JudikaturVwGH

0273/63 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
06. März 1964

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Frühwald als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialsekretärs Dr. Walter, über die Beschwerde des A, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 10. Jänner 1961, Zl. 617/1 IX 1962, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Das Finanzamt hat den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 14. November 1961 wegen fahrlässiger Abgabenverkürzung (Beförderungs-, Einkommen- und Gewerbesteuer) nach § 34 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) mit einer Geldstrafe von S 1.000,-- bestraft. Dieses Erkenntnis ist dem Beschwerdeführer am 17. November 1961 zugestellt worden. Die dagegen erhobene Berufung hat das Finanzamt gemäß § 156 Abs. 1 FinStrG als verspätet zurückgewiesen. In der Begründung seiner Entscheidung hat es darauf hingewiesen, daß die Rechtsmittelfrist, da der 17. Dezember 1961 ein Sonntag sei, am 18. Dezember 1961 abgelaufen sei. Die Berufung sei nach dem Stempel des Postamtes jedoch erst am 19. Dezember 1961 zur Post gegeben worden. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Zurückweisungsbescheid Beschwerde. Die Berufungsschrift sei am Montag, den 18. Dezember 1961, um 21.45 Uhr, zur Post gebracht worden. Für die Richtigkeit dieses Vorbringens bezog sich der Beschwerdeführer auf zwei namentlich genannte Zeugen sowie darauf, daß das bezügliche Briefkuvert im Poststempel die Zeit von 5 Uhr früh aufweisen müsse. Die belangte Behörde wies das Rechtsmittel ab. Bei gewöhnlichen Briefsendungen beginne der Postenlauf nicht schon mit dem Briefeinwurf, sondern erst mit dem Tag des Poststempels. Unter Postenlauf sei jene Zeit zu verstehen, die die Post für ihre Befördertätigkeit braucht. Unter Beförderung von Sendungen sei im Sinne des Postgesetzes jene Tätigkeit zu verstehen, die mit der Annahme, Weiterleitung oder Abgabe von Sendungen verbünden sei. Die erste amtliche Tätigkeit der Post bei gewöhnlichen Briefsendungen sei die Abstempelung derselben, wodurch der Postenlauf beginne. Werde eine Sendung als gewöhnlicher Brief am letzten Tag einer Frist zur Post gegeben, so sei es Sache des Absenders, dafür zu sorgen, daß der Brief noch am selben Tag abgestempelt wird, damit die Frist gewahrt bleibe. Der Beschwerdeführer habe nach seinen Angaben die Berufung am letzten Tag der Frist um 21.45 Uhr zur Post gegeben. Er hätte damit rechnen müssen, daß eine gewöhnliche Briefsendung um diese Zeit nicht mehr abgestempelt wird. Der Postenlauf habe erst am Folgetag des letzten Tages der Rechtsmittelfrist begonnen.

In der gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird der Standpunkt der belangten Behörde als rechtswidrig bekämpft und der Vorwurf einer Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben. Die Beschwerde vertritt dazu den Standpunkt, eine nicht bescheinigte Postsendung gehe nach den Vorschriften der Postordnung durch das Einlegen in den Postbriefkasten in die Gewahrsame der Post über. Die erste amtliche Tätigkeit der Post sei bei gewöhnlichen Briefsendungen nicht deren Abstempelung, sondern die durch daß Einlegen in den Briefkasten ausgelöste Annahme der Sendung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 186 FinStrG gelten für die Berechnung der Fristen die Bestimmungen des Abgabenrechtsmittelgesetzes bzw. (ab 1. Jänner 1962) der Bundesabgabenordnung. Nach den Vorschriften der bezogenen Gesetze werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet (§ 10 Abs. 2 Abgabenrechtsmittelgesetz bzw. § 108 Abs. 4 BAO).

Die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis des Finanzamtes ist unbestrittenermaßen einen Tag nach dem Ende der Beschwerdefrist beim Finanzamt eingelangt. Die Frage, ob sie dessenungeachtet rechtzeitig eingereicht wurde, ist danach zu beantworten, ob die betreffende Briefsendung noch innerhalb der Rechtsmittelfrist, das ist also noch am 18. Dezember 1961, mit Rechtswirkung der Post zur Beförderung übergeben wurde. Der Postaufgabevermerk (Datumstempel) zeigt, worauf der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren hingewiesen hat, das Datum „19. Dezember 1961 5 Uhr Früh“. Diesem Umstand kommt aber hier Bedeutung. Die in einen Briefkasten eingeworfenen Sendungen erhalten den Poststempel von dem Tag, an dem sie aus dem Briefkasten ausgehoben werden. Die Zeiten, zu denen die Briefkästen entleert werden, sind zufolge § 100 der Postordnung, BGBl. Nr. 110/1957, in den Dienstübersichten angegeben. Sie sind auch den auf den in Verwendung stehenden Briefkästen selbst angebrachten Vermerken zu entnehmen. Es kann daher jedermann mit einiger Sorgfalt feststellen, ob seine Sendung, die er in den Briefkasten zu werfen beabsichtigt, noch am gleichen Tage von der Postverwaltung übernommen und damit einer Behandlung zugeführt wird. Für den Beginn des Postenlaufes ist nur maßgeblich, wann das Schriftstück in Behandlung genommen, d. h., wann der Kasten ausgehoben wird. Es muß daher das Schriftstück vor der letzten am Briefkasten vermerkten Aushebezeit in den Briefkasten eingeworfen werden, um als noch an diesem Tag aufgegeben zu gelten (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 1963, Zl. 715/62).

Zur Wahrung der Frist reicht also der Einwurf in den Postkasten am letzten Tag der Frist nur dann aus, wenn er vor der letzten vorgesehenen Aushebezeit erfolgt. Wird die Briefsendung zwar am letzten Tag der Frist aber nach der letzten Aushebung eingeworfen und aus diesem Grund mit dem Datum des Poststempels des nächsten Tages versehen, dann ist die Frist nicht gewahrt.

Der in der Beschwerde vertretene Standpunkt, das Einlegen der Briefsendung in den Briefkasten am 18. Dezember 1961 bedeute gleichzeitig die Annahme der Sendung durch die Post und sei als die erste Tätigkeit der Post zu werten, sodaß die gegenständliche Berufung noch fristgerecht eingebracht worden sei, ist daher verfehlt.

Da aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers hervorgeht, daß er die Berufung am 18. Dezember 1961 erst nach der für die Aushebung vorgesehenen Zeit in den Briefkasten eingeworfen hat, geht auch die erhobene Verfahrensrüge, die mit der Unterlassung der Feststellung des Einwurfes der Briefsendung noch am 18. Dezember 1961 und mit der Nichtaufnahme der diesbezüglich von ihm angebotenen Beweise begründet wird, ins Leere.

Der angefochtene Bescheid läßt somit eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers nicht erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 6. März 1964

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