ist, den dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw am 7. November 1981 um 11.00 Uhr in Wien 1, Goldschmiedgasse 4, „im beschilderten Halteverbot abgestellt“ und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen zu haben. Über die Beschwerdeführerin wurde daher unter Berufung auf die erstgenannte Gesetzesstelle eine Geldstrafe in der Höhe von S 800,-- (Ersatzarreststrafe 32 Stunden) verhängt.
Entsprechend der Begründung dieses Straferkenntnisses berief sich die Behörde auf die auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung erstattete Anzeige eines Sicherheitswachebeamten. Die Beschwerdeführerin habe lediglich behauptet, ihr Fahrzeug nicht an der angegebenen Stelle abgestellt zu haben.
In der Anzeige seien jedoch klare Angaben gemacht und der Tatort genau beschrieben worden, weshalb keine weiteren Ermittlungen erforderlich seien.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte die Beschwerdeführerin im wesentlichen geltend, daß der Meldungsleger insofern einem Irrtum unterlegen sei, als es ihm offensichtlich nicht aufgefallen sei, daß die in Rede stehende Halteverbotszone „durch nicht ordnungsgemäß kundgemachte Tafeln beschildert“ gewesen sei, sodaß eine Bestrafung „auf Grund dieser Tafeln nicht möglich“ sei.
Nach Einholung einer Stellungnahme der Mag. Abt. 46 zur Frage der ordnungsgemäßen Kundmachung des Halteverbotes, nach zeugenschaftlicher Einvernahme des Meldungslegers und Einräumung des Parteiengehörs erging der Bescheid der Wiener Landesregierung vom 28. April 1983, mit welchem das erwähnte Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in der Schuldfrage bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf S 600,-- (Ersatzarreststrafe 25 Stunden) herabgesetzt und der erstinstanzliche Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs. 2 VStG 1950 auf S 60,-- ermäßigt worden ist.
In Erwiderung auf das Berufungsvorbringen führte die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides aus, daß der Meldungsleger in seiner Anzeige angegeben habe, daß der Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem polizeilichen Kennzeichen W ... dieses am 7. November 1981 in Wien 1, Goldschmiedgasse 4, in einer zum Umkehren bestimmten, deutlich beschilderten Halteverbotszone behindernd für andere Lenker abgestellt gehabt habe. Die Lenkereigenschaft der Beschwerdeführerin sei durch die ordnungsgemäß durchgeführte Lenkererhebung vom 28. November 1981 festgestellt und von ihr nie bestritten worden. In seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vom 26. Jänner 1983 habe der Meldungsleger die Angaben in seiner Anzeige vollinhaltlich bestätigt und eine Handskizze beigelegt, in der der Standort des Fahrzeuges der Beschwerdeführerin eingezeichnet sei. Aus einer Mitteilung des Amtssachverständigen der Mag. Abt. 46 vom 31. August 1982 gehe hervor, daß am gegenständlichen Tatort zur Tatzeit eine ordnungsgemäß kundgemachte Halteverbotszone bestanden habe. Auf eine nochmalige Anfrage bei der genannten Magistratsabteilung, wann und in welcher Form die genannten Halteverbotstafeln kundgemacht worden seien, habe verzichtet werden können, da aus der Mitteilung des Amtssachverständigen der Mag. Abt. 46 vom 31. August 1982 klar hervorgehe, daß die gegenständlichen Halteverbotstafeln zur Tatzeit und am Tatort ordnungsgemäß kundgemacht gewesen seien. Für die Behörde habe keine Veranlassung bestanden, den klaren und widerspruchslosen Angaben des Meldungslegers keinen Glauben zu schenken, zumal es sich bei diesem um einen zur Wahrnehmung der Vorgänge im ruhenden und fließenden öffentlichen Straßenverkehr geschulten Sicherheitswachebeamten handle, dem zugemutet werden, müsse, verläßliche Angaben über das Verkehrsverhalten von Verkehrsteilnehmern zumachen. Die Behörde schenke daher den Angaben und der zeugenschaftlichen Aussage des Meldungslegers hinsichtlich der Abstellung des genannten Kraftfahrzeuges zur Tatzeit in einer Halteverbotszone mehr Glauben als den Angaben der Beschwerdeführerin. Der Meldungsleger unterliege auf Grund seines Diensteides und seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht und müsse bei deren Verletzung mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionen rechnen. Die Beschwerdeführerin würde hingegen in ihrer Eigenschaft als Beschuldigte keine derartige Pflicht bzw. Sanktion treffen. Die Beschwerdeführerin habe überdies ein persönliches Interesse, straflos zu bleiben, und werde daher eher geneigt sein, zu ihren Gunsten sprechende Angaben zu machen. Außerdem habe keine Veranlassung gesehen werden können, daß der Meldungsleger eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig habe belasten wollen. Die der Beschwerdeführerin angelastete Tat sei daher als erwiesen anzunehmen gewesen, weshalb der Berufung keine Folge zu geben und der erstinstanzliche Schuldspruch zu bestätigen gewesen sei. Es folgen noch Ausführungen über die für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 203/1982 gebildeten Senat erwogen hat:
Die Beschwerdeführerin behauptet zunächst eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, da es die belangte Behörde verabsäumt habe, eine nochmalige Anfrage an die zuständige Magistratsabteilung zu richten, wann das in Rede stehende Halteverbot kundgemacht worden, sowie in welcher Form und auf Grund welcher Verordnung dies geschehen sei. Die Magistratsabteilung habe lediglich lakonisch mitgeteilt, daß an der gegenständlichen Örtlichkeit zum angefragten Zeitpunkt eine Halteverbotszone ordnungsgemäß kundgemacht gewesen sei.
