JudikaturVwGH

1496/55 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
02. Juni 1960

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Guggenbichler als Vorsitzenden und die Räte Dr. Borotha, Dr. Schimetschek, Penzinger und Dr. Kadecka als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Klein als Schriftführer, über die Beschwerde des Mag. O H und Mag. S H in G gegen den Bescheid des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 7. April 1955, Zl. V 42312 18/4 1955, betreffend Apothekenkonzession, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Otto Daghofer des Vertreters der belangten Behörde, Ministerialrat Dr. Hubert Kirschner, und des Vertreters der mitbeteiligten Partei, Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Bauerreiss, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid vom 14. Juli 1950 hatte der Landeshauptmann von Steiermark dem Magister B M, der mitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, gemäß § 51 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907, die persönliche Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke mit dem Standort in G, erteilt, In der Begründung dieses Bescheides hieß es, nach den Ergebnissen der gepflogenen Ermittlungen besitze der Konzessionswerber die nach § 3 des Apothekengesetzes geforderte persönliche Eignung zur Erlangung der Berechtigung zum selbständigen Betrieb einer öffentlichen Apotheke. Die sachlichen Voraussetzungen für eine Konzessionserteilung im Sinne des § 10 des Apothekengesetzes seien gegeben, da vom Magistrat und vom Gemeinderat der Stadt G das Bedürfnis der Bevölkerung nach einer neuen Apotheke bestätigt werde und die Prüfung aller bezüglichen Daten das Vorliegen eines Bedarfes erwiesen habe. Eine Existenzgefährdung der benachbarten öffentlichen Apotheken sei nicht zu befürchten. Der von einer Reihe von Inhabern benachbarter öffentlicher Apotheken gegen diesen Bescheid ergriffenen Berufung hatte die belangte Behörde mit Bescheid vom 28. November 1950 nicht Folge gegeben, mit der Begründung, daß das Bedürfnis der Bevölkerung nach einer weiteren öffentlichen Apotheke im Stadtzentrum von G durch die maßgebende Behörde bejaht worden sei und eine Existenzgefährdung bereits bestehender öffentlicher Apotheken nicht vorliege.

Diese Berufungsentscheidung sowie der ihr zugrunde liegende erstinstanzliche Bescheid hatten den Gegenstand der von den Berufungswerbern sowie von der Österreichischen Apothekerkammer zur hg.Zl.233 und 234/51 erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gebildet. Sie ist mit Erkenntnis vom 23. April 1954, soweit sie sich gegen den erstinstanzlichen Bescheid richtete, zur Gänze, soweit sie sich gegen den Berufungsbescheid richtete, insoferne als unzulässig zurückgewiesen worden, als sie von Personen erhoben wurde, denen aus verschiedenen Gründen die Parteistellung im vorangegangenen Verwaltungsverfahren fehlte.

Auf Grund der von den übrigen Parteien, darunter auch von den gegenwärtigen Beschwerdeführern ergriffenen Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof den Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 28. November 1950 gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Begründung auf, daß die belangte Behörde ihren Bescheid in der Frage der Existenzgefährdung der öffentlichen Apotheken der heutigen Beschwerdeführer nicht gesetzmäßig begründet habe.

