JudikaturVwGH

1887/77 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
22. November 1977

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Rath, Dr. Salcher, Dr. Griesmacher und DDr. Hauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberregierungsrat Dr. Antoniolli, über die Beschwerde des HS und der MS, des AB und der MB sowie des HT und der TT, alle in S, alle vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Rechtsanwalt in Wels, Kaiser Josef Platz 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. Juli 1977, Zl. Bau R-1005/1-1976 Wö/La, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Aus der Beschwerde und der dieser beigeschlossenen Kopie des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender für den Rechtsfall erheblicher Sachverhalt: Mit Bescheid vom 6. Mai 1976 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde V dem Sportverein X, unter verschiedenen Auflagen die Baubewilligung zur Errichtung eines „Flugschul- und Betriebsgebäudes“ auf den Grundstücken nn und nn KG M und wies die von den Beschwerdeführern als Nachbarn erhobenen Einwendungen als Unzulässig zurück. Deren Berufung gab der Gemeinderat mit Bescheid vom 4. August 1976 „teilweise Folge“, indem er dem Bauwerber eine weitere, von den Beschwerdeführern nicht angestrebte Auflage vorschrieb. Diese wandten sich hierauf mit Vorstellung (§ 102 der oberösterreichischen Gemeindeordnung 1965, LGBl. Nr. 45, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 34/1973) an die Bezirkshauptmannschaft Gmunden, die als Aufsichtsbehörde erster Rechtsstufe mit Bescheid vom 21. September 1976 nicht stattgebend entschied. Auf die anschließende Berufung der Beschwerdeführer an die oberösterreichische Landesregierung blieb erfolglos: mit Bescheid vom 14. Juli 1977 wies sie diese mangels Verletzung von Rechten der Einschreiter ab. Sie führte im wesentlichen dazu aus: Die Einwendungen, das Bauvorhaben stehe im Gegensatz zum oberösterreichischen Naturschutzgesetz und zu einem verkehrsrechtlichen Bewilligungsbescheid der oberösterreichischen Landesregierung, ferner, der zu erwartende Flugbetrieb gefährde die Sicherheit, wie auch, es fehle die Zustimmung der örtlichen Grundverkehrsbehörde, bezögen sich nicht auf Vorschriften des Baurechts und seien daher in diesem Bewilligungsverfahren unbeachtlich. Das ganz allgemein gehaltene Vorbringen, das Projekt widerspreche der oberösterreichischen Bauordnung, könne nicht als rechtsgültige Einwendung gelten, wie auch die Behauptung von dessen Unvereinbarkeit mit dem in Ausarbeitung befindlichen Flächenwidmungsplan eine Baubewilligung nicht zu hindern vermöge, da dieser nicht in Kraft getreten sei und daher bislang keine Rechtswirkungen entfaltet habe. Auf den Einwand, die Bescheide der Gemeindebehörden beider Instanzen seien vom Vizebürgermeister unterfertigt, worden, müsse man erwidern, dieser habe im ersten Fall den abwesenden Bürgermeister zu vertreten gehabt und im zweiten lediglich den Beschluß eines Kollegialorgans ausgefertigt, wobei sich kein Anhaltspunkt dafür ergebe, daß ohne seine Mitwirkung an jenem eine andere Berufungsentscheidung ergangen wäre. Die wegen Widerspruch mit abgeschlossenen Bestandverträgen erhobenen, somit privatrechtlichen Einwendungen schließlich hätten richtigerweise zwar nicht zurückgewiesen werden dürfen, sondern die Beschwerdeführer wären mit ihnen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen gewesen; in deren Rechte sei aber hiedurch nicht eingegriffen worden, weil ihnen nach wie vor offenstehe, die ordentlichen Gerichte anzurufen.

