JudikaturVwGH

10 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
23. Juni 2021

Gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Zur Verschuldensform der Fahrlässigkeit hat der VwGH bereits festgehalten, dass die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt dem Täter im Sinn des § 6 Abs. 1 StGB nur dann vorgeworfen werden kann, wenn es ihm unter dem besonderen Verhältnis des Einzelfalles auch zuzumuten war, sie tatsächlich aufzuwenden. Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der VwGH wiederholt ausgesprochen, dass der dafür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte. Die notwendige Beachtung dieses Sorgfaltsmaßstabs umfasst einerseits die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems und andererseits die Beachtung dieses Kontrollsystems im Einzelfall. Ist in einer dem § 9 VStG unterliegenden juristischen Person kein den Vorgaben der Leitlinien entsprechendes konkretes wirksames Kontrollsystem ausgebildet, wird dieser objektive Sorgfaltsmaßstab nicht beachtet (vgl. dazu grundlegend VwGH 20.3.2018, Ra 2017/03/0092, mwN).

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