Mit dem heute auf seine Gesetzmäßigkeit überprüften Bescheid vom 7. April 1955 entschied die belangte Behörde neuerlich über die Berufung der beiden Beschwerdeführer im abweisenden Sinne, wobei sie sich hinsichtlich der von den Beschwerdeführern behaupteten Gefährdung der Existenz ihrer öffentlichen Apotheken von folgenden Erwägungen leiten ließ: Nach Mitteilung der Österreichischen Apothekerkammer vom 26. März 1955 habe die N Apotheke des Erstbeschwerdeführers im Jahre 1954 bei einem Personalstand von neun vertretungsberechtigten Apothekern und 23 nichtpharmazeutischen Bediensteten einen Gesamtumsatz von 9,677.622 S 88 g und die K Apotheke des Zweitbeschwerdeführers bei einem Personalstand von fünf vertretungsberechtigten Apothekern und sieben nichtpharmazeutischen Bediensteten einen Gesamtumsatz von 1,529.527 S 95 g erzielt. Die Einholung einer Stellungnahme der Beschwerdeführer zu diesen Daten im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG. sei entbehrlich erschienen, weil die genannten Zahlen auf eigene Meldungen der Beschwerdeführer zurückgingen. Angesichts dieser hohen Umsätze des Jahres 1954 könne von einer Existenzgefährdung der Apotheken der Beschwerdeführer nicht gesprochen werden, zumal die neue O Apotheke des Mitbeteiligten bereits seit mehr als drei Jahren betrieben werde.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die Beschwerdeführer erblicken eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß mit ihm der erstinstanzliche Bescheid bestätigt worden sei, obwohl er der mitbeteiligten Partei entgegen der Vorschrift des § 9 Abs. 2 des Apothekengesetzes als Standort ihrer neu errichteten öffentlichen Apotheke ein einzelnes Haus zugewiesen habe. Dies stelle keinen gesetzmäßigen Standort dar, der im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle eine Gemeinde, eine Ortschaft, einen Stadtbezirk oder einen Teil eines solchen Gebietes umfassen müsse. Der Gerichtshof vermag dieser Auffassung der Beschwerdeführer nicht beizupflichten. Durch die Vorschrift des § 9 Abs. 2 des Apothekengesetzes soll dem Konzessionswerber ein Anspruch auf einen dieser Gesetzesstelle entsprechenden Standort gesichert werden, innerhalb dessen die Apotheke errichtet werden kann und eine Verlegung ohne neue Konzessionserteilung möglich ist. Es würde daher wohl dem Sinne des Gesetzes zuwiderlaufen, wenn einem Konzessionswerber in der über sein Ansuchen ergehenden Entscheidung der Behörde der beantragte Standort auf ein einzelnes Haus eingeschränkt werden würde. Es widerspricht aber nicht dem Gesetz, wenn der Bewerber den Standort selbst in dieser Weise beschränkt. Zur Abweisung des Konzessionsansuchens gemäß § 47 Abs. 1 des Apothekengesetzes bestand daher kein Anlaß. Hievon abgesehen konnten aber die Beschwerdeführer dadurch, daß der für die Apotheke in Aussicht genommene Standort vom Mitbeteiligten auf ein einzelnes Haus beschränkt und von der Behörde antragsgemäß festgesetzt worden ist, in einem subjektiven Recht gar nicht verletzt werden, sodaß sie selbst dann, wenn die Bestimmung eines solchen Standortes objektiv gegen das Gesetz verstoßen hätte, zur Geltendmachung dieser Rechtswidrigkeit nicht legitimiert gewesen wären.

