Leitsatz
Zurückweisung von Anträgen auf Aufhebung der Mautordnung der ASFINAG für Bundesstraßen mangels Vorliegens einer Verordnung; Qualifikation der Mautordnung als privatrechtsförmigen Akt und nicht als genereller Akt der Hoheitsverwaltung
Spruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
I. Anträge
1. Mit den vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Anträgen begehrt der Oberste Gerichtshof, der Verfassungsgerichtshof möge
"[…] die Wortfolgen '… für die Dauer der Verwendung des Scheinwerfers oder der Warnleuchte mit blauem Licht und ...' sowie 'Bei der Rückfahrt von einem Einsatz, bei dem Scheinwerfer oder Warnleuchten mit blauem Licht verwendet wurden, sind diese Fahrzeuge ebenfalls von der Vignettenpflicht ausgenommen.' in Teil A I ('Mautordnung für einspurige Kraftfahrzeuge und mehrspurige Kraftfahrzeuge mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 3,5 Tonnen'), Punkt 1.3.3.1 ('Permanente Ausnahmen'), erster Unterpunkt, der von der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs Aktiengesellschaft erlassenen Verordnung 'Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs', Version 81, in der seit 22. November 2024 geltenden Fassung, […], als gesetzwidrig aufheben;
[…] aussprechen, dass die Wortfolgen '... für die Dauer der Verwendung des Scheinwerfers oder der Warnleuchte mit blauem Licht und ...' sowie 'Bei der Rückfahrt von einem Einsatz, bei dem Scheinwerfer oder Warnleuchten mit blauem Licht verwendet wurden, sind diese Fahrzeuge ebenfalls von der Vignettenpflicht ausgenommen.' in jeweils Teil A I ('Mautordnung für einspurige Kraftfahrzeuge und mehrspurige Kraftfahrzeuge mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 3,5 Tonnen'), Punkt 1.3.3.1 ('Permanente Ausnahmen'), erster Unterpunkt, der von der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft erlassenen Verordnungen 'Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs', Versionen 75 bis 80, in den […] von 22. November 2023 bis 21. November 2024 geltenden Fassungen, […], gesetzwidrig waren:
[…]
[…] aussprechen, dass die Wortfolgen '... für die Dauer der Verwendung des Scheinwerfers oder der Warnleuchte mit blauem Licht und ...' sowie 'Die Rückfahrt von einem Einsatz, bei dem Scheinwerfer oder Warnleuchten mit blauem Licht verwendet wurden, ist ebenfalls von der Vignettenpflicht ausgenommen.' in jeweils Teil A I ('Mautordnung für Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen'), Punkt 1.3.3.1 ('Permanente Ausnahmen'), erster Unterpunkt, der von der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft erlassenen Verordnungen 'Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs', Versionen 48 bis 74, in [den] von 7. November 2017 bis 21. November 2023 geltenden Fassungen, […], gesetzwidrig waren:
[…]"
II. Rechtslage
1. Das ASFINAG Gesetz, BGBl 591/1982, idF BGBl I 142/2023 lautet auszugsweise:
"Artikel II
Errichtung einer Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft
§1 . Der Bund hat eine Gesellschaft mit dem Firmenwortlaut 'Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft' mit dem Sitz in Wien und einem Grundkapital von mindestens 7 Millionen Euro, deren gesamte Anteile dem Bund vorbehalten bleiben, zu errichten.
§2. (1) Als Unternehmensgegenstand der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ist insbesondere vorzusehen die Finanzierung, die Planung, der Bau und die Erhaltung von Bundesstraßen, einschließlich der hiezu notwendigen und zweckdienlichen Infrastruktur, die Einhebung von zeit- und fahrleistungsabhängigen Mauten von den Nutzern dieser Straßen sowie die Bedienung der von der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft mit Ermächtigung des Bundesministers für Finanzen gemäß ArtII §5 eingegangenen Verbindlichkeiten, soweit sie für Zwecke der Planung, des Baues und der Erhaltung von Bundesstraßen eingegangen wurden. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat weiters die nicht unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen sowie die Grundstücke und Hochbauten, die in das Eigentum der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft auf Grund des Bundesgesetzes über die Auflassung und Übertragung von Bundesstraßen (Artikel 5 des Bundesstraßen-Übertragungsgesetzes, BGBl I Nr 50/2002) übertragen wurden, zu verwerten und zu verwalten. Als weiterer Unternehmensgegenstand kann die Durchführung von Teilen der Betriebsagenden im System für digitale Kontrollgeräte im Straßenverkehr vorgesehen werden.
(2) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben oder zur Steigerung ihrer Wirtschaftlichkeit ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft zur Errichtung von Zweigniederlassungen im In- und Ausland sowie zur Gründung von Tochtergesellschaften und zur Beteiligung an anderen Unternehmen im In- und Ausland berechtigt. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie über alle vorgesehenen Maßnahmen zur Gründung von Tochtergesellschaften und über den Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmungen im In- und Ausland regelmäßig und eingehend zu berichten.
(3) Mit dem Bundesgesetz betreffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften, BGBl Nr 826/1992, wurden die Autobahnen- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft, die Pyhrn Autobahn Aktiengesellschaft, die Tauernautobahn Aktiengesellschaft und die Wiener Bundesstraßen Aktiengesellschaft zur Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft sowie die Arlberg Straßentunnel Aktiengesellschaft und die Brenner Autobahn Aktiengesellschaft zur Alpen Straßen Aktiengesellschaft verschmolzen.
[…]
§9. (1) Die Satzung der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft sowie jede Satzungsänderung bedürfen der Zustimmung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie und des Bundesministers für Finanzen.
(2) Sowohl die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie als auch der Bundesminister für Finanzen sind berechtigt, von der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft jede gewünschte Auskunft über deren Tätigkeit zu verlangen. Die Organe dieser Gesellschaft sind verpflichtet, Aufforderungen zur Auskunftserteilung unverzüglich zu entsprechen. Die Satzung hat die Organe diesbezüglich zu verpflichten."
2. Das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997, BGBl I 113, idF BGBl I 26/2006 lautet auszugsweise:
"§1. Der Bundesminister für Finanzen hat die Anteile des Bundes an der Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen Aktiengesellschaft (FN 30 647 w, LG Salzburg) und der Alpen Straßen Aktiengesellschaft (FN 34467 m, LG Innsbruck) als Sacheinlage entsprechend den Bestimmungen des Umgründungssteuergesetzes, BGBl Nr 699/1991 idF BGBl Nr 201/1996, in die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (FN 92191a, HG Wien) ohne Gegenleistung einzubringen.
§2. (1) Der Bundesminister für Finanzen hat der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft das Recht der Fruchtnießung (§§509 ff ABGB) an allen Bestandteilen (§3 Bundesstraßengesetz 1971) bestehender und künftig zu errichtender Bundesstraßen gemäß §§1 und 7 Abs1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996, BGBl Nr 201/1996, in der jeweils geltenden Fassung zu übertragen.
(2)–(3) […]
[…]
§4. Ab Inkrafttreten des Fruchtgenußvertrages gehen alle Rechte und Pflichten des Bundes betreffend die Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen Aktiengesellschaft und Alpen Straßen Aktiengesellschaft auf die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft über. Unberührt bleiben die gesetzlich geregelten hoheitlichen Aufgaben des Bundes.
[…]
§6. Dem Fruchtgenußberechtigten ist mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 1997 das Recht einzuräumen, die Einhebung von Mauten und Benützungsgebühren von sämtlichen Nutzern der dem Fruchtgenußberechtigten übertragenen Straßen entsprechend den Bestimmungen des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996, BGBl Nr 201/1996, und der sonstigen gesetzlich festgelegten Mauten und Benützungsgebühren vorzunehmen. Der Fruchtgenußberechtigte kann dieses Recht mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen an Dritte übertragen.
[…]
§9. Der Fruchtgenußvertrag gemäß §2 hat vorzusehen, daß die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft auch die Verpflichtung des Bundes gemäß §§7 und 7a des Bundesstraßengesetzes, BGBl Nr 286/1971, die unter §2 bezeichneten Straßen zu planen, zu bauen und zu erhalten, übernimmt und den Bund diesbezüglich schad- und klaglos hält. Dies gilt auch für jene Teilstrecken, die bereits bisher an die Alpen Straßen Aktiengesellschaft und die Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen AG übertragen wurden.
