JudikaturVwGH

1353/63 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
10. Januar 1964

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialsekretärs Dr. Walter, über die Beschwerde des M B in G gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat) vom 31. Mai 1963, Zl. 1852/5/63, betreffend Einkommen und Gewerbesteuer 1959, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Beschwerdeführer erzielt Einkünfte aus einer Landwirtschaft, einem Weinhandel und einer Gastwirtschaft. Im Anschluß an eine Umsatzsteuerprüfung erklärte sich der Steuerberater des Beschwerdeführers damit einverstanden, daß der Reingewinn des Jahres 1959 für den Weinhandel mit S 43.100 und für die Gastwirtschaft mit S 50.000 festgestellt werde.

Bei der Steuerveranlagung für 1959 ging dann das Finanzamt davon aus, daß der Weinhandel und die Gastwirtschaft einen einheitlichen Gewerbebetrieb darstellen; es ermittelte unter Berücksichtigung einer Umsatzsteuer und Gewerbesteuerrückstellung den Gewinn aus diesem einheitlichen Gewerbebetrieb mit S 84.100 und legte diesen Betrag auch der Gewerbesteuerbemessung zugrunde.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er bestritt, daß es sich bei dem Weinhandel und der Gastwirtschaft um einen einheitlichen Gewerbebetrieb handle. Vielmehr lägen zwei völlig getrennte Betriebe vor, sodaß zwei Gewerbesteuerbescheide bei Trennung der beiden Gewerbezu erlassen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheide gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers insoweit Folge, als sie der Ansicht des Beschwerdeführers, es handle sich nicht um einen einheitlichen Gewerbebetrieb, Rechnung trug und gleichfalls zwei getrennte Gewerbebetriebe annahm. Sie änderte jedoch dabei den erstinstanzlichen Bescheid insofern zum Nachteil des Beschwerdeführers ab, als sie unter Berufung auf die seinerzeitige Erklärung des Steuerberaters des Beschwerdeführers den Gewinn aus dem Weinhandel mit S 43.100 und den Gewinn aus der Gastwirtschaft mit S 50.000 annahm und so zu Einkünften aus Gewerbebetrieb von insgesamt S 93.100 gelangte, während das Finanzamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb von insgesamt S 84.100 festgestellt hatte.

Die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Gerichtshof erwogen:

Gemäß § 289 Abs. 2 BAO. ist die Abgabenbehörde zweiter Instanz zwar berechtigt, den erstinstanzlichen Bescheid nach jeder Richtung und somit auch zum Nachteil des Berufungswerbers abzuändern, ihr sind jedoch dabei gemäß § 279 Abs. 1 BAO. dieselben Obliegenheiten auferlegt wie der Abgabenbehörde erster Instanz. Dazu gehört insbesondere die Verpflichtung zur Wahrung des Parteiengehörs (vgl. §§ 115 Abs. 2 und 151Abs. 3 BAO.).

Im vorliegenden Falle hatte sich die Berufung des Beschwerdeführers ausschließlich dagegen gerichtet, daß der Weinhandel und die Gastwirtschaft steuerlich als ein einheitlicher Gewerbebetrieb behandelt worden waren; die vom Finanzamt mit S 84.100 festgestellte Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb war unangefochten geblieben und im gesamten Berufungsverfahren niemals zur Debatte gestanden. Bei der hier gegebenen Sachlage wäre es Aufgabe der belangten Behörde gewesen, in Wahrung des Parteiengehörs die Bemessungsgrundlagen mit den Beschwerdeführer nochmals zu erörtern, wenn sie beabsichtigte, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb zum Nachteil des Steuerpflichtigen. mit einem höheren Betrag festzusetzen, als dies durch das Finanzamt geschehen war. Es genügte nicht, daß sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides einfach darauf berief, daß der Steuerberater des Beschwerdeführers seinerzeit einer Feststellung des Gewinnes aus dem Weinhandel mit S 45.100 und des Gewinnes aus der Gastwirtschaft mit S 50.000 zugestimmt hatte. Denn diese Zustimmungserklärung war ja auch bereits dem Finanzamt vorgelegen; dieses hatte aber bei der Veranlagung diese Ziffern nur als Ausgangspunkt seiner Berechnung verwendet und hatte schließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb von S 84.100 festgestellt, was die belangte Behörde völlig außer acht ließ, ohne im angefochtenen Bescheid auch nur ein Wort darüber zu verlieren, warum von den Feststellungen der ersten Instanz abgewichen wurde.

Dieses Vorgehen belastete das Verfahren der belangten Behörde mit einem wesentlichen Mangel, der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG. 1952 zur Folge haben mußte.

Von der Durchführung einer Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 lit. c VwGG. 1952 abgesehen.

Wien, 10. Jänner 1964

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