JudikaturVwGH

1839/77 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
30. März 1979

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Närr, Dr. Degischer und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Polizeirat Dr. Hofreiter, über die Beschwerde des Dr. WS in W, vertreten durch Dr. Helmut Theimer, Rechtsanwalt in Wien I, Johannesgasse 22, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 15. Juni 1977, Zl. MA 70 IX/St 21/77/Str., betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Innere Stadt, sprach - nachdem eine Strafverfügung dieser Behörde infolge rechtzeitigen Einspruches außer Kraft getreten war - mit Straferkenntnis vom 31. Jänner 1977 aus, der Beschwerdeführer habe am 17. September 1976, um 9.45 Uhr in Wien 4., Fleischmanngasse 1, seinen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw mit zwei Rädern auf dem Gehsteig abgestellt und habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs. 4 in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 begangen und es werde über ihn nach der letztgenannten Gesetzesstelle eine Geldstrafe in Höhe von S 500,-- Ersatzarreststrafe 60 Stunden) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Verwaltungsübertretung werde auf Grand der Angaben des Meldungslegers in der Anzeige und Relation als erwiesen angenommen und es habe kein Grund bestanden, an den klaren und präzisen Angaben des Meldungslegers, der zum Unterschied zum Beschwerdeführer unter Wahrheitspflicht stehe und am Verfahrensausgang kein Interesse habe, zu zweifeln.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, er habe schon in seiner letzten Äußerung darauf hingewiesen, daß die vom Meldungsleger vorgelegte Skizze unrichtig sei. Es sei nämlich das gegenüberliegende Gehsteigeck derartig abgeschrägt, daß durch die trichterförmige Öffnung eine am Anfang erweiterte Fahrbahn der Fleischmanngasse bestehe, sodaß schon deswegen die Fahrbahn so breit sei, daß keine Notwendigkeit bestanden habe, das Fahrzeug mit den beiden linken Rädern auf dem Gehsteig zu parken. Aus der Unrichtigkeit der Skizze sei aber erwiesen, daß das Gedächtnis des Meldungslegers nicht so gut sei; der Beschwerdeführer sei überzeugt, daß der Meldungsleger sein Fahrzeug mit einem anderen, vor seinem Fahrzeug geparkten Pkw verwechselt habe.

Mit Bescheid vom 15. Juni 1977 bestätigte die belangte Behörde das Straferkenntnis der ersten Instanz gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 und führte in der Begründung im wesentlichen aus, daß eine Verwechslung nicht vorliegen könne, ergebe sich schon aus dem Umstand, daß in der Anzeige das Fahrzeug des Beschwerdeführers richtig beschrieben sei (Fahrzeugmarke, Fahrzeugtype, Fahrzeugfarbe) und dem Meldungsleger, einem verkehrsgeschulten Organ, zugemutet werden müsse, die Verkehrslage richtig wahrzunehmen und richtig wiederzugeben. Ob die Handskizze des Meldungslegers, die lediglich der Veranschaulichung diene, gewisse Mängel aufweise, könne dahingestellt bleiben, da durch die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Handskizze in keiner Weise ein Schluß auf die Richtigkeit bzw. Unrichtigkeit der Beobachtung des Meldungslegers erfolgen könne. Aus diesem Grund habe auch von der beantragten Anfertigung einer maßstabgetreuen Skizze des Tatortes Abstand genommen werden können. Ein Schluß dahingehend, daß deshalb, weil kein Erfordernis zum Abstellen des Kraftfahrzeuges mit dem linken Räderpaar auf dem Gehsteig bestanden habe, ein solcher auch nicht erfolgt sein könne, sei wohl nicht zwingend. Im übrigen habe die Skizze des Meldungslegers überhaupt nichts mit seiner Erinnerung zu tun, da die Wiedergabe der baulichen Gestaltung des Tatortes eine bloße Frage der technischen Darstellung sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet, bekämpft er in Wahrheit aber lediglich die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Gemäß dem § 45 Abs. 2 AVG 1950, welche Bestimmung nach dem § 24 Satz 1 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren gilt, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Sie kann also eine Tatsache nur dann als erwiesen annehmen, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens hinreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlußfolgerung liefern.

Es trifft zu, daß die belangte Behörde den von ihr angenommenen Sachverhalt auf die Angaben des Meldungslegers gestützt hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 27. Jänner 1966, Zl. 1897/64, vom 31. März 1966, Zl. 493/65, vom 12. April 1973, Zl. 81/73, vom 1. Dezember 1977, Zl. 550/76, und vom 28. September 1978, Zlen. 1013, 1015/76, auf die unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen wird), muß aber den zur Wahrnehmung der Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs bestellten und geschulten Organen der Sicherheitswache zugebilligt werden, bei Tag - wie im vorliegenden Fall - die Kennzeichennummer richtig abzulesen sowie Wagentype und Fahrzeugfarbe mit Sicherheit festzustellen und verläßliche Angaben über das Verkehrsverhalten eines Kraftwagenlenkers bzw. Standort eines abgestellten Kraftfahrzeuges zu machen. Im vorliegenden Fall sind die Beobachtungen des Meldungslegers noch dadurch erhärtet, daß, da das Fahrzeug des Beschwerdeführers derart abgestellt war, Fußgänger an der Benützung des Gehsteiges gehindert waren, dessen Entfernung durch den Meldungsleger veranlaßt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß der belangten Behörde dabei ein Fehler unterlaufen ist, wenn sie ihren Sachverhalt auf die Angaben des Meldungslegers, der das Fahrzeug zur Tatzeit am Tatort beobachtet, das- Kennzeichen abgelegen, die Wagentype erkannt und die Farbe zutreffend bezeichnet hat, stützte. Da sich die belangte Behörde eingehend mit den Angaben des Meldungslegers auseinandergesetzt und auch schlüssig dargelegt hat, warum sie seinen Angaben folgt, ist sie im Rahmen der ihr gemäß § 45 Abs. 2 AVG 1950 zustehenden Beweiswürdigung nicht rechtswidrig vorgegangen.

Wenn der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht, daß durch die Aufstellung eines Fahrzeuges auf einem Gehsteig nur die Vorschrift des § 23 Abs. 2 und nicht jene des § 8 Abs. 4 StVO 1960 verletzt werden könne, ist ihm entgegenzuhalten, daß durch die letztgenannte Bestimmung die Benützung von Gehsteigen mit Fahrzeugen generell verboten und nur in bestimmten Ausnahmefällen, die hier vom Beschwerdeführer nicht einmal behauptet wurden, gestattet ist.

Da sich die Beschwerde somit auch hinsichtlich der behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I und III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 31. Oktober 1977, BGBl. Nr. 542/1977.

Wien, am 30. März 1979

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