In Erwiderung auf dieses Vorbringen ist zu bemerken, daß den vom Verwaltungsgerichtshof beigeschafften diesbezüglichen Akten zu entnehmen ist, daß mit Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 17. Februar 1978, Zl. MA 46 V 1-162/77, „eine Haltebeschränkung gem. § 52/13 b StVO für den Umkehrplatz vor Beginn der FGZ in 1, Goldschmiedgasse gem. ZNr. 11.453/4“ erlassen worden ist und die entsprechenden Verkehrszeichen am 18. Juni 1978 aufgestellt worden sind. Entsprechend der vom Meldungsleger anläßlich seiner zeugenschaftlichen Vernehmung angefertigten Handskizze und in Übereinstimmung mit den Anzeigeangaben war der Pkw der Beschwerdeführerin zur Tatzeit in diesem „Umkehrplatz“ vor dem Hause Wien 1, Goldschmiedgasse 4, aufgestellt.
Im übrigen bemängelt die Beschwerdeführerin das Fehlen einer „Würdigung der Glaubwürdigkeit“ ihrer Aussagen und meint, die Feststellung in der Begründung des angefochtenen Bescheides, die Beschwerdeführerin habe ein persönliches
Interesse, straflos zu bleiben, und werde daher eher geneigt sein, zu ihren Gunsten sprechende Angaben zu machen, könne nicht als Beweiswürdigung ihrer Aussage gewertet werden. Es handle sich dabei vielmehr um eine allgemeine Feststellung, welche die Gruppe der Berufungswerber ganz allgemein zu Personen abqualifiziere, die bewußt unrichtige Angaben machen.
Diesen Erwägungen der Beschwerdeführerin ist zu entgegnen, daß die belangte Behörde entsprechend der bereits wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides die für die Beweiswürdigung maßgebenden Überlegungen aufgezeigt hat und der Verwaltungsgerichtshof die Beweiswürdigung nur insoweit überprüfen kann, als es sich um die Feststellung handelt, ob der in der Beweiswürdigung gelegene Denkvorgang zu einem den Denkgesetzen entsprechenden Ergebnis geführt hat bzw. ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt wurde. (Vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. September 1983, Zl. 83/02/0137), und die darin zitierte Vorjudikatur.) Ob die Beweiswürdigung aber nun richtig in dem Sinn ist, daß die Version des als Zeugen vernommenen Meldungslegers und nicht die der Beschwerdeführerin den Tatsachen entspricht, ist gerade eine solche Frage der Beweiswürdigung, die der Verwaltungsgerichtshof nicht nachzuprüfen vermag. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es nämlich auf Grund seiner Organisationsnormen verwehrt, in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde die von den Behörden vorgenommene Beweiswürdigung durch Wiederholung der Beweise daraufhin zu überprüfen, ob nicht der gegenteilige Schluß daraus zu ziehen wäre. (Vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1982, Zl. 82/03/0245, und die darin zitierte Vorjudikatur.) Im übrigen vermag die Beschwerdeführerin keinen Rechtsanspruch darzutun, demzufolge allein ihrer, auf kein anderes Beweismittel gestützten Verantwortung zu glauben gewesen wäre. (Vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 1983, Zl. 82/02/0028.)
Da die Beschwerdeführerin selbst der belangten Behörde nicht vorgeworfen hat, irgendwelche erfolgversprechenden Erhebungen unterlassen oder unschlüssig argumentiert zu haben, und auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes keine diesbezüglichen Anhaltspunkte vorliegen, kann nicht davon ausgegangen werden, daß die belangte Behörde im Sinne des § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 Verfahrensvorschriften verletzt hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b leg. cit. in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.
Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 203/1982 abgesehen werden.
Wien, am 2. Dezember 1983