Letzteres gilt aber auch, soweit sich die Beschwerde gegen die Beurteilung der Frage des Bedarfes durch die belangte Behörde wendet und in dieser Hinsicht dem angefochtenen Bescheid Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Last legt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem in derselben Angelegenheit ergangenen Erkenntnis vom 23. April 1954, Zl. 233/234/51, darauf hingewiesen, daß und weshalb den Nachbarapothekern, die gegen das Ansuchen eines Konzessionswerbers wegen Gefährdung der Existenz ihrer eigenen Apotheken Einspruch erhoben haben, in dieser Frage ein Mitspracherecht nicht zusteht. Er sieht sich auch durch die Ausführungen der vorliegenden Beschwerde nicht veranlaßt, von seiner ständigen Rechtsprechung abzugehen. Aus den hg. Erkenntnissen vom 27. September 1954, Slg. N. F. Nr. 3505/A, und vom 18. März 1954, Slg. N.F. Nr. 3351/A, aus denen die Beschwerdeführer ein Abgehen von der bisherigen Judikatur ableiten zu können glauben, lassen sich in Wahrheit Argumente gegen die bisherige Rechtsprechung nicht gewinnen. Sie fußen vielmehr auf ihr und bedeuten lediglich ihre logische Fortentwicklung. Gerade weil dem Nachbarapotheker im Verfahren über die Neuerteilung einer Konzession nur in der Frage der Existenzgefährdung Parteistellung zukommt, war es notwendig, im Erkenntnis vom 27. September 1954 hervorzuheben, daß dieser Grundsatz in jenen Fällen nicht Platz greift, in denen der angestrebte Standort zugleich eine Einschränkung des bisherigen Standortes eines Nachbarapothekers bedeutet. Nur in diesem Fall, der bei den Beschwerdeführern, die eine Einschränkung ihrer Standorte durch den vom Mitbeteiligten in Aussicht genommenen Standort nicht einmal behauptet haben, nicht gegeben ist, kommt dem Nachbarapotheker volle Parteistellung und damit auch das Recht zu, die Entscheidung der Berufungsbehörde in jeder Hinsicht, also auch unter Berufung auf eine unrichtige Entscheidung der Bedarfsfrage, mit Verwaltungsgerichtshofbeschwerde anzufechten. Auch die im Erkenntnis vom 18. März 1954 auf Grund des Beschlusses eines verstärkten Senates bejahte Frage, ob die Berufungsbehörde auf Grund der Berufung eines Nachbarapothekers (der auch im Verwaltungsverfahren nur die Existenzgefährdung seiner Apotheke geltend machen kann) berechtigt ist, den erstinstanzlichen Bescheid dahin abzuändern, daß das Konzessionsansuchen mangels Bedarfes abgewiesen wird, steht auf dem Boden der Auffassung, daß der Nachbarapotheker nur in der Frage der Existenzgefährdung Parteistellung besitzt. Nur in diesem Zusammenhang konnten überhaupt Zweifel darüber auftauchen, ob der Berufungsbehörde auch in diesen Fällen mit Rücksicht auf die beschränkte Parteistellung des Berufungswerbers alle jene Befugnisse zukommen, die § 66 Abs. 4 AVG. einer Berufungsbehörde einräumt. Mit der Bejahung dieser Frage ist aber für den Standpunkt der Beschwerdeführer nichts gewonnen. Denn damit ist nur das Recht der Berufungsbehörde bestätigt worden, ungeachtet des Umstandes, daß die Berufung vom Nachbarapotheker nur wegen unrichtiger Beurteilung der Frage der Existenzgefährdung ergriffen werden konnte, den erstinstanzlichen Bescheid auch aus anderen Gründen zum Nachteil des Konzessionswerbers abzuändern. Daran, daß der Nachbarapotheker selbst nur durch eine Konzessionserteilung entgegen dem Verleihungshindernis des § 10 Abs. 3 des Apothekengesetzes in seinen rechtlich geschützten Interessen verletzt werden kann, hat sich somit durch dieses Erkenntnis ebenfalls nichts geändert.

Es trifft aber auch die Annahme nicht zu, daß die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Auslegung des Gesetzes eine unbillige Härte für die durch die Neueröffnung einer öffentlichen Apotheke von Konkurrenz bedrohten Inhaber der in der Nachbarschaft bereits bestehenden öffentlichen Apotheken bedeutet. Denn. auch die beschränkte Parteistellung ist den Nachbarapothekern nicht im Interesse des Schutzes vor Konkurrenzierung durch gleichartige Unternehmen im Wirtschaftsleben eingeräumt worden, sondern lediglich zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit ihrer Betriebe, die ausschließlich im öffentlichen Interesse geschützt wird. Nur soweit das, subjektive Interesse der Nachbarapotheker mit diesem öffentlichen Interesse parallel läuft, wird es vom Gesetzgeber durch Einräumung der Parteistellung geschützt, und nur in diesem Rahmen vermag der Nachbarapotheker daher Parteistellung im Verfahren über einen Antrag auf Verleihung der Konzession für eine öffentliche Apotheke in Anspruch zu nehmen. Im übrigen kann er, mag auch die über das Konzessionsansuchen getroffene Entscheidung objektiv gesehen rechtswidrig sein, in seinen subjektiven Rechten nicht verletzt werden. Aus diesen Gründen vermochte der Gerichtshof auf die in der Beschwerde gegen die Beurteilung der Bedarfsfrage erhobenen Einwendungen rechtlicher Natur ebensowenig einzugehen wie auf die Verfahrensrüge, soweit sie die verfahrensmäßigen Grundlagen des angefochtenen Bescheides in dieser Hinsicht betrifft.

Es verbleibt daher dem Verwaltungsgerichtshof lediglich eine Prüfung der Beschwerde in meritorischer Hinsicht, soweit die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführer in der Frage der von ihnen behaupteten Gefährdung der Existenz ihrer Apotheken (§ 10 Abs. 3 des Apothekengesetzes) nicht Folge gegeben hat.

