JudikaturVwGH

0192/75 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
28. November 1975

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Dolp und die Hofräte Dr. Schmid, Dr. Schmelz, Dr. Reichel und Großmann als Richter, im Beisein des Schriftführers Bezirksrichter Mag. Dr. Kail, über die Beschwerde des FS in K, vertreten durch Dr. Ernst Zörnlaib, Rechtsanwalt in Wien XVIII, Cottagegasse 39, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 31. Oktober 1974, Zl. MA 70 IX/Sch 122/73/Str., betreffend Übertretung der StVO, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Ernst Zörnlaib und des Vertreters der belangten Behörde, Magistratsoberkommissär Dr. WJ, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 1.550,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Floridsdorf, sprach nach Durchführung einer Verhandlung mit dem am 10. November 1972 mündlich verkündeten Straferkenntnis aus, der Beschwerdeführer habe sich als Lenker eines Pkw, nachdem er um 6.15 Uhr in Wien 21, Pragerstraße angehalten worden sei, geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159 (StVO), in Verbindung mit § 5 Abs. 2 leg. cit. begangen und es werde gemäß § 99 Abs. 1 lit b leg. cit. gegen ihn eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe sieben Tage) verhängt. Zur Begründung führte die Behörde aus, der Tatbestand der Verwaltungsübertretung sei auf Grund der Meldung vom 16. September 1972 und der Tatsache, daß die Vornahme des Alkotest durch den Beschwerdeführer verweigert worden sei, als erwiesen anzusehen, weshalb spruchgemäß habe entschieden werden müssen.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, daß er im Bezirkspolizeikommissariat von einem Polizeibeamten nur gefragt worden sei: „Wollen Sie einen Alkotest machen“, worauf der Beschwerdeführer geantwortet habe: „Ich brauche keinen“. Kurze Zeit später sei ein Amtsarzt erschienen, der den Beschwerdeführer auf Trunkenheit untersucht habe. Der Beschwerdeführer sei zur Tatzeit nach dem amtsärztlichen Gutachten nicht betrunken gewesen, weshalb auch der Tatbestand einer Alkotestverweigerung nicht aufrechterhalten werden könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 bestätigt. In der dem Bescheid beigegebenen Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß nach dem Bericht des Meldungslegers der Beschwerdeführer von diesem gefragt worden sei, ob er bereit sei, den Alkotest durchführen zu lassen, weil er zur Tatzeit gerötete Augenbindehäute gehabt und aus dem Mund nach Alkohol gerochen habe. Dies sei vom Beschwerdeführer strikt abgelehnt worden. Die erkennende Behörde habe keine Veranlassung, die Richtigkeit dieser klaren und bestimmten Angaben des Meldungslegers in Zweifel zu ziehen, zumal der Beschwerdeführer anläßlich seiner Stellungnahme vom 10. Oktober 1974 selbst erklärt habe: „Es ist richtig, daß ich vom Meldungsleger aufgefordert wurde, mich einem Alkotest zu unterziehen. Ich antwortete dem Beamten, daß ich keinen Alkotest brauche“. Der Einwand des Beschwerdeführers, er sei auf die Folgen der Verweigerung nicht aufmerksam gemacht worden, gehe ins Leere, weil Polizeiorgane nicht verpflichtet seien, im Zuge der von ihnen durchgeführten Amtshandlungen rechtliche Aufklärungen, insbesondere über die Folgen der Verweigerung der Atemluftprobe, zu geben. Demnach sei die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung als erwiesen und spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich der Beschwerdeführer mit der vorliegenden Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde im wesentlichen vor, daß in seinem Verhalten nicht der Tatbestand der Verweigerung der Überprüfung der Atemluft gelegen gewesen sei, weil er nicht aufgefordert worden sei, sich dem Alkotest zu unterziehen, sondern der Meldungsleger ein bloßes Ersuchen an ihn gerichtet habe. Dieses Ersuchen habe der Beschwerdeführer mit den Worten beantwortet: „Ich brauche keinen°. Die belangte Behörde habe darüber keine Beststellungen getroffen, weshalb § 37 AVG 1950 verletzt worden sei. Die sofort mit Willen des Beschwerdeführers vorgenommene amtsärztliche Untersuchung habe ergeben, daß der Beschwerdeführer zur Tatzeit deliktsfähig und zur Lenkung eines Kraftfahrzeuges geeignet und von ihm anzunehmen gewesen sei, weniger als 0,8 %o Blutalkohol gehabt zu haben. Mit der vorgenommenen amtsärztlichen Untersuchung sei die tatsächliche Grundlage einer Bestrafung wegen Verweigerung, sich einer Atemluftprobe zu unterziehen, beseitigt worden, zumal auch die ärztliche Untersuchung bewiesen habe, daß eine Alkoholbeeinträchtigung nicht vorgelegen sei.