§10. In dem mit der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft gemäß §2 abzuschließenden Fruchtgenußvertrag ist dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie das Recht einzuräumen, der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft Zielvorgaben zu setzen und eine begleitende Kontrolle hinsichtlich der Maßnahmen der Gesellschaft einschließlich der Planungsmaßnahmen durchzuführen. Insbesondere ist vorzusorgen, daß dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie die Erlassung der für die technische Durchführung anzuwendenden Vorschriften vorbehalten bleibt und ihm jährlich im vorhinein die Plan-Gewinn- und Verlustrechung und Plan-Bilanz vorgelegt werden.
§11. Die für die Errichtung neuer, dem Recht der Fruchtnießung unterliegenden Strecken oder für die Erfüllung sonstiger, der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft übertragenen Aufgaben notwendigen Grundflächen und sonstigen dinglichen Rechte sind von der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft im Auftrag, im Namen und auf Rechnung des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) zu erwerben. […]"
3. Die §§7, 28 und 34b des Bundesstraßengesetzes 1971 (BStG 1971), BGBl 286, idF BGBl I 58/2006 lauten auszugsweise:
"II. Planung, Bau, Betrieb und Erhaltung
Grundsätze und objektiver Nachbarschutz
§7. (1) Die Bundesstraßen sind derart zu planen, zu bauen und zu erhalten, daß sie nach Maßgabe und bei Beachtung der straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Vorschriften von allen Straßenbenützern unter Bedachtnahme auf die durch die Witterungsverhältnisse oder durch Elementarereignisse bestimmten Umstände ohne Gefahr benützbar sind; hiebei ist auch auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs sowie auf die Umweltverträglichkeit Bedacht zu nehmen.
(2) Die Bundesministerin bzw der Bundesminister für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie erläßt die für die Planung, den Bau und die Erhaltung der Bundesstraßen erforderlichen Verordnungen und Dienstanweisungen.
Benützung der Bundesstraßen
§28. (1) Die Benützung der unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen der Bundesstraßen steht jedermann im Rahmen der straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Vorschriften offen. Jede Benützung der Bundesstraßen für einen anderen als ihren bestimmungsgemäßen Zweck bedarf, unbeschadet der straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Bestimmungen, der Zustimmung des Bundes (Bundesstraßenverwaltung). Diese ist zu versagen, wenn Schäden an der Straße zu befürchten sind oder künftige Bauvorhaben an der Straße erheblich erschwert würden. Weiters ist die Zustimmung zu versagen, wenn erhebliche Verkehrsbeeinträchtigungen zu befürchten sind, sofern dem nicht wesentliche öffentliche Interessen entgegenstehen; dies gilt nicht für die Abhaltung von Versammlungen, auf die die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl Nr 98, in der jeweils geltenden Fassung, anzuwenden sind. Insoweit solche Benützungsrechte an einer Straße vor ihrer Erklärung als Bundesstraße begründet worden sind, bleiben sie im gleichen Umfang bestehen. Der Bund (Bundesstraßenverwaltung) kann – sofern dies nicht den Bedingungen der Zustimmung zur Benützung widerspricht – jederzeit, ohne Entschädigung zu leisten, eine entsprechende Abänderung der hergestellten Einrichtungen verlangen, falls dies wegen einer Umgestaltung der Straße oder aus Verkehrsrücksichten notwendig wird.
(2)–(8) […]
Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft
§34b. Hinsichtlich jener Bundesstraßen, über die sie mit dem Bund den Fruchtgenussvertrag gemäß §2 des ASFINAG-Ermächtigungsgesetzes 1997, BGBl I Nr 113/1997 ArtI, abgeschlossen hat, kommen der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft alle Rechte und Pflichten des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) nach diesem Bundesgesetz zu."
4. Das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG), BGBl I 109, idF BGBl I 142/2023 lautet auszugsweise:
"1. Teil
Mautpflicht auf Bundesstraßen
Mautstrecken
§1. (1) Für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen ist Maut zu entrichten.
(2)–(4) […]
Arten der Mauteinhebung
§2. Die Maut ist entweder für zurückgelegte Fahrstrecken (fahrleistungsabhängige Maut) oder für bestimmte Zeiträume (zeitabhängige Maut) zu entrichten.
Mautgläubiger
§3. Mautgläubiger ist der Bund oder, soweit ihr von diesem das Recht der Fruchtnießung eingeräumt wurde, die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft.
Mautschuldner
§4. Mautschuldner sind der Kraftfahrzeuglenker und der Zulassungsbesitzer. Mehrere Mautschuldner haften zur ungeteilten Hand.
Allgemeine Ausnahmen von der Mautpflicht
§5. (1) Von der Mautpflicht sind ausgenommen:
1. Fahrzeuge, an denen gemäß §20 Abs1 Z4 und Abs5 Kraftfahrgesetz 1967 Scheinwerfer oder Warnleuchten mit blauem Licht sichtbar angebracht sind, im Fall von Fahrzeugen gemäß §20 Abs5 Kraftfahrgesetz 1967 nur sofern bei ihrer Verwendung den gemäß §20 Abs6 Kraftfahrgesetz 1967 erteilten Auflagen und Bedingungen entsprochen wird;
2.–4. […]
(2) Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft kann für Fahrten im Rahmen von humanitären Hilfstransporten in Notstandsfällen Fahrzeuge von der Mautpflicht ausnehmen. Die Regelung erfolgt anlassbezogen in der Mautordnung.
[…]
2. Teil
Fahrleistungsabhängige Maut
Pflichten der Fahrzeuglenker und Arbeitgeber
§8. (1) Soweit Lenker nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, haben sie vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.
(2) […]
(3) Die näheren Bestimmungen über die Pflichten der Fahrzeuglenker sind in der Mautordnung zu treffen.
(4) […]
Mauttarife
§9. (1) Die fahrleistungsabhängige Maut dient der Anlastung der Infrastrukturkosten sowie der Kosten, die verkehrsbedingt durch Luftverschmutzung, Lärmbelastung und CO2-Emissionen entstehen. Eine Teilanlastung dieser Kosten ist zulässig.
(2) Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen die Mauttarife pro Kilometer zur Anlastung der Kosten gemäß Abs1 für die fahrleistungsabhängige Maut durch Verordnung auf hundertstel Cent genau festzusetzen. Der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft obliegt die Erstellung von Vorschlägen zur Festsetzung der Mauttarife zur Anlastung der Infrastrukturkosten.
(3)–(13) […]
3. Teil
Zeitabhängige Maut
Mautpflicht
§10. (1) Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren technisch zulässige Gesamtmasse nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der zeitabhängigen Maut.
(2) Von der Pflicht zur Entrichtung der zeitabhängigen Maut sind ausgenommen: 1.–5. […]
(3)–(4) […]
Mautentrichtung
§11. (1) Die Jahresvignette hat eine Gültigkeit von einem Kalenderjahr und berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken auch im Dezember des Vorjahres und im Jänner des Folgejahres. Die Zweimonatsvignette berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken im Zeitraum von zwei Monaten. Die Gültigkeit endet mit Ablauf jenes Tages, der durch sein Tagesdatum dem ersten Gültigkeitstag entspricht. Fehlt dieser Tag im zweiten Monat, so endet die Gültigkeit mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Die Zehntagesvignette berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken während zehn aufeinanderfolgender Kalendertage. Die Eintagesvignette hat eine Gültigkeit von einem Kalendertag.
(2) Die zeitabhängige Maut ist vor der Benützung von Mautstrecken durch Ankleben einer Klebevignette am Fahrzeug oder durch Registrierung des Kennzeichens im Mautsystem der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft zu entrichten. Abweichend davon ist die zeitabhängige Maut für die Benützung von Mautstrecken während eines Kalendertages (Eintagesvignette) durch Registrierung des Kennzeichens des Fahrzeugs im Mautsystem der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (digitale Vignette) zu entrichten.
(3)–(5) […]
(6) Die näheren Bestimmungen über die Beschaffenheit der Klebevignetten, über ihre Anbringung an den Fahrzeugen, über das Mitführen der Klebevignetten an Stelle der Anbringung, über Ersatzklebevignetten, über die Registrierung des Kennzeichens des Fahrzeugs im Mautsystem und über die Umregistrierung digitaler Jahresvignetten sind in der Mautordnung zu treffen. Die Mautordnung kann vorsehen, dass die Umregistrierung bedingt erfolgt und nach Ablauf einer in der Mautordnung vorgesehenen Frist wieder erlischt, falls der Zulassungsbesitzer die erforderlichen Nachweise für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Umregistrierung nicht fristgerecht erbringt.
