Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Hinterauer, Dr. Knoll, Dr. Zach und Dr. Karlik im Beisein des Schriftführers Landesregierungsoberkommissär Dr. Paschinger, über die Beschwerde des KS in K, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien I, Wiesingerstraße 3, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Justiz vom 3. Dezember 1971, 170.266 17/71, betreffend Fahrtkostenzuschuß gemäß § 16 a GG 1956 in der Fassung BGBl. Nr. 73/1971, zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 1.052,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Beschwerdeführer ist als Justizwachmann beim landesgerichtlichen Gefangenenhaus X beschäftigt und in K wohnhaft. Am 29. Juni 1971 stellte er den Antrag auf Fahrtkostenzuschuß für das 1. Kalendervierteljahr 1971. Er errechnete für das Vierteljahr einen Fahrtkostenzuschuß in der Höhe von S 2.277,60. Neben der Wochenkarte für den Autobus von K nach X und zurück verrechnete er hiebei für jene Arbeitstage, an denen der Autobus nicht zur Verfügung stand, das Kilometergeld für seinen Privatkraftwagen. Dem Beschwerdeführer wurde ein Fahrtkostenzuschuß in der Höhe von S 1.266,-- ausgezahlt. Am 25. Oktober stellte er an die belangte Behörde den Antrag. auf Erteilung eines Bescheides über den ihm zugestandenen Fahrtkostenzuschuß. Die belangte Behörde befand mit dem angefochtenen Bescheid den vom Beschwerdeführer für das 1. Quartal 1971 geltend gemachten Fahrtkostenzuschuß mit dem Betrag von S 1.266,-- (Ersatz der jeweils von Sonntag bis Samstag gültigen 6-Tage-Wochenkarte des öffentlichen Beförderungsmittels) gebührlich. Dem Antrag auf eine besondere Entschädigung für die Benützung des eigenen Personenkraftwagens an Sonn- und Feiertagen, an denen kein öffentliches Beförderungsmittel verkehrt, wurde nicht Folge gegeben. Die Begründung des angefochtenen Bescheides lautete wörtlich wie folgt: „Gemäß § 16 a Abs. 1 lit. c Gehaltsgesetz 1956 im Zusammenhalt mit den hierzu ergangenen Durchführungsbestimmungen (Rundschreiben des Bundeskanzleramtes vom 2. Juni 1971, GZ. 99.446-3b/71) ist der Fahrtkostenzuschuß nur unterZugrundelegung der Fahrtauslagen fürdas billigste öffentliche Beförderungsmittel, das für den Beamten zweckmäßigerweise in Betracht kommt zu bemessen.“
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid insoweit, als damit der von ihm geltend gemachte S 1.266 übersteigende Fahrtkostenersatz nicht gewährt wurde, weil er sich in seinem Recht auf „zusätzlichen“ Fahrtkostenzuschuß verletzt sieht.
Er führt hiezu erklärend aus, da er in K wohne, sei er genötigt, die Strecke von dort nach X und zurück jeweils zu fahren. Infolge des Turnusdienstes habe er diesen Weg regelmäßig auch dann zurückzulegen, wenn kein öffentliches Verkehrsmittel benützt werden könne, insbesondere an Sonn- und Feiertagen. Er habe für das 1. Quartal 1971 rechtzeitig einen Fahrtkostenzuschuß über den gewährten Ersatz der 6-Tage-Wedenkarte hinaus geltend gemacht und zwar als Entschädigung für die Benützung seines eigenen Personenkraftwagens bei diesen Gelegenheiten. Mit dem angefochtenen Bescheid sei dieses Begehren abgewiesen worden.
Der Beschwerdeführer hatte von Anfang an eine Bemessung des ihm nach dem Gesetz und auf Grund seiner Anmeldung gebührenden Fahrtkostenzuschusses unter Berücksichtigung der Auslagen beantragt, die ihm dadurch erwuchsen, daß er an Sonn und Feiertagen den zwischen K und X verkehrenden Kraftfahrlinienautobus nicht benützen konnte. Da der Anspruch auf Fahrtkostenzuschuß gemäß § 16 a GG 1956 in der Fassung BGBl. Nr. 73/1971 ein einheitlicher ist, konnte der Verwaltungsgerichtshof den Umstand nicht berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer den Bescheid über die Höhe des Fahrtkostenzuschusses nur teilweise anfechten wollte. Die Feststellung über den nach dem Gesetz gebührenden Fahrtkostenzuschuß kann nur zur Gänze angefochten werden.
Der Beschwerdeführer rügt die mangelnde Feststellung des Sachverhaltes, den Mangel des Parteiengehörs und die unzulängliche Begründung des angefochtenen Bescheides.
Gemäß § 1 Abs. 1 DVG 1958, BGBl. Nr. 54, sind auf das Verfahren in Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zum Bund die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 mit den im Dienstrechtverfahrensgesetz angeführten Abweichungen anzuwenden.
Der Beschwerdeführer bemängelt mit Recht, daß die Begründung des angefochtenen Bescheides in der Anführung eines Teiles der für die Erledigung der Angelegenheit in Betracht kommenden Gesetzestextes besteht, soweit nicht auf einen Erlaß des Bundeskanzleramtes verwiesen wird. Der Bescheid läßt jede Sachverhaltsdarstellung vermissen.
