JudikaturVwGH

0924/67 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
22. September 1967

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Dr. Krzizek, Dr. Lehne, Dr. Rath und Dr. Leibrecht als Richter im Beisein des Schriftführers, prov. Regierungsoberkommissärs Dr. Schatzmann, über die Beschwerde des J H in F, vertreten durch Dr. Theodor Veiter, Rechtsanwalt in Feldkirch, Marktplatz 17, gegen den Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 27. Dezember 1965, Zl. Ve 1955/38/1965 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde E)‚ betreffend eine Entschädigung nach der Bauordnung für Tirol, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 27. Dezember 1965 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, die Gemeinde E zur Zahlung einer Entschädigung von S 260.000, zu verpflichten, gemäß § 69 Abs. 1 Tiroler Landbauordnung mit der Begründung abgewiesen, daß die im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Liegenschaft Grundstück Nr. 1138 der KG. E gemäß § 1 der Verordnung vom 11. Juni 1959, LGBl. Nr. 19, betreffend Freihaltung von Grundstücken in der genannten Gemeinde, von jeder Verbauung freizuhalten sei. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer eine auf Art. 144 B VG. gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Da der Verfassungsgerichtshof gegen die Gesetzmäßigkeit der die Verbauungsbeschränkung verfügenden Verordnung Bedenken hatte, leitete er das Prüfverfahren gemäß Art. 139 B VG. ein. Mit Erkenntnis vom 14. März 1967, V 2/67, hat der Verfassungsgerichtshof die vorangeführte Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben. In dem Erkenntnis vom gleichen Tage, Zl. B 35/66, hat der Verfassungsgerichtshof jedoch zu Recht erkannt, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinem Recht verletzt wurde. Er hat diese Entscheidung damit begründet, daß durch die Aufhebung der Verordnung das Grundstück des Beschwerdeführers vom Freihaltungsgebot gemäß dem Grundsatz, daß der Rechtsfall so zu entscheiden ist, als ob die Verordnung bereits im Zeitpunkt seiner Konkretisierung aufgehoben gewesen wäre, nicht betroffen war, dem Beschwerdeführer daher kein Anspruch auf Entschädigung nach § 69 der Tiroler Landbauordnung zustehe. Auf die Gründe, aus denen die Landesregierung den Anspruch auf Entschädigung abgewiesen habe, komme es nicht mehr an. Gleichzeitig hat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde zur Entscheidung darüber, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt wurde, gemäß Art. 144 Abs. 2 B VG. an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Da die vom Beschwerdeführer beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde nicht alle im § 28 VwGG. 1965 angeführten Angaben enthielt, erteilte der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom 20. Juni 1967 den Auftrag, sie binnen vier Wochen in den im einzelnen angeführten Punkten zu ergänzen. Die Beschwerdeergänzung wurde am 17. Juli 1967 der Post zur Beförderung übergeben. Gleichzeitig stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil die schriftliche Ausfertigung der hg. Verfügung als Erfüllungsfrist für die Ergänzung irrtümlich zwei Wochen angegeben hatte, innerhalb dieser Frist aber die Beschwerdeergänzung infolge eines Versehens der Kanzlei des Anwaltes der Post nicht übergeben worden war.

Soweit der Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt, erweist sich dieser Antrag als gegenstandslos, weil die dem Beschwerdeführer mitgeteilte Frist auf einem Versehen der Kanzlei des Verwaltungsgerichtshofes beruht und dieser Umstand dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil gereichen kann. An sich wäre der Verwaltungsgerichtshof verpflichtet gewesen, den Schreibfehler in Anwendung der Bestimmungen des § 62 Abs. 4 AVG. 1950 im Zusammenhalt mit § 62 VwGG. 1965 zu berichtigen. Der Fehler wurde jedoch erst nach Einlangen des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bemerkt, sodaß sich eine Berichtigung erübrigt.

In der Sache selbst mußte jedoch die Beschwerde als unbegründet erkannt werden.

Als Recht, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet, bezeichnet er das gesetzlich normierte Eigentumsrecht nach § 165 ABGB. (richtig: § 365 ABGB.) „in Verbindung mit Art. 5 Staatsgrundgesetz“, da nach Wegfall der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Verordnung der Beschwerdeführer durch das auf kein Gesetz gestützte Bauverbot hinsichtlich der Liegenschaft in E in der wirtschaftlichen Ausnutzung der Liegenschaft gehindert wurde. Wäre das Grundstück als Baugrund im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides frei verfügbar gewesen, so wäre an die im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof genannten deutschen Kaufinteressenten der Verkauf zu dem Preise von S 260.000, erfolgt. Dies sei aber durch das inzwischen erfolgte Verbot des Ausländergrunderwerbes im Land Tirol nicht mehr möglich. Andere Kaufinteressenten fehlten zur Zeit, so daß durch den angefochtenen Bescheid eine „konfiskatorische“ Enteignung erfolgt sei.

Dieses Vorbringen zeigt, daß der Beschwerdeführer die Rechtslage verkennt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung einer Entschädigung für die durch die Verordnung vom 11. Juni 1959 erfolgte Verbauungsbeschränkung gemäß § 69 Abs. 1 Tiroler Landbauordnung (Gesetz vom 15. Oktober 1900, LGBl. Nr. 1/1901, mit Änderungen) abgewiesen. Diese Gesetzesstelle bestimmt, daß durch Verordnung der Landesregierung die Freihaltung von Gründen, sei es auf Zeit, sei es auf Dauer, angeordnet werden könne. Ob und in welcher Höhe seitens der Gemeinde oder von Seiten der Interessenten eine mäßige Entschädigung zu leisten ist, entscheidet fallweise unter Ausschluß des Rechtsweges nach Anhörung des Landesverkehrsrates und des Landeskulturrates die Landesregierung endgültig. Voraussetzung für die Gewährung einer Entschädigung ist daher, daß eine Grundfläche auf Grund einer Verordnung der Landesregierung auf bestimmte Zeit oder auf Dauer von jeder Verbauung freizuhalten ist. Einer solchen Beschränkung unterliegt aber die Liegenschaft des Beschwerdeführers nicht, da die Verordnung vom 11. Juni 1959 durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 1967 aufgehoben wurde. Dies alles hat freilich bereits der Verfassungsgerichtshof, wenn auch mit anderen Worten, dem Beschwerdeführer in seinem Erkenntnis vom 17. März 1967 mitgeteilt. Soweit aber das Beschwerdevorbringen die Verletzung das verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrechtes zum Inhalt hat, kann sie zufolge Art. 133 Z. 1 B VG. vom Verwaltungsgerichtshof überhaupt nicht auf ihre sachliche Richtigkeit überprüft werden.

Der Beschwerdeführer übersieht bei seinem Vorbringen, daß die Verwaltungsgerichtshof Beschwerde immer nur als Ziel die Aufhebung eines Bescheides, niemals aber die Vergütung eines mit diesem Bescheide verbundenen Schadens haben kann.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, konnte die Beschwerde gemäß Art. 35 Abs. 1 VwGG. 1965 ohne weitere Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abgewiesen werden (§ 42 Abs. 1 VwGG. 1965).

Wien, 22. September 1967

Rückverweise