(7) […]
Vignettenpreise
§12. (1) Bei Jahres-, Zweimonats-, Zehntages- und Eintagesvignetten sind als Kategorien mehrspurige Kraftfahrzeuge, deren technisch zulässige Gesamtmasse nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, und einspurige Kraftfahrzeuge vorzusehen.
(2) Der Preis der Jahresvignette samt Umsatzsteuer beträgt:
1. für einspurige Kraftfahrzeuge: 38,50 Euro,
2. für mehrspurige Kraftfahrzeuge: 96,40 Euro.
(3) Für mehrspurige Kraftfahrzeuge mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 3,5 Tonnen, beträgt der jeweils auf volle zehn Cent abgerundete Preis der Zweimonatsvignette 30 vH, der Preis der Zehntagesvignette 12 vH und der Preis der Eintagesvignette 9 vH des Preises der Jahresvignette.
(4) Für einspurige Kraftfahrzeuge betragen die jeweils auf volle zehn Cent abgerundeten Vignettenpreise jeweils 40 vH der Vignettenpreise für mehrspurige Kraftfahrzeuge, deren technisch zulässige Gesamtmasse nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt.
(5) Die Preise der Jahresvignette gelten für die Benutzung der Mautstrecken im Jahr 2024 und die Preise gemäß Abs3 und 4 ab dem 1. Dezember 2023. Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen jährlich, erstmals im Jahr 2024, auf Grundlage des von der Bundesanstalt Statistik Österreich verlautbarten Harmonisierten Verbraucherpreisindex oder des an seine Stelle tretenden Index die Preise der Jahres-, Zweimonats-, Zehntages- und Eintagesvignetten mit Verordnung anzupassen, und zwar durch Heranziehung der auf eine Dezimalstelle berechneten Rate der Veränderung des Jahresdurchschnittswertes des Vorjahres gegenüber dem entsprechenden Wert des dem Vorjahr vorangegangenen Jahres. Der für die Jahresvignette für mehrspurige Kraftfahrzeuge, deren technisch zulässige Gesamtmasse nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, errechnete Betrag ist kaufmännisch auf volle zehn Cent zu runden. Der so ermittelte Betrag ist nach Maßgabe des Abs3 und 4 auf die Preise von Zweimonats-, Zehntages- und Eintagesvignetten für mehrspurige Kraftfahrzeuge, deren technisch zulässige Gesamtmasse nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, und auf die Preise von Jahres-, Zweimonats-, Zehntages- und Eintagesvignetten für einspurige Kraftfahrzeuge umzulegen. Die dabei errechneten Beträge sind auf volle zehn Cent abzurunden. Die geänderten Preise gelten für Jahresvignetten, die in dem der Erlassung der Verordnung folgenden Jahr zur Benützung der Mautstrecken berechtigen, und für Zweimonats-, Zehntages- und Eintagesvignetten, die ab dem 1. Dezember des Jahres der Erlassung der Verordnung zur Benützung der Mautstrecken berechtigen.
[…]
4. Teil
Mautordnung und Datenverarbeitung
Erlassung
§14. (1) Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat Bestimmungen über die Benützung der Mautstrecken festzulegen (Mautordnung).
(2) Die Mautordnung bedarf der Genehmigung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Mautordnung den gesetzlichen Vorschriften entspricht und wenn sie den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit nicht zuwiderläuft.
Inhalt
§15. (1) Die Mautordnung hat zu enthalten:
1. allgemeine Bedingungen für die Benützung von Mautstrecken; unter Bedachtnahme auf Artikel 7j Abs1 der Richtlinie 1999/62/EG
2. Bestimmungen über die äußere Form und das Anbringen von Hinweisen auf die Mautpflicht (§1 Abs4);
3. Informationen über Ausnahmen von der Pflicht zur Entrichtung der fahrleistungsabhängigen und der zeitabhängigen Maut (§§5 Abs1, 10 Abs2, 13 Abs1, 1a und 1b);
4. Bestimmungen über die Auf- und Abbuchung von Mautguthaben und über die Zulässigkeit der Verrechnung im Nachhinein (§7 Abs1);
5. Bestimmungen über die Zulassung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut, ihre Anbringung am oder im Fahrzeug, ihren Einsatz sowie über den europäischen elektronischen Mautdienst (§7 Abs1, 3 und 4) und das Muster für Informationsschreiben (§30b Abs6);
6. Bestimmungen über die Pflichten der Kraftfahrzeuglenker (§8 Abs2);
7. die Festlegung der Mautabschnitte und der Mautabschnittstarife, Bestimmungen über die Zuordnung von Fahrzeugen zu EURO Emissionsklassen, nach Maßgabe des Artikels 7ga Abs1 und 2 der Richtlinie über die Zuordnung von Fahrzeugen zu CO2 Emissionsklassen sowie über die Zuordnung zu einer ab 1. Jänner 2025 zu bildenden Tarifgruppe für Omnibusse, über die vorläufige Zuordnung von Fahrzeugen zu einer Tarifgruppe durch Erklärung sowie Bestimmungen über die für die Zuordnung von Fahrzeugen zu einer Tarifgruppe erforderlichen Nachweise und über das Nachholen dieser Nachweise (§9);
8. Informationen über die in der Verordnung gemäß §9 festgesetzten Mauttarife und über die in der Verordnung gemäß §12 festgelegten Vignettenpreise;
9. die Festlegung der Beschaffenheit der Klebevignette, Bestimmungen über ihre Anbringung am Fahrzeug und über das Mitführen an Stelle der Anbringung, Bestimmungen über die Registrierung des Kennzeichens des Fahrzeugs im Mautsystem sowie Informationen über die Gültigkeitsdauer der Vignetten (§11 Abs6);
10. Bestimmungen über die Abgabe von Ersatzklebevignetten (§11 Abs4), über die Möglichkeit, das Kennzeichen eines Fahrzeuges im Mautsystem zu registrieren (digitale Jahresvignette), wenn die auf diesem Fahrzeug angebrachte Klebe Jahresvignette in den Fällen des §11 Abs4 unbrauchbar wird, über die Umregistrierung digitaler Vignetten (§11 Abs5) und digitaler Streckenmautberechtigungen (§32 Abs2) sowie über den kostendeckenden Ersatz des Aufwandes für die einmalige Umregistrierung während ihrer Gültigkeitsdauer;
11. Bestimmungen über die kostenlose Zurverfügungstellung der digitalen Vignette;
12. Bestimmungen über die Ausweise von Mautaufsichtsorganen (§17 Abs4);
13. Bestimmungen über die Höhe der Ersatzmaut (§19 Abs1);
14. Bestimmungen über den Nachweis des Eigengewichtes von mehrspurigen Fahrzeugen, die noch nie zum Verkehr zugelassen waren und ein Probefahrt- oder Überstellungskennzeichen führen (§§6, 10 Abs3);
15. die Beschreibung des Erscheinungsbildes und die Kennzeichnung der Fahrzeuge der Mautaufsichtsorgane als Fahrzeuge für den Bereich des öffentlichen Sicherheitsdienstes (§20 Abs1 Z4 lita Kraftfahrgesetz 1967);
16. unter Bedachtnahme auf die Verkehrssicherheit die Festlegung der Mautkontrollplätze (§18 Abs2);
17. Bestimmungen über die Vignettenevidenz (§16b);
18. Bestimmungen über die Art und Bedingungen der Entrichtung der Maut für die Benützung der in §10 Abs2 genannten Mautabschnitte (Streckenmaut) mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren technisch zulässige Gesamtmasse nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt (§32 Abs1), und Bestimmungen über die Registrierung und Umregistrierung digitaler Streckenmautberechtigungen;
