Leitsatz
Auswertung in Arbeit
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestützten Antrag begehrt das Verwaltungsgericht Wien, der Verfassungsgerichtshof möge §34 Abs4 AVG, BGBl 51/1991 als verfassungswidrig aufheben.
II. Rechtslage
§34 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl 51/1991 (WV), idF BGBl I 157/2024 lautet wie folgt (die angefochtene Bestimmung idF BGBl 51/1991 ist hervorgehoben):
" 6. Abschnitt: Ordnungs- und Mutwillensstrafen
Ordnungsstrafen
§34. (1) Das Verwaltungsorgan, das eine Verhandlung, Vernehmung, einen Augenschein oder eine Beweisaufnahme leitet, hat für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen.
(2) Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, sind zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis 726 Euro verhängt werden.
(3) Die gleichen Ordnungsstrafen können von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.
(4) Gegen öffentliche Organe und gegen Bevollmächtigte, die zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt sind, ist, wenn sie einem Disziplinarrecht unterstehen, keine Ordnungsstrafe zu verhängen, sondern lediglich die Anzeige an die Disziplinarbehörde zu erstatten.
(5) Die Verhängung einer Ordnungsstrafe schließt die strafgerichtliche Verfolgung wegen derselben Handlung nicht aus."
III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 22. Mai 2024 wurde der Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Wien aufgetragen, einen näher umschriebenen feuerpolizeilichen Übelstand gemäß §6 Abs3 Wiener Feuerpolizeigesetz 2015 zu beseitigen.
1.2. Die dagegen erhobene Beschwerde der Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Wien gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 22. Mai 2024 wurde in der Folge der Gerichtsabteilung 42 des Verwaltungsgerichtes Wien zugeteilt. Am 16. Juli 2024 fand eine mündliche Verhandlung am Verwaltungsgericht Wien statt.
1.3. Mit Erkenntnis vom 30. Dezember 2024 gab das Verwaltungsgericht Wien der Beschwerde statt und hob den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien ersatzlos auf.
1.4. In der Folge stellte das Verwaltungsgericht Wien den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestützten Antrag, in dem begehrt wird, der Verfassungsgerichtshof möge §34 Abs4 AVG, BGBl 51/1991 als verfassungswidrig aufheben.
2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit des Antrages mit näher bezeichneter Begründung bestreitet. Der Antrag sei weiters auch inhaltlich nicht begründet.
3. Die Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Wien hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie darstellt, dass die Interessen der Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Wien durch den Antrag des Verwaltungsgerichtes Wien nicht berührt würden. Weiters wird im Hinblick auf den im Antrag des Verwaltungsgerichtes Wien geschilderten Sachverhalt Stellung genommen.
IV. Zulässigkeit
1. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).
2. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B VG dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückzuweisen, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
3. Dies ist hier der Fall:
4. Aus dem Gerichtsakt ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht Wien den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 22. Mai 2024 mit Erkenntnis vom 30. Dezember 2024 ersatzlos aufgehoben und der Beschwerde stattgegeben hat. Daher ist
§34 Abs4 AVG vom antragstellenden Verwaltungsgericht Wien – mangels Vorliegens eines Anlassfalles – sohin nicht anzuwenden.
V. Ergebnis
1. Der Antrag ist als unzulässig zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden