Ra 2023/13/0163 3 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Eine wesentliche Änderung der organisatorischen Struktur liegt in der Regel dann vor, wenn alle oder die überwiegende Mehrheit der Mitglieder der Geschäftsführung in einem Zug oder bei Vorliegen eines inneren Zusammenhangs sukzessive wechseln. Die wesentliche Änderung der organisatorischen Struktur muss im Verbund mit der wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Struktur und der Gesellschafterstruktur zur Folge haben, dass die Identität der Gesellschaft wirtschaftlich eine andere geworden ist. Im Hinblick auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist hinsichtlich der organisatorischen Struktur maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen, also auf jene Geschäftsführer, die faktisch die Geschäfte führen. Wird eine Organstellung nur formal beibehalten, während die faktische Geschäftsführung wechselt, bewirkt dies eine wesentliche Änderung der organisatorischen Struktur. Solcherart kann ein bloß formales Beibehalten der Organwalterstellung die Wirkungen des Mantelkaufs nicht verhindern. Letztlich ist nach einem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen, ob sich die organisatorische Struktur tatsächlich so wesentlich verändert hat, dass - zusammen mit den anderen Strukturänderungen - die Identität des Steuerpflichtigen nicht mehr gegeben ist und damit die Mantelkaufbestimmung zur Anwendung gelangt (vgl. VwGH 15.12.2021, Ro 2019/13/0008). Werden die bisherigen Organe nicht ausgewechselt oder tritt kein neuer Geschäftsführer hinzu, kann es in Fällen, in denen die bisherige Geschäftsführung formal belassen und die Geschäfte tatsächlich von Organen der Mutter (oder einer verbundenen Gesellschaft) geführt werden, im Rahmen der einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung auch auf den faktischen Geschäftsführer ankommen, der im Übrigen vom Gesetzgeber durch § 9a BAO in gleicher Weise in den Bereich der Geschäftsführerhaftung einbezogen wird.