19. Bestimmungen über die Vertriebswege.
(2) Die Mautordnung kann enthalten:
1. anlassbezogene Ausnahmen von der Mautpflicht für Fahrten im Rahmen humanitärer Hilfstransporte in Notstandsfällen (§5 Abs2);
2. Bestimmungen über einen angemessenen Kostenersatz für Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut (§7 Abs2);
3. Bestimmungen über die Mautentrichtung ohne Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut (§7 Abs2);
4. Bestimmungen über Ausnahmen für auf Menschen mit Behinderungen zugelassene Fahrzeuge im Zusammenhang mit der durch BGBl I Nr 142/2023 erfolgten Neuregelung der Mautpflicht in §§6 und 10 Abs1;
5. Bestimmungen über einen kostendeckenden Ersatz des Aufwandes in den Fällen der Abgabe von Ersatzklebevignetten oder der Registrierung des Kennzeichens des Fahrzeuges im Mautsystem (§11 Abs4) und der Umregistrierung digitaler Vignetten (§11 Abs5) und digitaler Streckenmautberechtigungen (§32 Abs2), wobei im Einzelfall der Betrag von 20 € einschließlich Umsatzsteuer nicht überstiegen werden darf und bei Scheibenbruch, Zerstörung des Fahrzeuges, Diebstahl des Kennzeichens oder Diebstahl des Fahrzeuges kein Ersatz des Aufwandes eingehoben wird;
6. Bestimmungen über die bedingte Umregistrierung digitaler Vignetten und digitaler Streckenmautberechtigungen über die Erbringung der erforderlichen Nachweise für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Umregistrierung (§§11 Abs6, 32 Abs2);
7. Bestimmungen über die Möglichkeit, bei einer digitalen Vignette oder bei einer digitalen Streckenmautberechtigung vor Beginn ihrer Gültigkeit das Kennzeichen oder den Beginn ihrer Gültigkeit zu ändern;
8. Bestimmungen über den Rücktritt vom Erwerb digitaler Vignetten und digitaler Streckenmautberechtigungen sowie Bestimmungen, dass mit Ausnahme der Eintagesvignette bei ihrem Erwerb im Fernabsatz der erste Tag ihrer Gültigkeit frühestens der achtzehnte Tag nach dem Tag des Erwerbes ist;
9. Bestimmungen über die Zahlung der Ersatzmaut in fremden Währungen und über ihre unbare Begleichung (§19 Abs7);
10. sonstige anlassbezogene Regelungen, sofern sie keine Belastungen der Mautschuldner zur Folge haben.
Verlautbarung
§16. (1) Die Mautordnung ist von der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft im Internet unter der Adresse www.asfinag.at zu verlautbaren und muss frei von Sondergebühren jederzeit ohne Identitätsnachweis zugänglich sein.
(2) Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat die Mautordnung auf Verlangen jedermann gegen angemessenen Kostenersatz zuzusenden.
[…]
5. Teil
Mautaufsicht und Ersatzmaut
Ersatzmaut
§19. (1) In der Mautordnung ist für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen, die den Betrag von 250 € einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.
(2)–(7) […]
6. Teil
Strafbestimmungen
Mautprellerei
§20. (1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach §10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.
(2) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach §6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.
(3) Zulassungsbesitzer, die den Nachweis über die Zuordnung des Fahrzeuges zur erklärten EURO Emissionsklasse, zur erklärten CO2 Emissionsklasse oder ab 1. Jänner 2025 über die Zuordnung des Fahrzeugs zu einer für Omnibusse gebildeten Tarifgruppe nicht fristgerecht nachholen und dadurch die nicht ordnungsgemäße Entrichtung fahrleistungsabhängiger Maut für die Benützung von Mautstrecken verursachen (§9 Abs10 zweiter und vierter Satz), begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis 3 000 € zu bestrafen.
(4) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs3 gelten als an jenem Ort begangen, an dem die Benützung von Mautstrecken mit einem gemäß §9 Abs10 dritter Satz vorläufig einer Tarifgruppe zugeordneten Fahrzeug durch automatische Überwachung oder durch dienstliche Wahrnehmung eines Mautaufsichtsorgans festgestellt wurde.
(5) Taten gemäß Abs1 bis 3 werden straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des §19 Abs2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.
(6) Die Rückforderung gemäß §19 ordnungsgemäß gezahlter Ersatzmauten ist ausgeschlossen."
III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. Die im Ausgangsverfahren Beklagte ist die ASFINAG. Klägerin ist eine Energienetzbetreiberin und Tochter eines Energieversorgungsunternehmens.
1.2. Bis zum Frühjahr 2017 gingen die Streitteile übereinstimmend davon aus, dass die Blaulichtfahrzeuge der klagenden Energienetzbetreiberin gemäß §5 Abs1 Z1 BStMG von der Mautpflicht ausgenommen sind.
1.3. Im Zeitraum vom 21. Juli 2017 bis 2. Oktober 2018 (im Geltungszeitraum der Mautordnungen in den Versionen 47 bis 52) verrechnete die ASFINAG der Energienetzbetreiberin jedoch Ersatzmaut gemäß §19 BStMG für insgesamt 279 Fahrten mit Blaulichtfahrzeugen (für die keine Vignettenmaut entrichtet worden war), weil bei diesen Fahrten das Blaulicht nicht zum Einsatz gekommen war.
1.4. Die Energienetzbetreiberin bezahlte die vorgeschriebene Ersatzmaut für 278 Fahrten zu je € 120,–, wobei sie jeweils, zum Teil auch erst im Nachhinein, schriftliche Vorbehalte erklärte. Mit Klage begehrte sie sodann die Rückzahlung dieser Ersatzmauten von insgesamt € 33.360,– wegen fehlender Rechtsgrundlage der Vorschreibung sowie die Feststellung, die im Kern darauf gerichtet ist, rechtsverbindlich auszusprechen, dass sie für die Straßenbenützung durch bestimmte ihr gehörende Fahrzeuge, die die Voraussetzungen nach §20 Abs5 KFG 1967 erfüllten, gemäß §5 Abs1 Z1 BStMG keine Maut an die ASFINAG zu bezahlen habe.
2. Der Oberste Gerichtshof legt die Bedenken, die ihn zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, zusammengefasst wie folgt dar:
2.1. Eingangs weist der Oberste Gerichtshof darauf hin, dass er für die Entscheidung über das Klagebegehren die Vorfrage zu beantworten habe, ob die rund 300 Fahrzeuge der Energienetzbetreiberin, für die zumindest im Bundesland Niederösterreich geltende Bewilligungen nach §20 Abs5 KFG 1967 vorlägen, von der Mautpflicht nach §5 Abs1 Z1 BStMG ausgenommen (gewesen) seien.
2.2. Was die Mautordnung der ASFINAG betrifft, führt der Oberste Gerichtshof sodann aus, dass diese (in ihrer jeweiligen Fassung) für den allgemein bestimmten Adressatenkreis der Benützer von mautpflichtigen Straßen unmittelbar verbindliche Regelungen treffe. Da sie im Internet auf der Webseite der ASFINAG kundzumachen (sowie jedermann auf Verlangen gegen angemessenen Kostenersatz zuzusenden) sei (Hinweis auf §16 BStMG), erreiche sie ein solches Maß an Publizität, um in die Rechtsordnung Eingang zu finden (Hinweis auf VwGH 23.3.2022, Ra 2020/06/0156; VfSlg 20.080/2016).
2.3. Zur Rechtsnatur der auf Grundlage des BStMG erlassenen Mautordnung der ASFINAG verweist der Oberste Gerichtshof auf die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes, der die Mautordnung in ständiger Rechtsprechung als Durchführungsverordnung iSd Art18 Abs2 B VG qualifiziere (Hinweis auf VwGH 20.9.2001, 2001/06/0096; 18.6.2003, 2001/06/0173; 23.3.2022, Ra 2020/06/0156). Dieser Rechtsauffassung habe sich auch der Oberste Gerichtshof angeschlossen (Hinweis auf OGH 14.8.2008, 2 Ob 178/07a; 26.9.2024, 8 Ob 66/24z, Rz 22).
2.4. Seine Bedenken gegen die Mautordnung begründet der Oberste Gerichtshof im Wesentlichen damit, dass die angefochtenen Wortfolgen der Mautordnungen nicht bloß, wie die ASFINAG argumentiere, eine Präzisierung des Gesetzeswortlauts bewirkten, sondern dessen Anwendungsbereich einschränkten. Daraus folge, dass die vom Gesetzgeber angeordneten Ausnahmen von der Vignettenpflicht durch die Verordnung(en) eingeschränkt bzw die zivilrechtliche Entgeltpflicht über das vom Gesetzgeber vorgegebene Maß bzw den von ihm vorgegebenen Benutzerkreis hinaus ausgedehnt werde.
3. Die ASFINAG hat eine Äußerung erstattet, in der die Verordnungsqualität der Mautordnung bestritten und den Bedenken des Obersten Gerichtshofes mit näherer Begründung entgegengetreten wird:
3.1. Nach Auffassung der ASFINAG handle es sich bei der Mautordnung um keine Verordnung einer Verwaltungsbehörde, sondern um zivilrechtliche Allgemeine Geschäftsbedingungen. Dass es sich bei der Mautordnung der ASFINAG nicht um eine Verordnung handle, zeige sich sowohl am Wortlaut des BStMG wie auch an dessen System, Historie und Teleologie.