Mit diesem Vorbringen bekämpft der Beschwerdeführer im wesentlichen die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Der Gerichtshof konnte aber nicht finden, daß der belangten Behörde in dieser Richtung ein Verstoß unterlaufen wäre.

Sie hatte entgegen der Meinung des Beschwerdeführers den für die Entscheidung notwendigen Sachverhalt gemäß §§ 37 und 39 Abs. 2 AVG 1950 durch die Vernehmung des Meldungslegers und des Beschwerdeführers hinreichend geklärt. Sie ist den eindeutigen und klaren Angaben des Meldungslegers gefolgt, der angab, daß er zur Tatzeit beim Beschwerdeführer gerötete Augenbindehäute und einen Alkoholgeruch aus dem Munde festgestellt und deshalb den Beschwerdeführer gefragt habe, ob er bereit sei, einen Alkotest durchführen zu lassen, den dieser strikt abgelehnt habe. Diese Angaben wurden durch die Verantwortung des Beschwerdeführers in ihrer Richtigkeit bestätigt, da dieser zugab, vom Meldungsleger aufgefordert worden zu sein, sich einem Alkotest zu unterziehen, doch diesem geantwortet habe, daß er keinen Alkotest brauche. Damit gab der Beschwerdeführer auch zu, die Frage des Meldungslegers - ob er bereit sei, sich einem Alkotest zu unterziehen - als Aufforderung verstanden zu haben und dieser Aufforderung nicht nachgekommen zu sein. Die belangte Behörde hat daher ihrer Entscheidung nicht nur die in sich widerspruchslosen Angaben des Meldungslegers, sondern auch die Verantwortung des Beschwerdeführers zugrunde gelegt. Andere Beweismittel lagen nicht vor und es wurden solche vom Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht. In der Beweiswürdigung ist somit der belangten Behörde kein Fehler unterlaufen.

Sofern der Beschwerdeführer die Rechtswidrigkeit des Inhaltes damit zu begründen versucht, daß die Voraussetzungen des § 5 einen Blutalkoholgehalt von 0,8 %o oder zumindest einen durch Alkohol beeinträchtigten Zustand beinhalten, bzw. daß die Verweigerung des Alkotests nicht strafbar sei, wenn der Betroffene dem Amtsarzt vorgeführt und durch die ärztliche Untersuchung bewiesen worden sei, daß eine Alkoholbeeinträchtigung nicht vorliege, so kann dieser Rechtsmeinung nicht gefolgt werden. Wie der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu § 5 Abs. 2 StVO (vgl. z. B. die Erkenntnisse vom 9. Juli 1964, Zl. 1709/63, und vom 17. Februar 1966, Z1. 1917/65) zum Ausdruck gebracht hat, ist für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 5 Abs. 2 allein entscheidend, ob die Straßenaufsichts-organe vermuten konnten, daß sich der Lenker eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, wobei es gleichgültig ist, ob sich die Vermutung auf einen leichten oder starken Alkoholgeruch stützt. Im vorliegenden Falle lag aber die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung durch die geröteten Augenbindehäute des Beschwerdeführers sowie durch seine nach Alkohol riechende Atemluft vor. Die Lenkung eines Kraftfahrzeuges zur Tatzeit wurde vom Beschwerdeführer gar nicht bestritten. Der Polizeibeamte war daher berechtigt, die Atemluft des Beschwerdeführers auf ihren Alkoholgehalt zu untersuchen.

Was aber die Frage anlangt, ob eine klinische Untersuchung die Verweigerung des Alkotest nicht strafbar macht, so hat dazu der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß dem Organ der Straßenaufsicht die Entscheidung darüber überlassen bleiben müsse, ob im Einzelfall eine Atemluftprobe oder ärztliche Untersuchung zwecks Feststellung des Blutgehaltes durchzuführen sei, weil dem betreffenden Fahrzeuglenker kein Wahlrecht in dieser Hinsicht zustehe (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 23. Oktober 1967, Slg. N. F. Nr. 7199/A). Liegen aber die Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Vornahme einer Atemluftprobe vor, dann ist mit der Verweigerung das Delikt vollendet, weshalb durch das Ergebnis einer nachfolgenden ärztlichen Untersuchung eine Straflosigkeit der Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt nicht bewirkt wird.

Aus all dem ergibt sich, daß der angefochtene Bescheid weder mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit noch mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet ist. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 im Zusammenhang mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 14. Dezember 1974, BGBl. Nr. 4/1975.

Wien, am 28. November 1978

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