Diesbezüglich wird in der Beschwerde zunächst bemängelt, daß die belangte Behörde sich in ihrem Bescheid ausschließlich auf die Umsätze der Apotheken der Beschwerdeführer aus dem Jahre 1954, dem letzten Jahr, für das im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung die Umsatzziffern bekannt waren, gestützt und sich nicht mit den Umsätzen der letzten drei Jahre vor dem Ansuchen des Mitbeteiligten befaßt hat. Bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels hätte die belangte Behörde nach Ansicht der Beschwerdeführer feststellen müssen, daß sich der Personalstand der K Apotheke seit Errichtung der Apotheke des Mitbeteiligten um fünf Personen, darunter vier Magister, vermindert hat und daß ihr Umsatz nur um 31 % gestiegen ist, während sich der Gesamtumsatz aller Apotheken in dieser Zeit um 120 % erhöhte. Auf Grund dieser Tatsachen hätte die belangte Behörde zumindest bei der K Apotheke eine Existenzgefährdung erkennen müssen. Hiezu ist folgendes zu sagen:

Die belangte Behörde hat ihre Schlußfolgerung, daß eine Gefährdung der Existenz der Apotheke der Beschwerdeführer durch die neu errichtete Apotheke des Mitbeteiligten nicht zu besorgen sei, aus den von den beiden. Apotheken im Jahre 1954, dem dritten Kalenderjahr nach Eröffnung der neuen Apotheke des Mitbeteiligten, erzielten Umsätzen abgeleitet. Sie war auf Grund der besonderen Situation des Falles somit nicht wie in anderen Verwaltungsverfahren darauf angewiesen, auf Grund der bisher erzielten Umsätze der Nachbarapotheken spekulativ auf die künftige Entwicklung nach Hinzutreten. der neuen Apotheke zu schließen, denn sie war, worauf auch in der Beschwerde hingewiesen wird, im Zeitpunkt ihrer Entscheidung in der Lage, die Auswirkungen der Neuerrichtung der Apotheke des Mitbeteiligten an Hand der durch sie bereits eingetretenen Veränderungen der wirtschaftlichen Lage der übrigen Apotheken zu beurteilen. Sie konnte daher darauf verzichten, auf die Umsätze früherer Jahre zurückzugreifen, und ihrer Beurteilung den durch den schon seit mehreren Jahren bestehenden Betrieb der neuen O Apotheke geschmälerten Umsatz der Apotheken der Beschwerdeführer des Jahres 1954 zugrunde legen. Sie hat aus der Höhe des den Apotheken der Beschwerdeführer nach Eröffnung der neuen Apotheke verbliebenen Umsatzes den Schluß gezogen, daß diese Apotheken nicht als existenzgefährdet angesehen werden können. Dieser Schluß ist mit Rücksicht auf die Höhe der im Jahre 1954 erzielten Umsätze gerechtfertigt. Denn gemessen an den Verhältnissen des Jahres 1954 gewährleistete auch ein unter dem Umsatz der K Apotheke von rund 1 1/2 Millionen Schilling gelegener Umsatz den Fortbestand eines Apothekenbetriebes. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß diese Apotheke, was nicht bestritten werden soll, durch die Errichtung der Apotheke des Mitbeteiligten anscheinend erheblich getroffen worden ist, die Steigerung ihres Umsatzes, die, was gleichfalls nicht in Abrede gestellt werden kann, zum großen Teil auf die Verschlechterung des Geldwertes zurückzuführen ist, mit der der übrigen Apotheken nicht Schritt gehalten hat und daß sie ihren Personalstand deswegen wesentlich einschränken mußte. Derartige Folgen müssen aber als Auswirkungen jeder Vermehrung der Anzahl öffentlicher Apotheken hingenommen werden, solange sie nicht die Existenzfähigkeit der betroffenen Nachbarapotheken in Frage stellen. Dafür, daß diese ungünstige Entwicklung des Umsatzes der K Apotheke anhalten und letzten Endes die Existenzfähigkeit dieser Apotheke vernichten: werde, wie der Zweitbeschwerdeführer befürchtet, fehlt jedoch jeder Anhaltspunkt. Es muß vielmehr angenommen werden, daß, mag sich auch die Konkurrenz der neuen Apotheke nicht sofort voll ausgewirkt haben, deren Betrieb nach drei Jahren bereite zur vollen Entfaltung gelangt ist und sich die weitere Entwicklung des Umsatzes des Zweitbeschwerdeführers im Rahmen der allgemeinen Wirtschaftslage der Apotheken normal gestalten wird, es sei denn, was im Rahmen des § 10 Abs. 3 des Apothekengesetzes nicht zu berücksichtigen ist, daß andere Gründe, wie etwa Fehler in der Führung des Betriebes, für einen weiteren Rückgang des Umsatzes maßgebend sein sollten. Wenn die belangte Behörde sich daher mit der Umsatzziffer des Jahres 1954 begnügt hat und die früheren Umsätze nicht in den Kreis ihrer Erwägungen einbezogen hat, so ist darin weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides noch ein Verfahrensmangel zu erblicken, der die Schlüssigkeit der Feststellungen der belangten Behörde zur Frage der Existenzgefährdung zu beeinträchtigen vermöchte.