3.2. Da der Gesetzestext des BStMG keine Hinweise dafür enthalte, dass es sich bei der Mautordnung um eine Verordnung handle (Hinweis auf N. Raschauer , Zum Rechtscharakter der Mautordnung, ecolex 2013, 186 ff.), bleibe für die Annahme einer verfassungswidrigen – weil ohne spezifische und ausdrückliche gesetzliche Bestimmung vorgenommenen – Beleihung kein Raum. Dies insbesondere auch wegen der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach "die Übertragung der Befugnis zur Erlassung genereller Normen an einen Beliehenen verfassungsrechtlich besonders sensibel ist" (Hinweis auf VfSlg 16.995/2003). Zudem schreibe der Gesetzgeber der Mautordnung in den Materialien "den Charakter allgemeiner Geschäftsbedingungen" zu (Hinweis auf Erläut zur RV 1139 BlgNR 21. GP, 18). Unter Berufung auf den Willen des Gesetzesgebers habe auch der Verfassungsgerichtshof die Verordnungsqualität der Mautordnung bereits verneint (Hinweis auf VfGH 25.9.2001, B1658/00).
3.3. Ausschlaggebend für die Privatisierung der Bundesstraßenverwaltung in die ausgegliederte ASFINAG sei gewesen, dass der historische Gesetzgeber die an dieser Verwaltungsmaterie haftenden Schulden zur Erfüllung der Maastricht-Kriterien vom Staatsbudget trennen habe wollen (Hinweis auf Merli , Strukturwandel im österreichischen und deutschen Bundesstraßenrecht, FS Funk, 2003, 335 ff.). Die klare Trennung der finanziellen Belange der Bundesstraßenverwaltung vom Staatshaushalt würde konterkariert werden, nähme man an, dass hinsichtlich jener Norm, die die Einnahmenseite der Bundesstraßenverwaltung zentral regle, weiterhin ministerielle Weisungsbefugnisse – und damit eine Zurechnung zum Staat – bestünden.
4. Weiters hat die ASFINAG auf Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes sowie in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Finanzen und dem Bundesministerium für Innovation, Mobilität und Infrastruktur den gemäß ASFINAG Ermächtigungsgesetz 1997 geschlossenen Fruchtgenussvertrag samt Beilagen vorgelegt.
5. Der (vormalige) Bundesminister für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (nunmehr: Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur) hat eine Äußerung erstattet, in der ebenfalls die Verordnungsqualität der Mautordnung unter Hinweis auf die Stellungnahme des Bundeskanzleramtes Verfassungsdienst (s sogleich Pkt. 6.) bestritten und den Bedenken des Obersten Gerichtshofes entgegengetreten wird.
6. Das Bundeskanzleramt Verfassungsdienst hat die ihm eingeräumte Möglichkeit, sich zur Verordnungsqualität der Mautordnung der ASFINAG sowie zur Verfassungsmäßigkeit einer damit gegebenenfalls verbundenen Beleihung der ASFINAG mit Hoheitsgewalt zu äußern, wahrgenommen und – nach Befassung des (vormaligen) Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie – eine Stellungnahme erstattet, in der zusammengefasst Folgendes ausgeführt wird:
6.1. Was zunächst die Verordnungsqualität der Mautordnung betrifft, verweist das Bundeskanzleramt Verfassungsdienst auf den Wortlaut "Mautordnung", der bereits indiziere, dass es sich beim genannten Regelwerk um keine Verordnung handeln solle. Vielmehr liege eine privatrechtliche Benutzungsordnung ähnlich der "Anstaltsordnung" für Krankenanstalten iSd §6 des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes vor (Hinweis auf VfGH 7.3.2024, V5/2022, Rz 41).
6.2. Daher seien gemäß §15 Abs1 Z1 BStMG in die Mautordnung als zentraler Regelungsinhalt "allgemeine Bedingungen für die Benützung von Mautstrecken" aufzunehmen. Diese Wortfolge lege das Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen nahe. Die Bedingungen würden für die Benutzer von Bundesstraßen, welche sich insoweit "unterwerfen", grundsätzlich erst uno actu mit Vertragsabschluss rechtsverbindlich (Hinweis auf Stolzlechner/Kostal , Das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996, ZVR 1999 H 5a, 1 [17 f.]), im Übrigen – für Benutzer von Bundesstraßen, die gerade keinen Vertrag abgeschlossen hätten, – aber kraft gesetzlicher Erstreckung ihres Geltungsbereichs.
6.3. Gesamtsystematisch betrachtet, so das Bundeskanzleramt Verfassungsdienst weiter, werde im BStMG stets penibel zwischen "Verordnungen" einerseits und der "Mautordnung" andererseits unterschieden. Zur Erlassung von Verordnungen werde stets nur der Bundesminister für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, teils im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen, also gerade kein nichtstaatlicher Rechtsträger ermächtigt. Beispielhaft verweist das Bundeskanzleramt Verfassungsdienst auf §30b Abs6 BStMG, wo diese Unterscheidung markant zutage trete. Außerdem enthalte §33 Abs2 erster und zweiter Satz BStMG die für Phasen der Legisvakanz oftmals anzutreffende Ermächtigung, Durchführungsverordnungen zum BStMG bereits vor dessen Inkrafttreten zu erlassen, wobei allerdings deren Inkrafttreten nicht vor jenem der in Anspruch genommenen gesetzlichen Grundlage, also dem 1. Jänner 2003, angeordnet werden dürfe. Gemäß §33 Abs2 letzter Satz BStMG gelte Gleiches für die Mautordnung. Wäre auch diese als Verordnung anzusehen, so wäre die letztgenannte Ermächtigung überflüssig (Hinweis auf N. Raschauer , Zum Rechtscharakter der Mautordnung, ecolex 2013, 186 [187]). Dass der Gesetzgeber der Mautordnung eine andere Rechtsaktqualität beimesse als den "Verordnungen" zum BStMG, werde auch in den Übergangsbestimmungen zu deutlich späteren Gesetzesnovellen sichtbar (Hinweis auf §33 Abs9 vorletzter und letzter Satz BStMG zur Novelle BGBl I 65/2017 sowie Abs18 Z5 leg cit zur Novelle BGBl I 142/2023).
6.4. Auch eine verfassungskonforme Interpretation, insbesondere im Lichte des rechtsstaatlichen Prinzips, zwinge nicht zur Annahme einer Verordnung: Allgemeine Geschäftsbedingungen unterlägen der Jurisdiktion der ordentlichen Gerichte, die allfällige Gesetzwidrigkeiten inzidenter wahrzunehmen hätten. Da auch der zivilgerichtliche Rechtsschutz ein effektiver sei (Hinweis auf VfSlg 17.415/2004), erscheine eine Umdeutung in eine Rechtsverordnung zur Begründung einer Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nach Art139 B VG rechtsstaatlich nicht geboten (Hinweis auf N. Raschauer , ecolex 2013, 188; Pürgy/Hofer , Verkehrsrecht, in Holoubek/Potacs [Hrsg.], Öffentliches Wirtschaftsrecht I 4 , 2019, 1053 [1110 FN 272]).
6.5. Im Wege der historischen Interpretation sei zu berücksichtigen, dass nach dem in den Erläuterungen erklärten Willen des Gesetzgebers der Mautordnung nur der Charakter Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht jedoch einer Rechtsverordnung zukommen solle. So liege auch der Einhebung der zeitabhängigen Maut (Vignettenmaut) selbst ein Privatrechtsverhältnis zugrunde (Hinweis auf Erläut zur RV 1139 BlgNR 21. GP, 13; VfSlg 16.107/2001, 17.676/2005; OGH 22.2.2001, 2 Ob 33/01; VwSlg 14.848 A/1998) und auch die Bundesstraßenverwaltung, deren Besorgung in die ASFINAG ausgegliedert worden sei, sei insgesamt privatwirtschaftlich (Hinweis auf §34b BStG 1971).
6.6. In diesem Sinne spreche auch §4 zweiter Satz ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 aus, dass "die gesetzlich geregelten hoheitlichen Aufgaben des Bundes" unberührt blieben. Dementsprechend werde in den Erläuterungen der bereits damals gegenläufigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der vom Charakter der Mautordnung als Durchführungsverordnung iSd Art18 Abs2 B VG und damit von einer Zuordnung zur Hoheitsverwaltung ausgehe, ausdrücklich widersprochen (Hinweis auf Erläut zur RV 1139 BlgNR 21. GP, 18).