Diesen Bescheid bekämpfen die Beschwerdeführer nun vor dem Verwaltungsgerichtshof; nach ihrem ganzen Vorbringen erachten sie sich dabei in dem Recht auf Durchsetzung folgender Einwendungen verletzt: das bewilligte Bauwerk stelle ein Luftfahrthindernis im Sinne des Luftfahrtgesetzes dar, und eine Ausnahmebewilligung von seiten der zuständigen Behörde sei nicht erteilt worden, weshalb man die auch die Beschwerdeführer berührende Sicherheit der Luftfahrt als beeinträchtigt anzusehen habe; der Bau ziehe einen stärkeren Flugbetrieb und eine höhere Frequenz im Bereich des Flugplatzes nach sich, was vermehrte Immissionen durch Lärm, Abgase und dergleichen bewirke - das gelte für Flugzeuge und Kraftfahrzeuge - und auch die Gefahr eines Flugzeugabsturzes oder einer Notlandung vergrößere; da sich das Bauwerk für die Beherbergung von Gästen eigne, sei ebenso in dieser Hinsicht mit mehr Belästigungen als sonst bei einem Gebäude zu rechnen; die Behörde habe Erhebungen in der Richtung verabsäumt, ob die im oberösterreichischen Raumordnungsgesetz enthaltenen, im Interesse des einzelnen und damit auch des Nachbarn getroffenen, der Sicherung gesunder Lebens- und Arbeitsbedingungen dienenden Grundsätze insbesondere zum Schutz vor Lärm- und Geruchsbelästigungen gewahrt würden; zum Ende, es sei nicht erwiesen, daß die Mitwirkung des Vizebürgermeisters an der Erlassung des gemeindebehördlichen Berufungsbescheides keinen Einfluß auf dessen Ergebnis gehabt habe.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen. Die Beschwerdeführer haben an dem abgeführten Baubewilligungsverfahren als Nachbarn teilgenommen. Sie können also allein mit solchen Einwendungen gegen das beantragte Vorhaben durchdringen, mit denen zutreffenderweise die Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte geltend gemacht wird; diese letzteren müssen sich aus baurechtlichen Vorschriften ergeben, die nicht nur dem öffentlichen, sondern in einem spezifischen Sinn dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Wie im angefochtenen Bescheid richtig festgestellt, enthalten die im Beschwerdefall von den Baubehörden anzuwenden gewesenen Normen, insbesondere die Bauordnung für Oberösterreich aus dem Jahr 1875, aber auch das Oberösterreichische Raumordnungsgesetz, LGBl. Nr. 18/1972, keine eigens dem Schutz der Nachbarschaft dienenden Bestimmungen, auf welche sich die Beschwerdeführer mit ihren hier zu beurteilenden Einwendungen stützen könnten: Belästigungen der von ihnen bezeichneten Art lassen sich bei der gegebenen Rechtslage - soweit es sich überhaupt um solche handelt, die von der baulichen Anlage selbst ausgehen - zwar in Form von aus öffentlichen Rücksichten begründeten Bedenken (§ 12 des zuerst angeführten Gesetzes) von Amts wegen zur Geltung bringen, deren Abwehr öder Minderung aber mangels eines den Nachbarn eingeräumten Rechtsanspruches von diesen nicht erzwingen. Ebenso verhält es sich mit den Ausführungen der Beschwerdeführer in bezug auf Fragen, die den projektierten Bau nicht, insoweit über ihn von den Baubehörden in dem von ihnen durchzuführenden Verfahren abzusprechen ist, betreffen: zur Vollziehung von Angelegenheiten des Luftfahrtrechtes sind diese unzuständig. Damit ist aber auch allen prozessuale Mängel betreffenden Vorwürfen der Beschwerdeführer der Boden entzogen; denn die Verfahrensrechte einer Partei haben keine andere Aufgabe, als die Verfolgung der ihr zustehenden materiellen Rechte zu sichern, und können deshalb nie weiter reichen als diese letzteren selbst; in dieser Hinsicht ist aber keine im Ergebnis sachlich unrichtige Entscheidung zustande gekommen. Der vermeinte Eingriff in die Sphäre subjektiver Rechte der Beschwerdeführer hat somit nicht stattgefunden.

Da schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerde das Fehlen der behaupteten Rechtsverletzung erkennen ließ, war jene gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren abzuweisen. Dadurch war auch dem Antrag, ihr aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, die Grundlage genommen.

Wien, am 22. November 1977

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