Als Aktenwidrigkeit des angefochtenen Bescheides macht die Beschwerde geltende die Apothekerkammer habe mit Schreiben vom 25. Juli 1954 die Zahl der als pharmazeutisches Personal (einschließlich der Aspiranten) beschäftigten Personen in den Apotheken der Beschwerdeführer mit 7 (N Apotheke) mit 4 5 (K Apotheke), die des nicht pharmazeutischen, Personals mit 22 bzw. 6 Personen bekanntgegeben, während die belangte Behörde einen höheren Personalstand angenommen habe und beim pharmazeutischen Personal von vertretungsberechtigten Apothekern spreche, obwohl Aspiranten nicht vertretungsberechtigt seien. Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt teils nicht vor, teils stellt sie keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Die belangte Behörde hat ihrem Bescheid nicht die Auskunft der Apothekerkammer vom 25. Juli 1954, sondern eine spätere vom 26. März 1955 zugrunde gelegt, deren Angaben sich mit den Feststellungen des angefochtenen Bescheides decken und die zeigen, daß eben seit der früheren Auskunft eine Personalvermehrung eingetreten ist, woraus geschlossen werden kann, daß eine Besserung der wirtschaftlichen Lage der Apotheken sich anbahnt. Allerdings spricht das Schreiben der Apothekerkammer vom 26. März 1955 ganz allgemein von Pharmazeuten im Gegensatz zum übrigen Hilfspersonal, sodaß die Annahme der belangten Behörde, daß die als Pharmazeuten geführten Angestellten alle vertretungsberechtigte Apotheker seien, in dem genannten Schreiben keine Deckung findet, weil es auch ausgebildete Pharmazeuten gibt, die noch nicht vertretungsberechtigt sind (Aspiranten). Diesem Widerspruch in den Feststellungen der belangten Behörde zur Aktenlage kommt jedoch keine entscheidende Bedeutung zu, da die Feststellungen über den Personalstand nur die bereits aus der von den Beschwerdeführern nicht bestrittenen Höhe des Umsatzes sich ergebende Tatsache unterstreichen sollen, daß die beiden Betriebe der Beschwerdeführer nicht als existenzgefährdet angesehen werden können.

Wenn der Erstbeschwerdeführer schließlich als Verfahrensmangel rügt, die belangte Behörde habe es unterlassen, bei der N Apotheke den reinen Apothekenumsatz vom Umsatz der zur Belieferung, ärztlicher Hausapotheken errichteten „N Pharm.“ zu trennen, wodurch ein vollkommen falsches Bild entstehe, so erweist sich auch diese Rüge als unberechtigt, Zum Umsatz einer öffentlichen Apotheke sind alle Einnahmen zu zählen, die auf Grund der Apothekenkonzession erzielt werden, also nicht nur die Einnahmen aus dem reinen Apothekenbetrieb, worunter der Erstbeschwerdeführer offenbar den Ladenbetrieb verstanden wissen will (vgl. hiezu neben anderen das hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1958, Slg. N. F. Nr. 4556/A). Da nach § 31 Abs. 3 des Apothekengesetzes Ärzte die zur Einrichtung und Ergänzung ihrer Hausapotheken erforderlichen Drogen, chemischen Präparate sowie sonstigen arzneilichen Zubereitungen nur aus einer inländischen öffentlichen Apotheke beziehen dürfen, kann sich die für solche Zwecke gebildete Organisation (Versandapotheke) nur im Rahmen und gedeckt durch die Apothekenkonzession des Inhabers halten und ist als Teil der öffentlichen Apotheke anzusehen, mag auch aus innerbetrieblichen Gründen der Organisation eine Trennung dieser beiden Zweige des Apothekenbetriebes durchgeführt werden. Die Einnahmen aus der Belieferung der ärztlichen Hausapotheken sind daher als Umsätze der öffentlichen Apotheke anzusehen. Im übrigen hat der Erstbeschwerdeführer nicht einmal behauptet, daß der seiner Ansicht nach für die Frage der Existenzfähigkeit allein maßgebende „reine“ Umsatz der N Apotheke eine Gefährdung ihrer Existenz erkennen lasse.