6.7. Dass die ASFINAG durch das BStMG gerade nicht mit Hoheitsgewalt beliehen worden sei, zeige sich auch darin, dass das Handeln der von der ASFINAG namhaft gemachten und von der Bezirksverwaltungsbehörde bestellten "Mautaufsichtsorgane" als Organe der öffentlichen Aufsicht (Hinweis auf die §§17 f. BStMG), denen teils hoheitliche Befugnisse zukämen (Hinweis auf die §§27 und 28 Abs1 BStMG), transitorisch nicht der ASFINAG, sondern der Bezirksverwaltungsbehörde zuzurechnen sei (Hinweis auf Erläut zur RV 1139 BlgNR 21. GP, 18; N. Raschauer , Überlegungen zu den Mautaufsichtsorganen gemäß BStMG. Zahnlose Akteure oder wertvolle Aufsichtshelfer?, FS Stolzlechner, 2013, 561 [564]).
6.8. Zudem komme ausgegliederten Rechtsträgern nach gefestigter Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes Verordnungskompetenz nur kraft ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung zu (Hinweis auf VfSlg 16.995/2003). Selbst wenn einem nichtstaatlichen Rechtsträger ansonsten Verwaltungsbehördenqualität zukäme (bei der ASFINAG sei nach dem BStMG nicht einmal dies der Fall), würde also die Ermächtigung des Art18 Abs2 B VG nicht zum Tragen kommen. Der Verfassungsgerichtshof begründe dies auch damit, dass "die Übertragung der Befugnis zur Erlassung genereller Normen an einen Beliehenen" als "verfassungsrechtlich besonders sensibel" anzusehen sei (Hinweis auf VfSlg 16.995/2003). Im Lichte dieser Rechtsprechung sei eine restriktive Auslegung von Ermächtigungen an ausgegliederte Rechtsträger geboten und im Zweifel das Vorliegen einer Verordnungsermächtigung nicht anzunehmen.
6.9. Zur Qualifikation des Mautschuldverhältnisses als gesetzliches Schuldverhältnis führt das Bundeskanzleramt Verfassungsdienst aus, dass diese Konstruktion mit den Schwierigkeiten zusammenhänge, die sich ergäben, wenn mautpflichtige Straßen ohne jede Erklärung und Zahlung und ohne Erwerb einer Vignette oder eines zugelassenen Gerätes für die elektronische Mautentrichtung einfach benutzt würden. In diesen Fällen könne die Zahlungspflicht eben nicht auf einen Vertrag gestützt werden, weshalb der Gesetzgeber die Zahlungspflicht schon von Gesetzes wegen und unabhängig vom Abschluss eines Vertrages entstehen lassen habe wollen.
6.10. Bei den mautpflichtigen Bundesstraßen handle es sich um öffentliche Straßen iSd §287 ABGB, die dem Gemeingebrauch unterlägen (§28 Abs1 BStG 1971). Daher seien zum einen die Grundstücke mit einer öffentlich rechtlichen Pflicht zur Duldung der gemeingebräuchlichen Nutzungen belastet; die ASFINAG könne also anders als Fruchtgenussberechtigte gewöhnlicher Grundstücke niemanden von der Nutzung im Rahmen des Gemeingebrauchs ausschließen. Zum anderen bedürfe die Entgeltforderung als Eingriff in den Gemeingebrauch einer gesetzlichen Grundlage. Bestünde eine entsprechende gesetzliche Grundlage nur für Nutzungen mit vertraglichem Titel, fehlte ihr gegenüber vertragslosen Nutzern ein Entgeltanspruch (insbesondere hätte sie keinen bereicherungsrechtlichen Verwendungsanspruch iSd §1041 ABGB). Außerdem würde die ASFINAG in so einem Fall Verstöße gegen die Zahlungspflicht wegen des Gemeingebrauchs auch nicht mit dem Ausschluss der betreffenden Personen von der Nutzung sanktionieren können. Daher verschaffe ihr das BStMG einen vertragsunabhängigen Entgeltanspruch und ergänze die beschränkten privatrechtlichen Sanktionsbefugnisse der ASFINAG durch – nicht der ASFINAG zuzurechnende – hoheitliche Befugnisse der Mautaufsichtsorgane als Organe der öffentlichen Aufsicht und durch die den Bezirksverwaltungsbehörden vorbehaltene, also nicht ausgegliederte verwaltungsstrafrechtliche Ahndung der Mautprellerei.
6.11. Nach Auffassung des Bundeskanzleramtes Verfassungsdienst lasse sich dieser Charakter der Mautordnung auch aufrechterhalten, wenn einseitige Rechtsgestaltungen durch Private in bestimmten Fällen als verfassungsrechtlich zulässig erachtet würden. Dazu verweist das Bundeskanzleramt Verfassungsdienst auf verschiedene Regelungen in anderen Rechtsbereichen, die als unmittelbar geltende gesetzliche Regelungen an von Privaten erzeugte Normen anknüpften, ohne dass das jeweilige Gesetz die privaten Normerzeuger als Beliehene und ihre Rechtsakte als Ausübung von Hoheitsgewalt qualifizieren würde. In der Anknüpfung an solche privaten Regelwerke liege dann inhaltlich auch eine Befugnis zur Gestaltung gesetzlicher Rechtsverhältnisse. Als Beispiele nennt das Bundeskanzleramt Verfassungsdienst Kollektivverträge mit Außenseiterwirkung auf nicht gewerkschaftsangehörige Arbeitnehmer, Wahrnehmungsverträge mit Außenseiterwirkung auf Urheber, die mit der Verwertungsgesellschaft keinen Wahrnehmungsvertrag abgeschlossen hätten, Festlegungen nach §15 des Eisenbahn-Beförderungs- und Fahrgastrechtegesetzes über einen erhöhten Fahrpreis und sonstige Nebengebühren und ArtIII Abs1 Z2 EGVG. Letztere Bestimmung habe der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss vom 25. September 2001, B1658/00, als verfassungsrechtlich unbedenkliches Paradebeispiel zitiert.
7. Über Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes hat das Bundeskanzleramt Verfassungsdienst ferner mitgeteilt, dass vor der Kundmachung der Stammfassung des BStMG, BGBl I 109/2002, oder einer der dreizehn Novellen die Zustimmung der Länder nicht eingeholt worden sei.
8. Die Revisionsgegnerin im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie sich der Qualifikation der Mautordnung als privater Rechtsakt anschließt, und im Übrigen die Auffassung vertritt, dass die Mautordnung gesetzwidrig sei.
IV. Zur Zulässigkeit
1. Die Anträge sind unzulässig.
2. Grundlegende Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Antrages nach Art139 Abs1 Z1 B VG ist, dass der angefochtene Akt Verordnungsqualität hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist unter einer Verordnung – unabhängig von deren Bezeichnung – eine von einer Verwaltungsbehörde im Rahmen der Hoheitsverwaltung erlassene generelle Rechtsnorm zu verstehen (s zB VfSlg 5191/1966, 7717/1975, 15.430/1999; VfGH 7.3.2024, V5/2022).
2.1. Hoheitliche Verwaltung liegt vor, wenn Verwaltungsorgane mit Hoheitsgewalt ("imperium"), also unter Einsatz spezifischer staatlicher Befehls- und Zwangsgewalt auftreten. Sie handeln dabei in jenen Rechtssatzformen, die das öffentliche Recht für die Ausübung von behördlichen Befugnissen zur Verfügung stellt. Danach kommt es für die Abgrenzung der Privatwirtschaftsverwaltung von der Hoheitsverwaltung grundsätzlich nicht auf die Motive und den Zweck der Tätigkeit an; entscheidend ist vielmehr, welche rechtstechnischen Mittel der Gesetzgeber zur Verwirklichung der zu erfüllenden Aufgaben bereitstellt (vgl aus der mit VfSlg 3262/1957 beginnenden Rechtsprechung zB VfSlg 6084/1969, 15.430/1999, 16.104/2001, 20.164/2017, 20.338/2019, 20.471/2021).
2.2. Hoheitliche Befugnisse können daher, wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung betont (vgl etwa VfSlg 3183/1957, 5432/1966, 7717/1975, 12.279/1990), nur durch Gesetz begründet werden. Hat der Gesetzgeber einen Rechtsträger nicht mit solchen Befugnissen ausgestattet, so liegt keine Hoheitsverwaltung, sondern Privatwirtschaftsverwaltung vor (vgl etwa VfSlg 7717/1975, 10.948/1986, 12.279/1990). Damit ist die Zuweisung einer Verwaltungsangelegenheit an die Hoheits- oder an die Privatwirtschaftsverwaltung grundsätzlich Sache des Gesetzgebers (s VfSlg 3183/1957, 13.968/1994, 18.154/2007) und das Vorliegen von hoheitlichem Handeln auf Grund der näheren gesetzlichen Ausgestaltung sowie der gesetzten Akte zu beurteilen (VfSlg 20.338/2019).