Im Beschwerdefalle sind die Vorschriften der §§ 58 und 60 AVG 1950 vermöge §§ 1 und 10 DVG 1958 uneingeschränkt anzuwenden. Gemäß § 58 Abs. 2 AVG 1950 sind aber Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkte der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wurde, was im Beschwerdefalle offensichtlich der Fall war. Nach § 60 AVG 1950 sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung Maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der. Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Diesem Gesetzesbefehl kam die belangte Behörde nicht nach. Sie hat aber den angefochtenen Bescheid auch in anderer Hinsicht mit Rechtswidrigkeit belastet, was aus der Formulierung des Spruches, hervorgeht. Es, ist aus der Begründung zwar nicht ersichtlich, was die belangte Behörde unter einem öffentlichen Beförderungsmittel versteht. Der Begriff des öffentlichen Beförderungsmittels ist im Gehaltsgesetz oder anderen verwandten Gesetzen nicht umschrieben. Daher sind Umschreibungen aus Gesetzen, die das Verkehrswesen regeln, heranzuziehen.
Unter sinngemäßer Heranziehung des § 2 des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl. Nr. 60, sind öffentliche Verkehrsmittel solche, die dem allgemeinen Personen-, Reisegepäck- oder Güterverkehr zu dienen bestimmt und zur Beförderung nach Maßgabe der hiefür geltenden Rechtsvorschriften und Beförderungsbedingungen verpflichtet sind. Aus § 1 Abs. 1 des Kraftfahrliniengesetzes 1952, BGBl. Nr. 84, kann geschlossen werden, daß dem Begriff des öffentlichen Verkehrsmittels weder immanent ist, daß es planmäßig geführt noch daß. die Beförderung von Personen zwischen bestimmten Punkten durchgeführt wird. Demnach ist im Sinne des § 16 a GG 1956 i. d. F. BGBl. Nr. 73/1971, der gemäß Art. IV Abs. 1 Z. 3 dieses Gesetzes am 1. Jänner 1971 in Kraft getreten ist, jedes Beförderungsmittel als öffentlich anzusehen, das allgemein zugänglich ist und für welches Beförderungspflicht besteht. Der angefochtene Bescheid enthält keine ausdrückliche Aussage darüber, welches Beförderungsmittel als zweckmäßigerweise in Betracht kommend angesehen wurde.
Im Beschwerdefall wird von der belangten Behörde nicht bestritten, daß das dem Beschwerdeführer in der Zeit von Montag bis Samstag zur Verfügung stehende öffentliche Beförderungsmittel das billigste ist und für den Beamten zweckmäßigerweise in Betracht kommt. Es ist noch zu untersuchen, ob dem Beschwerdeführer die Entschädigung für „notwendige monatliche Fahrtauslagen“ auch unter, Berücksichtigung der Zurücklegung der Wegstrecke Wohnung Dienststelle an Tagen gebührt, an denen das sonst verkehrende öffentliche Beförderungsmittel flieht in Betrieb ist oder wegen der besonderen Festsetzung der Dienstzeit des Beamten von ihm nicht. benützt werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Rechtsmeinung, daß diese Frage zu bejahen ist. Er läßt sich dabei von der Überlegung leiten, daß nach der erkennbaren Ansicht des Gesetzgebers dem Beamten der Fahrtkostenzuschuß ohne Rücksicht darauf gebühren soll, in welcher Weise. der Beamte die Wegstrecke Wohnung Dienststelle tatsächlich zurücklegt, sofern nur überhaupt für diese Strecke zweckmäßigerweise ein öffentliches Beförderungsmittel benützt werden kann. Ist dies der Fall, so ist der Beamte nach dem Wortlaut des § 16 a des Gehaltsgesetzes 1956 berechtigt, etwa einen eigenen Personenkraftwagen zu benützen und trotzdem den Fahrtkostenzuschuß in der Höhe zu beanspruchen, die sich aus § 16 a Abs. 1 bis. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 ergibt. Für Fahrten an Tagen, an denen das Verkehrsmittel vom Beamten nicht tatsächlich benützt werden kann, werden jene Fahrtkosten anzusetzen sein, die zu entrichten wären, wenn das Beförderungsmittel nur für eine Hin- und Rückfahrt benützt würde, wobei allgemein zugängliche Fahrtpreisermäßigungen zu berücksichtigen sind. Da somit in solchen Fällen die oben genannten gesetzlichen Bestimmungen die Bedeutung von Verrechnungsvorschriften besitzen, wäre es nicht verständlich, wenn der Beschwerdeführer für die Zurücklegung der Wegstrecke Wohnung Dienststelle an Sonntagen, für die an anderen Tagen ein dem § 16 a Abs. 1 lit. c des Gehaltsgesetzes 1956 entsprechendes öffentliches Beförderungsmittel zur Verfügung stünde, nicht eine Entschädigung zukäme.
Der angefochtene Bescheid war aus den oben angeführten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 und 48. Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 sowie auf Art. IA Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom 4. Jänner 1965, BGBl. Nr. 4.
Wien, am 27. April 1972
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