Da sich aus diesen Gründen die Beschwerde in jeder Hinsicht als unbegründet erwies, mußte sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG. 1952 abgewiesen werden.

Der Auffassung des Mitbeteiligten, die Beschwerde sei als unzulässig zurückzuweisen, weil sowohl Mr. O H als auch Mr. S H im Zeitpunkt, als Dr. O D in ihrem Namen die vorliegende Beschwerde erhob, nicht mehr am Leben waren, vermochte der Verwaltungsgerichtshof nicht beizutreten. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gelten, soweit das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1952, BGBl. Nr. 96, nichts anderes bestimmt, die Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§ 49). Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, weil die einzige diesbezügliche Vorschrift des Verwaltungsgerichtshofgesetzes, es ist dies § 23 Abs. 5, lediglich den Sonderfall des Todes einer Partei während der Anhängigkeit des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betrifft. Das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG.) verweist seinerseits wiederum im § 9 bezüglich der persönlichen Rechts und Handlungsfähigkeit der Beteiligten auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes, die auch für das Erlöschen der Vollmacht maßgebend sind (vgl. hiezu Mannlicher, Das Verwaltungsverfahren, Anm. 9 zu § 10 AVG.). Nun bestimmt § 1022 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB.), daß der Gewalthaber das Recht und die Pflicht hat, das angefangene Geschäft zu vollenden, wenn es sich ohne offenbaren Nachteil der Erben nicht unterbrechen läßt. Rechtsanwalt Dr. D, der namens der Beschwerdeführer noch zu deren Lebzeiten die Berufung und später die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde ergriffen hatte, ist in dieser Eigenschaft auch der mit der vorliegenden Beschwerde angefochtene Ersatzbescheid der belangten Behörde zugestellt worden. In diesem Zeitpunkte waren beide Mandanten bereits verstorben. L H, der der Nachlaß des Erstbeschwerdeführers eingeantwortet worden war und die Dr. D mit ihrer Vertretung betraut hatte, war damals auch bereits verstorben. Für ihre sowie des Zweitbeschwerdeführers Verlassenschaft waren nach den eigenen Behauptungen des Mitbeteiligten im damaligen Zeitpunkt vertretungsberechtigte Erben nicht vorhanden. Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher keine Bedenken, im gegenständlichen Beschwerdefäll die Voraussetzungen des § 1022 ABGB. für ein Einschreiten des bisherigen Bevollmächtigten als gegeben anzusehen, zumal die vom Mitbeteiligten vertretene Auffassung zu dem Ergebnis führen würde, daß auch die Zustellung der angefochtenen Berufungsentscheidung an Rechtsanwalt Dr. D als ungültig angesehen werden müßte und es zu ihrer Wirksamkeit der neuerlichen Zustellung an die Erben der L H bzw. des Zweitbeschwerdeführers bedürfte. Ob im Falle des § 1022 ABGB. aber die Beschwerde namens der Verlassenschaft oder namens der Erblasser ergriffen wurde, ist im Hinblick auf die Vorschrift des § 547 ABGB. letzter Satz ebenso belanglos wie der Umstand, daß auf das Vollmachtsverhältnis des einschreitenden Rechtsanwaltes zu L H nur in den Beschwerdeausführungen hingewiesen worden ist, während im Kopf der Beschwerde deren Erhebung namens der Verlassenschaft nach L H nicht zum Ausdruck kam. (Letzteres ergibt sich aus der Vorschrift des § 547 ABGB. erster Satz.)

Wien, 2. Juni 1960

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