2.3. Wie der Verfassungsgerichtshof zudem grundlegend in VfSlg 16.995/2003 ausgesprochen hat, ist die Übertragung der Befugnis zur Erlassung hoheitlicher genereller Rechtsnormen an einen (damit beliehenen) ausgegliederten Rechtsträger verfassungsrechtlich besonders sensibel. Daher steht einem Beliehenen eine Verordnungserlassung unter bloßer Berufung auf Art18 Abs2 B VG nicht zu (vgl auch VfSlg 20.522/2021). Vielmehr bedarf, soll der ausgegliederte Rechtsträger auch Verordnungen erlassen dürfen, diese Aufgabe einer speziellen Verordnungsermächtigung im Gesetz.
2.4. Aus Anlass der vorliegenden Anträge ist daher zu prüfen, wie die Erlassung der Mautordnung der ASFINAG gesetzlich ausgestaltet ist und ob das BStMG die ASFINAG dazu ermächtigt, die Mautordnung in Form einer Verordnung zu verlautbaren (zur Auffassung des Obersten Gerichtshofes sowie des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Mautordnung als Verordnung zu qualifizieren sei, s. die oben unter Rz 14 wiedergegebene Rechtsprechung).
3. Der gesetzliche Rahmen stellt sich wie folgt dar:
3.1. Die ASFINAG ist eine im Alleineigentum des Bundes stehende Aktiengesellschaft (vgl ArtII §1 ASFINAG G). Ihr Unternehmensgegenstand besteht insbesondere in der Finanzierung, der Planung, dem Bau und der Erhaltung von Bundesstraßen sowie der Einhebung von zeit- und fahrleistungsabhängigen Mauten von den Nutzern dieser Straßen (vgl ArtII §2 ASFINAG G).
3.2. In einem gemäß §2 Abs1 ASFINAG Ermächtigungsgesetz 1997 geschlossenen Fruchtgenussvertrag hat der Bundesminister für Finanzen der ASFINAG das Recht der Fruchtnießung an allen Bestandteilen bestehender und künftig zu errichtender Bundesstraßen übertragen. Gemäß §6 ASFINAG Ermächtigungsgesetz 1997 wurde der ASFINAG in Pkt. III des Fruchtgenussvertrages das Recht eingeräumt, die Einhebung von Mauten und Benützungsgebühren von sämtlichen Nutzern der übertragenen Straßen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen vorzunehmen. Dieses Recht kann die ASFINAG mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen an Dritte übertragen (§6 letzter Satz ASFINAG Ermächtigungsgesetz 1997).
3.3. Damit in Verbindung sieht §1 Abs1 BStMG vor, dass für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen grundsätzlich Maut zu entrichten ist. Die Maut ist entweder für zurückgelegte Fahrstrecken (fahrleistungsabhängige Maut) oder für bestimmte Zeiträume (zeitabhängige Maut) zu entrichten (§2 BStMG). Mautgläubigerin ist die ASFINAG, soweit ihr vom Bund das Recht der Fruchtnießung eingeräumt wurde (§3 BStMG). Die Einräumung des Fruchtgenussrechtes an die ASFINAG bildet die Grundlage für ihre Berechtigung zur Einhebung von Benützungsgebühren und Mauten, die von der ASFINAG im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vorgenommen wird (Erläut zur RV des Infrastrukturgesetzes 1997, 698 BlgNR 20. GP, 13).
3.4. Die Mauttarife für die fahrleistungsabhängige Maut werden durch den zuständigen Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen festgelegt (§9 Abs2 BStMG). Die Vignettenpreise sind in §12 BStMG gesetzlich geregelt und werden jährlich durch den zuständigen Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen auf Grundlage des von der Bundesanstalt Statistik Österreich verlautbarten Harmonisierten Verbraucherpreisindex oder des an seine Stelle tretenden Index die Preise der Jahres-, Zweimonats-, Zehntages- und Eintagesvignetten mit Verordnung angepasst (§12 Abs5 BStMG). Die für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut in der Mautordnung von der ASFINAG festzusetzende Ersatzmaut darf den Betrag von € 250,– einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen (§19 Abs1 BStMG).
3.5. Gemäß §14 Abs1 BStMG hat die ASFINAG eine Mautordnung zu erlassen, in der Bestimmungen über die Benützung der Mautstrecken festzulegen sind. Welchen Inhalt die Mautordnung konkret zu enthalten hat, wird im Wesentlichen durch §15 Abs1 BStMG näher bestimmt.
Demnach hat die Mautordnung insbesondere zu enthalten: allgemeine Bedingungen für die Benützung von Mautstrecken (Z1 leg cit), Bestimmungen über die äußere Form und das Anbringen von Hinweisen auf die Mautpflicht (Z2 leg cit), Informationen über Ausnahmen von der Pflicht zur Entrichtung der fahrleistungsabhängigen und der zeitabhängigen Maut (Z3 leg cit), Bestimmungen über die Pflichten der Kraftfahrzeuglenker (Z6 leg cit und §8 Abs3 BStMG), Informationen über die Mauttarife und Vignettenpreise (Z8 leg cit), die Festlegung der Beschaffenheit der Klebevignette, Bestimmungen über ihre Anbringung am Fahrzeug und über das Mitführen an Stelle der Anbringung, Bestimmungen über die Registrierung des Kennzeichens des Fahrzeugs im Mautsystem sowie Informationen über die Gültigkeitsdauer der Vignetten (Z9 leg cit und §11 Abs6 BStMG), Bestimmungen über die Ausweise von Mautaufsichtsorganen (Z12 leg cit und §17 Abs4 BStMG), Bestimmungen über die Höhe der Ersatzmaut (Z13 leg cit und §19 Abs1 BStMG) sowie Bestimmungen über die Vertriebswege (Z19 leg cit).
Welche weiteren Bestimmungen die Mautordnung enthalten kann, bestimmt §15 Abs2 BStMG. Möglich sind etwa Ausnahmen für Fahrten im Rahmen humanitärer Hilfstransporte (Z1 leg cit und §5 Abs2 BStMG) oder Bestimmungen über einen Kosten- bzw Aufwandersatz in Zusammenhang mit der Mautentrichtung (Z2 und 5 leg cit). Ferner kann die Mautordnung auch sonstige anlassbezogene Regelungen enthalten, sofern sie keine Belastungen der Mautschuldner zur Folge haben (Z10 leg cit).
3.6. Die Mautordnung bedarf der Genehmigung des zuständigen Bundesministers im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Mautordnung den gesetzlichen Vorschriften entspricht und nicht den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zuwiderläuft (§14 Abs2 BStMG). Sie ist im Internet unter der Adresse www.asfinag.at zu verlautbaren und muss frei von Sondergebühren jederzeit ohne Identitätsnachweis zugänglich sein (§16 Abs1 BStMG). Ferner hat die ASFINAG die Mautordnung auf Verlangen jedermann gegen angemessenen Kostenersatz zuzusenden (§16 Abs2 BStMG).
3.7. Gemäß §34b BStG 1971 kommen der ASFINAG hinsichtlich jener Bundesstraßen, über die sie mit dem Bund den Fruchtgenussvertrag gemäß §2 ASFINAG Ermächtigungsgesetz 1997 abgeschlossen hat, alle Rechte und Pflichten des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) nach dem BStG zu. Hingegen sollen gemäß §4 letzter ASFINAG Ermächtigungsgesetz die gesetzlich geregelten hoheitlichen Aufgaben des Bundes im Bereich der Bundesstraßenverwaltung unberührt bleiben (vgl Erläut zur RV des Infrastrukturgesetzes 1997, 698 BlgNR 20. GP, 12: "Hoheitliche (behördliche) Aufgaben des Bundes im Bereich der Bundesstraßenverwaltung, die sich aus dem Bundesstraßengesetz ergeben (zB Ausnahmebewilligungen gemäß §§14 und 21 BStG), werden nicht übertragen").
4. Für den Verfassungsgerichtshof ist vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Bestimmungen nicht ersichtlich, dass die ASFINAG ermächtigt wäre, die Mautordnung in Form einer Verordnung iSd Art18 Abs2 und Art139 Abs1 B VG zu erlassen:
4.1. Die ASFINAG ist eine in den Formen des Privatrechts errichtete Gesellschaft des Bundes im Bereich der Bundesstraßenverwaltung (vgl Art10 Abs1 Z9 dritter Tatbestand B VG). Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg 4329/1962 ausgesprochen hat, ist die unter dem Begriff der Bundesstraßenverwaltung zusammengefasste Summe der auf den Bau und die Instandhaltung von Bundesstraßen abzielende Verwaltungstätigkeit dem privatwirtschaftlichen Aufgabenbereich des Bundes zu unterstellen (zur Stellung des Straßenerhalters im Rahmen der Verwaltung von Bundesvermögen als privatwirtschaftliche Tätigkeit s. auch VfSlg 9310/1981). Gemäß §4 letzter Satz ASFINAG Ermächtigungsgesetz 1997 bleiben die gesetzlich geregelten hoheitlichen Aufgaben des Bundes von der Aufgabenübertragung an die ASFINAG unberührt.
4.2. Die Einhebung von Mautentgelten durch die ASFINAG ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 16.107/2001) ebenfalls als Akt der privatrechtsförmigen Tätigkeit eines ausgegliederten Rechtsträgers zu qualifizieren. Bei dieser Maut handelt es sich daher nicht um eine Abgabe iSd F VG 1948, sondern um ein privatrechtliches Entgelt für die Benützung bestimmter Straßen (VfSlg 17.676/2005). Auch der Oberste Gerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die zeitabhängige Maut (Vignettenmaut) gemäß den (nunmehrigen) §§10 ff. BStMG keine Abgabe, sondern ein privatrechtliches Entgelt sei (s OGH 22.2.2001, 2 Ob 33/01v; 26.4.2001, 2 Ob 133/00y; für die fahrleistungsabhängige Maut s. OGH 15.12.2015, 10 Ob 78/15s). Diese Auffassung wird vom Verwaltungsgerichtshof geteilt (s VwGH 30.3.2004, 2001/06/0132; 25.1.2018, Ra 2016/06/0025).
4.3. Unter Hinweis auf diese Judikatur halten die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des BStMG (1139 BlgNR 21. GP, 13) zur "Rechtsnatur der Maut" fest, dass
"[…] es der Entwurf beim geltenden Recht [belässt]. Die Maut stellt keine Abgabe im Sinne des F[ ]VG dar, sondern ein nach privatrechtlichen Grundsätzen zu beurteilendes Entgelt für die Benützung von Straßen (OGH 22.1.2001, 2 Ob 33/01v, 26.4.2001, 2 Ob 133/00y; VwGH 27.2.1998, 98/06/0002; VfGH 6.3.2001, A23/00 […] [= VfSlg 16.107/2001]; Stolzlechner/Kostal , Das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996, ZVR 1999, Sonderheft 5A, 17; H. Resch , Verkehrsrecht, in: Holoubek/Potacs (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Wirtschaftsrechts, Bd. I, 2002, 799 [837 f]). Auf eine Willensübereinkunft zwischen der ASFINAG und dem Kraftfahrzeuglenker oder dem Zulassungsbesitzer kommt es gleichwohl nicht an. Es handelt sich um ein gesetzliches Schuldverhältnis, nicht um einen Vertrag."
4.4. Darauf aufbauend führen die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1139 BlgNR 21. GP, 18) zur Mautordnung Folgendes aus:
"Anders als nach geltender Rechtslage soll die Verlautbarung der Mautordnung im Internet erfolgen. […] Dieses Medium bietet sich auch für die Mautordnung an, die den Charakter allgemeiner Geschäftsbedingungen hat (vgl VfGH 25.9.2001, B1658/00; aA VwGH 20.9.2001, 2001/06/0096)."
4.5. Nach dem klaren Willen des Gesetzgebers handelt es sich bei der Mautordnung somit um einen privatrechtsförmigen Akt. Damit im Einklang wird die Mautordnung im BStMG nicht als Verordnung bezeichnet (im Gegensatz etwa zur Mauttarifverordnung gemäß §9 BStMG). Das BStMG enthält auch sonst keine Regelungen, welche die Deutung der Mautordnung als genereller Akt der Hoheitsverwaltung und damit als Verordnung zur Folge hätten. Vielmehr teilen generelle Regelungen im Zweifel die Rechtsnatur des Rechtsverhältnisses, das sie regeln ( B. Raschauer , Allgemeines Verwaltungsrecht 6 , Kapitel XI in der 6. Auflage bearbeitet von Ennöckl , 2021, Rz 737).
4.6. Dass die Mautordnung der Genehmigung des zuständigen Bundesministers im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen bedarf, lässt ebenfalls keine Rückschlüsse auf die Qualität der Mautordnung zu; eine solche Genehmigung verändert nämlich nicht die Rechtsnatur der zugrunde liegenden Maßnahme (s zB VfSlg 7801/1976, 12.279/1990; VfGH 7.3.2024, V5/2022, Rz 43).
4.7. Das Mautverhältnis entsteht als privatrechtliches Schuldverhältnis durch die bloße Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen. Auch die mit der Erlassung der Mautordnung verbundene einseitige Gestaltungsmacht der ASFINAG führt nicht zwangsläufig zur rechtlichen Qualifikation des Mautverhältnisses als hoheitlich und damit der Mautordnung als Verordnung. Wie das Bundeskanzleramt Verfassungsdienst nämlich zutreffend ausführt, ist eine einseitige Rechtsgestaltung durch Private bzw in den Formen des Privatrechts nicht als solches verfassungsrechtlich ausgeschlossen (vgl in diesem Zusammenhang etwa VfSlg 11.492/1987 und 18.154/2007 zu privatrechtlichen Akten des Jugendwohlfahrtsträgers; VfSlg 7717/1975 zur früheren Festsetzung der Höhe des Programmentgeltes durch das vormalige ORF Kuratorium; VfSlg 13.880/1994 und VfGH 25.6.2024, G29/2024 ua, zur kollektiven Rechtsgestaltung im Arbeitsrecht; sowie VfGH 24.6.2025, G112/2024, V59/2024, zur einseitigen Gestaltungsmacht der mit der privatwirtschaftlichen Verwaltung des Tabakmonopols betrauten Monopolverwaltung GmbH).
4.8. Im Übrigen lassen es auch rechtsstaatliche Gründe nicht geboten erscheinen, die von der ASFINAG verlautbarte Mautordnung als Verordnung zu qualifizieren, um die Möglichkeit ihrer Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 B VG zu eröffnen (vgl VfSlg 12.279/1990): Der Inhalt der Mautordnung ist gesetzlich genau vorherbestimmt (§15 Abs1 und 2 BStMG) und die nachträgliche Kontrolle durch die Gerichtsbarkeit umfasst auch die Prüfung, ob die angefochtenen Bestimmungen in der Sache dem BStMG widersprechen und gegebenenfalls mit Nichtigkeit bedroht sind (§879 Abs1 ABGB) (vgl VfGH 7.3.2024, V5/2022, Rz 48; zur gerichtlichen Kontrolle aufsichtsbehördlich genehmigter Allgemeiner Geschäftsbedingungen s. OGH 28.4.1999, 3 Ob 246/98t; 17.10.2023, 4 Ob 74/22v; 21.11.2023, 4 Ob 222/22h).
4.9. Deshalb schließt auch §20 Abs1 bis 3 BStMG, der mit Verwaltungsstrafe bedroht, wer die jeweils geschuldete Maut nicht "ordnungsgemäß" (also iSd näheren Regelungen der Mautordnung; vgl zB VwGH 23.3.2017, Ra 2016/06/0137, Rz 18) entrichtet, die Deutung der Mautordnung als nicht hoheitliche Anordnung der ASFINAG nicht aus (vgl VfGH 7.3.2024, V5/2022, Rz 44), zumal vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Bestimmtheitsgebot des Art7 EMRK und des Art18 B VG keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Anknüpfung einer gesetzlichen Regelung bzw einer Strafbestimmung an bestimmte (auch privatrechtsförmige) Sachverhalte, wie etwa Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Kollektivverträge, bestehen (s zB VfSlg 17.071/2003, 18.101/2007, 20.279/2018; VfGH 25.2.2020, G146/2019).
5. Daraus folgt, dass das BStMG die Mautordnung nicht als Verordnung, sondern als Rechtsakt des Privatrechts konzipiert hat.
6. Aus Anlass der vorliegenden Anträge sieht sich der Verfassungsgerichtshof auch nicht veranlasst, die Ermächtigung der ASFINAG im BStMG, eine Mautordnung zu erlassen, im Hinblick auf die in VfSlg 20.641/2023 und 20.660/2023 näher dargelegten verfassungsrechtlichen Maßstäbe amtswegig in Prüfung zu ziehen (vgl §14 Abs2 BStMG).
V. Ergebnis
1. Die Anträge sind daher als unzulässig zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.